Hans A. Bernecker

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Hans A. Bernecker

 
11.08.00 17:22
Fakten, Fakten, Fakten und an die Marktechnik denken! (11.08.2000)

In Zeiten turbulenter Kursbewegungen und mangelnder Orientierung werden an allen Ecken und Enden Argumente gesucht, die das Treiben an der Börse wieder verständlich machen sollen. So auch diesen Sommer, wo die Euphorie der Unsicherheit gewichen ist, weil die Fakten, also die Unternehmenszahlen, nicht mehr die Erwartungen erfüllen können und Überbewertungen abgebaut werden. Jetzt müssen andere "Fakten" geschaffen werden und Erklärungen gefunden werden. Dabei benutzen Börsianer gerne eine Sprache, die für nicht Eingeweihte dem Chinesischem an Informationsgehalt sehr nahe kommt. Denn welcher Einsteiger versteht auf anhieb was eine "Technische Reaktion" ist? Oder warum eine "Schulter-Kopf-Schulter Formation" gefährlich ist, eine "Bodenbildungen" dagegen positiv? So etwas findet sich im sonstigen Leben vielleicht noch in der Fußballreportage ("Müller hat eine Ecke herausgeholt"). An die Worte gewöhnen sich die Börsianer allerdings meist relativ schnell. Schwerer tun sich die meisten Anleger mit der inneren Bedeutung des Gesagten und dem salomonischen Weisheiten der sog. "Chart-Technik".

Denn wer kennt sie nicht, diese seltsame Linien in den Grafiken der Kursverläufe. Merkwürdigerweise ist die Verbindung einzelner Hoch- bzw. Tiefpunkte aber ein sehr zuverlässiges Signal. Denn eigenartigerweise setzen tatsächlich mehrere Punkte auf einer bestimmten Linie auf. Wie von Zauberhand wechseln sie beim Treffen auf die Linie, die im Fachjargon als Unterstützungs- oder Widerstandslinie bezeichnet wird, ihre Richtung. Wie kommt es zu dieser Entwicklung, wo doch der Aktienmarkt jeden Tag neu von anderen Variablen beeinflußt wird und ein System im Chaos kaum erkennbar scheint? Skeptiker bezeichnen die Chart-Analyse denn auch als Kaffeesatzlesen und für Fundamentalisten ist das alles schon gar nichts. Aber weder das eine noch das andere ist richtig. Die Kombination beider Ansichten ist wichtig.

Die Antwort ist ganz einfach: Bei der technischen Analyse handelt es sich schlicht um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Je mehr Anleger sich nach Trendlinien Unterstützungszonen und ähnlichen Formationen richten, desto zuverlässiger funktioniert das System auch. Gerade wenn andere Kauf- oder Verkaufsargumente fehlen. Charttechnik ist das Börsen-EKG der Masse. Ein Beispiel:

Ein Kurs fällt aufgrund negativer Berichte. Irgendwann läßt der Verkaufsdruck nach ("Jetzt verkauf ich nicht mehr") und es mehren sich die Käufer, vielleicht Schnäppchenjäger. Der Kurs dreht. Nach kurzer Zeit und einem kleinem Anstieg der Aktie läßt das Interesse der Käufer wieder nach, der Kurs fällt erneut. Bis auf den ersten Tiefstkurs. Wieder steigen die Schnäppchenjäger ein. Jetzt bildet sich der Ansatz für ein "Boden" auf diesem Niveau. Und zig-tausende Anleger beobachten dies mit wachsendem Interesse. Je öfter der Aktienkurs nun auf diese schon vielfach "getestete" Unterstützungslinie fällt, je mehr Anleger entschließen sich zum Kauf der Aktie. Die Nachfrage steigt, der Kurs muß drehen. Auch wenn sich die Ertragslage des Unternehmens nicht verändert hat! Und: Je öfter diese Unterstützungslinie "gehalten" hat (was sie verspricht), desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß auch in Zukunft, manchmal über Jahre hinaus, der Kurs nicht ohne diese Unterstützung fällt. Warum? Weil je öfter eine Unterstützung gehalten wird, desto bekannter und "solider" ist sie.

Unterstützungslinien werden natürlich auch "durchbrochen", meistens dann, wenn das Unternehmen noch schlechtere Ergebnisse bekannt gibt, oder die Stimmung noch weiter nach unten dreht. Das gleiche gilt analog für Widerstandslinien, allerdings werden diese nach häufigem "erfolgreichen Tests" nicht als so massiv tituliert wie die Unterstützungslinien, da die Börse in der Tendenz steigt und eine Widerstandslinie nicht in das derzeitige optimistische Grundbild der Börsianer paßt. Überhaupt kommt es in der technischen Analyse vor allem auf die Verbreitung der einzelnen "Formationen" an. Relativ bekannt sind gewisse Chartformationen wie Kopf-Schulter, Flaggen, Wimpel, doppelte Böden, W-Formationen oder Dreiecke. Bei diesen Chartbildern ist ein Eintreffen der von der Theorie vorgegebenen Kursverläufe noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 - 70 % zu erwarten.

Fazit für Sie: Nutzen Sie die Sommerpause um sich mit der Markttechnik vertraut zu machen. Kombinieren Sie diese Erkenntnisse aber mit den aktuellen Quartalsergebnissen und ordnen Sie das Stimmungsbild richtig ein: Die Börse in Deutschland ist wieder ein Stück erwachsener geworden und nicht alles was vermeindlich nach Gold glänzt wird gekauft. "Quality first" ist die Grundlage für alle Einschätzungen aller Aktien in den kommenden Monaten, wenn nicht Jahren! Meine ständige Kritik an so vielen Überbewertungen ging zwar so manchen auf die Nerven, aber sie war richtig. Jetzt wird noch immer gehobelt und dabei fallen weiter Späne. Jedenfalls: Nicht die Story ist mehr der Maßstab, sondern die realen Fakten. Das bedeutet daß kein einziger Kurs wird Bestand haben, wenn dahinter nicht ganz sauber rechenbare Fakten stehen. Lösen Sie sich von allen Positionen, hinter denen aufgeblähte Erwartungen stehen, aber keine hinreichenden Ergebnisse, und wo die Chart-technik nach unten zeigt.

Hans A. Bernecker

Al Bundy:

Wahre Worte, auch wenn sie von einem

 
11.08.00 17:46
Bernecker kommen. Warum hält der Gute sich dann nicht dran (bezogen auf den letzten Satz)? Es gibt einige Werte, welche die Erwartungen Übererfüllt haben, lt. Bernecker senior aber viel zu teuer sind. Als Beispiel nenne ich hier eine Kamps.

Al grüßt
AktiOnNow:

Self-fullfilling-prophecy: nirgendswo...

 
11.08.00 17:49
... so gültig, wie an der Börse.
Prinz:

Ja,ja -der gute alte Ludwig Erhardt hats gewusst o.T.

 
11.08.00 17:52
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