Mich interessiert das Thema.
Durch Deine Frage ist mir bewusst geworden, wieviel ich davon vergessen habe.
Vielleicht hilft Dir folgender Artikel etwas weiter. Es ist verdammt schwer, etwas Sinnvolles im Inet zu finden.
Vielele Grüsse und viel Erfolg
1.1.3 Situation in den USA
Als einziges auslaendisches System soll das System der Stimmrechtsvertretung und der
Hauptversammlung in den USA vorgestellt werden. Es wird oft mit dem deutschen
System verglichen und kann Impulse geben sowie Alternativen aufzeigen. Es waere
jedoch falsch, das amerikanische System als Vorbild zu sehen, da es zahlreiche Probleme
mit sich bringt. Es ist aber gut geeignet, die Auswirkung einzelner Reformvorschlaege
abzuschaetzen und neue Ideen zu erhalten. Die Amerikaner haben ein anderes
Verhaeltnis zur Anlage in Aktien als die Deutschen. Gleichzeitig haben auch die
Aktiengesellschaften ein anderes Verhaeltnis zu ihren Aktionaeren und kuemmern sich im
Rahmen der Investor Relations Abteilungen um deren Information und Betreuung.
Das amerikanische System beruht weniger auf Verboten als auf dem Offenlegen der
Handlungen und der Staerkung der Gegenseite in einem Konflikt anstelle gesetzlicher
Einschraenkungen. Gleichzeitig ist anzumerken, dass die verschiedenen Bundesstaaten
unterschiedliche Bestimmungen haben und somit keine einheitlich gueltige Beschreibung
moeglich ist.
1.1.3.1 Proxy-System
Die gesetzliche Grundlage findet sich im Securities and Exchange Act von 1934 mit
seinen Proxy- Rules und Regulations. Die Aktionaere erhalten mit der Einladung zur
Hauptversammlung ein Schreiben, in dem die Verwaltungsvorschlaege zur
Tagesordnung ausfuehrlich dargelegt werden. Weiter eine vorformulierte Vollmacht, die
Proxy, mit der sie dann in der Praxis Angestellte des Unternehmens damit beauftragen,
ihr Stimmrecht auf der Hauptversammlung auszuueben. Die Vertretung des Stimmrechts
der Aktionaere wird also in der Praxis durch die Verwaltung der Gesellschaft
uebernommen. Die Securities and Exchange Commission sorgt dafuer, dass die
Bestimmungen eingehalten werden und setzt damit die Grenzen fuer die Befugnisse der
Verwaltung im Umgang mit den Aktionaeren der Gesellschaft.
Das Verwaltungsstimmrecht wird fuer deutsche Aktiengesellschaften von allen Seiten
abgelehnt. Gruende hierfuer finden sich in der grundsaetzlich anderen Struktur der
Systeme, die die Uebernahme in Deutschland praktisch stark komplizieren wuerden. So
ist, im Gegensatz zu den in Amerika ueblichen Namensaktien, in Deutschland die
Inhaberaktie ueblich, was die Kontaktaufnahme der Gesellschaft mit dem Aktionaer
erschwert. Darueber hinaus ist die Uebertragung der Stimmen auf die Verwaltung, die
durch diese Stimmen kontrolliert werden soll, problematisch. Bereits 1933 waren in
Amerika durch die Aufsplitterung des Aktienbesitzes und das Proxy-System die
Aktionaere bereits von einer aktiven in eine passive Rolle gedraengt worden.
1.1.3.2 Proxy-Wahlkampf
Die Opponenten der Verwaltungsvorschlaege nutzen die Medien, also Zeitungsanzeigen
sowie Fernseh- und Rundfunkspots, um die Aktionaere fuer ihre Sache zu gewinnen.
Daneben kann bei begruendetem Interesse Einsicht in die Aktionaersliste genommen
werden, was die direkte Ansprache der Aktionaere erlaubt. Der Verfasser der
Informationen muss in der Lage sein, die bei der Verteilung entstehenden Kosten zu
uebernehmen. Die Kosten der Verwaltung zur Information der Aktionaere werden von
der Gesellschaft getragen, und bei einer erfolgreichen Uebernahme werden die Kosten
der Opposition in der Regel auch durch die Gesellschaft uebernommen.
