Sieger, 22:
Ich habe immer wieder mal gelesen, dass es beim Sex nicht auf die Penisgröße ankommt, sondern darauf, wie man miteinander umgeht. Doch weil ich eher ein "sachlicher" Typ bin, würde mich mal die biologische Seite interessieren. Wo wird die Frau denn nun genau erregt und wo liegen die dafür wichtigen Punkte oder Stellen? Dass dafür ein liebevolles Vorspiel notwendig ist, ist mir klar. Aber wie genau kann man sich das vorstellen?
Dr.-Sommer-Team: Körperliche Liebe ist wie das Spielen eines Musikinstuments
Hallo Sieger!
Betrachte mal den Körper einer Frau (und auch den des Mannes) nicht als eine Art Maschine mit verschiedenen Knöpfen, die man bei der Sexualität drücken kann, um Lust zu erzeugen. Versuch mal, dir die verschiedenen Körperzonen, die beim Sex angesprochen werden, als eine Art Musikinstrument vorzustellen. Auf dem kann man nun einzelne Töne erzeugen, einfache Melodien spielen, aber auch gigantische Partituren komponieren. Dabei entstehen neben wohlklingenden auch mal schräge Töne. Doch das ist ganz normal, weil man ja schließlich auch erst üben muss.
Wenn du das nun auf die Sexualität überträgst, dann kannst du dir vielleicht vorstellen, wie unterschiedlich die sexuelle Erregung (bei Männern und Frauen) sein kann, wenn ihr Körper gleichzeitig an unterschiedlichen Stellen durch unterschiedliche Reize stimuliert wird. Da gibt es Berührungen durch Streicheln, Anfassen oder Küssen. Hinzu kommen noch die Atmosphäre der Situation, Gerüche, Geräusche, Stimmungen, Fantasien u.s.w. Das alles zusammen wird dann zu einer "Partitur der Lust und Erregung". Nicht so wichtig dabei ist, ob sie am Ende in einen Orgasmus münden oder nicht.
Nun sind der Kitzler (auch Klitoris genannt, er liegt zwischen den Schamlippen außerhalb der Scheide in Richtung Bauchnabel), der sog. G-Punkt (nicht jede Frau spürt ihn, er liegt innerhalb der Scheide etwa zeigefingertief an der vorderen Scheidenwand), der Analbereich, die Schenkelinnenseiten, Nacken, Brüste u.s.w. normalerweise besonders empfindsame Stellen. Doch ihre Stimulation allein reicht meist nicht aus für ein orgastisches Liebeserlebnis. Wichtig dabei sind noch zusätzliche Reize, wie z.B. Blicke, Fantasien oder lustvolle Empfindungen wie etwa durch Körpergerüche oder Lustlaute. Erst "diese Komposition" macht das Gefühl lustvoller Erregung aus. Du siehst: Bei der Sexualität spielt sich vieles nicht nur körperlich - sondern auch im Kopf ab.
Ich hoffe, meine Beschreibung zeigt dir, dass es nicht so sehr auf einzelne Stellen (Scheide, Kitzler, Anus etc.) ankommt, sondern auf eine Vielzahl von Umständen, die darüber "entscheiden" wie eine Frau deine Berührungen und Zärtlichkeiten erlebt und empfindet. Was davon eine Frau als besonders erregend oder schön erlebt, ist individuell sehr verschieden und kann auch von Situation zu Situation wechseln. Du findest es heraus, wenn du deine Wahrnehmung für ihre Reaktionen schärfst, d.h. wenn du ihre ganz eigene Körpersprache verstehen lernst. Du kannst sie natürlich auch danach fragen, was ihr gefällt oder gut tut. Paare, die wenig Aufmerksamkeit füreinander haben und meistens nur öden Rein-Raus-Sex praktizieren, erleben dagegen häufig, dass ihre sexuelle Erregbarkeit und Lust mit der Zeit abnimmt.
Der Penis und seine individuell unterschiedliche Größe spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Die Scheide passt sich ihm leicht an, egal wie dick, dünn, kurz oder lang er ist. Doch die Fähigkeit, ihre Scheidenmuskulatur zu kontrollieren, ist nicht bei jeder Frau einfach so vorhanden. Oft muss sie erst gelernt werden. Vor allem dann, wenn eine Frau sexuell noch unerfahren ist oder noch wenig Kontakt zu ihrem eigenen Körper hat. Für die Stimulation des Kitzlers ist die Größe des Penis unwichtig, da der Kitzler außerhalb der Scheide liegt und beim Verkehr meist mehr durch den Kontakt mit dem Schambein als durch den Penis gereizt wird.