Hybridanleihen locken mit hohen Renditen
Nun entdecken auch Industrieunternehmen Hybridanleihen für ihre Finanzierung. Allein in den vergangenen Wochen sind solche Mischformen aus Aktie und Anleihe im Wert von rund 3 Milliarden Euro auf den Markt gebracht worden, unter anderem von Südzucker und Vattenfall.
Am Montag nannte Bayer die Konditionen für eine hundertjährige Anleihe, die als Eigenkapitalersatz gilt. Für Anleger haben solche Titel den Reiz der überdurchschnittlichen Rendite. So lockt die Bayer-Anleihe mit einem Kuponzins von 5,0 Prozent. Bayer müßte für eine normale Unternehmensanleihe gleicher Laufzeit weniger als 4 Prozent bieten.
Zum frühesten Zeitpunkt getilgt
Hybridanleihen haben eine potentiell unendliche oder wie im Fall von Bayer extrem lange Laufzeit. Zugleich hat der Emittent das Recht, die Anleihe nach frühestens zehn Jahren zu tilgen und zum Nennwert zurückzuzahlen. Macht er von diesem Recht nicht Gebrauch, wird die feste Verzinsung der ersten zehn Jahre in der Folgezeit in eine variable Verzinsung mit einem zusätzlichen Renditeaufschlag gewandelt.
Im Regelfall dürfte das aber nicht geschehen, sagt Philipp Kerz, Anleihenexperte bei der Investmentbank Lehman. Bisher seien in Europa nahezu alle Hybridanleihen zum frühesten Zeitpunkt getilgt worden. Zum einen wollen die Schuldner die Anleger so für weitere Emissionen bei der Stange halten, zum anderen erhöht sich nach zehn Jahren der Renditeaufschlag gegenüber risikoarmen Anlageformen um mindestens einen Prozentpunkt. So müßte Bayer zum Beispiel bei einer nach zehn Jahren ausbleibenden Tilgung den variablen Euribor-Satz für Dreimonatsgeld und zusätzlich 2,8 Prozent zahlen.
Zur Stundung verpflichtet
Es spricht also einiges dafür, daß Hybridanleihen nicht wirklich über 100 oder 1000 Jahre oder gar unendlich laufen. Sie sind eher mit zehnjährigen Anleihen zu vergleichen. Doch es bleibt das Risiko, daß sich die wirtschaftliche Lage der Unternehmen drastisch verschlechtert. Dann könnte die Tilgung verschoben werden.
Zudem gibt es die Möglichkeit, daß Zinszahlungen ausfallen. Bei einigen Anleihen dürfen die Emittenten das beschließen, wenn sie in den vergangenen zwölf Monaten keine Dividende gezahlt haben, berichtet Rolf Schäffer, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Bei anderen Klauseln sind sie sogar zu einer Stundung verpflichtet, wenn bestimmte Kennzahlen unterschritten sind.
Abzugsfähige Zinszahlungen
Bei der Vattenfall-Anleihe ist das zum Beispiel der Fall, wenn der operative Mittelzufluß weniger als 2,5mal so hoch ist wie die Zinslast. Ein weiteres Risiko für die Anleger ist die Nachrangigkeit der Schuld. Kommt es zu Zahlungsstörungen, müssen sie sich weit hinten anstellen, um an ihr Geld zu kommen - allenfalls die Aktionäre sind dann noch ärmer dran. Die Nachfrage der Anleger scheint trotz dieser Risiken groß zu sein. So meldet das von J.P. Morgan und Deutscher Bank geführte Konsortium der Bayer-Emission eine mehrfache Überzeichnung.
Aus Sicht der Emittenten sind die Hybridanleihen beliebt, weil sie ihre Bonitätsnoten verbessern können. Die Ratingagentur Moody's zählt hybrides Kapital zu 75 Prozent zum Eigenkapital. Im Gegensatz zu einer Aktienemission wird ein Verwässerungseffekt auf die Unternehmensgewinne vermieden. Zudem sind die Zinszahlungen anders als Dividenden für die Unternehmen steuerlich abzugsfähig.
