Der Dax nervt!
von Detlev LandmesserDie Börse scheint derzeit kräftig bemüht, das Zutrauen der Anleger zu verspielen. Mit einem herben Verlust machte der Dax die jüngsten Hoffnungen auf eine Stabilisierung zunichte. Zinssorgen gab es auch wieder - diesmal aus Europa.
Kein Dax-Titel beendete den Tag im Plus. Der L-Dax für den späten Parketthandel schloss 2,4 Prozent tiefer bei 5.621 Punkten.
Der Dax hatte am Vormittag seine Verluste ausgeweitet, als die Geldmengendaten der Eurozone im April veröffentlicht worden waren. Die Geldmenge M3 stieg um 8,8 Prozent, was die Neigung der EZB erhöhen dürfte, die Zinsschraube anzuziehen. An den Finanzmärkten wird fest damit gerechnet, dass der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung am 8. Juni den Schlüsselzins von 2,5 Prozent um mindestens 25 Basispunkte anhebt. Die Zinserwartungen beflügelten auch den Euro, der zeitweise über die Marke von 1,29 Dollar setzte.
Die schwache Wall Street versetzte dem Aktienmarkt dann einen weiteren Tiefschlag. Ein Belastungsfaktor war die Aktie von General Motors. Der Autotitel liegt nach einer Abstufung durch die Deutsche Bank deutlich im Minus. Die Analysten hatten ihr Anlageurteil von "Hold" auf "Sell" gesenkt. Während der Börsensitzung kündigte der US-Autoriese an, am Donnerstag eine Entscheidung zu einem größeren Investment bekannt geben zu wollen. Auch die Aktie von Wal-Mart steht unter Druck. Der weltgrößte Einzelhändler lag mit seiner Umsatzerwartung für Mai am unteren Ende seiner Prognosen.
"An der Spaßgrenze"
Charttechnisch betrachtet wird es langsam eng für den Dax. "Der Dax ist an der Spaßgrenze angekommen. Noch ein Schritt in die falsche Richtung und wir dürften es mit Problemen zu tun bekommen, wie wir sie seit dem Baisse-Low im März 2003 nicht mehr erlebt haben", kommentiert Chartexperte Wieland Staud die aktuelle Lage. Staud sieht vor allem die Marke von 5.550 Dax Punkten als kritisch an, wo derzeit der Aufwärtstrend seit April 2003 verläuft. Sollte diese Marke fallen, könne es "richtig rumpeln", so der Experte.
BASF mit Engelhard einig
An anderen Tagen hätte diese Meldung die ganze Tendenz positiv beeinflussen können: Nach dem monatelangen Tauziehen kommt BASF nun doch bei dem US-Spezialchemiekonzern Engelhard zum Zug. Engelhard empfehle seinen Aktionären die Annahme des zweimal erhöhten BASF-Angebots von 39 Dollar je Aktie, teilten beide Firmen gegen 14:00 Uhr mit. Damit würde BASF 5,6 Milliarden Dollar (einschließlich Schulden) für Engelhard hinblättern. Die Übernahmeofferte läuft am Pfingstmontag aus. Engelhard hat gleichzeitig seine Aktienrückkaufpläne aufgegeben. Die für Freitag geplante Hauptversammlung wird auf den 30. Juni verschoben. Viel Honig konnte die BASF-Aktie allerdings nicht aus der Einigung saugen: Nach kurzem Aufbäumen verlor das Papier etwa so stark wie der Dax.
Telekoms besser als der Markt
Auffallend gut hielten sich dagegen die europäischen Telekom-Titel. Am Morgen hatte Vodafone seine Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2005/06 vorgelegt. Der Gewinn des britischen Mobilfunkkonzerns lag über den Erwartungen. Offenbar wirkten auch noch die Übernahmefantasien um British Telecom nach. Die T-Aktie konnte sich lange im Plus halten.
Bessere Note für Hypo Real Estate?
Deutlich besser als der Markt schnitt auch die Aktie von Hypo Real Estate ab. Die Rating-Agentur Standard & Poor's stellt der für das Inland zuständigen Tochter des Münchner Immobilienfinanzierers auf mittlere Sicht eine bessere Bonitätsnote in Aussicht. Der Ausblick für die Hypo Real Estate Bank AG sei auf "positiv" von "stabil" angehoben worden, teilte S&P mit.
