Nicht für Unions-Anhänger geeignet

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hjw2:

Nicht für Unions-Anhänger geeignet

 
11.08.02 03:27




Wie weiland der Narziss...

Von Gerhard Armanski



Unsere Herrschenden, sie waren seit je gerecht und weise, grausam und dumm. Wenn sie nicht gerade durch Volkes Wille gestürzt werden, und das geschah eher selten, hatten sie nur eines zu fürchten: sich selbst und die Falle ihrer Eitelkeit. Andersen hat das vortrefflich in seiner Geschichte von »Des Kaisers neue Kleider« geschildert. Macht ist ein Spiegel, in dem sich ihre Inhaber gar selbstverliebt spiegeln. Das war schon zu Zeiten der mesopotamischen Hochkönige so, und wer erinnerte sich nicht Neros, dem das brennende Rom nur Anlass für seine dilettantischen Lieder war? Es setzte sich auch in der Moderne in der den vorbei deflilierenden Massen zuwinkenden Nomenklatura fort und endet mitnichten in der zeitgenössischen Demokratie.
Es handelt sich offenbar mehr um eine conditio politica als bloße menschliche Schwäche. Was die unten verlieren, eignen sich die oben an. Aber der Volksmund weiß, dass Hochmut vor den Fall kommt. So verstricken sich unsere Mächtigen immer wieder in ihre narzisstisch aufgeladene (Selbst)Erhöhung, die sie für bare Münze nehmen und an der sie sich delektieren. Während sie in Wahrheit nur ein apartes Geschäft betreiben, nämlich das des politischen Ausschusses der herrschenden Gesellschaft, sind sie seinem »spirituellen Dasein« (Marx) verfallen. Sie wähnen, das zu sein, was sie nur dem Schein nach sind: die potenten Regierer der Gesellschaft, die doch von ganz anderen Kräften bewegt wird.

Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe. Die politische Sphäre legt ihren Trägern eine gewisse Handlungsfreiheit, aber auch Verpflichtungen auf, deren vornehmste das »Gemeinwohl« ist. In diesem Zusammenhang hat das selbstherrliche Gebaren, das den Schein für das Sein nimmt, seine Tücken. Wie weiland der schöne Jüngling Narziss der griechischen Sage, der die Liebe der Nymphe Echo verschmäht und dafür auf ewig verliebt sein eigenes Spiegelbild anzustarren hat, können sich unsere Oberen veranlasst sehen, das ihnen in Wahlen ausgesprochene Vertrauen in narzisstische Zufuhr umzuwandeln: Beifall, Machthäufung, Geld und andere Privilegien. Die öffentliche Domäne verkommt zum privaten Spielgrund. Das mag im Feudalismus angegangen sein, geht aber nicht an in der bürgerlichen Demokratie, die auf ihren Fortschritt pocht: den politischen Citoyen vom materiell-gesellschaftlichen Bourgeois möglichst strikt zu trennen.
Der Krug geht solange zu Wasser, bis er bricht. Die narzisstische Eitelkeit in den Reihen der politischen Klasse kann zur Falle werden, wie man schon an Clinton gesehen hat und nun an Özdemir, Schlauch und tutti quanti studieren kann. Zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten sollen Bonusmeilen privat verbraucht haben. Noch klingen uns die Dissonanzen der Spendenaffäre im Ohre. Jedesmal dann heult die Presse auf und klagt politische Moral ein, wohinter politische Struktur- und Sachfragen abfallen. Bis auf wenige Ausnahmen machen die Medien das Sommertheater mit. Da können sie den Bären ordentlich waschen, ohne ihm das Fell nass zu machen, sprich auf die Baufehler im Gebälk der Demokratie aufmerksam zu machen.
Die Herren müssen fallen, nichts da! Haben sie den Kanal nicht voll gekriegt, so wird jetzt ein Teil davon als Abwasser über sie ausgegossen. Manche begreifen das nicht, wie Scharping, der sich bis zuletzt im politischen Chefsessel sicher wähnte und den öffentlichen Überdruss an ihm nicht einmal wahrnahm. Andere, Gysi etwa, nehmen die Sache allzu moralinsauer. Wenn denn seine Rücktrittslesart stimmt, stellt er offenbar die politische Form über den Inhalt und befestigt sie damit, wo er doch als Sozialist einiges über deren Wechselspiel wissen müsste.
Was wir und sie vorgeführt kriegen, ist doch nicht mehr und nicht weniger als ein Lehrstück in repräsentativer, d.h. vom Volk abgehobener Demokratie. Wer Schaden von ihr abwenden will, muss nicht das verloren gegangene Vertrauen beklagen, sondern sich fragen, wie es sich – gestaltend und kontrollierend – umsetzen kann. Es muss ja nicht gleich so vonstatten gehen wie bei den byzantinischen Zirkusparteien, die schon mal einen ihnen nicht genehmen Kaiser kurzerhand erschlugen. Wir leben ja in zivilisierten Zeiten. Es wäre an der Zeit und der PDS, wenn schon nicht mehr den Grünen, angemessen, die viel beschworenen plebiszitären Elemente in der Demokratie zu stärken. In der griechischen Sage endet das Geschick des Narziss erst, nachdem er in die gleichnamige Blume verwandelt wird.

