Ein neuer Dracula-Horror in Rumänien
Jessica Douglas-Home im New Yorker "Wall Street Journal" über die
Draculapark-Manie des rumänischen Tourismusministers und seine
dubiose Abwiegelungsstrategie:
Die mittelalterliche Stadt Schäßburg in Siebenbürgen, eines der
wertvollsten Juwele Europas, ist akut bedroht. Nicht von Krieg oder Naturkatastrophen, sondern von dem merkwürdigen Drang des
rumänischen Tourismusministers Agathon Dan, einige hundert Yards von der Stadt entfernt einen Dracula-Themenpark zu bauen und mit AKTIEN zu finanzieren.
Als der Minister seine Pläne im letzten Juli ankündigte, schienen sie
ökologisch derart unerhört - und vom finanziellen Standpunkt so wenig überzeugend -, daß niemand an ihre Umsetzung glaubte. Doch plötzlich kam die Sache ins Rollen: Der Bürgermeister übereignete 121 Hektar unter Naturschutz stehenden Eichenwald in den Besitz des Touristischen Entwicklungsfonds von Schäßburg. Danach verabschiedete das rumänische Parlament ein Gesetz, durch das öffentliche Gelder für die Subventionierung des Projektes bewilligt wurden. Bewaffnet mit einer 31 Seiten starken Machbarkeitsstudie machte sich Mr. Dan in diesem Herbst nach Europa auf, um westliche Investoren und Reisenanbieter für seine Pläne zu gewinnen. Der Ausflug endete nicht gut. Die substanzarme Broschüre ließ viele Fragen offen. Wer wird für die notwendige Infrastruktur verantwortlich zeichnen? Wo ist das Gutachten eines Management-Experten? Welches ist die Basis für die veranschlagten Kosten und Einnahmen? Vom Standpunkt eines Investors sah der Dracula-Park wie ein Non-Starter aus.
Auch die Reisenanbieter sind realistisch denkende Menschen. Die hundert, die sich am 13. Dezember in Londons Earl Court zur Pressekonferenz von Mr. Dan eingefunden hatten, waren negativ eingestellt. Was Rumänien brauche, sagten sie, sei keine Kitsch-Tour in ein abgelegenes Gebiet, wo es an touristischen Einrichtungen mangelt, sondern Investitionen in Hotels
und Transportwesen.
Siebenbürgen besitzt ein einzigartiges romantisches und unzerstörtes Erbe, das durch eine sorgfältige Förderung möglicherweise eine Basis für den Kulturtourismus darstellen könnte. Ein BBC-Reporter fragte Mr. Dan,
ob er sich dessen bewußt sei, daß Rumänien durch den Vorschlag, eine Drahtseilbahn bis an die Mauern der Schäßburger Burg, die aus dem
14. Jahrhundert stammt, zu bauen, seine vertragsmäßigen Pflichten
ignoriert habe, den kulturellen Arm der UNO, die UNESCO zu verständigen? Und warum wurde nicht ein Standort mit Hotels und entsprechenden Anlagen wie Parkplätzen und Mülldeponien gewählt?
Die erfolglose Europa-Expedition Mr. Dans bremste
keineswegs seinen unerklärlichen Schwung. Nach Bukarest
zurückgekehrt, sprach er von der "erfolgreichen Aufnahme" des Dracula-Parks im Ausland.
In Schäßburg organisierte er im Bürgermeisteramt eine Feierlichkeit,
versprach 3.000 neue Arbeitsplätze und einen Touristenandrang,
vermittelt durch westliche Reisebüros. In einer Szene, die an
Ceausescus Zeiten erinnerte, trafen aus einer nahegelegenen Fabrik "spontan" eine Menge Arbeiter ein, die Transparente trugen, auf denen Mr. Dan als Held gefeiert wurde. Es wurde eine Pro-Dracula-Front gebildet, 2.500 Unterschriften wurden gesammelt. Ein orthodoxer Priester wurde
herbeigebracht, der sprach das Vaterunser und segnete das Projekt.
Mr. Dan versicherte die Anwesenden erneut, daß er auf Gehör gestoßen sei
und daß er "besorgte Gremien" beruhigt habe. Desgleichen sagte er, zu
der Einweihung würden etliche VIPs mit Prinz Charles an der Spitze eingeladen werden.
Die Kluft zwischen Propaganda und Wirklichkeit ist enorm. Eine von der Stadt Schäßburg erstellte Studie kam zu dem Schluß, daß das Projekt im besten Fall 300 feste Arbeitsplätze schaffen werde. Was die westlichen Investoren betrifft, so kontaktierte das Wirtschaftsblatt Bucharest Business Week telefonisch drei der vom Tourismusminister erwähnten
Firmen, Strabag (Österreich), Media Projects (USA) und Deighton
International (Großbritannien). Jede von ihnen erklärte, sie hätte
keinerlei Absicht, Geld in den Dracula-Park zu investieren. Hätten sich die
Schäßburger das Prospekt des Tourismusministeriums genauer
angesehen, hätten sie eine weitere Überraschung erlebt. Die veranschlagten 12 Millionen Dollar Einnahmen sollen hauptsächlich von den
Ortsansässigen kommen. Das Ministerium erwartet, daß 75 Prozent der Besucher aus der Umgebung von Schäßburg kommen werden, sogar zwei-dreimal im Jahr, und daß diese jedesmal 25 Dollar pro Kopf und Nase ausgeben werden. Aber die Bevölkerung in den siebenbürgischen Städten und Dörfern ist zum Verzweifeln arm. Diese Leute haben keinen PKW, keine zusätzliche Einnahmen und ein monatliches Durchschnittseinkommen von 80
Dollar.In einem Land, wo es an Vertrauen und Transparenz mangelt, stehen die Medien oft unter dem Verdacht, Instrumente der Regierung zu sein.
Das Rumänische Fernsehen ignorierte die vom britischen Botschafter privat ausgesprochene Warnung, daß der britische Thronfolger, Prinz Charles, keineswegs beabsichtige, bei der Einweihung dabeizusein, und strahlte einen Film über den Thronfolger aus mit der Aussage, er würde das Projekt
unterstützen. Vor einem Jahr, als die Wählerschaft viele aus der ehemaligen Garde von Ceausescu wieder an die Macht brachte, dachte man in weiten Kreisen, daß diese sich mit der Zeit geändert hätten. Aber das Dracula-Fiasko zeigt, daß in den oberen Rängen der Verwaltung von Premierminister Nastase die alte Mentalität herrscht.
Als der Kronstädter liberale Senator Nicolae Vlad Popa den Mut hatte, in einer Talkshow eine Alternative zum Standort des
Parks vorzuschlagen, wurde er mit dem Projektleiter Marius Stoian
konfrontiert, der dem Senator eine angeblich belastende
Securitate-Akte unter die Nase hielt und ihm mit einer Untersuchung durch die inneren Sicherheitsdienste drohte. Mr. Popa hat einen Zivilprozeß gegen Mr.Stoian angestrengt, um seinen Namen zu bereinigen.
Andere, die sich gegen das Projekt äußerten,
berichten von anonymen Anrufen, in denen ihre Kinder bedroht werden.
Unterdessen schrieb die Zeitung Ziua de Ardeal, daß der
Auslandsspionagedienst (SIE) den Auftrag bekommen habe, "Feinde im
Ausland" ausfindig zu machen, die sich gegen das Projekt
aussprechen. Zwei Tage davor schien sich in Helsinki die SIE-Liste der potentiellen ausländischen Feinde zu erweitern. Nach einer Beschreibung des Dracula-Projekts, die den 300 geschockten Teilnehmern an der Tagung des UNESCO-Weltkulturerbe-Komitees vorgestellt wurde, beschloß das
Komitee, eigene Recherchen anzustellen und forderte bis zum 11. Februar einen Bericht von den Rumänen. Desgleichen wurde für den Frühling eine
Besichtigung vor Ort angekündigt.
Nichtdestotrotz erklärte der Architekt des Projektes, Dan
Covali, kurz nach seiner Rückkehr von der Tagung in Helsinki, man
habe alle Mißverständnisse mit der UNESCO aus dem Weg geräumt, die UNESCO habe das Projekt gutgeheißen und habe sogar die rumänische Regierung dafür beglückwünscht.
Die UNESCO-Resolution kam am gleichen Tag, an dem der rumänischen Bevölkerung erstmals Dracula-Aktien angeboten wurden. Fernsehsender unterbrachen ihre Sendungen, um zu melden, daß Agathon Dan ein Monatsgehalt ausgegeben habe, um die ersten Aktien für das Dracula-Land zu kaufen. Anschließend wurde Premierminister Nastase gezeigt, als er eigene 120 Millionen Lei (d. s. 4.500 Dollar) investierte. Die Rumänen erinnerten sich daran, wie sie in den achtziger Jahren dazu "ermutigt" worden waren, Zehntausende von Ceausescus Büchern zu kaufen, die auf Staatskosten gedruckt worden waren.
Weiß jemand, wie die DRACULA-Aktien aktuell stehen?
Jessica Douglas-Home im New Yorker "Wall Street Journal" über die
Draculapark-Manie des rumänischen Tourismusministers und seine
dubiose Abwiegelungsstrategie:
Die mittelalterliche Stadt Schäßburg in Siebenbürgen, eines der
wertvollsten Juwele Europas, ist akut bedroht. Nicht von Krieg oder Naturkatastrophen, sondern von dem merkwürdigen Drang des
rumänischen Tourismusministers Agathon Dan, einige hundert Yards von der Stadt entfernt einen Dracula-Themenpark zu bauen und mit AKTIEN zu finanzieren.
Als der Minister seine Pläne im letzten Juli ankündigte, schienen sie
ökologisch derart unerhört - und vom finanziellen Standpunkt so wenig überzeugend -, daß niemand an ihre Umsetzung glaubte. Doch plötzlich kam die Sache ins Rollen: Der Bürgermeister übereignete 121 Hektar unter Naturschutz stehenden Eichenwald in den Besitz des Touristischen Entwicklungsfonds von Schäßburg. Danach verabschiedete das rumänische Parlament ein Gesetz, durch das öffentliche Gelder für die Subventionierung des Projektes bewilligt wurden. Bewaffnet mit einer 31 Seiten starken Machbarkeitsstudie machte sich Mr. Dan in diesem Herbst nach Europa auf, um westliche Investoren und Reisenanbieter für seine Pläne zu gewinnen. Der Ausflug endete nicht gut. Die substanzarme Broschüre ließ viele Fragen offen. Wer wird für die notwendige Infrastruktur verantwortlich zeichnen? Wo ist das Gutachten eines Management-Experten? Welches ist die Basis für die veranschlagten Kosten und Einnahmen? Vom Standpunkt eines Investors sah der Dracula-Park wie ein Non-Starter aus.
Auch die Reisenanbieter sind realistisch denkende Menschen. Die hundert, die sich am 13. Dezember in Londons Earl Court zur Pressekonferenz von Mr. Dan eingefunden hatten, waren negativ eingestellt. Was Rumänien brauche, sagten sie, sei keine Kitsch-Tour in ein abgelegenes Gebiet, wo es an touristischen Einrichtungen mangelt, sondern Investitionen in Hotels
und Transportwesen.
Siebenbürgen besitzt ein einzigartiges romantisches und unzerstörtes Erbe, das durch eine sorgfältige Förderung möglicherweise eine Basis für den Kulturtourismus darstellen könnte. Ein BBC-Reporter fragte Mr. Dan,
ob er sich dessen bewußt sei, daß Rumänien durch den Vorschlag, eine Drahtseilbahn bis an die Mauern der Schäßburger Burg, die aus dem
14. Jahrhundert stammt, zu bauen, seine vertragsmäßigen Pflichten
ignoriert habe, den kulturellen Arm der UNO, die UNESCO zu verständigen? Und warum wurde nicht ein Standort mit Hotels und entsprechenden Anlagen wie Parkplätzen und Mülldeponien gewählt?
Die erfolglose Europa-Expedition Mr. Dans bremste
keineswegs seinen unerklärlichen Schwung. Nach Bukarest
zurückgekehrt, sprach er von der "erfolgreichen Aufnahme" des Dracula-Parks im Ausland.
In Schäßburg organisierte er im Bürgermeisteramt eine Feierlichkeit,
versprach 3.000 neue Arbeitsplätze und einen Touristenandrang,
vermittelt durch westliche Reisebüros. In einer Szene, die an
Ceausescus Zeiten erinnerte, trafen aus einer nahegelegenen Fabrik "spontan" eine Menge Arbeiter ein, die Transparente trugen, auf denen Mr. Dan als Held gefeiert wurde. Es wurde eine Pro-Dracula-Front gebildet, 2.500 Unterschriften wurden gesammelt. Ein orthodoxer Priester wurde
herbeigebracht, der sprach das Vaterunser und segnete das Projekt.
Mr. Dan versicherte die Anwesenden erneut, daß er auf Gehör gestoßen sei
und daß er "besorgte Gremien" beruhigt habe. Desgleichen sagte er, zu
der Einweihung würden etliche VIPs mit Prinz Charles an der Spitze eingeladen werden.
