Medien hören auf Berlusconis Kommando

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Medien hören auf Berlusconis Kommando

 
28.03.02 06:05
"Wenn Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch das zerfallene Kirch-Imperium übernähmen, sei dies „die gerechte Strafe für die deutsche Medienpolitik", meint der Kölner Medienforscher Lutz Hachmeister. Eines jedenfalls ist klar: Falls Berlusconis Firma Mediaset einen Teil der größten privaten deutschen TV-Gruppe kauft, dann hat der italienische Ministerpräsident ein direktes Interesse an der deutschen Gesetzgebung und somit an der deutschen Politik. Wie eine enge Verzahnung zwischen Politik und Medien aussehen kann, hat Berlusconi in Italien gezeigt.

Bei einer Pressekonferenz hat der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi erst kürzlich betont: „Jeder weiß, dass ich meine Medien nie dazu benutzt habe, mich selbst als Politiker zu begünstigen oder meine politischen Gegner schlecht zu machen“. Wäre man in Italien nicht solche Äußerungen von Berlusconi in seiner Doppelfunktion als Medienunternehmer und Ministerpräsident gewohnt, so hätte es in dem Saal wahrscheinlich mehr gegeben, als nur das etwas amüsierte „Ah ja?!“, das von einigen der anwesenden Journalisten kam.

Und wäre es bei besagter Pressekonferenz nicht auch um so brisante Themen wie die Rückkehr des Terrorismus gegangen, wäre es möglicherweise zum Tumult gekommen.

Berlusconi kam oft zu Wort

Denn dass Berlusconi seine Medienmacht immer gern zum eigenen politischen Vorteil genutzt hat, ist nicht nur jedem klar, der sich einmal durch die Programme der drei  TV-Sender von Mediaset (Canale 5, Italia 1 und Rete 4) gezappt hat. Das wird auch durch das unabhängige Institut „Osservatorio di Pavia“ belegt, dessen Aufgabe es unter anderem ist, den politischen Pluralismus in der Fernsehlandschaft zu überprüfen.

Dort kann man nachlesen, dass im ersten Halbjahr 2001, also während der letzten Wahlkampagne, Berlusconi seinen direkten politischen Gegner, den heutigen Oppositionsführer Francesco Rutelli, in den Nachrichtensendungen 17 zu 1 schlägt: Berlusconi kam insgesamt 675 Minuten zu Wort, Rutelli 39.

Einflussnahme auch in Talkshows

Aber der Einfluss der Berlusconi-Sender auf die Politik hört nicht in den Nachrichtensendungen auf, ist jedoch in anderen Formaten wie Talk- und Quizshows nicht so leicht zu messen. Wie will man es bewerten, dass eine Sängerin, die eine beliebte Quizshow moderiert, gleichzeitig in Werbesports für die Berlusconi-Partei „Forza Italia“ auftritt? Und hat es Auswirkungen, wenn bei Talk-Runden vornehmlich Prominente mitreden dürfen, die sich politisch klar im Mitte-Rechts-Spektrum ansiedeln lassen?

Sendungen für Berlusconi-Gegner

Von einer absoluten Gleichschaltung von Mediaset kann man allerdings nicht sprechen. Seit Jahren gibt es einige Sendungen, die man eher als „kritisch“ bezeichnen kann. Dabei handelt es sich allerdings fast ausschließlich im satirische Programme, in denen einige der bekanntesten italienischen Kabarettisten arbeiten, die man allgemein als „links“ bezeichnen kann und die zwar nie Berlusconi selbst, aber sehr wohl andere Politiker seiner Partei aufs Korn nehmen. Das lässt sich in erster Linie dadurch erklären, dass Mediaset ein Wirtschaftsunternehmen ist, das nur Profite machen kann, wenn es sich an ein breites Spektrum von Zuschauern wendet.

Was die öffentlich-rechtliche RAI anbetrifft, so ist die Situation noch komplexer. Der Verwaltungsrat von RAI wurde erst vor wenigen Wochen umbesetzt; drei von fünf Mitgliedern sind jetzt eng mit den augenblicklichen Regierungsparteien verbunden und sowohl der neue Präsident wie der neue Generaldirektor sind politisch klar auf dieser Seite angesiedelt.

Zwei Sendungen sollen gekippt werden

Bisher hat sich bei der RAI natürlich noch nichts Wesentliches geändert; aber seit Monaten schon drohen Minister und Regierungspolitiker damit, vor allem zwei Sendungen zu kippen: Es handelt sich dabei um Informationssendungen, die von Journalisten moderiert werden, die sich während der letzten Wahlkampagne gegen Berlusconi gestellt und Appelle zum Schutz der politischen Pluralität in der italienischen Medienlandschaft unterzeichnet haben.

Die in Aussicht gestellte Zensur geht aber auch in andere Bereiche: So wandte sich kürzlich der Chefredakteur der Berlusconi-Zeitung „Il foglio“ gegen einen Fernsehauftritt des Oskar-Preisträgers Roberto Benigni („Das Leben ist schön“): Solchen Leuten, die Berlusconi immer angegriffen haben - sagte er - dürfe die öffentlich-rechtliche RAI keinen Resonanzkörper bieten.

faz.de
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