Mehdorns Vorbild jenseits der Alpen: Wie Italiens Bahn-Manager Cimoli ein Sanierungswunder vollbrachte
Rom - Zum ersten Mal seit der Gründung im Jahr 1905 erwirtschaftet die italienische Eisenbahn FS einen Gewinn: Rund 20 Millionen Euro. Ausgerechnet die Eisenbahn, die unter häufigen Streiks der Angestellten litt, für chronische Unpünktlichkeit und schlechten Service bekannt war und als unsanierbar galt, ist auf dem Weg, ein italienisches Vorzeigeunternehmen zu werden.
Das Sanierungswunder schaffte Top-Manager Giancarlo Cimoli. Als er 1996 die Eisenbahn übernahm, glaubte niemand ernsthaft, er könne die Bahn wirklich sanieren. Die Kosten lagen bei 5,8 Mrd. Euro, die vor allem für Lohnkosten für die 128.000 Angestellten ausgegeben werden mussten. Cimoli baute etwa 26.000 Stellen ab, gleichzeitig stiegen die Erträge, von 2,77 Mrd. im Jahr 2000, als die Eisenbahn noch 683 Mio. Euro Schulden schrieb, auf 3,0 Mrd. im vergangenen Jahr.
Im Gegensatz zur englischen Eisenbahn wurde die italienische Bahn gleichzeitig sicherer. Die Statistik der Unfälle sank von 0,5 pro Million beförderter Passagiere auf 0,28. Cimoli räumte der Sicherheit absolute Priorität ein, auch weil kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 1996 in Piacenza ein Zugunglück das Ansehen der Bahn schwer schädigte.
Was das Geheimnis von Giancarlo Cimoli bei der Sanierung war, kann jeder beliebige Eisenbahnkunde im Selbstversuch herausfinden: Das Zauberwort ist Service. In Italien Zug zu fahren, macht wieder Spaß: In den Hochgeschwindigkeits-Zügen gehören druckfrische Tageszeitungen und Gratis-Softdrinks zum Service, der besser bewertet wird als bei vielen Fluglinien. Cimoli schulte fast das komplette Personal, die Kartei der Angestellten wurde neu geschrieben. Dabei entdeckte Cimoli ausgebildete Ärzte und Lehrer, die als Schaffner oder in Bahnhöfen arbeiteten, erfahrene Zugführer, die in Fundbüros arbeiteten. "Bei der Eisenbahn machte man nicht nach Leistung Karriere, sondern durch Bekanntschaften. Das war tödlich. Wir haben viele fähige Leute in der Firma entdeckt und sie an Orte gesetzt, wo sie ihrer Befähigung gemäss etwas leisten und aufsteigen können", sagt Cimoli stolz.
Mit der Teil-Privatisierung der großen Bahnhöfe verwirklichte Cimoli ein ehrgeiziges Projekt: Die bisher gemiedenen Bahnhofsgegenden in den Großstädten erlebten einen starken Aufschwung. Die Bahnhöfe wurden sicherer und echte Komfort-Zentren mit schicken Bars und Restaurants, eleganten Einkaufszentren und Kinos. In Zusammenarbeit mit der Textilgruppe Benetton wird der Ausbau der Bahnhöfe weitergehen, die Bahn wird in drei Jahren ihren Anteil an den großen Bahnhöfen auf 35 Prozent des Kapitals senken.
Aber jetzt macht Cimoli erst richtig Dampf. In den kommenden drei Jahren will er 6000 Kilometer des Streckennetzes vollständig automatisieren. Das erlaubt der Bahn, nur noch einen statt zwei Zugführer einzusetzen. "Wir werden in den kommenden fünf Jahren fünf Milliarden Euro pro Jahr in die Eisenbahn investieren. Trotzdem werden wir im kommenden Jahr einen Gewinn von etwa 200 Millionen Euro erwirtschaften", sagt Cimoli.
Im Jahr 2007 soll die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Turin bis Neapel fertig sein, von Rom nach Mailand braucht man dann noch drei Stunden. Gleichzeitig wird der Stellenabbau weiter gehen, in den kommenden vier Jahren sollen weitere 15.000 Jobs bei der Bahn verschwinden.
