Nutzen die Banken die Leitzinssenkung zur eigenen Sanierung?
Leitzinsen sinken - Kreditkosten steigen
Nach EZB-Zinsschritt erheben Verbraucherschützer schwere Vorwürfe gegen Banken - Konditionen sorgfältig vergleichen
von Michael Fabricius
Berlin - "Die EZB-Zinssenkung wird wirkungslos verpuffen" - so lautete am Donnerstag der Tenor der überwiegend enttäuschten Analysten und Marktteilnehmer. Der Zinsschritt um 25 Basispunkte nach unten erscheint der Mehrheit als zu klein und zu spät, um die Konjunktur spürbar ankurbeln zu können. Doch nicht nur Unternehmer und Ökonomen stellen sich auf eine Enttäuschung ein. Auch die deutschen Sparer und Kreditnehmer müssen damit rechnen, dass der Vorteil von den günstigen Leitzinsen verpufft, bevor er ihre Konten und Kreditverträge erreicht. Denn zwischen den Vorgaben der EZB, die mittlerweile 2,25 Prozentpunkte unter dem Höchststand von Anfang 2001 liegen, und dem Zinssatz für einen Kleinkredit stehen die Banken und Sparkassen. Und die werden den günstigeren Leitzinssatz nur zu einem winzigen Bruchteil an die Kunden weitergeben. "Das können wir uns im Augenblick nicht leisten", war bereits am Mittwoch aus Kreisen der Bankenverbände verlautet. Wer also in nächster Zeit einen Kredit aufnehmen will oder das Girokonto überzieht, kann wohl nicht mit einem niedrigeren Zinssatz rechnen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte kurz nach der EZB-Entscheidung am Donnerstag die Banken auf, den Zinsvorteil weiterzugeben. "Es ist ein Skandal, dass Banken in der Vergangenheit ihre Kreditzinsen sogar noch erhöht haben", sagte Edda Müller, Vorstand des VZBV. Nach einer Untersuchung der FMH-Finanzberatung haben seit dem letzten EZB-Zinsschritt lediglich elf von 50 Banken den Zinssatz für Dispokredite gesenkt. Die Mehrheit hebt die Zinsen derzeit sogar noch an. In den vergangenen Monaten stiegen die Kosten für einen Überziehungs-Kredit auf einen Rekordstand von durchschnittlich fast zwölf Prozent. Rechnet man den Leitzins heraus, streichen die Banken heute 9,23 Prozent ein. Auf der Sparer-Seite haben 37 Institute die Festgeld-Konditionen noch verschlechtert und bieten weniger Rendite. Bei Sparbriefen senkten sogar 45 von 50 Geldhäusern die Zinsen - im Durchschnitt von 3,6 auf 3,08 Prozent. "Die Banken verwenden die Zinsmargen, um ihre betrieblichen Schwierigkeiten auszubügeln", lautet der Vorwurf von VZBV-Chefin Edda Müller.
Solange die Zahl der einzelnen Regionalbanken oder Sparkassen, die eine Zinssenkung weitergeben, nicht eine kritische Größe übersteigt und im Wettbewerb um die Kunden gewichtiger wird, hoffen Kreditnehmer auch weiterhin vergeblich auf bessere Konditionen, erwarten die Experten des VZBV. Zwar haben Bankkunden einen Rechtsanspruch auf eine korrekte Zinsanpassung, wie aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 1986 hervorgeht (6.3.1986-III ZR 195/84). Doch betrifft dies nur laufende Verträge, die eine entsprechende Zinsanpassungsklausel enthalten. Bei neuen Verträgen kommt es ohnehin darauf an, von vornherein auf möglichst günstige Konditionen zu achten. Dabei gilt zunächst die Grundregel, dass Vertragsabschlüsse im Internet oft günstiger ausfallen als am Bankschalter - auch bei großen Anbietern (siehe Grafik).
Der VZBV rät den Kreditnehmern, sich genügend Zeit für einen Kostenvergleich zu nehmen. Wichtig dabei sei es, immer den effektiven Jahreszins als Vergleichsgröße zu verwenden. Dieser enthält Nominalzinssatz, Bearbeitungsgebühr, Disagio und Agio sowie eventuell anfallende Provisionen. Banken und Sparkassen sind nach der Preisangabenverordnung (PangVO) dazu verpflichtet, die anfängliche jährliche Effektivverzinsung für die Inanspruchnahme eines Kredits anzugeben. Zusätzlich sollten Kreditnehmer den Anbieter fragen, ob im Falle einer vorzeitigen Sondertilgung auch eine anteilige Verrechnung der Zinsen angeboten wird, rät der VZBV.