(ND 10.08.02)
Schnorrer:

stimmt o.T.

 
12.08.02 19:58
BeMi:

"Neues Deutschland" so so !?! o.T.

 
12.08.02 20:38
Anarch:

Dummgeschwätz kostet nichts.

 
12.08.02 20:48
Schnorrer:

Dummheit dafür jede Menge ... aktuell sind wir

 
12.08.02 20:54
bei 1 000 Milliarden Staatsschulden, verursacht durch Herrn Dr. Kohl.

Aber immer noch besser als 60 Millionen Tote ... das hatten wir auch schon mal ...
preisfuchs:

einer zuwenig *ggg* o.T.

 
12.08.02 20:55
Anarch:

Kohl oder Rotkohl - das ist hier die Frage.

 
12.08.02 20:59

Die Frage nach Ersterem erübrigt sich.
Zick-Zock:

etwas mehr tolleranz, preisfuchs

 
12.08.02 21:02
der unternehmer-preisfuchs hält sicher auch
bei einem pds-wähler sein händchen auf......

wenns um die kohle geht, ist es plötzlich egal?

na? ;-)

BeMi:

DK schnorrer

 
12.08.02 21:07
wie immer
Der grosse Verdreher mit CSU-Parteibuch aus Karrieregründen
Unglaubwürdiger Typ
preisfuchs:

zick-zock klar, was hat a mit b zu tun

 
12.08.02 21:32
wenn das geschäft ok ist.
ich mühe mich für neue aufträge, dafür oft auch 16 std am arbeiten ( okey verbunden mit gelegentlich ariva posten, aber weiter am arbeiten, was ok ist, weil ich keinem arbeitgeber etwas koste ). selbst in zeiten wie diesen wächst mein gewinn und das kommt nicht von ungefähr. dafür auch barolo und brunello anstatt selters *g*

du scheinst einer von denen zu sein die nur klotzen und reden anstatt zu überlegen und denken warum hat er schon wieder.....
wie gesgt die partei ist mir egal. das system und wie unternehmer abgezockt werden weil arbeitstaugliche zu faul zum arbeiten sind und sozialhilfe emfangen, vermieter die deppen wegen solchen sozialtypen sind und und und. die kassen sind leer weil wir eine bürokratie zum kotzen haben.
jetzt lass ich es sein weil.....
Zick-Zock:

lassen wir das............... o.T.

 
12.08.02 21:46
antischnorrer:

Staatsverschuldung? lesen

 
12.08.02 22:22
www.cdu.de/politik-a-z/finanzen/fi_31000.htm
Antichrist:

Jaja...

 
12.08.02 23:34
Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!
vega2000:

guter Beitrag hjw

 
13.08.02 00:06
Nicht für Unions-Anhänger geeignet 748550
hjw2:

Adam Schaff – über Sozialismus, Faschismus

 
17.08.02 19:25
Wir dürfen keine Furcht haben, etwas Neues zu denken
Adam Schaff – über Sozialismus, Faschismus und Raubtierkapitalismus

   
Adam Schaff, einer der seltenen großen zeitgenössischen sozialistischen Denker Europas, lebt in Warschau. Jahrgang 1913, hat er nahezu ein Jahrhundert auf dem Buckel. Es war ein Jahrhundert großer Kriege und Revolutionen. Schaff ist kein Wissenschaftler im Elfenbeinturm, sondern immer verbunden mit den Kämpfen seiner Zeit. Seine Arbeiten erschienen in mehreren Ländern Europas, auch in beiden deutschen Staaten. Adam Schaff beherrscht elf lebende Sprachen, darüber hinaus Latein, Altgriechisch, Hebräisch, schreibt jedoch in seiner Muttersprache, in polnisch. Gerd Kaiser besuchte den berühmten Querdenker in dessen Warschauer Wohnung und sprach mit ihm unter anderem über die Zukunftschancen des Sozialismus.

ND: Menschen leben – und Menschen träumen. Wovon träumen Sie?
Ich träume von einem künftigen Sozialismus, einem guten Sozialismus. Deshalb kämpfe ich gegen Ignoranz und Lüge – gegen die Ignoranz gegenüber guten Seiten sozialistischer Erfahrungen und gegen die Lüge, dass all das, was sich selbstentlarvenderweise realer Sozialismus nannte, gut gewesen sei. Ich kämpfe für etwas Neues. Wir dürfen keine Furcht davor haben, etwas zu denken, etwas zu sagen, was so noch nicht gedacht, noch nicht gesagt oder geschrieben worden ist.

ND: Woher sollen die Impulse für den neuen Sozialismus kommen?

Aus der Ablehnung des derzeitigen Banditenkapitalismus, der keine Alternative für die Zukunft der Menschheit ist. Eine echte Alternative gegen Gangsterökonomie und Gangsterpolitik kann allein der neue Sozialismus sein. Die Impulse für diesen kommen auch aus der strikten Ablehnung all dessen, was falsch am alten Sozialismus war. Dafür ist ein scharfer und tiefer Schnitt notwendig. Ich meine damit auch, dass diejenigen, die Mitverantwortung für die Entstellungen und die Entartung des Sozialismus getragen haben, sich nicht schonen dürfen.

ND: Was soll das Lebenselement dieses neuen Sozialismus sein?
Er muss durch und durch demokratisch sein, getragen vom Wollen der eindeutigen Mehrheit. Die Diktatur des Proletariats, der Gegenentwurf zu einem demokratischen Sozialismus, hat sich als tödlich für jeden sozialistischen Gedanken und für den Sozialismus als gesellschaftliche Ordnung erwiesen. Übrigens war der Zusammenbruch des Sozialismus schon 1917 vorprogrammiert. Damals lag die Macht auf der Straße. Die Bolschewiki hätten sie dort liegen lassen sollen. Da sie es nicht taten und die Macht in ihre Hände nahmen, ohne dafür die erforderliche Legitimation zu haben, konnten sie nicht auf politische Überzeugung, sondern mussten auf Terror setzen. Das Ende war damit und mit weiteren Erbsünden programmiert.

ND: Welche Erbsünden meinen Sie?
Die Entartung des Sozialismus bestand im Entstehen eines Antimodells. An die Stelle von Demokratie trat Terror, an die Stelle von Internationalismus Nationalismus. Nach Marx ist Sozialismus erst möglich, wenn die notwendigen objektiven und subjektiven Bedingungen gegeben sind. Marx wusste bereits 1847, dass deren Missachtung wieder zur »alten Scheiße« führt.

ND: Konkret heißt das?
Für den Sozialismus muss eine Entwicklungsstufe der materiellen Lebensbedingungen der Gesellschaft gegeben sein. Egalitarismus der Not und der Notdürftigkeit sind die Folge einer Entwicklungsstufe, in der die materiellen Lebensbedingungen nicht oder noch nicht gegeben sind. Als zweites gehört eine gebildete Arbeiterklasse zu den Voraussetzungen des Sozialismus. Schließlich ist dieser nur dann möglich, wenn ein Sieg der sozialistischen Idee in den entscheidenden Ländern gleichzeitig erfolgt. Keines der Länder des realen Sozialismus entsprach den unabdingbaren Voraussetzungen.

ND: China wird noch als sozialistisches Land betrachtet. Wie steht es da?
In agrarischen asiatischen bzw. afrikanischen Ländern sind auch andere Wege denkbar. In China war es der Sieg einer revolutionär-demokratischen Armee in einer Gesellschaft, die größtenteils hinter dieser Armee stand. In Angola oder Mocambique war diese Unterstützung nicht gegeben, und die so genannten sozialistischen Länder in Afrika gingen bankrott. China suchte und sucht nach Lösungen. Es gilt zu bedenken, dass es nicht nur sozialistische Revolutionen gibt, sondern auch andere Formen revolutionärer Veränderung. Neue Gesellschaftsordnungen in der Dritten Welt müssen nicht unabdingbar sozialistische sein.

ND: Wenden wir uns wieder dem »neuen Sozialismus« zu. Wodurch soll sich dieser auszeichnen?
Sozialismus ohne Demokratie ist undenkbar. Denken wir an Rosa Luxemburg. Demokratie darf nicht lediglich Deklaration bleiben, sondern sie muss reale gesellschaftliche Erfahrung, individuell praktizierte und erlebte Alltagserfahrung, Wirklichkeit sein. Sozialismus ist ohne breiten gesellschaftlichen Konsens unmöglich, weil Sozialismus gegen die Mehrheit der Gesellschaft unmöglich ist. Denken wir an Antonio Gramsci.
Ein Kardinalfehler des alten Sozialismus war, dass sein Gesellschaftssystem ursprünglich importiert worden ist, vornehmlich unter den Bedingungen der sowjetischen Besatzungsmacht. Es fehlten qualifizierte Mehrheiten für ein wahrhaft sozialistisches Gesellschaftsmodell, es fehlte zumeist eine qualifizierte Arbeiterschaft, die entscheidenden Länder gingen andere Wege. Eine revolutionäre Situation war auch nicht in Ansätzen vorhanden.
Die Folge: Der politische Überbau behinderte jedwede Entwicklung. Er verdammte die Gesellschaft zum Stillstand. Er verhinderte – bei graduellen Unterschieden – die ökonomische Entwicklung. Die Möglichkeiten der wissenschaftlich-technischen Revolution wurden nicht oder völlig unzureichend erkannt und genutzt. In der Wechselwirkung zwischen den Prozessen der wissenschaftlich-technischen Revolution und dem Wettstreit der Systeme kam es zu einer tiefen und letztendlich nicht überwindbaren Krise des realen Sozialismus.
Auf all diese wesenseigenen Mängel hatte das Fehlen oder die starke Beschneidung der persönlichen Freiheit eine verhängnisvolle Auswirkung. Keines der sich sozialistisch nennenden Länder konnte sich zu wahrhafter Demokratie bekennen. Die große Mehrheit war von der Machtausübung, der Teilhabe an der Macht ausgeschlossen. Wahlen mit alternativen politischen Möglichkeiten gab es nicht. Ein »bisschen« Freizügigkeit für diesen oder jenen Künstler oder Naturwissenschaftler änderte nichts am Wesen der Sache. Ein »bisschen Freiheit« gibt es genauso wenig, wie es »ein bisschen schwanger« gibt.

ND: Aber dies erfolgte »zum Wohle des Volkes, zum Wohle des Soziaismus«, hieß es.
Was dieses System, diese Parteistruktur im Namen des Sozialismus hervorgebracht hat, war unannehmbar. Erinnert sei nur an die Berliner Mauer.
Oder nehmen wir das Beispiel Polen: 1946 fand eine Volksabstimmung statt. Dreimal »Ja« wurde erwartet. »Ja« zur Abschaffung des Senats, des Oberhauses; »Ja« zur Agrarreform und zur Nationalisierung der Schwerindustrie; »Ja« zur Oder-Neiße-Grenze. Ich habe als Rektor der Parteihochschule in Lodz nicht nur selbst eine lange Nacht gesessen und insgeheim auf ungezählten Abstimmungszetteln die jeweils drei Striche für »Ja« gemacht, sondern auch meine Studenten angehalten, dies zu tun. So konnte der Parteiapparat verkünden, dass eine deutliche Mehrheit, die berühmten 99 Prozent, drei mal mit »Ja« gestimmt habe.

