RUECKBLICK: TRUEBE KONJUNTURAUSSICHTEN UND BOERSENRALLYE
§
Index Hoechststand Aenderung z. 22.08. Aenderung
52/W-Hoch Schlusskurs zum 15.08.
Internet 177,29 -59% 80,14 11,27%
S&P 500 1.226,29 -24% 962,70 3,49%
Nasdaq 2.102,53 -36% 1.422,95 5,79%
Nasdaq-QQQ 44,00 -44% 26,16 6,64%
Dow Jones 10.673,10 -17% 9.053,64 2,67%
Volatilitaet 57,31 -42% 30,96 -6,38%
30-Jahr Anl. 5,86 -15% 5,08 2,01%
Gold 327,05 -4% 306,55 -1,95%
Hipp Hipp Hurra: Die alten Zeiten sind wieder da. Die Boerse
ist wieder immun gegen saemtliche Meldungen, die einen
Einfluss auf das Geschaeftsklima haben koennten.
US Airways meldet sich bankrott. United Airlines (UAL) wird
wohl bald folgen, so zumindest die Erwartungen.
AOL Time Warner (AOL) und AT&T (T) entflechten ihre
gegenseitigen Beteiligungen. Die Konditionen werden nicht
veroeffentlicht, man muss also vermuten, dass darin ein paar
unangenehme Annahmen enthalten sind.
Dell (DELL) wird nicht mehr durch sein eigenes Kerngeschaeft,
dem Massen-PC, wachsen, sondern nur noch in Nischenbereichen
wie Server und Speichermedien.
Die Erholung am Arbeitsmarkt geht langsamer vonstatten, als
erhofft. Die Prognose fuer das US-Wirtschaftswachstum wurde
eineut nach unten korrigiert.
Und trotz solcher Meldungen springen saemtliche Indices
leichtfuessig ueber wichtige Huerden: Der Nasdaq ueber 1.400
Punkte, der Dow Jones ueber 9.000 Punkte und der S&P 500 ueber
950 Punkte. Die Volatilitaet im Markt sinkt wieder. Der
Goldpreis faellt. Aber hoppla, die Rendite fuer Anleihen
faellt nicht.
Hmmm, die steigende Rendite koennte jedoch auch an den US-
Notenbankmitgliedern liegen, die in der abgelaufenen Woche
landesweit Reden hielten, in denen sie die Gesundung der US-
Wirtschaft beschrieben und die langfristig soliden Aussichten
lobten (Philadelphia Fed Praesident Anthony Santomero, Chicago
Fed Praesident Michael Moskow). Nachdem zuvor aufgrund von
akuten Rezessionsaengsten die Rendite abgestuerzt war, kam es
nun zu einer Erholung.
Aber halt! Hat die Fed (Federal Open Market Committee – US-
Notenbank) nicht erst vor etwas mehr als einer Woche die
Schwaeche der US-Konjunktur zugegeben und die Moeglichkeit
weiterer Zinssenkungen erwaehnt? Wie koennen nun, nachdem kaum
ein paar Tage vergangen sind, Mitglieder dieses Ausschusses
das Gegenteil behaupten, waehrend doch die Konjunkturdaten,
die wir seither erhalten haben, eher die urspruengliche
Aussage der schwachen US-Konjunktur unterstuetzen?
Da scheint mir irgendwas im Argen zu liegen. Es werden wieder
einmal widerspruechliche Einschaetzungen veroeffentlicht. Der
Markt sucht sich davon dann die Version heraus, die ihm am
besten passt. Und derzeit passt dem Markt halt ein wenig
Optimismus.
Hat die Boerse Einfluss auf die Stimmung der Bevoelkerung?
Oder hat die Stimmung einen Einfluss auf die Boerse? Letzteres
auf jeden Fall. Wie in den 90ern zu sehen war, kann sich die
Boerse ganz ohne fundamentalen Bezug in ungeahnte Hoehen
schrauben. Aber was beeinflusst die Stimmung?
Unter anderem der maechtigste Notenbanker der Welt: Alan
Greenspan. Nachdem er 1996 zu spaet den Zins anhob, sprach er
von einer irrationalen Ueberschwenglichkeit in den Kursen.
Dies wurde jedoch nicht gehoert und so wechselte er
anschliessend das Lager und lobte fortan die
Effizienzsteigerungen durch die New Economy.
