01.07.2002
Kein Grund zum Feiern
Während sich der deutsche Fußball für den zweiten Platz keinesfalls schämen muß, ist die Zwischenbilanz der Börse enttäuschend. Das zweite Quartal endete an Wall Street mit Kursverlusten. Der Freiverkehrsmarkt büßte mehr als 20 Prozent ein. Das Minus von fast 25 Prozent seit Januar ist das schlechteste Halbjahresergebnis in der 31 Jahre alten Geschichte des aus knapp 4000 Werten bestehenden Nasdaq-Index.
Auch der Dow Jones, der 30 Titel umfaßt, wurde von diesem Abwärtstrend nicht verschont. Allein in den vergangenen vier Wochen erzielte der Index mit einem Minus von fast 7 Prozent das schwächste Juni-Resultat seit 33 Jahren. Im zweiten Quartal verlor der Index mehr als 11 Prozent. Das Minus von 8 Prozent seit Jahresanfang fällt hingegen noch relativ gering aus. Der Standard & Poor's 500-Index, der mehr als 80 Prozent der Marktkapitalisierung aller amerikanischen Werte repräsentiert, verlor knapp 14 Prozent, nachdem das erste Quartal noch ausgeglichen war. Wenn die amerikanischen Börsen an diesem Donnerstag wegen des Unabhängigkeitstages geschlossen bleiben, haben Investoren daher kaum einen Grund zum Feiern.
Der Kurseinbruch im zweiten Quartal steht jedoch im Widerspruch zur vielversprechenden Wirtschaftslage. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal nach jüngster Berechnung einen beachtlichen Anstieg von mehr als 6 Prozent zeigte, wird das Wachstum im zweiten Quartal etwa halb so hoch ausfallen. Der rasante Start zu Jahresbeginn beruhte vor allem auf Veränderungen des Lagerbestands, die das eigentliche Wirtschaftsbild etwas zu positiv darstellten. Keinen Zweifel gibt es jedoch daran, ob der Wachstumseinbruch im vergangenen Jahr inzwischen überwunden ist. Es taucht allerdings immer wieder die Frage auf, ob es zu einer abermaligen Wachstumsschwäche in der zweiten Jahreshälfte kommt.
Obwohl das Verbrauchervertrauen im Juni etwas gefallen ist, liegt es immer noch deutlich über den Tiefständen nach dem Terrorangriff vom vergangenen September. Allerdings haben die fast täglichen Enthüllungen über fragwürdige Bilanzierungsmethoden bis hin zum offensichtlichen Finanzbetrug das Vertrauen in Unternehmen und die Börse stark erschüttert. Hier drängt sich fast ein Vergleich mit dem Jahr 1929 auf. Auch damals folgte nach einer exzessiven Spekulationsphase ein Börsenkollaps, dem wiederum die Weltwirtschaftskrise folgte. Der Dow Jones-Index benötigte ein Viertel Jahrhundert, bevor die Höchststände von 1929 wieder erreicht wurden. Innerhalb von 33 Monaten fiel der Index um fast 90 Prozent. Im Vergleich dazu verlor der Nasdaq 100-Index, der die größten 100 Werte im Freiverkehrsmarkt repräsentiert, seit dem Frühjahr 2000 innerhalb von 27 Monaten fast 80 Prozent. Beim Dow Jones, wo die Übertreibungen geringer ausfielen als bei den im Nasdaq stark vertretenen Technologiewerten, beträgt der Rückgang seit dem Höchststand im Januar 2000 knapp 25 Prozent. Bezogen auf die geschätzten Gewinne für dieses Jahr liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim Dow Jones bei 18,5. Im Vergleich zu den Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen, die mit 4,8 Prozent fast auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als 30 Jahren liegen, ergibt dies eine Unterbewertung für Aktien von fast 15 Prozent. Damit ist das Ende dieser Durststrecke vielleicht doch schon fast in Sicht. Hoffnungslosigkeit und Desillusion sowie mangelndes Vertrauen waren erstaunlicherweise meist Vorboten für bessere Börsenzeiten.
Der Notenbankrat bestätigte am vergangenen Mittwoch in seiner Halbjahressitzung, daß es vorläufig keinen Grund für höhere Zinsen gibt. Damit sind Hoffnungen auf eine Sommerrally, die in den vergangenen 50 Jahren immer stattgefunden hat, durchaus berechtigt. Im Durchschnitt kam es hier seit 1964 zu einem Anstieg von mehr als 9 Prozent. Es gab jedoch auch Jahre, in denen der Anstieg weit unter dieser Meßlatte lag. Ausgangspunkt ist der jeweilige Tiefstand vom Mai/Juni. Er wird verglichen mit dem Höchststand des dritten Quartals. Am vergangenen Mittwoch betrug das Tiefstniveau im zweiten Quartal beim Dow Jones-Index 9120 Punkte. Somit kann die Marke von 10 000 Punkten in den nächsten zwölf Wochen eine Zielvorgabe sein. Während der Rückblick deprimiert, ist es dieser Ausblick, der Optimisten inspiriert.