Commerzbank weist Gerüchte zurück
Die Commerzbank-Aktie litt unter Marktspekulationen über angebliche Verluste im Derivategeschäft. Ein Bank-Sprecher wies die Gerüchte als "absoluten Unsinn" zurück. "Wir sind im Gegenteil mit unserem Derivategeschäft sehr zufrieden", sagte er zu Reuters, was der Aktie allerdings kaum Entlastung brachte.
SAP: Nix da, Microsoft!
SAP-Chef Henning Kagermann hat die Absicht, unabhängig zu bleiben, unterstrichen. SAP werde keine Fusionsgespräche mit großen Konkurrenten einleiten, sagte Kagermann am Dienstag in Paris. Damit reagierte er auf einen Bericht in der französischen Wirtschaftszeitung "Les Echos", wonach sich SAP mit Microsoft in frühen Gesprächen befinde. Microsoft hatte bereits vor Jahren einmal Gespräche mit SAP über ein Zusammengehen geführt.
Vivacon fällt unter 30 Euro zurück
Im MDax trug die Vivacon-Aktie die rote Laterne. Das Immobilien-Unternehmen teilte mit, ein Portfolio mit 528 Wohneinheiten im Ruhrgebiet sowie in Bremen und Umgebung erworben zu haben.
Pfleiderer vor Großakquisition
Der Pfleiderer-Aktie brachten die Neuigkeiten vom Unternehmen keinen Schub. Der bayerische Holzwerkstoffspezialist will nach seinem Konzernumbau durch Zukäufe kräftig wachsen. "Wir wollen in den kommenden zwölf Monaten einen großen Laminatfußbodenhersteller übernehmen", sagte Pfleiderer-Chef Hans Overdiek dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe). Der Kaufpreis könnte sich nach Branchenschätzungen im dreistelligen Millionenbereich bewegen, schreibt die Zeitung in ihrer morgigen Ausgabe.
König & Bauer holt auf
Im SDax verteuerte sich der Druckmaschinenhersteller König & Bauer in der Spitze um mehr als sieben Prozent. Der Titel wurde von den Analysten der HVB auf "Outperform" von zuvor "Neutral" hochgestuft. Außerdem hatte der Konkurrent MAN Roland am Morgen einen deutlichen Ergebniszuwachs im laufenden Geschäftsjahr prognostiziert.
DBAG steigert Vermögenswert
Auch die Aktie der Deutschen Beteiligungs AG war gefragt. Die SDax-Gesellschaft meldete einen deutlichen Wertanstieg ihres Beteiligungsportfolios. Zum 30. April werde der Netto-Vermögenswert (NAV) je Aktie im Vergleich zu Ende Januar voraussichtlich um rund 1,15 Euro auf etwa 15,60 Euro klettern, teilte die DBAG mit. Darin seien die möglichen Effekte eines Börsengangs der Beteiligung Bauer AG noch nicht enthalten - es bleibe also Raum für einen weiteren signifikanten Ergebnisbeitrag. Den Nettogewinn für die ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres bezifferte die DBAG auf voraussichtlich rund 27 Millionen Euro nach 29,8 Millionen im Vorjahr.
Celanese bietet 66,99 Euro
Die Papiere von Celanese verteuerten sich um über sechs Prozent. Vor Beginn der Hauptversammlung des Chemieunternehmens hatte der Mehrheitseigner Celanese Corp die Abfindung für die Kleinaktionäre nochmals von 62,66 auf 66,99 Euro erhöht. Mit diesem Schritt reagiere der Mehrheitseigner auf den Anstieg des Kurses der Celanese AG seit Veröffentlichung der Barabfindung am 10. März.
Intershop: Erster Gesamtauftrag für neue Sparte
Zeitweise konnte die Intershop-Aktie kräftig zulegen. Der einstige Nemax-Star meldete den "ersten umfangreichen Full-Service E-Commerce Auftrag" eines "bekannten Markenherstellers aus dem deutschsprachigen Raum". Intershop werde dabei sämtliche E-Commerce-Geschäftsprozesse dieses Neukunden abdecken.