Tun Sie was, Herr Schröder
Die deutsche Krise auf die Weltkonjunktur zu schieben hilft nicht weiter
"Der Aufschwung kommt" ... mit Bundesfinanzminister Hans Eichel und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering
Von Heinrich von Pierer
Die Wahl ist vorbei, die Mehrheitsverhältnisse sind klar, jetzt geht es um die Sachthemen für die nächsten Jahre. Gefordert ist jetzt nicht mehr das gebetsmühlenartige Wiederholen immergleicher Begriffe: Arbeitslosigkeit bekämpfen, Steuern senken, Bildung und Forschung stärken, Gesundheitsversorgung sichern, Familien fördern, Chancen von Frauen verbessern - und, und, und. Das alles ist richtig, aber wir brauchen jetzt vor allem eines: Tatkraft, und das rasch.
Denn die Lage ist alles andere als unbeschwert. Deutschland braucht Bewegung - und zwar dringender als viele andere Länder. Der Verlust an Anpassungsfähigkeit und Dynamik ist hier auffälliger als anderswo. Der Hinweis auf die Krise der Weltwirtschaft bringt uns nicht weiter, auch wenn das einen Teil unserer Probleme erklärt.
Natürlich gibt es nicht einfach zwei, drei Hebel, die man kraftvoll umlegen muss, und die Dinge sind in Ordnung gebracht. Dennoch sind wenige - ich meine vier - Schwerpunktfelder entscheidend.
Erstes Feld: Arbeitsmarkt. Was hier bisher politisch auf den Weg gebracht worden ist, greift nicht weit genug. Vieles zielt nur darauf, die Verwaltung der Arbeitslosigkeit zu optimieren. Eine straffe Verwaltung des Mangels reicht aber nicht.
Brücken zu bauen für die Rückkehr von Arbeitslosen in die Beschäftigung gelingt in einem flexiblen Arbeitsmarkt und vor allem in einer florierenden Wirtschaft. Was wir brauchen sind flexible Arbeitszeitmodelle, also etwa die Anpassung der betrieblichen Nutzungszeiten an die Auftragslage - sprich mehr Möglichkeiten für Samstagsarbeit - oder Öffnungsklauseln für mehr 40-Stunden-Verträge beziehungsweise auch für kürzere Arbeitszeiten. Im Übrigen erfordert ein effektiver Arbeitsmarkt moderne Entgeltsysteme wie zum Beispiel erfolgsorientierte Einkommensregelungen.
Weiterhin sind Fortschritte bei der Senkung von Steuern und Bürokratiekosten für Unternehmen erforderlich. Mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes etwa ist genau das Gegenteil passiert. Das hat zu mehr Gremien, mehr Posten, geringerer Geschwindigkeit und bei Siemens zu etwa 20 Prozent höheren Kosten bei der Betriebsratsarbeit geführt.
Regulierungen wie der tabuisierte Kündigungsschutz und das Gesetz zur Scheinselbstständigkeit stehen ebenfalls einer größeren Bereitschaft zur Einstellung von Arbeitskräften im Wege - übrigens nicht so sehr in Großunternehmen wie im Mittelstand oder bei Kleinunternehmen. Das ließe sich rasch ändern, zu Gunsten von mehr Arbeitsplätzen.
Viel wäre auch gewonnen, wenn man Teile der Schwarzarbeit - in dieser unsichtbaren "Branche" werden jährlich rund 350 Milliarden Euro erwirtschaftet, was 16Prozent des Bruttoinlandprodukts entspricht - in legale Arbeitsverhältnisse verwandeln würde. Das ist ein großes Aufgabengebiet für die Politik und ein enormes Potenzial für den legalen Arbeitsmarkt.
Den vorgesehenen Aufschub der Steuerreform halte ich für unglücklich. Es kann nicht richtig sein, wegen Einmallasten der Hochwasserkatastrophe Anreize für das Wiederanspringen der Konjunktur hinauszuschieben. Es ist falsch, Unternehmen und Privatpersonen noch weiter zu belasten. Und ebenso falsch ist es, die Entlastung des Mittelstandes aufzuschieben. Dies alles verzögert die Rückkehr zu mehr Beschäftigung und binnenwirtschaftlicher Dynamik.