Die Entwicklung neuer Finanzierungsformen, wie Junk-Bonds, erlaubte die Uebernahme
der Aktienmehrheit bei Gesellschaften, deren Management das Unternehmen nicht so gut
fuehrte, wie sich dies die an der Uebernahme interessierten Investoren zutrauten. Da
diese Uebernahmeangebote nach der neueren Entwicklung immer schwerer zu
finanzieren waren, wird die Hauptversammlung desoefteren zum Schauplatz offen
ausgetragener Gefechte zwischen Verwaltung und Opposition, bei denen um die Gunst
der Aktionaere geworben wird.
Dies zeigt, dass der Vergleich mit dem System in Deutschland nur mit Vorbehalt
moeglich ist. Die Vertretung der Stimmrechte in den USA hat zu stark unterschiedlichen
Systemen gefuehrt, bei denen sich besonders die Mentalitaet der Aktionaere
unterscheidet. Die fuer die Gesellschaft oft auch schaedlichen Gefechte und spekulativen
Uebernahmen werden auch als Problem gesehen, welches es in Deutschland zu umgehen
gilt. Nach dem Blick nach Amerika ist also vor einer voreiligen Uebertragung auf
Deutschland zu warnen. Der Vergleich der beiden Systemen wird aber die Bewertung
von Reformen in Deutschland erleichtern.
1.1.3.3 Cumulative Voting
Durch das Verhaeltniswahlrecht koennen Opponenten bei einem Machtkampf immer
noch einen oder mehrere Posten im Board of Directors erlangen. Da dadurch beide
Gruppen Vertreter in der Unternehmensverwaltung positioniert haben, traegt dies zu
einer Verstaendigung bei und foerdert den Ausgleich. Jeder Aktionaer hat bei einer
Hauptversammlung mehrere Stimmen, die der Anzahl der zu waehlenden Directors
entsprechen. Das Kumulieren von Stimmen ist erlaubt, was es auch kleinen Gruppen
ermoeglicht, einen Kandidaten zu waehlen, durch den die Gruppe zusaetzliche
Informationsmoeglichkeiten erhaelt. Ein Versuch, dieses System zu umgehen, sind
gestaffelte Wahlen, bei denen jedes Jahr nur ein Teil der Mandate zu besetzen ist. Dies
benachteiligt Minderheiten und macht es schwerer, eigene Kandidaten durchzusetzen.
1.1.3.4 Derivative Suit
Es handelt sich bei der Derivative Suit um die Einzelklage eines Aktionaers, die es ihm
ermoeglicht, sowohl Mitglieder der Verwaltung als auch Grossaktionaere der
Gesellschaft zu belangen, wenn eine Verletzung der Treuepflicht zum Schaden der
Gesellschaft stattgefunden hat. Mit ihr werden Ersatzansprueche der Gesellschaft gegen
die verklagte Person oder Personengruppe geltend gemacht. Die Derivative Suit wird als
Grundpfeiler des amerikanischen Aktienrechts gesehen und als das wirkliche Mittel zum
Kampf gegen den Aktionaer schaedigenden Machtmissbrauch. Durch die drohende
Haftung soll dem Trittbrettfahren sowie allen die Gesellschaft schaedigenden Handlungen
der Manager der Reiz genommen werden. Die Derivative Suit wirkt in erster Linie
durch ihr Bestehen und die daraus folgende Abschreckung, da es bereits bei
vergleichsweise geringen Beteiligungen eine Klagebefugnis gibt. Mit Summen von unter
100.000 DM ist die Grenze zwar einerseits noch hoch genug, um den Missbrauch
einzudaemmen und andererseits niedrig genug, um einer ernsthaften Klage nicht im
Wege zu stehen. Die Einzelklage ist in den USA ein Kontrollmechanismus, dem man
Wirksamkeit und Zweckmaessigkeit zuschreiben kann. Sie hat angesichts der hohen
notwendigen Beteiligungen fuer eine Klagebefugnis in Deutschland keine direkte
Entsprechung.
