SZ vom 15.06.2000 Wirtschaft
Das Selbstbewusstsein des Sternenkriegers
Michael Mohr ist Chef einer erfolgreichen Internet-Handelsdatenbank
Der Werbefilm erinnert ein wenig an Raumschiff Enterprise. Die
Erde wird aus der Weltraumperspektive wahrgenommen. In
Sekundenschnelle flitzen bunte Streifen über die Kontinente. Neue
Technologien sollen das Leben der Menschen auf ungeahnte
Weise verbessern, heißt es. Ein Kapitän, erklärt mit sanfter
Stimme: „Mir geht es darum, die Welt zu verändern.“ Im irdischen
Leben heißt dieser Kapitän Michael Mohr, das Raumschiff ist die
Starnberger DCI Database for Commerce and Industry. Auch
wenn sich die Firma mit E-commerce beschäftigt, teilt sie ihren
Glauben an den Fortschritt und an sich selbst mit den
Sternenkriegern aus der TV-Serie.
Mohrs Internet-Firma bietet eine Online-Handelsplattform für
Telekommunikations- und Informationstechnologie- Produkte an.
Diese funktioniert so: DCI „sammelt“ Warenkataloge von
Herstellern und Händlern, kann heute auf Preis- und
Produktinformationen von über 300 000 Erzeugnissen
zurückgreifen. Kunden können auf der DCI-Webseite
Suchanfragen aufgeben – etwa für ein bestimmtes PC-Bauteil oder
ein Telefongerät. Die Datenbank spuckt dann alle relevanten
Angebote aus. Auch eine direkte Bestellung beim jeweiligen
Vertriebspartner ist möglich. „Käufer haben einen optimalen
Preisvergleich bei minimalem Aufwand“, schwärmt Mohr.
Dieses Konzept sei neu und gut, sagt der 31-jährige
Unternehmensgründer. Die Idee zum Aufbau einer
Datenhandelsbank hatte Mohr schon vor sieben Jahren. Mit seiner
1993 gegründeten Firma, für die er sein Maschinenbaustudium
nach wenigen Semestern abbrach, stieß er jedoch auf erhebliche
Anlaufschwierigkeiten. Die Zeit war nicht reif für sein Angebot.
Anfang der 90er Jahre gab es zu wenig Menschen, die online
waren. Mohr verschenkte Modems, um die Kunden für seine
Webseiten zu interessieren, dennoch blieb die Resonanz
bescheiden. Auch die Finanzierung gestaltete sich schwierig. Ein
eigener Computerhandel warf einen schmalen Gewinn ab, den
Mohr in seine Geschäftsidee investierte. An Venture-Capital war
noch nicht zu denken.
Doch Mohr ließ sich nicht entmutigen. Er stürzte sich in die Arbeit.
Schon seit seinem 16. Lebensjahr habe er eigentlich nur für seine
Visionen geackert. „Für Diskotheken blieb kaum Zeit“, erinnert
sich der heute 31-Jährige, der sich erst seit kurzem einen Tag am
Wochenende frei nimmt.
Der Boom von Internet und E-commerce half Mohr. Im Februar
erhielt er den Deutschen Internetpreis von Wirtschaftsminister
Müller. Im März ging DCI an die Börse, kurze Zeit später hatte
sich der Aktienkurs verdreifacht. Im April standen die Zahlen für
das erste Quartal fest: der Umsatz lag um 47 Prozent über dem
Vorjahreswert. Im Mai kaufte Mohr den britischen Konkurrenten
ace-quote.com und stärkte damit DCI auf dem europäischen
Markt.
Diese Entwicklung macht Mohr selbstbewußt: „Das Geld
ermöglicht es mir heute zu sagen, ich weiß, dass ich alles erreichen
kann.“ Aber eigentlich seien die vielen Millionen nur ein
angenehmer Nebenaspekt. Schon immer sei sein eigentlicher
Antrieb gewesen, anderen zu zeigen, dass er seine Visionen
verwirklichen kann, erzählt Mohr. Schon bei der Entwicklung
eines Industrieroboters, für den er als Jugendlicher den
Phillip-Morris-Preis erhielt, wollte er es allen beweisen. Und so
soll es auch bei seiner Zukunftsplanung sein. Der Umsatz soll
dieses Jahr gegenüber 1999 verdreifacht werden, auf 25 Millionen
DM; 2002 sollen es über 150 Millionen sein. Bereits 2001 will das
Starnberger Unternehmen Gewinn machen. Ein Griff nach den
Sternen?
Mohr bietet den Skeptikern selbstbewußt die Stirn. Bislang
finanziert sich die Handelsdatenbank zwar allein über
Mitgliedsbeiträge und Werbung. Aber in Zukunft werde DCI mit
der Deutschen Bank zusammenarbeiten. Ein Pilotprojekt zur
provisionspflichtigen Zahlungsabwicklung über die
DCI-Internetseite wird noch im Sommer dieses Jahres gestartet.
Und zuletzt kennt Mohr die Bedeutung der richtigen (Selbst-)
Inszenierung. Knapp die Hälfte des Firmenbudgets gibt er für
Marketing aus. Die Überzeugung nach außen zu tragen, Menschen
für die Zukunft zu begeistern, das ist seine Sache. Womit er
wieder ganz nah bei Captain Kirk und seiner Mannschaft ist.
