Aus der FTD vom 12.12.2003 www.ftd.de/siemens
Siemens zieht Jobs ins Ausland ab
Von Alexandra Borchardt, München
Siemens wird im Zuge der EU-Osterweiterung in großem Stil Software-Entwicklung, Fertigung und Buchhaltungsfunktionen in den Beitrittsländern aufbauen. Die Auswirkungen dieses Trends auf den deutschen Arbeitsmarkt sind noch nicht abschätzbar.
"Wir müssen uns diesem Trend stellen, wie alle unsere Wettbewerber, und teilweise auch Aktivitäten dorthin verlagern", sagte Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer im Gespräch mit der FTD. Der Strategiechef des Technologiekonzerns hält es für realistisch, dass in einigen Jahren etwa ein Drittel der Entwicklungsarbeiten für Siemens an Niedriglohnstandorten geleistet wird.
Dabei gehe es einerseits darum, von dem erwarteten starken Marktwachstum in der Region zu profitieren. Andererseits müsse der Konzern auch die Kostenvorteile und das Potenzial hoch qualifizierter Software-Ingenieure nutzen. "Wir treffen da auf ganz fantastische Mitarbeiter mit hervorragender Ausbildung", sagte Feldmayer, der auch für das Osteuropa-Geschäft zuständig ist.
Damit bestätigen sich die im Sommer geäußerten Befürchtungen der IG Metall, Siemens könnte einen großen Teil der Software-Entwicklungen in Länder mit niedrigem Gehaltsniveau auslagern. Siemens folgt mit dieser - Offshoring genannten - Strategie einem Trend, dessen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt noch nicht abzuschätzen sind. Denn auch andere Konzerne wie etwa SAP haben angekündigt, große Teile ihrer Entwicklung als auch die Buchhaltung und Kundenbetreuung verstärkt in Ländern wie Russland, Indien oder China anzusiedeln.
Siemens beschäftigt weltweit mehr als 50.000 Forscher und Entwickler (F&E), davon gut 30.000 in Deutschland, den Rest überwiegend in Hochlohnländern. Etwa 30.000 der gesamten F&E-Mitarbeiter sind Software-Entwickler, da Siemens in allen Sparten Software einsetzt - von der Verkehrstechnik über die Industrieautomatisierung bis zur Informationstechnologie. In Osteuropa arbeiten an 21 Standorten gut 2700 Entwickler für Siemens. Feldmayer: "Das wird zügig wachsen."
Ein weiteres strategisches Ziel sei es, Abteilungen wie Buchhaltung oder Personalverwaltung, die über etliche Standorte und Werke verteilt sind, zu zentralisieren. "Wir bündeln gerade die Backoffice-Funktionen wo immer möglich." So lagert Siemens in einem größeren Projekt ausgewählte Backoffice-Funktionen für Europa nach Tschechien aus.
Unzufrieden mit den Rahmenbedingungen
"Wir sind mit den Rahmenbedingungen in Deutschland, wenn wir sie mit denjenigen in den wachstumsstärksten Ländern vergleichen, überhaupt nicht zufrieden", sagte Feldmayer.
Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer
Der Manager, der als einer der Kronprinzen des Konzernchefs Heinrich von Pierer gehandelt wird, hält Osteuropa beim Offshoring für besonders geeignet. Gründe dafür seien die logistische Anbindung, die Sprachkenntnisse, die Mentalität und die geringeren Risiken. Von Outsourcing, also der Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen, hält Feldmayer dagegen wenig. "Wir sind sehr interessiert daran, die Kompetenzen im Unternehmen zu halten." In Deutschland lagern derzeit vor allem die Banken, aber auch der Siemens-Ableger Infineon massiv Aktivitäten an Fremdfirmen aus.
Feldmayer ist überzeugt, dass der in den USA und Großbritannien schon weit vorangeschrittene Trend zum Offshoring den Reformdruck in Deutschland erhöhen wird. "Am Ende profitiert Deutschland davon, weil wir wieder wettbewerbsfähiger werden."
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Im Osten billiger
Fluchtbewegung Experten schätzen, dass die Jobverlagerung in Billiglohnländer rasant zunimmt. Auch bei Software-Entwicklern gibt es ein Lohngefälle.
Standortfaktor Vor allem im Vergleich zu den Staaten Osteuropas ist die Lohndifferenz frappant. Dabei geht es slowakischen Angestellten noch besser als Kollegen in Russland und der Ukraine.
