Montag, 7. Januar 2002
Umstrittene Gottes-Werbung
"Kraft zum Leben"
Eine seit wenigen Wochen bundesweit laufende, millionenschwere Werbekampagne (auch bei n-tv) spaltet die Gemüter: Im Fernsehen, in Zeitungsbeilagen und auf riesigen blauen Plakatwänden werben prominente Sportler und Künstler für ein Gratis-Buch mit dem Titel "Kraft zum Leben", welches ihnen den Weg zu Gott gewiesen habe. Hinter der Kampagne steht die konservative private Arthur DeMoss-Stiftung.
Anruf genügt. Der Draht zum lieben Gott führt über eine mit 01803 beginnende Nummer direkt in ein Call-Center, das Bestellungen für das 134 Seiten-Werk entgegennimmt. Die Lieferzeit beträgt zur Zeit allerdings mindestens vier Wochen. Die Kampagne hat ins Schwarze getroffen und eine starke Nachfrage geweckt. Nicht zuletzt die Anschläge vom 11. September dürften dazu beigetragen haben, dass Menschen sich wieder verstärkt religiösen Fragen zuwenden. Antwort auf solche Lebensfragen geben will auch das Buch - mit den Bekenntnissen der Prominenten, mit Bibelzitaten und vor allem dem Hinweis, dass man die Bibel intensiv studieren soll.
Eine Frage allerdings wird in der scheinbar selbstlosen Gotteswerbung nicht beantwortet: Wer hinter der an sich harmlosen Kampagne steckt. Der Hinweis auf den Urheber findet sich unter der angegebenen Internetadresse www.kraftzumleben.de. Es ist die amerikanische Agentur "Arthur S. DeMoss Foundation" in Palm Beach, Florida. Zu den bevorzugten Nutznießern der Stiftung - mit einem geschätzten Vermögen von 450 bis 500 Millionen Dollar - gehört das "Amerikanische Zentrum für Ordnung und Recht". Es kämpft gegen Abtreibung, Homosexualität und für die Todesstrafe.
Allein etwa neun Millionen Dollar spendete die Stiftung für eine Kampagne des Zentrums, die Jugendliche vom vorehelichen Geschechtsverkehr abhalten sollte. Nach Informationen der US-Zeitung "Palm Beach Post" sind auch an die christlichen Fundamentalisten der "Plymouth Rock Foundation", die sich für die Einführung "biblischen Rechts" einsetzt, großzügige Summen geflossen.
Das Geld der Stiftung stammt aus dem Vermögen des 1979 verstorbenen Versicherungsunternehmers Arthur DeMoss. Seine Witwe Nancy und zeitweise bis zu sieben Familienmitglieder leiten die Stiftung. Mark DeMoss, der Sohn von Nancy, war nach einem Bericht der "Pennsylvania Alliance for Democravy" u.a. Sprecher der frauenfeindlichen Promise Keeper-Bewegung, die Männer für spirituell hochwertiger hält; Mark DeMoss war bis mindestens 1991 einer der führenden Funktionäre der Stiftung.
Für Michael Utsch von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) sind dies keine Gründe, für das Buch nicht zu werben. Gegenüber n-tv.de erklärte Utsch: "Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, und da hat jeder das Recht, zu werben." Das Buch selbst sei unbedenklich. Es lade nur dazu ein, sich intensiver mit dem christlichen Glauben zu beschäftigen.
"Schwierig" allerdings sei die Tatsache, dass die dahinter stehende Stiftung medien- und öffentlichkeitsscheu und nur über eine Postfachadresse erreichbar sei. "Ungünstig" sei auch, dass das Buch im "amerikanischen Frömmigkeitsstil" gehalten sei. Damit werde suggeriert, dass der Glauben in jedem Fall zu einem glücklichen Leben führe. Utsch bemängelt zudem einen fehlenden Gemeinschaftsbezug. "In dem Buch heißt es, man solle sich einer bibeltreuen Gemeinde anschließen - es werden aber keine Adressen genannt."
Die DeMoss-Stiftung hat nach eigenen Angaben mittlerweile mehrere Millionen Kopien des Buchs in insgesamt zwölf Ländern verschenkt. "Kraft zum Leben" wurde 1983 von dem amerikanischen Prediger Jamie Buckingham geschrieben
www.n-tv.de/2894446.html