Der Fondsexperte Heiko Thieme hat noch Phantasie - der Dax wird die 10 000-Punkte-Marke im kommenden Jahrzehnt überspringen (Interview)
Heiko Thieme, 56, ist einer der bekanntesten Aktienkenner. Er lebt in New York, verwaltet Vermögen und schreibt über die Börse. Mit ihm sprach Jobst-Hinrich Wiskow.
Die Börse kommt nicht richtig in Schwung. Woran liegt's?
Das ist die Angst der Anleger vor dem Oktober. Immerhin gab es die schlimmsten Kurseinbrüche in diesem Jahrhundert im Oktober - nämlich 1929 und 1987. Aber ich habe gerade untersucht, dass der Oktober besser ist als sein Ruf. In diesem Jahrhundert stiegen die Börsenkurse im Oktober 55 Mal, sie fielen nur 43 Mal. Fehlt ein Jahr, nämlich 1914. Da wurde der Handel wegen des ersten Weltkriegs ausgesetzt.
Droht uns diesen Oktober Ernüchterung?
Womöglich gibt es eine Kurskorrektur. Aber in der sehe ich keine Ernüchterung, sondern eher eine tolle Kaufchance. Sollte der Dax unter die 5000 Punkte fallen, ist das eine einmalige Kaufgelegenheit.
Woher nehmen Sie ihren Optimismus?
Denken Sie an den Crash 1987. Wer sich von der schlechten Stimmung nicht anstecken ließ, sondern Aktien kaufte, machte im Jahr 13 Prozent plus. Das war ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Wer seine Aktien hielt, verdiente gutes Geld. Um mit dem verstorbenen Kenner André Kostolany zu sprechen: Man sollte mit aufgebauten Positionen schlafen gehen und sie nicht täglich wechseln wie eine flüchtige Bekannte. Das ist das Gemeinsame von Aktie und Ehe.
Aber zurzeit nörgeln die Börsianer.
Dabei kann man jetzt besonders optimistisch sein. Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ist ein europäisches Jahrzehnt. Dabei stört nicht, dass der Eurokurs sich zunächst schwächer entwickelte. Ein Tauschverhältnis ein Euro - ein Dollar wäre okay für Europa und Amerika. Allerdings muss die Politik ihre Hausaufgaben machen. Die Bundesregierung muss den Sparkurs durchsetzen und mit einer großzügigen Steuerreform für jedermann verbinden. Das Wachstumspotenzial Europas ist nicht ausgeschöpft.
Wann sind Sie wieder in Europa?
Am Wochenende. Ich laufe zum ersten Mal beim Berlin-Marathon mit.
Ihre Prognose?
Dabei sein ist alles. Und für die Börse: Der Dax wird die
10 000-Punkte-Marke im kommenden Jahrzehnt mit Leichtigkeit überspringen, der Dow Jones sogar die 20 000-Punkte-Marke nehmen.
Der Tagesspiegel
vom 23. September 1999
Heiko Thieme, 56, ist einer der bekanntesten Aktienkenner. Er lebt in New York, verwaltet Vermögen und schreibt über die Börse. Mit ihm sprach Jobst-Hinrich Wiskow.
Die Börse kommt nicht richtig in Schwung. Woran liegt's?
Das ist die Angst der Anleger vor dem Oktober. Immerhin gab es die schlimmsten Kurseinbrüche in diesem Jahrhundert im Oktober - nämlich 1929 und 1987. Aber ich habe gerade untersucht, dass der Oktober besser ist als sein Ruf. In diesem Jahrhundert stiegen die Börsenkurse im Oktober 55 Mal, sie fielen nur 43 Mal. Fehlt ein Jahr, nämlich 1914. Da wurde der Handel wegen des ersten Weltkriegs ausgesetzt.
Droht uns diesen Oktober Ernüchterung?
Womöglich gibt es eine Kurskorrektur. Aber in der sehe ich keine Ernüchterung, sondern eher eine tolle Kaufchance. Sollte der Dax unter die 5000 Punkte fallen, ist das eine einmalige Kaufgelegenheit.
Woher nehmen Sie ihren Optimismus?
Denken Sie an den Crash 1987. Wer sich von der schlechten Stimmung nicht anstecken ließ, sondern Aktien kaufte, machte im Jahr 13 Prozent plus. Das war ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Wer seine Aktien hielt, verdiente gutes Geld. Um mit dem verstorbenen Kenner André Kostolany zu sprechen: Man sollte mit aufgebauten Positionen schlafen gehen und sie nicht täglich wechseln wie eine flüchtige Bekannte. Das ist das Gemeinsame von Aktie und Ehe.
Aber zurzeit nörgeln die Börsianer.
Dabei kann man jetzt besonders optimistisch sein. Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ist ein europäisches Jahrzehnt. Dabei stört nicht, dass der Eurokurs sich zunächst schwächer entwickelte. Ein Tauschverhältnis ein Euro - ein Dollar wäre okay für Europa und Amerika. Allerdings muss die Politik ihre Hausaufgaben machen. Die Bundesregierung muss den Sparkurs durchsetzen und mit einer großzügigen Steuerreform für jedermann verbinden. Das Wachstumspotenzial Europas ist nicht ausgeschöpft.
Wann sind Sie wieder in Europa?
Am Wochenende. Ich laufe zum ersten Mal beim Berlin-Marathon mit.
Ihre Prognose?
Dabei sein ist alles. Und für die Börse: Der Dax wird die
10 000-Punkte-Marke im kommenden Jahrzehnt mit Leichtigkeit überspringen, der Dow Jones sogar die 20 000-Punkte-Marke nehmen.
Der Tagesspiegel
vom 23. September 1999