Seine Worte halfen, Investoren in Sicherheit zu waehnen, dass
dieses zuvor nicht geahnte Wachstum gesund sei. Ungeachtet des
hohen Zinsniveaus wurde weiter investiert und Geld an die
Boerse gegeben. Greenspan avancierte in dieser Zeit zu einem
der populaersten Maenner der USA. Steht es denn einem Mann,
der sein Institut im Wesentlichen antizyklisch steuern soll
zu, populaer zu werden? Wird nicht nur derjenige populaer, der
den Zeitgeist trifft? Und damit ist Greenspan per se nicht
mehr antizyklisch...
Steht es denn wirklich in der Macht eines einzigen Mannes, die
Wirtschaft so stark zu beeinflussen? Oder sucht sich der Markt
stets die Aussagen heraus, die er gerne hoeren moechte? Wie
beispielsweise derzeit, dass es dem US-Konsumenten zu
verdanken ist, dass es nicht schon laengst eine Rezession in
den USA gibt.
Denn, die hohe Konsumneigung in den USA hat ihre Gruende und
spiegelt nicht das uneingeschraenkte Vertrauen in die
Wirtschaft wider. Durch das niedrige Zinsniveau koennen
Haeuslebauer ihre Hypothekenkredite refinanzieren und kommen
dadurch mit einer geringeren monatlichen Belastung aus: Mehr
Cash fuer den Konsum bleibt uebrig. Es gab riesige
Steuersenkungen. Auch neue Kredite sind bei dem niedrigen
Zinsniveau guenstiger zu finanzieren. Und dann sind da noch
die Null Prozent Finanzierungsangebote der Automobilbranche.
Alles Effekte, die die Nachfrage erhoehen und die Wirtschaft
am Leben halten. Aber es gibt auch negative Effekte dieser
Politik: Die Verschuldung der Haushalte steigt weiter an. Im
Verhaeltnis zum Bruttosozialprodukt stieg die Verschuldung von
72% auf 79%.
Reicht denn die anhaltend hohe Nachfrage, um eine Rezession
mit allen Begleiterscheinungen wie Deflation, Arbeitslosigkeit
usw. zu vermeiden? Kann ueberhaupt die USA sich gegen einen
globalen Trend stellen? Ein Trend, der bereits seit 10 Jahren
die Japaner plagt und der auch in Europa bereits allerorten zu
sehen ist?
Ich denke, es ist bereits zu spaet. In den 90ern wurden in den
USA Produktionskapazitaeten aufgebaut, die bis heute und auch
auf absehbare Zeit nicht benoetigt wurden und werden.
Allerdings spiegelte die Schaffung von Kapazitaeten ein
falsches Konjunkturbild wider. Venture Capital und auch durch
IPOs generierte Gelder wurden investiert. Die
Produktionakapazitaeten sind seit Mitte der 90er um
durchschnittlich 3,5% p.a. gestiegen. Seit zwei Jahren jedoch
ist das wirkliche Wichtschaftswachstum hinter dem Wachstum der
Kapazitaeten zurueckgeblieben.
In den USA wird die Theorie verbreitet, dass die Wirtschaft im
vergangenen Jahr etwas geschwaechelt hat. Und eventuell werde
im laufenden Jahr erneut ein kleiner Schwaecheanfall zu
erwarten sein (Double Dip Theorie – doppeltes Tief). Seit ein
paar Wochen, seit die offiziellen Wirtschaftszahlen fuer die
letzten zwei Jahre revidiert wurden, wissen wir, dass bereits
im letzten Jahr drei von vier Quartalen ein negatives Wachstum
auswiesen. Das ist keine Schwaeche, das ist eine Rezession.
Und das Gefaehrliche an einem solch hohen Wachstum der
Produktionskapazitaeten ist, dass auch bei geringem
Wirtschaftswachstum noch immer eine Deflation moeglich ist.
Deflation: Sinkende Preise, beispielsweise aufgrund sinkender
Nachfrage, Konsumenten koennten es vorziehen, ihre Kredite
zurueckzufuehren, anstatt sich einen dritten DVD-Player zu
kaufen. Gleichzeitig sinkt bei Deflation die Geldmenge, also
das verfuegbare Bargeld, das jeder Einzelne in der Tasche hat.