Auch die nächste Stufe der Ökosteuer wird sich hier negativ auswirken. Und die aktuellen Vorschläge, diese Steuer sogar noch zu erhöhen und fortzusetzen, würden eine weitere Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zur Folge haben. In diese Richtung darf sich unser Land wahrlich nicht bewegen.
Zweites Feld: Bildung und Forschung. Deutschland kennzeichnen Spitzenlöhne, extrem kurze Lebensarbeitszeit und immer noch - wenigstens in weiten Teilen - hoher Wohlstand. Niemand hätte etwas dagegen, wenn es dabei bleiben könnte. Fraglich ist aber, ob wir es uns künftig leisten können. Eine zwingende Voraussetzung ist, dass sich deutsche Standorte jenseits von Lohnkosten und Arbeitszeiten Vorsprünge vor Wettbewerbern sichern, nämlich durch Spitzentechnologien und ständigen Nachschub an Innovationen. Die Grundlage dafür sind Forschung und exzellente Ausbildung.
Die schlechten Noten der Pisa-Studie für deutsche Schüler haben Aufmerksamkeit erregt. Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, ob die Kleinstaaterei der deutschen Bildungspolitik im internationalen Wettbewerb um Spitzenkräfte wirklich vorteilhaft ist. Wir haben hier ein wachsendes Problem, das die künftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands infrage stellt und die Wohlstandsbasis des Landes und der Bürger unterhöhlt.
Die Schul- und Universitätsausbildung in Deutschland ist unter dem Strich zu lang, zu ineffizient organisiert und noch immer nicht ausreichend international ausgerichtet. Auch wenn eine Reihe von Hochschulen pioniermäßig vieles bereits umgesetzt hat - wenige Leuchttürme reichen nicht aus.
Und bis auf die positiven Ausnahmefälle der Fachhochschulen und der beruflichen Ausbildung im dualen System ist der Praxisbezug im Bildungsbereich viel zu gering entwickelt. Hinzu kommt, dass auch die öffentliche Forschung trotz einiger Fortschritte immer noch zu wenig verbunden ist mit der Forschung im Privatsektor.
Es sind also eine ganze Menge Grundübel anzugehen, und zwar so: Mehr Leistungsanreiz - man kann auch sagen Leistungsdruck - für Studenten und Professoren. Auch der Beamtenstatus ist ein Thema, über das man ernsthaft reden muss. Und wieso sind zum Beispiel Kindergartengebühren selbstverständlich, Studiengebühren aber ein Tabu?
Drittes Feld: Gesundheitssystem. Anders als in der staatlichen Rentenversicherung - wenn auch vielleicht noch nicht ausreichend - hat die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren eine wegweisende Reform im Gesundheitssystem noch nicht zu Stande gebracht, obwohl der Handlungsdruck gerade hier weiter gestiegen ist. Von börsennotierten Unternehmen wird zu Recht ein Höchstmaß an finanzieller Transparenz erwartet. Kein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung aber hat auch nur den Hauch einer Vorstellung von den Kosten, die er verursacht. Die Intransparenz des Gesundheitssystems ist ein gravierender Grund für die Beliebigkeit der Inanspruchnahme durch die Versicherten. Entschieden mehr Transparenz und Kostenbewusstsein müssen das Ziel einer grundlegenden Reform sein.
Ein Weg dahin wäre etwa die Möglichkeit von Wahltarifen außerhalb der medizinisch notwendigen Leistungen. Im Übrigen würde auch eine durchgängige Selbstbeteiligung der Patienten zur Besserung der Kostensituation beitragen.
Eine spürbare Kostenentlastung ließe sich auch durch einen besseren Informationsfluss im Krankenhaus und zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern erreichen. Anachronistische Methoden wie von Hand geführte Krankenakten binden knappes Pflegepersonal und kosten immens viel Geld. Mein Thema ist nicht Qualitätseinschränkungen in der Gesundheitsversorgung. Im Gegenteil: Die Aufforderung heißt Qualitätssicherung durch Transparenz, Kostenbewusstsein und moderne Lösungen.
