Warum gibt es nicht nur eine Währung auf der Welt?
Wer hat sich nicht schon auf Reisen über die Kosten geärgert, die beim Tausch heimischer Euro gegen Dollar, Pfund, Franken oder andere Fremdwährungen anfallen? Für Banken, Geldwechsler und Hotels mag der Währungstausch ein wunderbares Geschäft darstellen, für den Reisenden ist er unangenehm. Daher liegt die Frage nahe: Wäre es nicht einfacher, wir hätten nur noch eine einzige Währung auf der Welt?
Der Gedanke mag utopisch klingen, aber er spricht nicht nur weltfremde Träumer an. Auch erstklassige Fachleute haben schon über Sinn oder Unsinn einer Weltwährung nachgedacht. Die Debatten zeigen, daß mehr dagegen spricht als dafür.
Handelshemmende Wirkung der Währungsvielfalt
Die Idee wurde im 19. Jahrhundert populär, als mit der Industrialisierung eine erste Globalisierungswelle begann und sich Ökonomen wie Geschäftsleute fragten, ob die Einführung einer globalen Einheitswährung nicht dazu geeignet wäre, den internationalen Handel zu beschleunigen und somit weiteren Wohlstand zu schaffen.
„Das Geschäftsleben ist überall identisch. Kaufen und verkaufen, leihen und verleihen funktioniert stets nach dem gleichen Muster“, schrieb Walter Bagehot, der bedeutendste britische Wirtschaftsjournalist des 19. Jahrhunderts. „Daher sollte alles, was den Handel betrifft, ebenfalls überall gleich sein.“ Aus dieser Perspektive erscheint der Gedanke an ein globales Geld nicht völlig abwegig, denn noch in unserer Zeit belegen Studien einen den Handel hemmenden Effekt von Währungsgrenzen.
Im Laufe der Zeit kamen weitere Argumente für eine Einheitswährung hinzu. So verhindere sie den Mißbrauch einer nationalen Währung durch eine nationale Regierung, wie er sich in einigen Entwicklungs- und Schwellenländern beobachten lasse, sagen Befürworter. Für Menschen, die in einem Land mit chronisch hoher Inflation leben, wäre eine stabile Weltwährung sicherlich eine lockende Alternative.
Währung als Mittel der politischen Einigung
Hinzu tritt eine politische Hoffnung, die einer Weltwährung zutraut, zum Abbau von Spannungen in der Welt beizutragen und die politische Integration zu fördern. Das Argument ist aus der Entstehungsgeschichte des Euro bekannt, den manche Befürworter als Vehikel für ein politisches Zusammenwachsen Europas gedeutet haben. Was hatte der französische Währungsfachmann Jacques Rueff schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg prophezeit? „Ein geeintes Europa wird durch eine Währung entstehen oder überhaupt nicht.“ In diesem Sinne: Was spräche dagegen, die Idee des Euro auf die ganze Welt zu übertragen?
Einiges. Es ist wohl kein Zufall, daß es eine richtige Weltwährung niemals gegeben hat. Am ehesten entsprach ihr noch das Geld der Römer während der Glanzzeit des Imperium Romanum (siehe Kasten). Später erlangten zunächst das Gold und heute der Dollar eine gewisse Prominenz im internationalen Währungswesen. Aber von einem richtigen globalen Geld, das eine mit Vertretern aus aller Welt besetzte Zentralbank ausgibt, sind wir weit entfernt.
Währung als Gegenstand politischer Spaltung
Der Harvard-Ökonom Richard Cooper, der vor Jahrzehnten ein solches Geld zumindest für die Industrienationen vorgeschlagen hatte, lieferte damals bereits ein Gegenargument mit: Eine Weltwährung müßte Staaten mit unterschiedlichen politischen Regimes, Traditionen und Wertvorstellungen friedlich zusammenführen - und das wird wohl so rasch nicht geschehen. „Es ist höchst zweifelhaft, daß das amerikanische Volk, um nur ein Beispiel zu nennen, jemals akzeptieren könnte, daß Vertreter eines totalitären Regimes Einfluß auf eine Geldpolitik nehmen könnten, die auch für die Vereinigten Staaten eine Zuständigkeit besitzt“, bemerkte Cooper.