Die Derivative Suit ist ein spaeter noch benoetigter Vergleichsmassstab fuer die
Klagebefugnisse in Deutschland und damit zusammenhaengende Reformen. Die
Klagebefugnis vermag dabei die Bedeutung des Stimmrechts und die Rechte des
Aktionaers allgemein zu verstaerken. Sie ist damit zwar nur ein Randbereich der
eigentlichen Problematik, aber dennoch von grosser Bedeutung, wenn man die Aufgabe
in einem stimmigen Gesamtkonzept loesen will.
1.1.4 Zusammenfassung
In den letzten Jahrzehnten sind die Aktienmaerkte weltweit zusammengewachsen. Die
Aktie hat einen Aufschwung genommen. In Deutschland fiel dieser Aufschwung
vergleichsweise moderat aus. Noch immer sind nur wenige Privatpersonen in
Deutschland an der Geldanlage in Aktien interessiert. Die Globalisierung der Maerkte
brachte einen Aufschwung fuer institutionelle Anleger, die heute die Aktienmaerkte
weitgehend bestimmen. Waehrend inlaendische Fondsgesellschaften zu einem Grossteil
Tochtergesellschaften der Grossbanken sind, ist bei auslaendischen Fondsgesellschaften
diese Abhaengigkeit nicht gegeben. Im Gegensatz zu den inlaendischen institutionellen
Anlegern ist bei den auslaendischen Anlegern festzustellen, dass das Stimmrecht aus im
Besitz befindlichen Aktien ueberwiegend nicht ausgeuebt wird.
Der Kleinaktionaer in Deutschland ist durch einen ihm zugeschriebenen Mangel an
fachlicher Kompetenz und seinem Desinteresse an der Wahrnehmung seiner Funktionen
im Rahmen der Unternehmenskontrolle, der Teilnahme an Hauptversammlungen und der
Ausuebung des Stimmrechts charakterisiert. Er laesst sich auf Hauptversammlungen
lediglich durch seine Depotbank im Rahmen des Depotstimmrechts vertreten und
verhaelt sich angesichts seiner ihm bewussten Einflusslosigkeit weitgehend passiv.
Die Praesenz auf Hauptversammlungen deutscher Publikumsaktiengesellschaften hat in
den letzten Jahren stetig abgenommen. Grund dafuer sind die Zunahme auslaendischer
Anleger, die ihr Stimmrecht nicht ausueben und bei Unzufriedenheit die Aktien verkaufen
sowie die zunehmende rationale Apathie der Kleinaktionaere, die nicht im Rahmen des
Depotstimmrechts vertreten werden. Neben der immer noch ansehnlichen Praesenz der
vertretenen Stimmen ist festzustellen, dass Kleinaktionaere nur zu einem
verschwindenden Anteil, und dann auch oft nur als "Verpflegungsaktionaer", an der
Hauptversammlung teilnehmen. Die tatsaechliche Praesenz sachkundiger und an der
Hauptversammlung aktiv teilnehmender Aktionaere ist verschwindend gering.
Der Blick nach Amerika zeigt ein anderes Verhaeltnis zur Aktie und ein anderes System
der Stimmrechtsvertretung. Das Proxy-System, bei dem das Stimmrecht auf der
Hauptversammlung durch die Verwaltung ausgeuebt wird, zeigt sich dem deutschen
System grundsaetzlich nicht ueberlegen. Die Zunahme von Uebernahmen, im Rahmen
der Junk-Bond-Finanzierung, hat in den letzten Jahren abgenommen und die Opposition
wendet sich bei Gegenantraegen direkt an die Aktionaere, die durch die Ausgabe von
Namensaktien in der Regel bekannt sind. Im Rahmen des Verhaeltniswahlrechts koennen
in Amerika auch Minderheiten Vertreter in das Board of Directors entsenden. Das Mittel
der Derivative Suit ergaenzt das amerikanische System dahingehend, dass durch die
Klagebefugnis des Einzelaktionaers die voellige Machtergreifung in der Gesellschaft
durch das Management verhindert wird. Die Derivative Suit wirkt durch ihr Bestehen
abschreckend.
1.2. Rechtliche Moeglichkeiten der Stimmrechtsvertretung
In diesem Abschnitt sollen die unterschiedlichen rechtlichen Moeglichkeiten der
Stimmrechtsvertretung, die im deutschen Recht erlaubt sind, dargestellt werden. Die
beschriebene Rechtslage bildet
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