Viertes Feld: Europa- und Außenpolitik. Die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten nimmt Gestalt an und wird in Deutschland breit akzeptiert. Das ist gut. Gut ist auch, dass der Binnenhandel in der EU so weitere Impulse erhält. Die Ausgangsposition Deutschlands, davon überdurchschnittlich zu profitieren, ist auf Grund von Geographie und Tradition günstig. Notwendig ist aber, dass die europäischen Institutionen effizienter werden, als sie das heute sind. Sie dürfen nicht durch Proporzprinzipien einfach weiter anschwellen. Deutschland als größtem EU-Land kommt eine wichtige Leitfunktion zu, die ein Höchstmaß an Sensibilität erfordert. Es geht nicht um Machtpoker und Taktieren auf Gipfeltreffen. Es geht um Weichenstellungen weit über den Tag hinaus.
Außenpolitisch brauchen wir die Rückkehr zu mehr Verbindlichkeit. Das gilt besonders für die Beziehungen zu den USA, und es gilt innerhalb der EU zum Beispiel für das deutsch-französische Verhältnis. Alleingänge führen auf einsame Wege. Der Einsatz für die Grundwerte der Zivilisation gegen die Angriffe des Terrors verlangt ein gemeinsames Vorgehen. Und die enge wirtschaftliche Verflechtung in der globalisierten Welt erfordert dies auch. Bewährte Verbundenheit und nüchternes Eigeninteresse führen zur selben Schlussfolgerung: Die Partnerschaft mit den USA, die deutsch-französische Freundschaft, die europäische Integration prägen unsere außenpolitischen Koordinaten. Das muss auch im täglichen Geschehen spürbar bleiben. Belastungstests sind fehl am Platze, von wem immer sie ausgehen.
Grundsätzlich gilt: Der "neuen" Bundesregierung muss ein überzeugender Blitzstart gelingen. Und alle, die Verantwortung tragen, müssen ihren Beitrag dazu leisten. Blockaden und endlose Diskussionen über den besten Weg helfen nicht. Unser Land braucht einen Stimmungsumschwung. Zuversicht und Optimismus sind der beste Nährboden für einen Erfolg.
Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Siemens AG.
Die deutsche Krise auf die Weltkonjunktur zu schieben hilft nicht weiter
"Der Aufschwung kommt" ... mit Bundesfinanzminister Hans Eichel und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering
Von Heinrich von Pierer
Die Wahl ist vorbei, die Mehrheitsverhältnisse sind klar, jetzt geht es um die Sachthemen für die nächsten Jahre. Gefordert ist jetzt nicht mehr das gebetsmühlenartige Wiederholen immergleicher Begriffe: Arbeitslosigkeit bekämpfen, Steuern senken, Bildung und Forschung stärken, Gesundheitsversorgung sichern, Familien fördern, Chancen von Frauen verbessern - und, und, und. Das alles ist richtig, aber wir brauchen jetzt vor allem eines: Tatkraft, und das rasch.
Denn die Lage ist alles andere als unbeschwert. Deutschland braucht Bewegung - und zwar dringender als viele andere Länder. Der Verlust an Anpassungsfähigkeit und Dynamik ist hier auffälliger als anderswo. Der Hinweis auf die Krise der Weltwirtschaft bringt uns nicht weiter, auch wenn das einen Teil unserer Probleme erklärt.
Natürlich gibt es nicht einfach zwei, drei Hebel, die man kraftvoll umlegen muss, und die Dinge sind in Ordnung gebracht. Dennoch sind wenige - ich meine vier - Schwerpunktfelder entscheidend.
Erstes Feld: Arbeitsmarkt. Was hier bisher politisch auf den Weg gebracht worden ist, greift nicht weit genug. Vieles zielt nur darauf, die Verwaltung der Arbeitslosigkeit zu optimieren. Eine straffe Verwaltung des Mangels reicht aber nicht.
Brücken zu bauen für die Rückkehr von Arbeitslosen in die Beschäftigung gelingt in einem flexiblen Arbeitsmarkt und vor allem in einer florierenden Wirtschaft. Was wir brauchen sind flexible Arbeitszeitmodelle, also etwa die Anpassung der betrieblichen Nutzungszeiten an die Auftragslage - sprich mehr Möglichkeiten für Samstagsarbeit - oder Öffnungsklauseln für mehr 40-Stunden-Verträge beziehungsweise auch für kürzere Arbeitszeiten. Im Übrigen erfordert ein effektiver Arbeitsmarkt moderne Entgeltsysteme wie zum Beispiel erfolgsorientierte Einkommensregelungen.