Kredite werden insolvent, die Kreditausfaelle der Banken
steigen an und auch einige Banken werden insolvent.
So die allgemeine Beschreibung einer Deflation. Soweit sind
wir natuerlich noch nicht. Ausserdem haben wir es ja mit einem
globalen Markt zu tun, und da werden sich bestimmt
Auffangmechanismen finden oder?
Nun, Japan kann nichts mehr auffangen. Europa auch nicht.
Suedamerika? Ohne den $30 Mrd. Zuschuss des IWF
(Internationaler Waehrungsfonds) haetten wir in Argentinien
und Brasilien schon laengst eine Katastrophe. Und in diesem
Gebiet sind US-Banken mit hohen Kreditengagements involviert.
Ohne diese Finanzspritze haetten wir also schon sicherlich die
ersten Bankenpleiten gesehen.
Nein, die USA sind nicht Japan. Die USA haben andere
Instrumente und sind flexibler, um ein solches Horrorszenario
abzufangen, sollte man meinen. Ende der 90er wurde das Japan-
Szenario untersucht und man kam zu folgender Aussage, dass
dieses Szenario nicht in den USA eintreten kann:
Sollte es zu Problemen in der US-Wirtschaft kommen, so kann
die Fed durch reichliche Zinssenkungen genuegend Cash in den
Markt spuelen, um die Nachfrage zu stimulieren. Der Zins von
damals ueber 8% sollte hoch genug sein, um genuegend Spielraum
fuer alle Eventualitaeten zu haben.
... inzwischen ist der Zins nur noch bei 1,75%.
Der US-Haushalt stand in voller Pracht: Es gab einen
Ueberschuss, den Bush stolz in Form von einmaligen
Steuerrueckzahlungen an das Volk zurueckzahlte. Weiterhin
wurden Steuersenkungen vorgenommen und auch fuer
Sonderzahlungen war noch Spielraum.
... inzwischen wurden Milliarden durch den Anschlag am 9/11
verschlungen, es wurde ein neues Ministerium gegruendet und
das Haushaltsdefizit laesst Schlimmeres befuerchten.
Noch vor zwei Jahren, ja noch vor einem Jahr, behauptete ein
jeder Amerikaner mit stolzgeschwollener Brust, dass das US-
Wirtschaftssystem dem japanischen ueberlegen sei: Viel
flexibler, da keine Lebensarbeitszeitvertraege existieren.
Ausserdem werde das Management am eigenen Erfolg beteiligt und
somit viel besser motiviert.
... inzwischen gab es Enron, Worldcom, Qwest, Adelphia, usw.
Die fetten Jahre der 90er sollten noch einige solche Faelle in
petto halten, trotz Schwur.
In Japan kam zu der Aktienmarktblase noch eine
Spekulationsblase im Immobilienmarkt hinzu, so dass saemtliche
Vermoegenswerte der Japaner implodierten.
... in den USA ist nur die Spekulationsblase am Aktienmarkt
implodiert. Meiner Ansicht nach tickt im Immobilienmarkt eine
Zeitbombe, denn Immobilienpreise sind in den letzten zwei
Jahren staerker angestiegen als die Mieten. Somit wurden auch
Immobilien zu Spekulationsobjekten. Bei sinkenden Einkommen
ist das gefaehrlich.
Eieiei,
ich schreibe mir hier die Finger wund, um Ihnen ein
pessimistisches Szenario ins Gehirn zu pflanzen. Dabei
gehoeren Sie sicherlich schon zu den Aufgeklaerten, wenn Sie
bis hier gelesen haben.
Dabei sollte ich Ihnen doch viel eher ein paar positive Seiten
aufzeigen, um Sie bei Laune zu halten. Nichts leichter als
das: Seien Sie aktiv, es wird sich in den naechsten Jahren
lohnen. Seien Sie flexibel und streichen Sie Zwischengewinne
ein. Setzen Sie nicht auf langfristige Aufwaertstrends, die
wird es vielleicht in ein paar Jahren wieder geben, vorerst
jedoch nicht.
Verlieren Sie nicht den Ueberblick und lassen Sie sich nicht
von der Euphorie ergreifen, die sich derzeit auf dem Parkett
wieder breit macht. Spielen Sie lieber mit der einen oder
anderen Investmentidee
thank you, america! 
