21.05.2010 11:09 Uhr, aktualisiert 21.05.2010 12:19 UhrEinstieg bei E-Auto-Bauer Tesla:
Toyota weckt Fantasie einer Allianz mit Daimler
Toyota will gemeinsam mit dem amerikanischen Unternehmen Tesla Motors Elektroautos für den US-Markt entwickeln und produzieren. Der weltgrößte Autobauer beteiligt sich im Zuge der Partnerschaft an dem Elektroautopionier. Das schürt Fantasien einer Allianz von Toyota und Daimler. Denn der Stuttgarter Hersteller ist bereits mit zehn Prozent an Tesla beteiligt.
von Tino Andresen
Teslas Model S soll Anfang 2012 auf den Markt kommen. Quelle: Reuters
DÜSSELDORF. Toyota werde 50 Mio. Dollar in den ortsansässigen Elektroauto-Hersteller investieren und gemeinsam Autos entwickeln und Unterstützung bei Fertigungssystemen leisten, gaben der von einer Pannenserie geplagte japanische Branchenprimus und Tesla am Donnerstag (Ortszeit) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im kalifornischen Palo Alto bekannt.
Vor rund einem Jahr hatte Daimler für ebenfalls 50 Mio. Dollar einen zehnprozentigen Anteil an Tesla erworben, den der Stuttgarter Autobauer teilweise an seinen Anker-Aktionär Abu Dhabi weitergegeben hat. Toyota wird nun für die gleiche Summe "wahrscheinlich" einen geringeren Anteil an Tesla bekommen, wie ein Sprecher des japanischen Unternehmens am Freitag Handelsblatt Online sagte. Der endgültige Prozentsatz stehe noch nicht fest und hänge von Teslas geplantem Börsengang ab. Der Schritt an den Kapitalmarkt wird von Daimler unterstützt, auch wenn sich der Anteil der Stuttgarter am Unternehmen dadurch etwas verringern wird.
Daimler begrüßt Toyotas Einstieg einer Unternehmenssprecherin zufolge. "Er bringt das Thema Elektromobilität voran", sagte sie Handelsblatt Online am Freitag. "Die Zusammenarbeit von Daimler und Tesla beeinträchtigt das nicht." Der Konzern sehe seine Strategie durch Toyotas Interesse bestätigt, sich aber im Vorteil: "Wir sind ein Jahr voraus."
Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen/Steige, sagte Handelsblatt Online: "Toyota will das Werk in Fremont weiterführen und hat langfristig vielleicht eine indirekte Allianz mit Daimler im Blick. Das ist möglicherweise wichtiger als Teslas Know-how." Toyota und Daimler dementieren, dass ein Ausbau der neuen, indirekten Zusammenarbeit geplant sei – auch wenn diese Diez zufolge Sinn ergeben könnte und vor allem von der Größenordnung her spannend wäre.
Der Autoprofessor mutmaßt zudem, die Partnerschaft von Tesla mit Toyota könne auch eine ganz andere Ursache haben: "Vielleicht will Daimler sein Engagement nicht fortführen." Diese Vermutung jedoch weisen die Stuttgarter zurück. "Wir halten an unserem Anteil fest. Die Zusammenarbeit läuft sehr gut, und wir sind vom Unternehmen Tesla Motors überzeugt." Der US-Elektroautobauer war für eine Stellungsnahme zunächst nicht erreichbar.
Toyota und Tesla wollen gemeinsam Fahrzeuge in einer kürzlich stillgelegten Fabrik in Kalifornien bauen und 2012 auf den Markt bringen. Nach Angaben von Tesla-Chef Elon Musk wird in der Fabrik im kalifornischen Fremont eine jährliche Produktion von 20 000 Autos angestrebt, darunter auch Teslas Model S, das im ersten Quartal 2012 in den Verkauf gehen soll. Das Werk in Fremont hatte Toyota zuvor zusammen mit General Motors betrieben, bevor der US-Autobauer ein Insolvenzverfahren durchlaufen musste.
Anfangs sollen 1000 Mitarbeiter beschäftigt werden. Langfristig sei jedoch die Schaffung von 10 000 Arbeitsplätzen geplant. Nach seinem kommerziellen Erfolg mit Hybrid-Autos wie dem Prius will Toyota mit der Kooperation nicht nur sein Engagement bei umweltfreundlichen Autos vorantreiben. Branchenbeobachter sehen dahinter auch Toyotas Versuch, sein angeschlagenes Image auf dem US-Markt aufzupolieren.
Toyota hatte nach einer beispiellosen Pannenserie weltweit mehr als acht Mio. Autos zurückrufen müssen, um Gaspedale und Fußmatten in den Fahrzeugen richten zu lassen. Drei von vier betroffenen Autos sind in den USA zugelassen. Wegen kurzzeitig aussetzender Bremsen mussten außerdem fast eine halbe Million Hybridautos in die Werkstätten zurück. Zudem musste der japanische Autokonzern in dieser Woche den Rückruf von weltweit weiteren 11 500 Lexus-Modelle wegen Problemen mit der Lenkung bekanntgeben.
Tesla bereitet derzeit seinen Börsengang vor. Mit dem Schritt will das Unternehmen rund 100 Mio. Dollar frisches Geld in die Kasse bekommen. Darüber hinaus verfügt es über einen 465-Mio.-Dollar-Kredit der US-Regierung. Weil das Unternehmen, das bereits mehr als 1000 Exemplare seines ersten Modells Roadster verkauft hat, der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge bisher Verluste von insgesamt 230 Mio. Dollar angesammelt hat, bezweifeln Analysten jedoch, dass es über ausreichend Geld für den notwendigen Aufbau einer Produktion und deren Erweiterung sowie für die Entwicklung verfügt.
Der Elektroauto-Pionier hat mit dem Sportwagen Roadster, der mehr als 100 000 Dollar kostet, für Furore gesorgt. Das Model S soll familientauglich sein, bis zu sieben Personen Platz bieten und unter Berücksichtigung von Steuerbegünstigungen weniger als 50 000 Dollar kosten. Tesla liefert überdies die Lithium-Ionen-Batterien für 1 500 Elektro-Smarts der neuen Generation an Daimler.