Weiterhin sind Fortschritte bei der Senkung von Steuern und Bürokratiekosten für Unternehmen erforderlich. Mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes etwa ist genau das Gegenteil passiert. Das hat zu mehr Gremien, mehr Posten, geringerer Geschwindigkeit und bei Siemens zu etwa 20 Prozent höheren Kosten bei der Betriebsratsarbeit geführt.
Regulierungen wie der tabuisierte Kündigungsschutz und das Gesetz zur Scheinselbstständigkeit stehen ebenfalls einer größeren Bereitschaft zur Einstellung von Arbeitskräften im Wege - übrigens nicht so sehr in Großunternehmen wie im Mittelstand oder bei Kleinunternehmen. Das ließe sich rasch ändern, zu Gunsten von mehr Arbeitsplätzen.
Viel wäre auch gewonnen, wenn man Teile der Schwarzarbeit - in dieser unsichtbaren "Branche" werden jährlich rund 350 Milliarden Euro erwirtschaftet, was 16Prozent des Bruttoinlandprodukts entspricht - in legale Arbeitsverhältnisse verwandeln würde. Das ist ein großes Aufgabengebiet für die Politik und ein enormes Potenzial für den legalen Arbeitsmarkt.
Den vorgesehenen Aufschub der Steuerreform halte ich für unglücklich. Es kann nicht richtig sein, wegen Einmallasten der Hochwasserkatastrophe Anreize für das Wiederanspringen der Konjunktur hinauszuschieben. Es ist falsch, Unternehmen und Privatpersonen noch weiter zu belasten. Und ebenso falsch ist es, die Entlastung des Mittelstandes aufzuschieben. Dies alles verzögert die Rückkehr zu mehr Beschäftigung und binnenwirtschaftlicher Dynamik.
Auch die nächste Stufe der Ökosteuer wird sich hier negativ auswirken. Und die aktuellen Vorschläge, diese Steuer sogar noch zu erhöhen und fortzusetzen, würden eine weitere Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zur Folge haben. In diese Richtung darf sich unser Land wahrlich nicht bewegen.
Zweites Feld: Bildung und Forschung. Deutschland kennzeichnen Spitzenlöhne, extrem kurze Lebensarbeitszeit und immer noch - wenigstens in weiten Teilen - hoher Wohlstand. Niemand hätte etwas dagegen, wenn es dabei bleiben könnte. Fraglich ist aber, ob wir es uns künftig leisten können. Eine zwingende Voraussetzung ist, dass sich deutsche Standorte jenseits von Lohnkosten und Arbeitszeiten Vorsprünge vor Wettbewerbern sichern, nämlich durch Spitzentechnologien und ständigen Nachschub an Innovationen. Die Grundlage dafür sind Forschung und exzellente Ausbildung.
Die schlechten Noten der Pisa-Studie für deutsche Schüler haben Aufmerksamkeit erregt. Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, ob die Kleinstaaterei der deutschen Bildungspolitik im internationalen Wettbewerb um Spitzenkräfte wirklich vorteilhaft ist. Wir haben hier ein wachsendes Problem, das die künftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands infrage stellt und die Wohlstandsbasis des Landes und der Bürger unterhöhlt.
Die Schul- und Universitätsausbildung in Deutschland ist unter dem Strich zu lang, zu ineffizient organisiert und noch immer nicht ausreichend international ausgerichtet. Auch wenn eine Reihe von Hochschulen pioniermäßig vieles bereits umgesetzt hat - wenige Leuchttürme reichen nicht aus.
Und bis auf die positiven Ausnahmefälle der Fachhochschulen und der beruflichen Ausbildung im dualen System ist der Praxisbezug im Bildungsbereich viel zu gering entwickelt. Hinzu kommt, dass auch die öffentliche Forschung trotz einiger Fortschritte immer noch zu wenig verbunden ist mit der Forschung im Privatsektor.