Quelle: www.welt.de/daten/2002/03/11/0311un319551.htx target="_new" rel="nofollow">WamS
Rom - Zum ersten Mal seit der Gründung im Jahr 1905 erwirtschaftet die italienische Eisenbahn FS einen Gewinn: Rund 20 Millionen Euro. Ausgerechnet die Eisenbahn, die unter häufigen Streiks der Angestellten litt, für chronische Unpünktlichkeit und schlechten Service bekannt war und als unsanierbar galt, ist auf dem Weg, ein italienisches Vorzeigeunternehmen zu werden.
Das Sanierungswunder schaffte Top-Manager Giancarlo Cimoli. Als er 1996 die Eisenbahn übernahm, glaubte niemand ernsthaft, er könne die Bahn wirklich sanieren. Die Kosten lagen bei 5,8 Mrd. Euro, die vor allem für Lohnkosten für die 128.000 Angestellten ausgegeben werden mussten. Cimoli baute etwa 26.000 Stellen ab, gleichzeitig stiegen die Erträge, von 2,77 Mrd. im Jahr 2000, als die Eisenbahn noch 683 Mio. Euro Schulden schrieb, auf 3,0 Mrd. im vergangenen Jahr.
Im Gegensatz zur englischen Eisenbahn wurde die italienische Bahn gleichzeitig sicherer. Die Statistik der Unfälle sank von 0,5 pro Million beförderter Passagiere auf 0,28. Cimoli räumte der Sicherheit absolute Priorität ein, auch weil kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 1996 in Piacenza ein Zugunglück das Ansehen der Bahn schwer schädigte.
Was das Geheimnis von Giancarlo Cimoli bei der Sanierung war, kann jeder beliebige Eisenbahnkunde im Selbstversuch herausfinden: Das Zauberwort ist Service. In Italien Zug zu fahren, macht wieder Spaß: In den Hochgeschwindigkeits-Zügen gehören druckfrische Tageszeitungen und Gratis-Softdrinks zum Service, der besser bewertet wird als bei vielen Fluglinien. Cimoli schulte fast das komplette Personal, die Kartei der Angestellten wurde neu geschrieben. Dabei entdeckte Cimoli ausgebildete Ärzte und Lehrer, die als Schaffner oder in Bahnhöfen arbeiteten, erfahrene Zugführer, die in Fundbüros arbeiteten. "Bei der Eisenbahn machte man nicht nach Leistung Karriere, sondern durch Bekanntschaften. Das war tödlich. Wir haben viele fähige Leute in der Firma entdeckt und sie an Orte gesetzt, wo sie ihrer Befähigung gemäss etwas leisten und aufsteigen können", sagt Cimoli stolz.
Mit der Teil-Privatisierung der großen Bahnhöfe verwirklichte Cimoli ein ehrgeiziges Projekt: Die bisher gemiedenen Bahnhofsgegenden in den Großstädten erlebten einen starken Aufschwung. Die Bahnhöfe wurden sicherer und echte Komfort-Zentren mit schicken Bars und Restaurants, eleganten Einkaufszentren und Kinos. In Zusammenarbeit mit der Textilgruppe Benetton wird der Ausbau der Bahnhöfe weitergehen, die Bahn wird in drei Jahren ihren Anteil an den großen Bahnhöfen auf 35 Prozent des Kapitals senken.
Aber jetzt macht Cimoli erst richtig Dampf. In den kommenden drei Jahren will er 6000 Kilometer des Streckennetzes vollständig automatisieren. Das erlaubt der Bahn, nur noch einen statt zwei Zugführer einzusetzen. "Wir werden in den kommenden fünf Jahren fünf Milliarden Euro pro Jahr in die Eisenbahn investieren. Trotzdem werden wir im kommenden Jahr einen Gewinn von etwa 200 Millionen Euro erwirtschaften", sagt Cimoli.
Im Jahr 2007 soll die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Turin bis Neapel fertig sein, von Rom nach Mailand braucht man dann noch drei Stunden. Gleichzeitig wird der Stellenabbau weiter gehen, in den kommenden vier Jahren sollen weitere 15.000 Jobs bei der Bahn verschwinden.
Quelle: www.welt.de/daten/2002/03/11/0311un319551.htx target="_new" rel="nofollow">WamS