Text: ruh. / F.A.Z., 19.07.2005
Nun entdecken auch Industrieunternehmen Hybridanleihen für ihre Finanzierung. Allein in den vergangenen Wochen sind solche Mischformen aus Aktie und Anleihe im Wert von rund 3 Milliarden Euro auf den Markt gebracht worden, unter anderem von Südzucker und Vattenfall.
Am Montag nannte Bayer die Konditionen für eine hundertjährige Anleihe, die als Eigenkapitalersatz gilt. Für Anleger haben solche Titel den Reiz der überdurchschnittlichen Rendite. So lockt die Bayer-Anleihe mit einem Kuponzins von 5,0 Prozent. Bayer müßte für eine normale Unternehmensanleihe gleicher Laufzeit weniger als 4 Prozent bieten.
Zum frühesten Zeitpunkt getilgt
Hybridanleihen haben eine potentiell unendliche oder wie im Fall von Bayer extrem lange Laufzeit. Zugleich hat der Emittent das Recht, die Anleihe nach frühestens zehn Jahren zu tilgen und zum Nennwert zurückzuzahlen. Macht er von diesem Recht nicht Gebrauch, wird die feste Verzinsung der ersten zehn Jahre in der Folgezeit in eine variable Verzinsung mit einem zusätzlichen Renditeaufschlag gewandelt.
Im Regelfall dürfte das aber nicht geschehen, sagt Philipp Kerz, Anleihenexperte bei der Investmentbank Lehman. Bisher seien in Europa nahezu alle Hybridanleihen zum frühesten Zeitpunkt getilgt worden. Zum einen wollen die Schuldner die Anleger so für weitere Emissionen bei der Stange halten, zum anderen erhöht sich nach zehn Jahren der Renditeaufschlag gegenüber risikoarmen Anlageformen um mindestens einen Prozentpunkt. So müßte Bayer zum Beispiel bei einer nach zehn Jahren ausbleibenden Tilgung den variablen Euribor-Satz für Dreimonatsgeld und zusätzlich 2,8 Prozent zahlen.
Zur Stundung verpflichtet
Es spricht also einiges dafür, daß Hybridanleihen nicht wirklich über 100 oder 1000 Jahre oder gar unendlich laufen. Sie sind eher mit zehnjährigen Anleihen zu vergleichen. Doch es bleibt das Risiko, daß sich die wirtschaftliche Lage der Unternehmen drastisch verschlechtert. Dann könnte die Tilgung verschoben werden.
Zudem gibt es die Möglichkeit, daß Zinszahlungen ausfallen. Bei einigen Anleihen dürfen die Emittenten das beschließen, wenn sie in den vergangenen zwölf Monaten keine Dividende gezahlt haben, berichtet Rolf Schäffer, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Bei anderen Klauseln sind sie sogar zu einer Stundung verpflichtet, wenn bestimmte Kennzahlen unterschritten sind.
Abzugsfähige Zinszahlungen
Bei der Vattenfall-Anleihe ist das zum Beispiel der Fall, wenn der operative Mittelzufluß weniger als 2,5mal so hoch ist wie die Zinslast. Ein weiteres Risiko für die Anleger ist die Nachrangigkeit der Schuld. Kommt es zu Zahlungsstörungen, müssen sie sich weit hinten anstellen, um an ihr Geld zu kommen - allenfalls die Aktionäre sind dann noch ärmer dran. Die Nachfrage der Anleger scheint trotz dieser Risiken groß zu sein. So meldet das von J.P. Morgan und Deutscher Bank geführte Konsortium der Bayer-Emission eine mehrfache Überzeichnung.
Aus Sicht der Emittenten sind die Hybridanleihen beliebt, weil sie ihre Bonitätsnoten verbessern können. Die Ratingagentur Moody's zählt hybrides Kapital zu 75 Prozent zum Eigenkapital. Im Gegensatz zu einer Aktienemission wird ein Verwässerungseffekt auf die Unternehmensgewinne vermieden. Zudem sind die Zinszahlungen anders als Dividenden für die Unternehmen steuerlich abzugsfähig.
Text: ruh. / F.A.Z., 19.07.2005