Die Kluft zwischen Propaganda und Wirklichkeit ist enorm. Eine von der Stadt Schäßburg erstellte Studie kam zu dem Schluß, daß das Projekt im besten Fall 300 feste Arbeitsplätze schaffen werde. Was die westlichen Investoren betrifft, so kontaktierte das Wirtschaftsblatt Bucharest Business Week telefonisch drei der vom Tourismusminister erwähnten
Firmen, Strabag (Österreich), Media Projects (USA) und Deighton
International (Großbritannien). Jede von ihnen erklärte, sie hätte
keinerlei Absicht, Geld in den Dracula-Park zu investieren. Hätten sich die
Schäßburger das Prospekt des Tourismusministeriums genauer
angesehen, hätten sie eine weitere Überraschung erlebt. Die veranschlagten 12 Millionen Dollar Einnahmen sollen hauptsächlich von den
Ortsansässigen kommen. Das Ministerium erwartet, daß 75 Prozent der Besucher aus der Umgebung von Schäßburg kommen werden, sogar zwei-dreimal im Jahr, und daß diese jedesmal 25 Dollar pro Kopf und Nase ausgeben werden. Aber die Bevölkerung in den siebenbürgischen Städten und Dörfern ist zum Verzweifeln arm. Diese Leute haben keinen PKW, keine zusätzliche Einnahmen und ein monatliches Durchschnittseinkommen von 80
Dollar.In einem Land, wo es an Vertrauen und Transparenz mangelt, stehen die Medien oft unter dem Verdacht, Instrumente der Regierung zu sein.
Das Rumänische Fernsehen ignorierte die vom britischen Botschafter privat ausgesprochene Warnung, daß der britische Thronfolger, Prinz Charles, keineswegs beabsichtige, bei der Einweihung dabeizusein, und strahlte einen Film über den Thronfolger aus mit der Aussage, er würde das Projekt
unterstützen. Vor einem Jahr, als die Wählerschaft viele aus der ehemaligen Garde von Ceausescu wieder an die Macht brachte, dachte man in weiten Kreisen, daß diese sich mit der Zeit geändert hätten. Aber das Dracula-Fiasko zeigt, daß in den oberen Rängen der Verwaltung von Premierminister Nastase die alte Mentalität herrscht.
Als der Kronstädter liberale Senator Nicolae Vlad Popa den Mut hatte, in einer Talkshow eine Alternative zum Standort des
Parks vorzuschlagen, wurde er mit dem Projektleiter Marius Stoian
konfrontiert, der dem Senator eine angeblich belastende
Securitate-Akte unter die Nase hielt und ihm mit einer Untersuchung durch die inneren Sicherheitsdienste drohte. Mr. Popa hat einen Zivilprozeß gegen Mr.Stoian angestrengt, um seinen Namen zu bereinigen.
Andere, die sich gegen das Projekt äußerten,
berichten von anonymen Anrufen, in denen ihre Kinder bedroht werden.
Unterdessen schrieb die Zeitung Ziua de Ardeal, daß der
Auslandsspionagedienst (SIE) den Auftrag bekommen habe, "Feinde im
Ausland" ausfindig zu machen, die sich gegen das Projekt
aussprechen. Zwei Tage davor schien sich in Helsinki die SIE-Liste der potentiellen ausländischen Feinde zu erweitern. Nach einer Beschreibung des Dracula-Projekts, die den 300 geschockten Teilnehmern an der Tagung des UNESCO-Weltkulturerbe-Komitees vorgestellt wurde, beschloß das
Komitee, eigene Recherchen anzustellen und forderte bis zum 11. Februar einen Bericht von den Rumänen. Desgleichen wurde für den Frühling eine
Besichtigung vor Ort angekündigt.
Nichtdestotrotz erklärte der Architekt des Projektes, Dan
Covali, kurz nach seiner Rückkehr von der Tagung in Helsinki, man
habe alle Mißverständnisse mit der UNESCO aus dem Weg geräumt, die UNESCO habe das Projekt gutgeheißen und habe sogar die rumänische Regierung dafür beglückwünscht.
Die UNESCO-Resolution kam am gleichen Tag, an dem der rumänischen Bevölkerung erstmals Dracula-Aktien angeboten wurden. Fernsehsender unterbrachen ihre Sendungen, um zu melden, daß Agathon Dan ein Monatsgehalt ausgegeben habe, um die ersten Aktien für das Dracula-Land zu kaufen. Anschließend wurde Premierminister Nastase gezeigt, als er eigene 120 Millionen Lei (d. s. 4.500 Dollar) investierte. Die Rumänen erinnerten sich daran, wie sie in den achtziger Jahren dazu "ermutigt" worden waren, Zehntausende von Ceausescus Büchern zu kaufen, die auf Staatskosten gedruckt worden waren.
Weiß jemand, wie die DRACULA-Aktien aktuell stehen?