ftd.de, Do, 4.10.2001, 12:11, aktualisiert: Do, 4.10.2001, 21:39
Pakistan erkennt Beweise gegen Bin Laden an
Als erstes islamisches Land hat Pakistan die von den USA vorgelegten Beweise zur Beteiligung Osama Bin Ladens an den Anschlägen am 11.September anerkannt. Zuvor hatte der britischen Premierminister Tony Blair die Täterschaft Bin Ladens als belegt bezeichnet.
Tony Blair
"Wir haben keinen Zweifel daran, dass Bin Laden verantwortlich war", sagte Blair am Donnerstag bei einer Sondersitzung des britischen Unterhauses in London. Von den 19 Flugzeugentführern, die an den Aktionen beteiligt waren, seien bisher drei eindeutig als "enge Komplizen von Bin Laden" identifiziert worden. Bei den anderen gehe die Überprüfung noch weiter. Von diesen dreien habe zumindest einer eine "Schlüsselrolle" bei den Terrorangriffen auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam gespielt, sagte Blair. Der pakistanische Außenamtssprecher Mohammed Riaz Khan bestätigte Berichte, wonach Blair am Freitag in Pakistan erwartet wird. Das von den USA vorgelegte Material stelle eine geeignete Basis für die Anklage Bin Ladens vor einem Gericht dar, sagte Khan. Er äußerte sich nicht darüber, ob Pakistan damit auch einen US-Militärschlag gegen Afghanistan für gerechtfertigt hält.
Geheimdiensterkenntnisse
Kurz vor dem 11. September habe Bin Laden mehreren Gefährten erklärt, "dass eine größere Operation bevorsteht". Sie seien deshalb nach Afghanistan zurück beordert worden. "Und was das Wichtigste ist: Einer von Bin Ladens engsten Komplizen hat klar und deutlich gesagt, dass er bei der Planung der Anschläge vom 11. September geholfen hat, und er hat die Beteiligung von El Kaida zugegeben." Andere Geheimdiensterkenntnisse, die er noch nicht veröffentlichen könne, belegten "eine noch direktere Beteiligung" an den Terrorakten, sagte der Premierminister. "Unser unmittelbares Ziel ist es, Bin Laden und andere zur Rechenschaft zu ziehen und die terroristische Bedrohung zu beseitigen, die sie darstellen", sagte Blair. Außerdem müsse Afghanistan daran gehindert werden, weiterhin ein sicherer Zufluchtsort für Terroristen zu sein.
Beweise reichen nicht für Klage vor Gericht
Ein bisher vertrauliches "Beweisdokument" wurde anschließend von der Downing Street veröffentlicht. Es enthielt aber wenig Neues. Ausdrücklich weist das Dokument darauf hin, dass die bisher veröffentlichten Beweise für eine Anklage-Erhebung vor Gericht nicht reichen würden.
Rumsfeld wirbt für die amerikanische Sache
Vor dem Hintrgrund des militärischen Aufmarsches der USA bemüht sich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld um Verständnis in zahlreichen islamsichen Ländern. Am Donnerstag reiste er nach Gesprächen in Saudi-Arabien weiter nach Oman. Präsident George W. Bush erörterte die Krise mit dem Emir von Katar.
Rumsfeld beriet sich in der omanischen Hauptstadt Maskat mit Sultan Kaboos. Aus amerikanischen Delegationskreisen verlautete, Rumsfeld habe nicht um Zugang zu omanischen Anlagen gebeten. Vielmehr sei es darum gegangen, die Ziele der USA zu erläutern. Oman ist einer der engsten Verbündeten der USA in der Region und hatte Washington auch während des Golfkriegs unterstützt.
In Saudi-Arabien hatte sich Rumsfeld zuvor mit König Fahd, Kronprinz Abdullah und Außenminister Prinz Sultan getroffen. Diese äußerten für den Fall einer Militäraktion gegen Afghanistan Sorge bezüglich der Reaktionen in der islamischen Welt. Riad hatte den US-Streitkräften die Nutzung ihrer Stützpunkte in Saudi-Arabien für Angriffe auf andere islamische Länder verweigert.
© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP