Anzeige
Meldung des Tages: Kein Weihnachtswunder – Blutuntersuchung ohne Blutabnahme!

Neuer Tiger: Vietnam boomt


Beitrag: 1
Zugriffe: 733 / Heute: 1
bammie:

Neuer Tiger: Vietnam boomt

 
06.08.04 08:57
Vietnam boomt – und will 2005 der Welthandelsorganisation WTO beitreten.


Xuan Dung ärgert sich. „Die Chinesen schmuggeln ihre alten Hühner nach Vietnam“, schimpft der Wirtschaftschef der vietnamesischen Nordprovinz Bac Giang. „Die Tiere entsprechen aber nicht unseren hygienischen Standards.“ Die Hühnergrippe grassiere wieder in Vietnam – und Schuld daran seien die Chinesen.

Seit Jahrhunderten sind sich Chinesen und Vietnamesen nicht grün. Das galt selbst, als beide Länder sozialistisch wurden. Doch nun zwingt die Globalisierung die beiden Länder, stärker zusammenzuarbeiten. Während die Vietnamesen hoffen, durch engere Beziehungen vom Wirtschaftsboom des großen Nachbarn zu profitieren, schielt China nach Vietnams Bodenschätzen. Das Land ist derzeit der einzige Nettoexporteur von Energieressourcen und Nahrungsmitteln in Asien. China muss sicherstellen, dass die Versorgung mit Rohstoffen nicht ins Stocken kommt und seinen Aufschwung abwürgt.

Diese Interessenlage machte es möglich, dass die beiden Länder nach 27 Jahren Verhandlungen nun ihre Grenzstreitigkeiten gelöst haben. Anfang Juli trat ein Vertrag in Kraft, der die Besitzverhältnisse im Golf von Tonking regelt. Gleichzeitig verhandeln Vietnam und China über ein Gemeinschaftsunternehmen zur Gewinnung von Bauxit, einem Rohstoff für die Aluminiumgewinnung. Wert der Investition: rund zwei Milliarden Dollar. Über Kooperationen bei der Erdölförderung wird ebenfalls gesprochen.

Aufschwung lockt die Deutschen

Vietnam fördert in diesem Jahr knapp 125 Millionen Tonnen Rohöl, von denen ein großer Teil in den Export gehen. Fast abgeschlossen sind auch Verhandlungen mit dem Hongkonger Telekommunikationsunternehmen Hutchison Whampoa des chinesischen Tycoons Li Ka-Shing. Für rund 500 Millionen Dollar soll Vietnams Telekommunikation ins 21. Jahrhundert katapultiert werden. Oder zumindest auf chinesisches Niveau: In Vietnam besitzt erst jeder 20. Einwohner ein Handy, in China jeder vierte.

Die Aussichten, dass Vietnam den Anschluss findet, sind gut. Zwischen 1990 und 2000 ist Vietnams Wirtschaft im Schnitt um 7,6 Prozent gewachsen. Selbst im schlechtesten Jahr 1999 sank das Wachstum kaum unter fünf Prozent. Der Durchbruch kam 2001, als ein bilaterales Handelsabkommen mit dem einstigen Kriegsgegner USA unterschrieben wurde. Die Asiatische Entwicklungsbank ist zuversichtlich, dass Vietnam in diesem Jahr sein BIP um 7,3 Prozent steigern kann. Von einem „neuen Tiger“ spricht deshalb Wolfgang Ehmann, seit März Vertreter der deutschen Industrie-und Handelskammer in Hanoi.

Der Aufschwung lockt auch deutsche Unternehmen an. Siemens konkurriert mit Japanern und Russen um den Bau einer U-Bahn in der Wirtschaftsmetropole Ho-Chi-Minh-Stadt. Das Projekt ist zwar ins Stocken geraten, Siemens hofft aber, dass der avisierte Kanzlerbesuch im Oktober zum Asem-Gipfel in Hanoi den Durchbruch bringt. Schon jetzt ist Deutschland der größte europäische Handelspartner Vietnams. Bei den Direktinvestitionen allerdings stehen die Deutschen mit knapp 250 Millionen Dollar nur auf Platz 17. Selbst Österreich und die Schweiz haben mehr investiert. Erst recht die Südkoreaner mit über vier Milliarden US-Dollar und die Taiwaner mit über sechs Milliarden Dollar.

Eines der stabilste Länder der Region

Größter deutscher Investor mit rund 150 Millionen Euro ist die Metro AG, die bereits drei Cash & Carry-Läden eröffnet hat und fünf weitere plant. „Wir bieten auch schon erste Produkte aus Vietnam in unseren europäischen Geschäften an“, verrät Metro-Vietnam-Chef James Scott. Seidensticker und Adidas-Salomon produzieren bereits in Vietnam, der Hemdenhersteller van Laack weitet gerade seine Produktion aus.

Vietnam profitiert davon, dass es eines der politisch und sozial stabilsten Länder der Region ist – bei gleichzeitig niedrigen Arbeitslöhnen. „Meist bekommt man in Asien nur das eine oder das andere“, sagt Klaus Rohland, Chef der Weltbank in Vietnam. Nike hat deshalb seine Turnschuhproduktion aus dem muslimischen Indonesien abgezogen und auf China und Vietnam verteilt. „Die religionsfreien Diktaturen sind einfach verlässlicher“, sagt freimütig ein Nike-Manager. Ikea lässt in diesem Jahr in Vietnam bereits Waren für 110 Millionen Dollar fertigen.

Erhebliche Verhandlungsfortschritte

Das neue Selbstbewusstsein der Vietnamesen bekam im April auch der Internationale Währungsfonds zu spüren. Weil sich die vietnamesische Führung nicht weiter in die Karten schauen lassen wollte, verzichtete sie auf den Rest von rund 170 Millionen Dollar eines bereits unterzeichneten IWF-Kredits.

Vietnam kann es sich offenbar leisten. „Das Land wird kaum finanziell unter Druck geraten“, meint Ping Chew von der Ratingagentur Standard & Poor’s. Der neue IWF-Chef Rodrigo Rato reiste deshalb kürzlich nach Hanoi, um den Imageschaden für seine Institution zu begrenzen und versprach technische Unterstützung. „Die Beziehungen zwischen dem IWF und Vietnam entwickeln sich bestens“, sagt Premier Phan Van Khai.

Doch 2005 läuft das Welttextilabkommen aus. Der Wegfall der Quoten für Chinas Textilexporte nach Europa dürfte dann bei den Vietnamesen zu Exporteinbußen führen. Schon deshalb wollen sie nun selber schnell Mitglied der Welthandelsorganisation WTO werden. In den Verhandlungen mit der EU erzielten sie schon erhebliche Fortschritte, Schwierigkeiten liegen noch im Handel und bei den Banken. Aber Phan ist optimistisch, dass die Vietnamesen es noch 2005 schaffen: Er jedenfalls will dazu „jede möglichen Anstrengungen“ unternehmen.
Antworten
Auf neue Beiträge prüfen
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--