Auf die Spur eines weiteren gewichtigen Problems führt eine Äußerung des Kölner Volkswirts Christian Watrin, der einmal, auf die ebenfalls utopische Idee eines Weltstaates angesprochen, meinte: „Wohin kann man ins Exil gehen, wenn es einem in diesem Weltstaat nicht gefällt?“ Dieser typisch liberale Gedankengang läßt sich auch auf die Weltwährung anwenden: Es stünde kein alternatives Geld zur Verfügung, wenn die Weltwährung entgegen allen Erwartungen nichts taugen sollte und als Folge hoher Inflation stetig an Wert verlöre. Das wäre kein erstrebenswerter Zustand. Das Wettbewerbsprinzip gilt für Staaten wie für Währungen. Es ist gut, wenn es mehrere davon gibt. Nicht jede Harmonisierung stellt sich als vorteilhaft heraus.
Nicht zusammensperren, was nicht zusammengehört
Das ist nicht alles. Die Ökonomen Michael Bordo und Harold James haben kürzlich in einem gemeinsamen Papier weitere Gründe gegen eine Weltwährung zusammengetragen. So sehen sie durch die Globalisierung zwei Typen von Ländern entstehen. Das sind zum einen die rasch wachsenden, exportstarken Schwellenländer wie China, deren extreme wirtschaftliche Dynamik mit Inflationsgefahren einhergeht. Demgegenüber stehen reife, nur mehr langsam wachsende Länder (zu denen man Deutschland zählen könnte), die angesichts billiger Importe aus den Schwellenländern und ins Ausland abwandernder Arbeitsplätze mehr Angst vor einer Deflation als vor einer Inflation haben.
Wie, so fragen Bordo und James, paßten dynamische Schwellenländer und reife Industrienationen angesichts dieser erheblichen Unterschiede unter das Dach einer gemeinsamen Währung? Überhaupt nicht, lautet ihre Antwort. Das Ergebnis eines solchen Unterfangens wären wirtschaftliche und politische Spannungen mit der Gefahr eines Aufbaus von Handelsbarrieren. Diese Überlegungen gestatten einen Schluß: An einer Gemeinschaftswährung sollten sich nur Staaten mit einem vergleichbaren wirtschaftlichen Entwicklungsstand, ähnlichen politischen Systemen und Wertvorstellungen beteiligen.
Wie sieht es nun in der Wirklichkeit des frühen 21. Jahrhunderts aus? Sie tendiert weder zu einer Weltwährung noch zu währungspolitischer Kleinstaaterei, sondern zu einem Zwischenzustand: dem regionalen Währungsblock, in dem sich Währungen kleiner Staaten an eine große Währung anbinden. So existiert ein Dollarblock, zu dem Teile Lateinamerikas zählen und der bis in den pazifischen Raum reicht. Der Euroblock umfaßt neben der Eurozone als Zentrum Länder in Ost- und Südosteuropa sowie in Schwarzafrika. Ein ähnlicher Block hat sich in Asien noch nicht gebildet, aber er mag noch folgen. Ob diese regionalen Währungsblöcke einmal zu einer Weltwährung fusionieren werden, läßt sich nicht für alle Zukunft vorhersagen. In einer absehbaren Zeit dürfte es jedenfalls nicht geschehen.
Das Geld der Römer
Der Begriff Weltwährung läßt sich in der Geschichte am ehesten auf das Geld der Römer anwenden. Die römischen Münzen, vom teuren Aureus (Gold) über den silbernen Denar und die Sesterz (Messing) bis zum kleinen As (Kupfer oder Bronze), zirkulierten zwar nicht auf dem gesamten Globus, aber doch im größten Teil der damals bekannten Welt. Die Versorgung aller Provinzen eines Weltreichs mit Münzen war ein logistisches Meisterwerk. Nach dem Ende des Römer-Reiches zirkulierten deren Münzen aber noch lange weiter.
Das Gold
Gold diente seit mehreren Jahrtausenden in vielen Zivilisationen als Geld, aber seine Rolle als geschätztes Währungsmetall trat vor allem während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im sogenannten Goldstandard hervor. Damals war der Wert der wichtigsten Währungen in der Welt (Pfund, Dollar, Mark, Franc) an den Wert des Goldes gekoppelt. Nach 1918 verlor das Gold allmählich seine Bedeutung für das Währungswesen - heute, im Zeitalter des elektronischem Geldes, spielt es dort keine Rolle mehr.
Der Dollar
Seit Jahrzehnten besitzt der Dollar Elemente einer Weltwährung, die ihn aus dem Kreis der anderen Währungen hervorheben. Er ist nicht nur nationales Geld der Vereinigten Staaten. Er dient als führende Währung an den internationalen Kapitalmärkten und als Fluchtwährung für internationale Anleger in Krisenzeiten. Zudem kursiert der Dollar in Schwellen- und Entwicklungsländern als Zweitwährung, und Ölgeschäfte werden in Dollar bezahlt.