Siemens zieht Jobs ins Ausland ab
Von Alexandra Borchardt, München
Siemens wird im Zuge der EU-Osterweiterung in großem Stil Software-Entwicklung, Fertigung und Buchhaltungsfunktionen in den Beitrittsländern aufbauen. Die Auswirkungen dieses Trends auf den deutschen Arbeitsmarkt sind noch nicht abschätzbar.
"Wir müssen uns diesem Trend stellen, wie alle unsere Wettbewerber, und teilweise auch Aktivitäten dorthin verlagern", sagte Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer im Gespräch mit der FTD. Der Strategiechef des Technologiekonzerns hält es für realistisch, dass in einigen Jahren etwa ein Drittel der Entwicklungsarbeiten für Siemens an Niedriglohnstandorten geleistet wird.
Dabei gehe es einerseits darum, von dem erwarteten starken Marktwachstum in der Region zu profitieren. Andererseits müsse der Konzern auch die Kostenvorteile und das Potenzial hoch qualifizierter Software-Ingenieure nutzen. "Wir treffen da auf ganz fantastische Mitarbeiter mit hervorragender Ausbildung", sagte Feldmayer, der auch für das Osteuropa-Geschäft zuständig ist.
Damit bestätigen sich die im Sommer geäußerten Befürchtungen der IG Metall, Siemens könnte einen großen Teil der Software-Entwicklungen in Länder mit niedrigem Gehaltsniveau auslagern. Siemens folgt mit dieser - Offshoring genannten - Strategie einem Trend, dessen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt noch nicht abzuschätzen sind. Denn auch andere Konzerne wie etwa SAP haben angekündigt, große Teile ihrer Entwicklung als auch die Buchhaltung und Kundenbetreuung verstärkt in Ländern wie Russland, Indien oder China anzusiedeln.
Siemens beschäftigt weltweit mehr als 50.000 Forscher und Entwickler (F&E), davon gut 30.000 in Deutschland, den Rest überwiegend in Hochlohnländern. Etwa 30.000 der gesamten F&E-Mitarbeiter sind Software-Entwickler, da Siemens in allen Sparten Software einsetzt - von der Verkehrstechnik über die Industrieautomatisierung bis zur Informationstechnologie. In Osteuropa arbeiten an 21 Standorten gut 2700 Entwickler für Siemens. Feldmayer: "Das wird zügig wachsen."
Ein weiteres strategisches Ziel sei es, Abteilungen wie Buchhaltung oder Personalverwaltung, die über etliche Standorte und Werke verteilt sind, zu zentralisieren. "Wir bündeln gerade die Backoffice-Funktionen wo immer möglich." So lagert Siemens in einem größeren Projekt ausgewählte Backoffice-Funktionen für Europa nach Tschechien aus.
Unzufrieden mit den Rahmenbedingungen
"Wir sind mit den Rahmenbedingungen in Deutschland, wenn wir sie mit denjenigen in den wachstumsstärksten Ländern vergleichen, überhaupt nicht zufrieden", sagte Feldmayer.
Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer
Der Manager, der als einer der Kronprinzen des Konzernchefs Heinrich von Pierer gehandelt wird, hält Osteuropa beim Offshoring für besonders geeignet. Gründe dafür seien die logistische Anbindung, die Sprachkenntnisse, die Mentalität und die geringeren Risiken. Von Outsourcing, also der Vergabe von Aufgaben an Fremdfirmen, hält Feldmayer dagegen wenig. "Wir sind sehr interessiert daran, die Kompetenzen im Unternehmen zu halten." In Deutschland lagern derzeit vor allem die Banken, aber auch der Siemens-Ableger Infineon massiv Aktivitäten an Fremdfirmen aus.
Feldmayer ist überzeugt, dass der in den USA und Großbritannien schon weit vorangeschrittene Trend zum Offshoring den Reformdruck in Deutschland erhöhen wird. "Am Ende profitiert Deutschland davon, weil wir wieder wettbewerbsfähiger werden."
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Im Osten billiger
Fluchtbewegung Experten schätzen, dass die Jobverlagerung in Billiglohnländer rasant zunimmt. Auch bei Software-Entwicklern gibt es ein Lohngefälle.
Standortfaktor Vor allem im Vergleich zu den Staaten Osteuropas ist die Lohndifferenz frappant. Dabei geht es slowakischen Angestellten noch besser als Kollegen in Russland und der Ukraine.