Es sind also eine ganze Menge Grundübel anzugehen, und zwar so: Mehr Leistungsanreiz - man kann auch sagen Leistungsdruck - für Studenten und Professoren. Auch der Beamtenstatus ist ein Thema, über das man ernsthaft reden muss. Und wieso sind zum Beispiel Kindergartengebühren selbstverständlich, Studiengebühren aber ein Tabu?
Drittes Feld: Gesundheitssystem. Anders als in der staatlichen Rentenversicherung - wenn auch vielleicht noch nicht ausreichend - hat die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren eine wegweisende Reform im Gesundheitssystem noch nicht zu Stande gebracht, obwohl der Handlungsdruck gerade hier weiter gestiegen ist. Von börsennotierten Unternehmen wird zu Recht ein Höchstmaß an finanzieller Transparenz erwartet. Kein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung aber hat auch nur den Hauch einer Vorstellung von den Kosten, die er verursacht. Die Intransparenz des Gesundheitssystems ist ein gravierender Grund für die Beliebigkeit der Inanspruchnahme durch die Versicherten. Entschieden mehr Transparenz und Kostenbewusstsein müssen das Ziel einer grundlegenden Reform sein.
Ein Weg dahin wäre etwa die Möglichkeit von Wahltarifen außerhalb der medizinisch notwendigen Leistungen. Im Übrigen würde auch eine durchgängige Selbstbeteiligung der Patienten zur Besserung der Kostensituation beitragen.
Eine spürbare Kostenentlastung ließe sich auch durch einen besseren Informationsfluss im Krankenhaus und zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern erreichen. Anachronistische Methoden wie von Hand geführte Krankenakten binden knappes Pflegepersonal und kosten immens viel Geld. Mein Thema ist nicht Qualitätseinschränkungen in der Gesundheitsversorgung. Im Gegenteil: Die Aufforderung heißt Qualitätssicherung durch Transparenz, Kostenbewusstsein und moderne Lösungen.
Viertes Feld: Europa- und Außenpolitik. Die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten nimmt Gestalt an und wird in Deutschland breit akzeptiert. Das ist gut. Gut ist auch, dass der Binnenhandel in der EU so weitere Impulse erhält. Die Ausgangsposition Deutschlands, davon überdurchschnittlich zu profitieren, ist auf Grund von Geographie und Tradition günstig. Notwendig ist aber, dass die europäischen Institutionen effizienter werden, als sie das heute sind. Sie dürfen nicht durch Proporzprinzipien einfach weiter anschwellen. Deutschland als größtem EU-Land kommt eine wichtige Leitfunktion zu, die ein Höchstmaß an Sensibilität erfordert. Es geht nicht um Machtpoker und Taktieren auf Gipfeltreffen. Es geht um Weichenstellungen weit über den Tag hinaus.
Außenpolitisch brauchen wir die Rückkehr zu mehr Verbindlichkeit. Das gilt besonders für die Beziehungen zu den USA, und es gilt innerhalb der EU zum Beispiel für das deutsch-französische Verhältnis. Alleingänge führen auf einsame Wege. Der Einsatz für die Grundwerte der Zivilisation gegen die Angriffe des Terrors verlangt ein gemeinsames Vorgehen. Und die enge wirtschaftliche Verflechtung in der globalisierten Welt erfordert dies auch. Bewährte Verbundenheit und nüchternes Eigeninteresse führen zur selben Schlussfolgerung: Die Partnerschaft mit den USA, die deutsch-französische Freundschaft, die europäische Integration prägen unsere außenpolitischen Koordinaten. Das muss auch im täglichen Geschehen spürbar bleiben. Belastungstests sind fehl am Platze, von wem immer sie ausgehen.
Grundsätzlich gilt: Der "neuen" Bundesregierung muss ein überzeugender Blitzstart gelingen. Und alle, die Verantwortung tragen, müssen ihren Beitrag dazu leisten. Blockaden und endlose Diskussionen über den besten Weg helfen nicht. Unser Land braucht einen Stimmungsumschwung. Zuversicht und Optimismus sind der beste Nährboden für einen Erfolg.
Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Siemens AG.