§
Index Hoechststand Aenderung z. 22.08. Aenderung
52/W-Hoch Schlusskurs zum 15.08.
Internet 177,29 -59% 80,14 11,27%
S&P 500 1.226,29 -24% 962,70 3,49%
Nasdaq 2.102,53 -36% 1.422,95 5,79%
Nasdaq-QQQ 44,00 -44% 26,16 6,64%
Dow Jones 10.673,10 -17% 9.053,64 2,67%
Volatilitaet 57,31 -42% 30,96 -6,38%
30-Jahr Anl. 5,86 -15% 5,08 2,01%
Gold 327,05 -4% 306,55 -1,95%
Hipp Hipp Hurra: Die alten Zeiten sind wieder da. Die Boerse
ist wieder immun gegen saemtliche Meldungen, die einen
Einfluss auf das Geschaeftsklima haben koennten.
US Airways meldet sich bankrott. United Airlines (UAL) wird
wohl bald folgen, so zumindest die Erwartungen.
AOL Time Warner (AOL) und AT&T (T) entflechten ihre
gegenseitigen Beteiligungen. Die Konditionen werden nicht
veroeffentlicht, man muss also vermuten, dass darin ein paar
unangenehme Annahmen enthalten sind.
Dell (DELL) wird nicht mehr durch sein eigenes Kerngeschaeft,
dem Massen-PC, wachsen, sondern nur noch in Nischenbereichen
wie Server und Speichermedien.
Die Erholung am Arbeitsmarkt geht langsamer vonstatten, als
erhofft. Die Prognose fuer das US-Wirtschaftswachstum wurde
eineut nach unten korrigiert.
Und trotz solcher Meldungen springen saemtliche Indices
leichtfuessig ueber wichtige Huerden: Der Nasdaq ueber 1.400
Punkte, der Dow Jones ueber 9.000 Punkte und der S&P 500 ueber
950 Punkte. Die Volatilitaet im Markt sinkt wieder. Der
Goldpreis faellt. Aber hoppla, die Rendite fuer Anleihen
faellt nicht.
Hmmm, die steigende Rendite koennte jedoch auch an den US-
Notenbankmitgliedern liegen, die in der abgelaufenen Woche
landesweit Reden hielten, in denen sie die Gesundung der US-
Wirtschaft beschrieben und die langfristig soliden Aussichten
lobten (Philadelphia Fed Praesident Anthony Santomero, Chicago
Fed Praesident Michael Moskow). Nachdem zuvor aufgrund von
akuten Rezessionsaengsten die Rendite abgestuerzt war, kam es
nun zu einer Erholung.
Aber halt! Hat die Fed (Federal Open Market Committee – US-
Notenbank) nicht erst vor etwas mehr als einer Woche die
Schwaeche der US-Konjunktur zugegeben und die Moeglichkeit
weiterer Zinssenkungen erwaehnt? Wie koennen nun, nachdem kaum
ein paar Tage vergangen sind, Mitglieder dieses Ausschusses
das Gegenteil behaupten, waehrend doch die Konjunkturdaten,
die wir seither erhalten haben, eher die urspruengliche
Aussage der schwachen US-Konjunktur unterstuetzen?
Da scheint mir irgendwas im Argen zu liegen. Es werden wieder
einmal widerspruechliche Einschaetzungen veroeffentlicht. Der
Markt sucht sich davon dann die Version heraus, die ihm am
besten passt. Und derzeit passt dem Markt halt ein wenig
Optimismus.
Hat die Boerse Einfluss auf die Stimmung der Bevoelkerung?
Oder hat die Stimmung einen Einfluss auf die Boerse? Letzteres
auf jeden Fall. Wie in den 90ern zu sehen war, kann sich die
Boerse ganz ohne fundamentalen Bezug in ungeahnte Hoehen
schrauben. Aber was beeinflusst die Stimmung?
Unter anderem der maechtigste Notenbanker der Welt: Alan
Greenspan. Nachdem er 1996 zu spaet den Zins anhob, sprach er
von einer irrationalen Ueberschwenglichkeit in den Kursen.
Dies wurde jedoch nicht gehoert und so wechselte er
anschliessend das Lager und lobte fortan die
Effizienzsteigerungen durch die New Economy.