Quelle: faz.net
Euer
Einsamer Samariter
Wer hat sich nicht schon auf Reisen über die Kosten geärgert, die beim Tausch heimischer Euro gegen Dollar, Pfund, Franken oder andere Fremdwährungen anfallen? Für Banken, Geldwechsler und Hotels mag der Währungstausch ein wunderbares Geschäft darstellen, für den Reisenden ist er unangenehm. Daher liegt die Frage nahe: Wäre es nicht einfacher, wir hätten nur noch eine einzige Währung auf der Welt?
Der Gedanke mag utopisch klingen, aber er spricht nicht nur weltfremde Träumer an. Auch erstklassige Fachleute haben schon über Sinn oder Unsinn einer Weltwährung nachgedacht. Die Debatten zeigen, daß mehr dagegen spricht als dafür.
Handelshemmende Wirkung der Währungsvielfalt
Die Idee wurde im 19. Jahrhundert populär, als mit der Industrialisierung eine erste Globalisierungswelle begann und sich Ökonomen wie Geschäftsleute fragten, ob die Einführung einer globalen Einheitswährung nicht dazu geeignet wäre, den internationalen Handel zu beschleunigen und somit weiteren Wohlstand zu schaffen.
„Das Geschäftsleben ist überall identisch. Kaufen und verkaufen, leihen und verleihen funktioniert stets nach dem gleichen Muster“, schrieb Walter Bagehot, der bedeutendste britische Wirtschaftsjournalist des 19. Jahrhunderts. „Daher sollte alles, was den Handel betrifft, ebenfalls überall gleich sein.“ Aus dieser Perspektive erscheint der Gedanke an ein globales Geld nicht völlig abwegig, denn noch in unserer Zeit belegen Studien einen den Handel hemmenden Effekt von Währungsgrenzen.
Im Laufe der Zeit kamen weitere Argumente für eine Einheitswährung hinzu. So verhindere sie den Mißbrauch einer nationalen Währung durch eine nationale Regierung, wie er sich in einigen Entwicklungs- und Schwellenländern beobachten lasse, sagen Befürworter. Für Menschen, die in einem Land mit chronisch hoher Inflation leben, wäre eine stabile Weltwährung sicherlich eine lockende Alternative.
Währung als Mittel der politischen Einigung
Hinzu tritt eine politische Hoffnung, die einer Weltwährung zutraut, zum Abbau von Spannungen in der Welt beizutragen und die politische Integration zu fördern. Das Argument ist aus der Entstehungsgeschichte des Euro bekannt, den manche Befürworter als Vehikel für ein politisches Zusammenwachsen Europas gedeutet haben. Was hatte der französische Währungsfachmann Jacques Rueff schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg prophezeit? „Ein geeintes Europa wird durch eine Währung entstehen oder überhaupt nicht.“ In diesem Sinne: Was spräche dagegen, die Idee des Euro auf die ganze Welt zu übertragen?
Einiges. Es ist wohl kein Zufall, daß es eine richtige Weltwährung niemals gegeben hat. Am ehesten entsprach ihr noch das Geld der Römer während der Glanzzeit des Imperium Romanum (siehe Kasten). Später erlangten zunächst das Gold und heute der Dollar eine gewisse Prominenz im internationalen Währungswesen. Aber von einem richtigen globalen Geld, das eine mit Vertretern aus aller Welt besetzte Zentralbank ausgibt, sind wir weit entfernt.
Währung als Gegenstand politischer Spaltung
Der Harvard-Ökonom Richard Cooper, der vor Jahrzehnten ein solches Geld zumindest für die Industrienationen vorgeschlagen hatte, lieferte damals bereits ein Gegenargument mit: Eine Weltwährung müßte Staaten mit unterschiedlichen politischen Regimes, Traditionen und Wertvorstellungen friedlich zusammenführen - und das wird wohl so rasch nicht geschehen. „Es ist höchst zweifelhaft, daß das amerikanische Volk, um nur ein Beispiel zu nennen, jemals akzeptieren könnte, daß Vertreter eines totalitären Regimes Einfluß auf eine Geldpolitik nehmen könnten, die auch für die Vereinigten Staaten eine Zuständigkeit besitzt“, bemerkte Cooper.