ND: Sie sind ehrlich. Das ist selten.
Das waren skandalöse Fälschungen, an denen ich Mitschuld trage und für die ich Scham empfinde. Wer Mitverantwortung getragen hat, darf sich nicht schonen. Ohne Mitwirkung dieser Art hätte der ganze Mechanismus so nicht funktioniert.

ND: Sie haben Mitte der sechziger Jahre Ihre Forschungen mit dem Buch »Der Marxismus und das menschliche Individuum« zur Diskussion gestellt. Sie treten für eine am Individuum orientierte Interpretation des Marxismus ein...
Ich habe in Frankreich studiert, bin 1932 in die Kommunistische Partei Polens eingetreten. Mich hat Franciszek Fiedler unter seine Fittiche genommen. Er war Mitstreiter von Rosa Luxemburg, ein exzellenter Historiker, Wirtschaftswissenschaftler, Publizist. Er hatte zudem französische Lebensart und viel Humor. Wieder und wieder hat er mir gesagt: »Vergiss den Paragrafen 7 nicht.« Damit meinte er: »Vergiss den Menschen nicht!«. Er verlangte: »Denke nicht nur daran, was gemacht werden soll, sondern auch daran, wer es machen und für wen es gemacht werden soll.«
Die Negierung dieser Erfahrung hat dazu geführt, dass der alte Sozialismus, wie wir ihn gemacht haben, unserer sozialistischen Bewegung den Todesstoß versetzt hat. Was bei uns geschehen und praktiziert worden ist, das hat der französischen und anderen kommunistischen Parteien Westeuropas das Genick gebrochen.

ND: 1968 hat Gomulka Sie aus dem Zentralkomitee der PVAP gejagt, 1984 General Jaruzelski aus der Partei geworfen. In Polen wurde nichts mehr von Ihnen veröffentlicht, Ihre Schriften druckten die französischen Kommunisten. Im eigenen Lande galt der Prophet wieder mal nichts, die Kommunisten im Ausland haben Sie eher verstanden, als die in der Heimat.
Ich bin daran nicht zu Grunde gegangen. Ja, ich wurde in Frankreich und Italien, in Spanien und in Deutschland gedruckt. In Wien hatte ich eine Honorarprofessur. Für den Parteiausschluss hat sich bis heute keiner in Polen bei mir entschuldigt. Meine Erfahrungen lehren mich, dass aus zwei Hälften wohl ein Hintern entstehen kann, niemals jedoch aus zwei Schwachköpfen ein kluger Kopf wird. Ich war und ich bin – ungeachtet aller Schwachköpfe – überzeugt von den Ideen des Sozialismus. Entweder Sozialismus oder Barbarei.

ND: Die Inkarnation von Barbarei ist für Sie der Faschismus, dessen Wesen Sie mit scharfer Analyse offentlegten. In Deutschland spricht man vom »Nationalsozialismus«. Gibt es Unterschiede?
Der Faschismus trägt bei allen personellen Verschiedenheiten, ob unter Hitler, Mussolini, Antonescu, Pavelic, Horthy, Franco, Salazar, Peron oder Pinochet, und ungeachtet historischer, wirtschaftlicher, politischer, kultureller Entwicklungen und Rahmenbedingungen, gemeinsame Züge.
An erster Stelle steht die Diktatur der besitzenden Klassen gegenüber dem »Rest« der Gesellschaft. Damit ist der Faschismus das äußerste Gegenstück der demokratischen Kultur einschließlich der formalen Demokratie. Eine Minderheit diktiert ihren Willen brutal der Mehrheit.
Zweitens sind totalitäre Herrschaftszüge für den Faschismus charakteristisch. »Gleichschaltung« erfolgt nicht nur als ideologische Forderung, sondern wird praktisch verwirklicht. Ihre deutlichste Ausprägung findet sie im Einparteiensystem. Das faschistische Staatswesen ordnet das gesamte gesellschaftliche und individuelle Leben einem eigens dafür konstruierten und in dessen Interesse funktionierenden zentralistischen bürokratischen Apparat unter. Das »Führerprinzip« ist ein Symbol des Systems.
Aus der gesellschaftlichen Funktion des Faschismus resultiert die Tendenz zum Nationalismus. Das »Eigene« und »Fremde«, der »Übermensch« und »Untermensch« werden gegenübergestellt. Der Nationalismus gebiert Chauvinismus und führt zum Rassismus als systemimmanentes Wesensmerkmal.