Seine Worte halfen, Investoren in Sicherheit zu waehnen, dass
dieses zuvor nicht geahnte Wachstum gesund sei. Ungeachtet des
hohen Zinsniveaus wurde weiter investiert und Geld an die
Boerse gegeben. Greenspan avancierte in dieser Zeit zu einem
der populaersten Maenner der USA. Steht es denn einem Mann,
der sein Institut im Wesentlichen antizyklisch steuern soll
zu, populaer zu werden? Wird nicht nur derjenige populaer, der
den Zeitgeist trifft? Und damit ist Greenspan per se nicht
mehr antizyklisch...
Steht es denn wirklich in der Macht eines einzigen Mannes, die
Wirtschaft so stark zu beeinflussen? Oder sucht sich der Markt
stets die Aussagen heraus, die er gerne hoeren moechte? Wie
beispielsweise derzeit, dass es dem US-Konsumenten zu
verdanken ist, dass es nicht schon laengst eine Rezession in
den USA gibt.
Denn, die hohe Konsumneigung in den USA hat ihre Gruende und
spiegelt nicht das uneingeschraenkte Vertrauen in die
Wirtschaft wider. Durch das niedrige Zinsniveau koennen
Haeuslebauer ihre Hypothekenkredite refinanzieren und kommen
dadurch mit einer geringeren monatlichen Belastung aus: Mehr
Cash fuer den Konsum bleibt uebrig. Es gab riesige
Steuersenkungen. Auch neue Kredite sind bei dem niedrigen
Zinsniveau guenstiger zu finanzieren. Und dann sind da noch
die Null Prozent Finanzierungsangebote der Automobilbranche.
Alles Effekte, die die Nachfrage erhoehen und die Wirtschaft
am Leben halten. Aber es gibt auch negative Effekte dieser
Politik: Die Verschuldung der Haushalte steigt weiter an. Im
Verhaeltnis zum Bruttosozialprodukt stieg die Verschuldung von
72% auf 79%.
Reicht denn die anhaltend hohe Nachfrage, um eine Rezession
mit allen Begleiterscheinungen wie Deflation, Arbeitslosigkeit
usw. zu vermeiden? Kann ueberhaupt die USA sich gegen einen
globalen Trend stellen? Ein Trend, der bereits seit 10 Jahren
die Japaner plagt und der auch in Europa bereits allerorten zu
sehen ist?
Ich denke, es ist bereits zu spaet. In den 90ern wurden in den
USA Produktionskapazitaeten aufgebaut, die bis heute und auch
auf absehbare Zeit nicht benoetigt wurden und werden.
Allerdings spiegelte die Schaffung von Kapazitaeten ein
falsches Konjunkturbild wider. Venture Capital und auch durch
IPOs generierte Gelder wurden investiert. Die
Produktionakapazitaeten sind seit Mitte der 90er um
durchschnittlich 3,5% p.a. gestiegen. Seit zwei Jahren jedoch
ist das wirkliche Wichtschaftswachstum hinter dem Wachstum der
Kapazitaeten zurueckgeblieben.
In den USA wird die Theorie verbreitet, dass die Wirtschaft im
vergangenen Jahr etwas geschwaechelt hat. Und eventuell werde
im laufenden Jahr erneut ein kleiner Schwaecheanfall zu
erwarten sein (Double Dip Theorie – doppeltes Tief). Seit ein
paar Wochen, seit die offiziellen Wirtschaftszahlen fuer die
letzten zwei Jahre revidiert wurden, wissen wir, dass bereits
im letzten Jahr drei von vier Quartalen ein negatives Wachstum
auswiesen. Das ist keine Schwaeche, das ist eine Rezession.
Und das Gefaehrliche an einem solch hohen Wachstum der
Produktionskapazitaeten ist, dass auch bei geringem
Wirtschaftswachstum noch immer eine Deflation moeglich ist.
Deflation: Sinkende Preise, beispielsweise aufgrund sinkender
Nachfrage, Konsumenten koennten es vorziehen, ihre Kredite
zurueckzufuehren, anstatt sich einen dritten DVD-Player zu
kaufen. Gleichzeitig sinkt bei Deflation die Geldmenge, also
das verfuegbare Bargeld, das jeder Einzelne in der Tasche hat.
