BERLIN (Dow Jones) - Der Kohleausstieg zum Schutz des Klimas ist einer der drei großen Zankapfel in den Jamaika-Sondierungen. Gegen die Pläne der Grünen für ein schnelles Abschalten von 20 Kohlekraftwerken verstärkt sich der Widerstand. Er kommt naturgemäß von der Industrie und von den Netzbetreibern. Die Ökopartei erhält nun aber auch Kontra von ungewohnter Seite.
Das Umweltbundesamt (UBA) hält die Abschaltung von zehn alten Kohlekraftwerken und damit die Hälfte für ausreichend, um die ehrgeizigen Klimaziele Deutschlands 2020 zu erfüllen. Die zehn Kraftwerke summieren sich auf eine Leistung von 5 Gigawatt, die zusätzlich bis 2020 vom Netz gehen müssten, wie aus einer Analyse der Behörde hervorgeht. Gleichzeitig schlägt das UBA vor, dass Braun- und Steinkohlekraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, nur noch maximal 4.000 Volllaststunden pro Jahr laufen dürfen.
Der Vorstoß der Beamten wäre ein Kompromiss zwischen den Grünen einerseits und Union und FDP andererseits. Doch Grünen-Chefin Simone Peter lehnte ihn ab und beharrt auf der Abschaltung von 20 Kraftwerken.
Blackouts drohen
Die Stromnetzbetreiber halten den Plan der Grünen allerdings für gefährlich. Stromausfälle drohten. "Ein rascher Kohleausstieg wäre für das Transportnetz eine enorme Herausforderung", warnte der technische Geschäftsführer von Amprion, Klaus Kleinekorte, im Gespräch mit dem Handelsblatt: "Wir sind sehr skeptisch, ob ein rascher Kohleausstieg zu bewältigen ist", legte der Fachmann nach.
Warnungen kommen auch aus der Industrie, die weiter steigende Stromkosten befürchtet. "Alle Entscheidungen, die zu Energiepreissteigerungen und einer Gefährdung der Versorgungssicherheit führen, haben einen negativen Einfluss auf die energieintensiven Industrien", heißt es in einem Brief der energieintensiven Branchen an die Chefs der Jamaika-Parteien. Unter anderem Stahl- und Chemieindustrie gehören zu den Unterzeichnern.
Derzeit haben sich die Verhandler der vier Parteien beim Klimaschutz und Kohleausstieg verhakt. Impulse werden jetzt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet, die am Mittwochnachmittag in Bonn auf der Weltklimakonferenz sprechen wird. Dort wird Merkel darlegen müssen, wie ernst es ihr mit dem Kampf gegen die Erderwärmung ist.
Vergangenes Jahrs stammten hierzulande noch 40 Prozent des Stromes aus Kohlekraftwerken. Im Gegensatz zu Windrädern und Solarfeldern stehen sie immer zuverlässig zur Verfügung. Strom aus Braunkohle ist am billigsten, aber auch besonders schädlich für das Klima.
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