ND: Wann entsteht Faschismus?
Der Faschismus ist ein Ergebnis der Schwäche des Kapitalismus als gesellschaftliche, politische, und wirtschaftliche Formation. Er erscheint zu einem Zeitpunkt, da die herrschenden Klassen die Herrschaft über den Gang der Ereignisse verlieren und sich in ihrer substanziellen Existenz bedroht fühlen. In solch einem historischen Moment lassen sie jedwede demokratische Maske fallen und unterwerfen die Gesellschaft ihrer Diktatur.

ND: Im Faschismus spielt das Individuum eine wesentlich geringere Rolle, als es im »Realsozialismus« gespielt hat.
Zunächst: Wie jede politische Erscheinung bedarf auch der Faschismus des Menschen. Wie jedes politisches System wird er im Wirkungsfeld von Masse – Klasse – Individuum verwirklicht. Träger faschistischer Vorstellungen sind Menschen, die sich in der Masse, unter Gleichgeschalteten, ohne die Notwendigkeit, selbstständig entscheiden zu müssen, am geborgensten fühlen. Das erfährt dann sogar psychopathologische Züge. Faschisten sind Menschen mit einem Minderwertigkeitskomplex, die diesen Komplex als »Übermenschen« kompensieren wollen. Ihre Hörigkeit ermöglicht die uneingeschränkte Herrschaft und – da unbegrenzte Macht korrumpiert – zügellose Macht. In der Gleichschaltung, Überwindung und schlussendlich auch in der Vernichtung ihrer inneren und äußeren Konkurrenten im Bereich der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Interessenkonflikte sehen die Herrschenden die besten Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen. Im Führerprinzip bündeln sich Rassismus, Nationalismus, Übermenschentum, politischer Extremismus bis zum Exzess.
Erst in der Wechselwirkung zwischen den System- und den Individualaspekten ergibt sich das komplexe Herrschaftssystem, das entweder durch einen »Marsch auf Rom« oder auch über Wahlen – so die NSDAP in Deutschland – installiert werden kann. Mit Oswald Mosleys »British Union of Fascists« in England hat es nicht geklappt. Auch die Cagoulards und Croix-de-Feu in Frankreich hatten keinen Erfolg. Das heißt: Gegenmacht kann sich durchsetzen, Faschismus ist kein unausweichliches Verhängnis.

ND: Logische Konsequenz Ihrer Ausführungen ist, dass Faschismus am sichersten verhindert werden kann durch eine neue, sozialistische Gesellschaft. Woher dafür den »neuen« Menschen nehmen?
Meine Fragestellung ist: Wie beeinflusst, wie sozialisiert die neue Gesellschaftsordnung die Individuen, die ja immer ihre gesellschaftliche Prägung im Schoße der alten, kapitalistischen Ordnung erhalten haben. Welche Erwartungen projiziert sie hinsichtlich der »neuen« Ordnung, des »neuen« Menschen. Meiner Ansicht nach müssen die humanistischen Werte aller vorausgegangenen Epochen die konstituierenden Elemente des neuen Menschen sein. Der Mensch ist ohne diese geistigen Werte – z.B. Nächstenliebe aus christlich-judäischer Tradition und Solidarität aus der Tradition einer entwickelten Arbeiterbewegung – nicht Herr seiner selbst. Dazu kommt die Verbindung der humanistischen Werte der Menschheitsgeschichte mit dem materiellen Reichtum, den der neue Sozialismus hervorbringt. Daraus erwächst der »neue« Mensch.

ND: Das sind Zukunftsvisionen. Schauen wir auf den Banditenkapitalismus. Wie ist er zu bändigen?
Eines der größten Probleme liegt in der strukturellen Arbeitslosigkeit. Sie wird nicht abzubauen sein. Erst mit der Veränderung des Systems werden die Menschen für die weniger werdende herkömmliche Arbeit ausreichend Zeit für soziales Engagement, Bildung, Kultur erhalten.
Bis Ende 2003 wird beispielsweise in Polen jeder zweite Arbeitsplatz verloren gehen. Die industrielle Reservearmee wird weiter anwachsen. Da Polen seinen technologischen Rückstand aufholen will, werden die Jobkiller zunehmen. Wer in dieser Situation verspricht, die Geißel der Arbeitslosigkeit zu beseitigen, der weiß entweder nicht, wovon er redet, oder er lügt. Im neuen Sozialismus wird die Arbeitsgesellschaft durch eine Beschäftigungsgesellschaft abgelöst. Voraussetzungen für diesen Prozess entstehen bereits heute. Da Roboter keinen Mehrwert produzieren, wird Privateigentum nicht mehr abgeschafft werden, sondern im Interesse der Mehrheit umverteilt.