Auf die Spur eines weiteren gewichtigen Problems führt eine Äußerung des Kölner Volkswirts Christian Watrin, der einmal, auf die ebenfalls utopische Idee eines Weltstaates angesprochen, meinte: „Wohin kann man ins Exil gehen, wenn es einem in diesem Weltstaat nicht gefällt?“ Dieser typisch liberale Gedankengang läßt sich auch auf die Weltwährung anwenden: Es stünde kein alternatives Geld zur Verfügung, wenn die Weltwährung entgegen allen Erwartungen nichts taugen sollte und als Folge hoher Inflation stetig an Wert verlöre. Das wäre kein erstrebenswerter Zustand. Das Wettbewerbsprinzip gilt für Staaten wie für Währungen. Es ist gut, wenn es mehrere davon gibt. Nicht jede Harmonisierung stellt sich als vorteilhaft heraus.
Nicht zusammensperren, was nicht zusammengehört
Das ist nicht alles. Die Ökonomen Michael Bordo und Harold James haben kürzlich in einem gemeinsamen Papier weitere Gründe gegen eine Weltwährung zusammengetragen. So sehen sie durch die Globalisierung zwei Typen von Ländern entstehen. Das sind zum einen die rasch wachsenden, exportstarken Schwellenländer wie China, deren extreme wirtschaftliche Dynamik mit Inflationsgefahren einhergeht. Demgegenüber stehen reife, nur mehr langsam wachsende Länder (zu denen man Deutschland zählen könnte), die angesichts billiger Importe aus den Schwellenländern und ins Ausland abwandernder Arbeitsplätze mehr Angst vor einer Deflation als vor einer Inflation haben.
Wie, so fragen Bordo und James, paßten dynamische Schwellenländer und reife Industrienationen angesichts dieser erheblichen Unterschiede unter das Dach einer gemeinsamen Währung? Überhaupt nicht, lautet ihre Antwort. Das Ergebnis eines solchen Unterfangens wären wirtschaftliche und politische Spannungen mit der Gefahr eines Aufbaus von Handelsbarrieren. Diese Überlegungen gestatten einen Schluß: An einer Gemeinschaftswährung sollten sich nur Staaten mit einem vergleichbaren wirtschaftlichen Entwicklungsstand, ähnlichen politischen Systemen und Wertvorstellungen beteiligen.
Wie sieht es nun in der Wirklichkeit des frühen 21. Jahrhunderts aus? Sie tendiert weder zu einer Weltwährung noch zu währungspolitischer Kleinstaaterei, sondern zu einem Zwischenzustand: dem regionalen Währungsblock, in dem sich Währungen kleiner Staaten an eine große Währung anbinden. So existiert ein Dollarblock, zu dem Teile Lateinamerikas zählen und der bis in den pazifischen Raum reicht. Der Euroblock umfaßt neben der Eurozone als Zentrum Länder in Ost- und Südosteuropa sowie in Schwarzafrika. Ein ähnlicher Block hat sich in Asien noch nicht gebildet, aber er mag noch folgen. Ob diese regionalen Währungsblöcke einmal zu einer Weltwährung fusionieren werden, läßt sich nicht für alle Zukunft vorhersagen. In einer absehbaren Zeit dürfte es jedenfalls nicht geschehen.
Das Geld der Römer
Der Begriff Weltwährung läßt sich in der Geschichte am ehesten auf das Geld der Römer anwenden. Die römischen Münzen, vom teuren Aureus (Gold) über den silbernen Denar und die Sesterz (Messing) bis zum kleinen As (Kupfer oder Bronze), zirkulierten zwar nicht auf dem gesamten Globus, aber doch im größten Teil der damals bekannten Welt. Die Versorgung aller Provinzen eines Weltreichs mit Münzen war ein logistisches Meisterwerk. Nach dem Ende des Römer-Reiches zirkulierten deren Münzen aber noch lange weiter.
Das Gold
Gold diente seit mehreren Jahrtausenden in vielen Zivilisationen als Geld, aber seine Rolle als geschätztes Währungsmetall trat vor allem während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im sogenannten Goldstandard hervor. Damals war der Wert der wichtigsten Währungen in der Welt (Pfund, Dollar, Mark, Franc) an den Wert des Goldes gekoppelt. Nach 1918 verlor das Gold allmählich seine Bedeutung für das Währungswesen - heute, im Zeitalter des elektronischem Geldes, spielt es dort keine Rolle mehr.
Der Dollar
Seit Jahrzehnten besitzt der Dollar Elemente einer Weltwährung, die ihn aus dem Kreis der anderen Währungen hervorheben. Er ist nicht nur nationales Geld der Vereinigten Staaten. Er dient als führende Währung an den internationalen Kapitalmärkten und als Fluchtwährung für internationale Anleger in Krisenzeiten. Zudem kursiert der Dollar in Schwellen- und Entwicklungsländern als Zweitwährung, und Ölgeschäfte werden in Dollar bezahlt.
Quelle: faz.net
Euer
Einsamer Samariter