Ihr Heiko Thieme
Kein Grund zum Feiern
Während sich der deutsche Fußball für den zweiten Platz keinesfalls schämen muß, ist die Zwischenbilanz der Börse enttäuschend. Das zweite Quartal endete an Wall Street mit Kursverlusten. Der Freiverkehrsmarkt büßte mehr als 20 Prozent ein. Das Minus von fast 25 Prozent seit Januar ist das schlechteste Halbjahresergebnis in der 31 Jahre alten Geschichte des aus knapp 4000 Werten bestehenden Nasdaq-Index.
Auch der Dow Jones, der 30 Titel umfaßt, wurde von diesem Abwärtstrend nicht verschont. Allein in den vergangenen vier Wochen erzielte der Index mit einem Minus von fast 7 Prozent das schwächste Juni-Resultat seit 33 Jahren. Im zweiten Quartal verlor der Index mehr als 11 Prozent. Das Minus von 8 Prozent seit Jahresanfang fällt hingegen noch relativ gering aus. Der Standard & Poor's 500-Index, der mehr als 80 Prozent der Marktkapitalisierung aller amerikanischen Werte repräsentiert, verlor knapp 14 Prozent, nachdem das erste Quartal noch ausgeglichen war. Wenn die amerikanischen Börsen an diesem Donnerstag wegen des Unabhängigkeitstages geschlossen bleiben, haben Investoren daher kaum einen Grund zum Feiern.
Der Kurseinbruch im zweiten Quartal steht jedoch im Widerspruch zur vielversprechenden Wirtschaftslage. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal nach jüngster Berechnung einen beachtlichen Anstieg von mehr als 6 Prozent zeigte, wird das Wachstum im zweiten Quartal etwa halb so hoch ausfallen. Der rasante Start zu Jahresbeginn beruhte vor allem auf Veränderungen des Lagerbestands, die das eigentliche Wirtschaftsbild etwas zu positiv darstellten. Keinen Zweifel gibt es jedoch daran, ob der Wachstumseinbruch im vergangenen Jahr inzwischen überwunden ist. Es taucht allerdings immer wieder die Frage auf, ob es zu einer abermaligen Wachstumsschwäche in der zweiten Jahreshälfte kommt.
Obwohl das Verbrauchervertrauen im Juni etwas gefallen ist, liegt es immer noch deutlich über den Tiefständen nach dem Terrorangriff vom vergangenen September. Allerdings haben die fast täglichen Enthüllungen über fragwürdige Bilanzierungsmethoden bis hin zum offensichtlichen Finanzbetrug das Vertrauen in Unternehmen und die Börse stark erschüttert. Hier drängt sich fast ein Vergleich mit dem Jahr 1929 auf. Auch damals folgte nach einer exzessiven Spekulationsphase ein Börsenkollaps, dem wiederum die Weltwirtschaftskrise folgte. Der Dow Jones-Index benötigte ein Viertel Jahrhundert, bevor die Höchststände von 1929 wieder erreicht wurden. Innerhalb von 33 Monaten fiel der Index um fast 90 Prozent. Im Vergleich dazu verlor der Nasdaq 100-Index, der die größten 100 Werte im Freiverkehrsmarkt repräsentiert, seit dem Frühjahr 2000 innerhalb von 27 Monaten fast 80 Prozent. Beim Dow Jones, wo die Übertreibungen geringer ausfielen als bei den im Nasdaq stark vertretenen Technologiewerten, beträgt der Rückgang seit dem Höchststand im Januar 2000 knapp 25 Prozent. Bezogen auf die geschätzten Gewinne für dieses Jahr liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis beim Dow Jones bei 18,5. Im Vergleich zu den Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen, die mit 4,8 Prozent fast auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als 30 Jahren liegen, ergibt dies eine Unterbewertung für Aktien von fast 15 Prozent. Damit ist das Ende dieser Durststrecke vielleicht doch schon fast in Sicht. Hoffnungslosigkeit und Desillusion sowie mangelndes Vertrauen waren erstaunlicherweise meist Vorboten für bessere Börsenzeiten.
Der Notenbankrat bestätigte am vergangenen Mittwoch in seiner Halbjahressitzung, daß es vorläufig keinen Grund für höhere Zinsen gibt. Damit sind Hoffnungen auf eine Sommerrally, die in den vergangenen 50 Jahren immer stattgefunden hat, durchaus berechtigt. Im Durchschnitt kam es hier seit 1964 zu einem Anstieg von mehr als 9 Prozent. Es gab jedoch auch Jahre, in denen der Anstieg weit unter dieser Meßlatte lag. Ausgangspunkt ist der jeweilige Tiefstand vom Mai/Juni. Er wird verglichen mit dem Höchststand des dritten Quartals. Am vergangenen Mittwoch betrug das Tiefstniveau im zweiten Quartal beim Dow Jones-Index 9120 Punkte. Somit kann die Marke von 10 000 Punkten in den nächsten zwölf Wochen eine Zielvorgabe sein. Während der Rückblick deprimiert, ist es dieser Ausblick, der Optimisten inspiriert.
Ihr Heiko Thieme