ND: Und Sie sind überzeugt, dass der neue Sozialismus Wirklichkeit wird?
Ja. Da nichts so bleiben kann, wie es ist, und nichts ewig so weitergehen kann wie bisher, brauchen wir einen neuen, demokratischen Sozialismus wie die Luft zum Atmen.

(ND 17.08.02)
Anarch:

Gekwatsche gegen den Wind

 
17.08.02 19:36

Was geht es mich an, ich habe meinen Sack voll!


Sehr sozial, Genossen!

Es gibt Familien mit Kindern, da dürfte Euch Eure Polemik schwet fallen.
hjw2:

Ratlos

 
31.08.02 12:46
Solidarität statt Mini-Jobs
Heftige Kritik am Hartz-Papier gab es in der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Von Larissa Schulz-Trieglaff

 
 
Kritik am Hartz-Papier und Alternativen: Fachleute aus Wissenschaft und Politik diskutierten am Donnerstagabend in der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin über die Konsequenzen.

Von der »totalen Mobilmachung der Arbeitslosen« sprach Christian Brütt, Promotionsstipendiant der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Rollen und Verantwortungen seien klar verteilt: Die Negativanreize würden sich ausschließlich an die Erwerbslosen richten, die positiven Anreize an die Arbeitgeber. Brütt zählte verschiedene, in Modulen verpackte Zwangsmaßnahmen auf, mit denen die Arbeitslosen künftig überzogen und unter Druck gesetzt werden sollen.

Das konservative Familienbild und die gleichstellungsfeindliche Vorstellung der Kommission kritisierte Alexandra Wagner von der Forschungsgruppe Internationale Arbeitsmarktpolitik. Das Papier unterteile in Haupt- und Zuverdiener. Wer die Zuverdiener sind, ist klar: Schlecht bezahlte Mini-Jobs werden eher von Frauen angenommen als von Männern, da erstere sich noch immer mehr um Kinder und Haushalt kümmern. Arbeit um jeden Preis – darum ginge es der Hartz-Kommission, sagte Wagner, um den ehrgeizigen Plan zu erfüllen, die Arbeitslosenzahl innerhalb von drei Jahren zu halbieren. Mittels Mini-Jobs, Leiharbeit und Ich-AG werde das Segment auf dem Arbeitsmarkt vergrößert, das auf unsicheren Bedingungen fußt. »Hartz hat seinen Auftrag übererfüllt«, sagte die Wissenschaftlerin. So viel Deregulierung sei ursprünglich nicht vorgesehen gewesen.