Artikel erschienen am 7. Mär 2003
Leitzinsen sinken - Kreditkosten steigen
Nach EZB-Zinsschritt erheben Verbraucherschützer schwere Vorwürfe gegen Banken - Konditionen sorgfältig vergleichen
von Michael Fabricius
Berlin - "Die EZB-Zinssenkung wird wirkungslos verpuffen" - so lautete am Donnerstag der Tenor der überwiegend enttäuschten Analysten und Marktteilnehmer. Der Zinsschritt um 25 Basispunkte nach unten erscheint der Mehrheit als zu klein und zu spät, um die Konjunktur spürbar ankurbeln zu können. Doch nicht nur Unternehmer und Ökonomen stellen sich auf eine Enttäuschung ein. Auch die deutschen Sparer und Kreditnehmer müssen damit rechnen, dass der Vorteil von den günstigen Leitzinsen verpufft, bevor er ihre Konten und Kreditverträge erreicht. Denn zwischen den Vorgaben der EZB, die mittlerweile 2,25 Prozentpunkte unter dem Höchststand von Anfang 2001 liegen, und dem Zinssatz für einen Kleinkredit stehen die Banken und Sparkassen. Und die werden den günstigeren Leitzinssatz nur zu einem winzigen Bruchteil an die Kunden weitergeben. "Das können wir uns im Augenblick nicht leisten", war bereits am Mittwoch aus Kreisen der Bankenverbände verlautet. Wer also in nächster Zeit einen Kredit aufnehmen will oder das Girokonto überzieht, kann wohl nicht mit einem niedrigeren Zinssatz rechnen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) forderte kurz nach der EZB-Entscheidung am Donnerstag die Banken auf, den Zinsvorteil weiterzugeben. "Es ist ein Skandal, dass Banken in der Vergangenheit ihre Kreditzinsen sogar noch erhöht haben", sagte Edda Müller, Vorstand des VZBV. Nach einer Untersuchung der FMH-Finanzberatung haben seit dem letzten EZB-Zinsschritt lediglich elf von 50 Banken den Zinssatz für Dispokredite gesenkt. Die Mehrheit hebt die Zinsen derzeit sogar noch an. In den vergangenen Monaten stiegen die Kosten für einen Überziehungs-Kredit auf einen Rekordstand von durchschnittlich fast zwölf Prozent. Rechnet man den Leitzins heraus, streichen die Banken heute 9,23 Prozent ein. Auf der Sparer-Seite haben 37 Institute die Festgeld-Konditionen noch verschlechtert und bieten weniger Rendite. Bei Sparbriefen senkten sogar 45 von 50 Geldhäusern die Zinsen - im Durchschnitt von 3,6 auf 3,08 Prozent. "Die Banken verwenden die Zinsmargen, um ihre betrieblichen Schwierigkeiten auszubügeln", lautet der Vorwurf von VZBV-Chefin Edda Müller.
Solange die Zahl der einzelnen Regionalbanken oder Sparkassen, die eine Zinssenkung weitergeben, nicht eine kritische Größe übersteigt und im Wettbewerb um die Kunden gewichtiger wird, hoffen Kreditnehmer auch weiterhin vergeblich auf bessere Konditionen, erwarten die Experten des VZBV. Zwar haben Bankkunden einen Rechtsanspruch auf eine korrekte Zinsanpassung, wie aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 1986 hervorgeht (6.3.1986-III ZR 195/84). Doch betrifft dies nur laufende Verträge, die eine entsprechende Zinsanpassungsklausel enthalten. Bei neuen Verträgen kommt es ohnehin darauf an, von vornherein auf möglichst günstige Konditionen zu achten. Dabei gilt zunächst die Grundregel, dass Vertragsabschlüsse im Internet oft günstiger ausfallen als am Bankschalter - auch bei großen Anbietern (siehe Grafik).
Der VZBV rät den Kreditnehmern, sich genügend Zeit für einen Kostenvergleich zu nehmen. Wichtig dabei sei es, immer den effektiven Jahreszins als Vergleichsgröße zu verwenden. Dieser enthält Nominalzinssatz, Bearbeitungsgebühr, Disagio und Agio sowie eventuell anfallende Provisionen. Banken und Sparkassen sind nach der Preisangabenverordnung (PangVO) dazu verpflichtet, die anfängliche jährliche Effektivverzinsung für die Inanspruchnahme eines Kredits anzugeben. Zusätzlich sollten Kreditnehmer den Anbieter fragen, ob im Falle einer vorzeitigen Sondertilgung auch eine anteilige Verrechnung der Zinsen angeboten wird, rät der VZBV.
Artikel erschienen am 7. Mär 2003