PayPal - Die Schattenseite des Online-Kaufs auf Raten
Der US-Bezahlriese PayPal drängt mit einem eigenen Kreditangebot auf den deutschen Markt. Kunden dürfen auf noch mehr Null-Zins-Finanzierungen hoffen. Warum das gefährlich ist.
etzt kaufen, später zahlen – den Werbespruch für den günstigen Konsumentenkredit kennen Verbraucher mittlerweile nur zu gut. Zuletzt trieb es ein Möbelhaus auf die Spitze und warb sogar mit einem Minuszins, hier bekommt der Kunde noch etwas raus, wenn er nicht sofort, sondern in Raten den Preis für das neue Sofa oder die Küche begleicht.
Jetzt will auch der Bezahlriese PayPal vom Trend zum Kauf auf Pump profitieren. Das Unternehmen bietet seit dem 1. Juni den Ratenkauf im Internet an. Verbraucher stellen den Kreditantrag direkt im Onlineshop ihrer Wahl. Sie müssen nur Name, Anschrift, Bankverbindung und Geburtsdatum eingeben, dann wird innerhalb weniger Sekunden die Bonität geprüft, hat das System keine Einwände, geht es weiter zur Kasse im Internet.
„Der Kunde hat die Möglichkeit, kostspielige Anschaffungen gestaffelt über einen Zeitraum von sechs bis 24 Monate hinweg zu bezahlen“, sagt PayPal-Deutschland-Chef Arnulf Keese. Der wichtigste Unterschied zu einem klassischen Bankkredit: der gesamte Prozess läuft online, der Kunde muss in keiner Filiale vorbeischauen, keine Papiere hin- und herschicken, nicht mehrere Tage warten.
Mit dieser Art des Verbraucherkredits ist PayPal nicht der erste Anbieter in Deutschland. Finanztechnologieunternehmen wie BillPay und RatePay bieten dies an, bekannte Händler und Marken, wie Butlers, Conrad Electronic und Otto, haben den Service auf ihren Onlineplattformen eingebaut. Hier kann der Kunde bereits wählen, ob er die Ware sofort oder nach und nach bezahlen will.
Konkurrenz für klassische Banken
Unter den beliebtesten Zahlungsmitteln im E-Commerce belegt der Ratenkauf aktuell Platz sechs – hinter Kreditkarte und Vorkasse, aber vor Sofortüberweisung und Nachnahme. „Da ist noch viel Raum für Verschiebungen, ein neuer Spieler hat immer noch Platz im Markt“, sagt Dorothee Frigge, Projektleiterin Online- und Mobile-Payment des Forschungsinstituts EHI. Entscheidend sei, als wie unkompliziert die Kunden den Ratenkauf mit wenigen Klicks begreifen.
Welche Macht die Amerikaner haben, wenn es um das Bezahlen im Internet geht, zeigt der Blick auf Platz zwei der Liste. Dort steht nämlich bereits PayPal mit seinem klassischen Konto. Über ein solches Konto verfügen nach Angaben des Unternehmens mittlerweile 16 Millionen Deutsche. Jeder fünfte Euro im E-Commerce wird laut Auswertung des EHI über PayPal abgewickelt. Nur das Bezahlen per Rechnung ist noch beliebter bei den Deutschen.
Nun will PayPal nicht nur bei klassischen Zahlungen, sondern auch bei Krediten den direkten Kontakt zum Kunden gewinnen und so den Banken Konkurrenz machen.
Vor zwei Jahren startete PayPal bereits ein Kreditangebot in den Vereinigten Staaten, zuletzt kam Großbritannien hinzu. Schon heute überbieten sich Banken mit Sonderkonditionen. Denn der Ratenkredit ist angesichts der Minizinsen an den Kapitalmärkten eines der letzten Produkte, mit denen die Institute überhaupt noch Geld im Privatkundengeschäft verdienen.
PayPal garantiert Händlern Geld
Jetzt geht es darum, wer gerade im weiterhin stark wachsenden Onlinehandel für die Finanzierung des Einkaufs sorgt. Der Ratenkauf steht grundsätzlich allen Kunden offen, ein PayPal-Konto ist nicht notwendig. Die monatlichen Raten werden direkt vom Bankkonto des Käufers abgebucht. Sondertilgungen sind nach PayPal-Angaben jederzeit möglich, bis hin zur vorzeitigen Rückzahlung des gesamten Betrags.