Kredite werden insolvent, die Kreditausfaelle der Banken
steigen an und auch einige Banken werden insolvent.
So die allgemeine Beschreibung einer Deflation. Soweit sind
wir natuerlich noch nicht. Ausserdem haben wir es ja mit einem
globalen Markt zu tun, und da werden sich bestimmt
Auffangmechanismen finden oder?
Nun, Japan kann nichts mehr auffangen. Europa auch nicht.
Suedamerika? Ohne den $30 Mrd. Zuschuss des IWF
(Internationaler Waehrungsfonds) haetten wir in Argentinien
und Brasilien schon laengst eine Katastrophe. Und in diesem
Gebiet sind US-Banken mit hohen Kreditengagements involviert.
Ohne diese Finanzspritze haetten wir also schon sicherlich die
ersten Bankenpleiten gesehen.
Nein, die USA sind nicht Japan. Die USA haben andere
Instrumente und sind flexibler, um ein solches Horrorszenario
abzufangen, sollte man meinen. Ende der 90er wurde das Japan-
Szenario untersucht und man kam zu folgender Aussage, dass
dieses Szenario nicht in den USA eintreten kann:
Sollte es zu Problemen in der US-Wirtschaft kommen, so kann
die Fed durch reichliche Zinssenkungen genuegend Cash in den
Markt spuelen, um die Nachfrage zu stimulieren. Der Zins von
damals ueber 8% sollte hoch genug sein, um genuegend Spielraum
fuer alle Eventualitaeten zu haben.
... inzwischen ist der Zins nur noch bei 1,75%.
Der US-Haushalt stand in voller Pracht: Es gab einen
Ueberschuss, den Bush stolz in Form von einmaligen
Steuerrueckzahlungen an das Volk zurueckzahlte. Weiterhin
wurden Steuersenkungen vorgenommen und auch fuer
Sonderzahlungen war noch Spielraum.
... inzwischen wurden Milliarden durch den Anschlag am 9/11
verschlungen, es wurde ein neues Ministerium gegruendet und
das Haushaltsdefizit laesst Schlimmeres befuerchten.
Noch vor zwei Jahren, ja noch vor einem Jahr, behauptete ein
jeder Amerikaner mit stolzgeschwollener Brust, dass das US-
Wirtschaftssystem dem japanischen ueberlegen sei: Viel
flexibler, da keine Lebensarbeitszeitvertraege existieren.
Ausserdem werde das Management am eigenen Erfolg beteiligt und
somit viel besser motiviert.
... inzwischen gab es Enron, Worldcom, Qwest, Adelphia, usw.
Die fetten Jahre der 90er sollten noch einige solche Faelle in
petto halten, trotz Schwur.
In Japan kam zu der Aktienmarktblase noch eine
Spekulationsblase im Immobilienmarkt hinzu, so dass saemtliche
Vermoegenswerte der Japaner implodierten.
... in den USA ist nur die Spekulationsblase am Aktienmarkt
implodiert. Meiner Ansicht nach tickt im Immobilienmarkt eine
Zeitbombe, denn Immobilienpreise sind in den letzten zwei
Jahren staerker angestiegen als die Mieten. Somit wurden auch
Immobilien zu Spekulationsobjekten. Bei sinkenden Einkommen
ist das gefaehrlich.
Eieiei,
ich schreibe mir hier die Finger wund, um Ihnen ein
pessimistisches Szenario ins Gehirn zu pflanzen. Dabei
gehoeren Sie sicherlich schon zu den Aufgeklaerten, wenn Sie
bis hier gelesen haben.
Dabei sollte ich Ihnen doch viel eher ein paar positive Seiten
aufzeigen, um Sie bei Laune zu halten. Nichts leichter als
das: Seien Sie aktiv, es wird sich in den naechsten Jahren
lohnen. Seien Sie flexibel und streichen Sie Zwischengewinne
ein. Setzen Sie nicht auf langfristige Aufwaertstrends, die
wird es vielleicht in ein paar Jahren wieder geben, vorerst
jedoch nicht.
Verlieren Sie nicht den Ueberblick und lassen Sie sich nicht
von der Euphorie ergreifen, die sich derzeit auf dem Parkett
wieder breit macht. Spielen Sie lieber mit der einen oder
anderen Investmentidee