Arno Schütze
[ Back]
[ Top]
[ Home ]
© 2000 Süddeutsche Zeitung GmbH / SV online GmbH
Das Selbstbewusstsein des Sternenkriegers
Michael Mohr ist Chef einer erfolgreichen Internet-Handelsdatenbank
Der Werbefilm erinnert ein wenig an Raumschiff Enterprise. Die
Erde wird aus der Weltraumperspektive wahrgenommen. In
Sekundenschnelle flitzen bunte Streifen über die Kontinente. Neue
Technologien sollen das Leben der Menschen auf ungeahnte
Weise verbessern, heißt es. Ein Kapitän, erklärt mit sanfter
Stimme: „Mir geht es darum, die Welt zu verändern.“ Im irdischen
Leben heißt dieser Kapitän Michael Mohr, das Raumschiff ist die
Starnberger DCI Database for Commerce and Industry. Auch
wenn sich die Firma mit E-commerce beschäftigt, teilt sie ihren
Glauben an den Fortschritt und an sich selbst mit den
Sternenkriegern aus der TV-Serie.
Mohrs Internet-Firma bietet eine Online-Handelsplattform für
Telekommunikations- und Informationstechnologie- Produkte an.
Diese funktioniert so: DCI „sammelt“ Warenkataloge von
Herstellern und Händlern, kann heute auf Preis- und
Produktinformationen von über 300 000 Erzeugnissen
zurückgreifen. Kunden können auf der DCI-Webseite
Suchanfragen aufgeben – etwa für ein bestimmtes PC-Bauteil oder
ein Telefongerät. Die Datenbank spuckt dann alle relevanten
Angebote aus. Auch eine direkte Bestellung beim jeweiligen
Vertriebspartner ist möglich. „Käufer haben einen optimalen
Preisvergleich bei minimalem Aufwand“, schwärmt Mohr.
Dieses Konzept sei neu und gut, sagt der 31-jährige
Unternehmensgründer. Die Idee zum Aufbau einer
Datenhandelsbank hatte Mohr schon vor sieben Jahren. Mit seiner
1993 gegründeten Firma, für die er sein Maschinenbaustudium
nach wenigen Semestern abbrach, stieß er jedoch auf erhebliche
Anlaufschwierigkeiten. Die Zeit war nicht reif für sein Angebot.
Anfang der 90er Jahre gab es zu wenig Menschen, die online
waren. Mohr verschenkte Modems, um die Kunden für seine
Webseiten zu interessieren, dennoch blieb die Resonanz
bescheiden. Auch die Finanzierung gestaltete sich schwierig. Ein
eigener Computerhandel warf einen schmalen Gewinn ab, den
Mohr in seine Geschäftsidee investierte. An Venture-Capital war
noch nicht zu denken.
Doch Mohr ließ sich nicht entmutigen. Er stürzte sich in die Arbeit.
Schon seit seinem 16. Lebensjahr habe er eigentlich nur für seine
Visionen geackert. „Für Diskotheken blieb kaum Zeit“, erinnert
sich der heute 31-Jährige, der sich erst seit kurzem einen Tag am
Wochenende frei nimmt.
Der Boom von Internet und E-commerce half Mohr. Im Februar
erhielt er den Deutschen Internetpreis von Wirtschaftsminister
Müller. Im März ging DCI an die Börse, kurze Zeit später hatte
sich der Aktienkurs verdreifacht. Im April standen die Zahlen für
das erste Quartal fest: der Umsatz lag um 47 Prozent über dem
Vorjahreswert. Im Mai kaufte Mohr den britischen Konkurrenten
ace-quote.com und stärkte damit DCI auf dem europäischen
Markt.
Diese Entwicklung macht Mohr selbstbewußt: „Das Geld
ermöglicht es mir heute zu sagen, ich weiß, dass ich alles erreichen
kann.“ Aber eigentlich seien die vielen Millionen nur ein
angenehmer Nebenaspekt. Schon immer sei sein eigentlicher
Antrieb gewesen, anderen zu zeigen, dass er seine Visionen
verwirklichen kann, erzählt Mohr. Schon bei der Entwicklung
eines Industrieroboters, für den er als Jugendlicher den
Phillip-Morris-Preis erhielt, wollte er es allen beweisen. Und so
soll es auch bei seiner Zukunftsplanung sein. Der Umsatz soll
dieses Jahr gegenüber 1999 verdreifacht werden, auf 25 Millionen
DM; 2002 sollen es über 150 Millionen sein. Bereits 2001 will das
Starnberger Unternehmen Gewinn machen. Ein Griff nach den
Sternen?
Mohr bietet den Skeptikern selbstbewußt die Stirn. Bislang
finanziert sich die Handelsdatenbank zwar allein über
Mitgliedsbeiträge und Werbung. Aber in Zukunft werde DCI mit
der Deutschen Bank zusammenarbeiten. Ein Pilotprojekt zur
provisionspflichtigen Zahlungsabwicklung über die
DCI-Internetseite wird noch im Sommer dieses Jahres gestartet.
Und zuletzt kennt Mohr die Bedeutung der richtigen (Selbst-)
Inszenierung. Knapp die Hälfte des Firmenbudgets gibt er für
Marketing aus. Die Überzeugung nach außen zu tragen, Menschen
für die Zukunft zu begeistern, das ist seine Sache. Womit er
wieder ganz nah bei Captain Kirk und seiner Mannschaft ist.
Arno Schütze
[ Back]
[ Top]
[ Home ]
© 2000 Süddeutsche Zeitung GmbH / SV online GmbH