Habe mich ja schon mehrfach über die merkwürdigen Zahlen von Kinowelt geäußert. Anbei ein Artikel über RTV, wovon ich glaube, daß dies ein Omen für Kinowelt ist:
Die RTV Family Entertainment AG aus München, ein Entwickler, Produzent und Vermarkter von Kinder- und Jugendprogrammen, muss in diesem Jahr hohe Sonderabschreibungen auf das Programmvermögen und auf eine Tochtergesellschaft vornehmen, die nach jetzigem Stand zu einem Verlust nach Steuern von 4 bis 5 Mill. DM führen werden. Dieser Fehlbetrag ist dadurch gemildert, dass die außerordentlichen Aufwendungen, die im (nicht testierten) Zwischenbericht per Ende September mit 5,6 Mill. DM ausgewiesen wurden, zum allergrößten Teil nun doch mit dem Eigenkapital verrechnet werden sollen und damit als Ergebnisbelastung wegfallen werden.
33 Mill. DM ao. Wertberichtigungen
RTV, seit Juni 1999 am Neuen Markt, teilte mit, dass das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in diesem Jahr statt wie geplant 27 Mill. DM nur 3 Mill. DM betragen werde. Da nach neun Monaten bereits 16,7 Mill. DM verdient worden waren, errechnet sich für das Schlussquartal ein Minus von fast 14 Mill. DM. Begründet wird der Einbruch mit Sonderabschreibungen "auf die Restbuchwerte des Anlagevermögens", zu denen man sich "aufgrund der aktuellen Situation am Kapitalmarkt und im direkten Wettbewerbsumfeld" entschieden habe.
Frank Preuss, Bereichsleiter Finanzen, bezifferte gegenüber der Börsen-Zeitung die gesamten geplanten Abschreibungen auf das Programmvermögen in 2000 auf etwa 58 Mill. DM, von denen rund 25 Mill. DM Normalabschreibungen seien. Von den ao. Wertminderungen von gut 33 Mill. DM entfallen laut Preuss allein 24,9 Mill. DM auf Geschäfte mit der kanadischen Produktionsfirma Nelvana. Hier komme es zu einer 50%-Abschreibung auf das diesjährige Gesamtinvestment der RTV von knapp 50 Mill. DM aus dem Rahmenvertrag mit Nelvana.
Preuss zufolge hat man sich zu diesem Schritt nach intensiven Gesprächen mit den RTV-Banken und mit dem Wirtschaftsprüfer Ernst & Young Deutsche Allgemeine Treuhand AG entschlossen. RTV habe Teile der Nelvana-Programme für fünf Jahre weiterlizenziert und die Umsätze daraus bereits gebucht. Angesichts der anzustrebenen Fristenkongruenz von Umsatz und Aufwand wäre das Festhalten an den unternehmensinternen Abschreibungsprinzipien nicht ratsam gewesen. Diese sehen vor, Neuprogramme linear auf zehn Jahre abzuschreiben. Ebenso wird bei der Abschreibung von Firmenwerten verfahren.
Nach den Worten von Preuss verteilen sich die restlichen ao. Abschreibungen zu 3,5 Mill. DM auf Filmrechte, die RTV von der früheren CLT-Ufa (jetzt: RTL Group) übernommen hat, sowie zu insgesamt fast 7 Mill. DM auf die 68%-Tochter Energee Entertainment Pty in Australien. Diese sollte in diesem Jahr drei Produktionen abliefern, die sich aber teilweise auf das kommende Jahr verschieben. Der Bereichsleiter rechnet deshalb aus jetziger Sicht mit einem Umsatzausfall von 10 Mill. DM in 2000, der dann 2001 kommen werde. Der Beteiligungsbuchwert von Energee bei RTV wurde um 4,5 Mill. DM gemindert. Mit diesen Wertkorrekturen habe RTV alle Risiken "sehr auskömmlich abgedeckt", so Preuss.
RTV bilanzierte zuletzt nur für die AG und hier nach Handelsgesetzbuch (HGB). Das Unternehmen präsentierte lediglich eine Überleitungsrechnung auf International Accounting Standards (IAS). Dies werde man auch für 2000 tun, sagte der Bereichsleiter. Für das laufende Jahr rechnen die Münchner mit Erlösen von etwa 116 Mill. DM nach zuletzt geplanten 110 Mill. DM und 38,5 Mill. DM im Vorjahr. Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) wird auf 60 Mill. DM geschätzt und dürfte so leicht über der Planung von 55,6 Mill. DM liegen (1999: 16,6 Mill. DM). Preuss kalkuliert nach Einrechnung der hohen Abschreibungen und des roten Zinsergebnisses mit einem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von etwa -3 Mill. DM (1999: +10,2 Mill. DM). Der ao. Saldo dürfte sich gegenüber dem per Ende September ausgewiesenen Betrag von 5,6 Mill. DM auf 1 Mill. DM oder weniger reduzieren, da die meisten Kosten mit dem Eigenkapital verrechnet werden können.
Preuss rechnet im Jahr 2000 mit einem Anstieg der Bilanzsumme im Ultimovergleich von 106 Mill. DM auf knapp 400 Mill. DM. Die immateriellen Vermögenswerte - vor allem Programmrechte - werden sich demnach auf etwa 250 (73) Mill. DM belaufen. Die RTV-Aktie, die sich seit dem Frühjahr im Sinkflug befindet (Höchstkurs 1999: 42,50 Euro), stürzte gestern morgen in Frankfurt zunächst von 8,88 Euro auf 8,10 Euro ab. Am frühen Nachmittag notierte sie bei 8,70 Euro - ein Minus von gut 3% zum Schlusskurs des Vortages.