Gebühren muss der Verbraucher nicht zahlen – aber Zinsen. Wobei die Höhe der Zinsen nicht Sache von PayPal, sondern Sache des Händlers ist. Sieht er den Ratenkauf als reines Werbeinstrument, wird er keinen Cent Zins vom Kunden verlangen. Er verbucht die Kreditkosten als Marketingausgaben, so wie es beispielsweise Elektronikfachmärkte seit Jahren immer wieder machen. Es können aber auch mal zehn Prozent per annum sein.
„Je höher der Zins, desto weniger zahlt der Händler aus eigener Tasche“, sagt Keese. Über die genauen Gebühren, die der Händler für den Ratenkauf an PayPal bezahlen muss, will er nichts sagen. Es dürfte nicht wenig sein. PayPal gilt als teurer Zahlungsdienstleister.
Zum Start des neuen Service bieten zehn eher kleinere Händler das neue Produkt an, darunter finden sich Plattformen für Fahrräder (Bike Components), Unterhaltungselektronik (Digital Versand) und Lampen (Wohnlicht). Keese sieht genau in solchen Anbietern die Zielgruppe auf Händlerseite. „Die ganz großen Akteure im Markt können den Ratenkauf selbst anbieten, wir wollen mit unserem Service allen den Zugang ermöglichen“, sagt er. PayPal garantiert den Händlern, dass sie schnell ihr Geld bekommen.
Kreditwirtschaft fühlt sich benachteiligt
Beim Ratenkauf tritt der Händler seine Zahlungsforderung gegenüber dem Kunden ab, in diesem Fall an PayPal. Factoring nennt man dieses Prozedere. In der Folge ist es Sache des Dienstleisters, dass er an sein Geld kommt.
Rein rechtlich ist der Onlineratenkauf – ganz gleich ob PayPal, BillPay oder RatePay dahinter stecken – kein Verbraucherkredit. Nur deshalb darf der Kunde dieses Geschäft komplett online tätigen.
Dies sorgt bei den klassischen Banken seit Langem für Verdruss. Sie sehen sich benachteiligt, denn ihre Kreditverträge können Kunden bislang nicht mit wenigen Klicks online abschließen, sie bedürfen weiterhin der Schriftform, der Kunde muss sich ausweisen. „Dies ist ein echter Hemmschuh in Zeiten des elektronischen Geschäftsverkehrs“, sagt Jan Wagner, Vorsitzender des Bankenfachverbands, in dem auf das Kreditgeschäft spezialisierte Institute zusammengeschlossen sind.
Er fordert den digitalen Kreditvertrag, möchte nicht schlechter behandelt werden als die neuen Spieler mit ihrem Ratenkaufangebot. „Faktisch sind die Geschäfte identisch, denn der Kunde erhält in beiden Fällen eine Ware und bezahlt sie in Raten“, so Wagner.
„Verführung zu unüberlegtem Konsum“
Kunden müssen wissen, dass auch dem Ratenkauf eine Bonitätsprüfung vorausgeht. PayPal greift dabei auf die großen Auskunfteien Schufa, Arvato und Bürgel zurück. Auch PayPal-Daten gehen in die Prüfung ein, falls der Antragsteller dort bereits ein Konto hat. Wer abgelehnt wird, erhält per E-Mail eine entsprechende Mitteilung.
Verbraucherschützer verweisen darauf, dass es sich gerade bei sogenannten „Null-Prozent-Finanzierungen“ um Werbemaßnahmen zur Steigerung der Verkaufszahlen handelt.
Ein Geschenk an den Kunden sei dies nicht, da auch versteckte Kosten in der Preiskalkulation des Händlers berücksichtigt würden – sprich, die Ware kann teurer sein als bei Anbietern, die diesen zeitlich verzögerten Bezahlweg nicht anbieten. Solche Angebote verführten zum unüberlegten Konsum, so die Verbraucherschützer.
Genau mit dem Argument will PayPal die Händler von seinem neuen Ratenkaufangebot überzeugen. Keese: „Händler haben die Möglichkeit, mehr Geschäft zu machen.“
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