Auch Ulla Lötzer, PDS-Abgeordnete im Bundestag, sprach von einer gravierenden Zunahme ungeschützter Arbeitsplätze auf Kosten der sicheren und tariflich gebundenen, werde das Hartz-Papier umgesetzt. »Künftig bleibt eine Kernbelegschaft in den Unternehmen übrig, und drum herum vergrößert sich der Kreis ungeschützter Arbeitsplätze«, sagte Lötzer. Damit nehme der Arbeitsmarkt Formen an, wie sie in den so genannten Ent-
wicklungsländern Alltag sind: sich durchwinden von einem miesen Job zum nächsten. Schwarzarbeit werde auf diesem Wege nicht eingedämmt, sondern begünstigt.
Manche Hilfebezieher würden ganz schnell und einfach aus der Statistik herausfallen, wenn sie sich Billigjobs verweigern, in denen sie nur fünf bis sechs Euro verdienen, berichtete Ulla Lötzer. Sanktionierungen, mit denen der Hartz-Bericht die Arbeitslosen unter Druck setzen will, würden die Statistik frisieren: Auf dem Papier schrumpfen die Zahlen. Wo aber bleiben die rausgefallenen Erwerbslosen? »Ich weiß es nicht«, sagte Ulla Lötzer. Entweder landen sie in der Schwarzarbeit – oder in der Kriminalität. Wenn die soziale Sicherung für den Einzelnen fehle, dann sei das soziale Gefüge gefährdet, waren sich Ulla Lötzer und Alexandra Wagner einig. Sie plädierten für die solidarische Umverteilung in Krisenzeiten und für Steuergerechtigkeit, für gesicherte Arbeitsplätze und eine Weiterbildungsoffensive. »Die Unternehmen müssen in die Verantwortung zur Bekämpfung der Erwerbslosigkeit einbezogen werden«, forderte Lötzer. Die Schlangen auf den Arbeitsämtern werden länger, »und sie verkünden weiter den täglichen Stellenabbau«.
Nicht nur dass die Kommission gegen-
über den Unternehmern den Schonwaschgang eingeschaltet hat, regte Diskutanten wie Zuhörer auf. Auch die Rolle der Gewerkschaften führte zu heftigem Unmut. Vor allen Dingen die ver.di-Führung verhalte sich viel zu unkritisch. Aus wahltaktischen Gründen werde die Kritik nur verschämt und nebenbei geäußert, bestätigte Alexandra Wagner, vollmundig aber wurde die Zustimmung erklärt. »Die Gewerkschaftsführung muss weg«, warf ein Zuhörer aufmüpfig ein. Heinz Hoffmann, der für die IG Metall auf dem Podium saß, wehrte sich: »Wir haben das Hartz-Papier nicht unterschrieben.« Dennoch sagte er, dass sich das Papier in seinem Kern nicht kritisieren ließe, da die Bundesanstalt für Arbeit dringend einer Reform bedürfe. Die Einrichtung von Job-Centern begrüßte er, die Deregulierung kritisierte Hoffmann.
Auch an diesem Abend wurde mal wieder über die Köpfe der Betroffenen hinweg geredet, bemängelten drei Vertreter von Arbeitsloseninitiativen. Auf dem Podium war kein Arbeitsloser zu finden. Auch die Alternativvorschläge kamen zu kurz, obwohl Lutz Brangsch, Mitarbeiter der Stiftung, dafür auf dem Podium saß. Seine Gedanken aber verliefen sich im Allgemeinen. So blieb neben der Kritik auch eine gewisse Ratlosigkeit zurück.
hjw2:

Moderner Feudalismus (Meudalismus) in Deutschland

 
14.09.02 10:14

Es ist wie der Nil in der Wüste: Der Fluss ist breit und stark, aber er versorgt nur wenig Land mit Wasser. Daher ist das meiste Land eine Wüste. Würde das Wasser des Nil sich besser über das Land verteilen, wäre das Land insgesamt fruchtbar. Würde sich hier in Deutschland der Geldfluss unter der Bevölkerung besser verteilen, wäre die Wirtschaft gesund. Wie gezeigt, hängt der Geldfuss in prvaten Händen heute vor allem vom Einkommen aus Vermögen ab; das Einkommen aus Arbeit ist viel zu gering. Ohne eine gesetzliche Begrenzung der Ressurcen (gewinnbringenden Inlandsvermögen) wird die Krankheit unserer Wirtschaft nicht heilen.


mehr

www.dr-wo.de/schriften/feudalismus/index.htm
proxicomi:

ND ist das nicht dieses postkommunistische "SED"-

 
14.09.02 10:38
Blättchen.

warum wird solch gedankengut propagiert?

aber vom wohlstandskissen in einer zufriedenen scheinwelt, lässt sich trefflich mit dem gedankengut der kommunisten der 20er jahre streiten. nur das es damals um wirkliche probleme, u.a. des lumpenproletariats ging.

merke:
unter dem weltkommunismus sind mehr menschen ermordet worden, als im 2.weltkrieg. angefangen von 1917 bis zum zusammenbruch dieser "idee", der "diktatur" einer partei.
ereinnert sei nur an die säuberungen des nkwd, tscheka, vertreibung ganzer sowjetvölker, kampuchea(rote khmer), prager frühling, etc....

hehre ziele und wortkonstrukte um die freiheit zu knechten.


gruß
proxi  
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