News - 18.05.07 17:45
Fusionsfieber im Bankensektor
Das Fusionsfieber im europäischen Bankensektor geht ungebremst weiter. Die HVB-Mutter Unicredit und der italienische Konkurrent Capitalia wollen sich zur derzeit zweitgrößten Bank Europas zusammenschließen. Medienberichten zufolge ist der Deal bereits so gut wie perfekt. Die Frage ist nun: Wo bleibt Deutschland?
HB FRANKFURT. Dass gerade Italien wieder Schauplatz ist, wundert Branchenkenner nicht. Der dortige Bankenmarkt gilt als der am stärksten zersplitterte neben dem deutschen. Doch das Fusionsfieber in der Branche müsste endlich auch Deutschland anstecken, mahnen Experten - sonst werde der hiesige Markt früher oder später vom Ausland aus zerpflückt.
"Der Rest Europas ist viel weiter, es besteht die Gefahr, dass die Konsolidierung der deutschen Banken - insbesondere der Sparkassen - vom Ausland aus vorgenommen wird", sagt Jan Pieter Krahnen, Professor für Kreditwirtschaft und Finanzierung an der Universität Frankfurt. "Sobald sich eine Gesetzeslücke auftut, wird das auch passieren." Derzeit gilt das starre deutsche Drei-Säulen-System mit privaten Banken, öffentlich-rechtlichen Instituten und Genossenschaftsbanken als Hemmschwelle für ausländische Investoren.
Derweil bilden sich in Deutschlands Nachbarstaaten jene "nationalen Champions" in der Finanzbranche, die auch hier zu Lande immer wieder gefordert werden. "Insbesondere die Nummern zwei in den jeweiligen nationalen Märkten scheinen sich doch sehr unter Druck zu fühlen und sind bemüht, rasch größer zu werden, um nicht selbst übernommen zu werden", sagt der Finanzwissenschaftler Dirk Schiereck. So bemüht sich die Unicredit nicht nur im Inland um Partner: Spekuliert wird seit Wochen auch über ihr Zusammengehen mit der Société Générale, dem französischen Branchenzweiten. Und mancher in der Branche mutmaßt schon, dass in ein paar Wochen mal wieder kräftig über ein Zusammengehen der Credit Suisse, Nummer zwei der Schweiz, mit dem deutschen Branchenprimus Deutsche Bank geredet werden wird.
Fast zwangsläufig strecken die Institute ihre Fühler über die nationalen Grenzen aus, nachdem der Markt in fast allen Ländern weitgehend bereinigt ist. Die Partnersuche sei dabei auch ruppiger geworden, wie Investmentbanker bemerken. Beim Wettstreit um die ABN Amro etwa bekunden Interessenten wie das Konsortium um die Royal Bank of Scotland ganz ungeniert, dass sie die Traditionsbank im Fall einer Übernahme zerschlagen werden. Nach neuesten Meldungen hat das Konsortium doch noch Chancen, bei der ABN Amro zum Zuge zu kommen. Vor vier Wochen meldeten die Titelseiten bereits den Erfolg der britische Barclays Bank in dem seit Wochen geführten Wettstreit.
Gemeinsam brächten ABN Amro und Barclays Bank es auf einen Börsenwert von 135 Mrd. Euro - und wären damit noch deutlich größer als Unicredit und Capitalia, die gemeinsam eine Marktkapitalisierung von 100 Mrd. Euro erreichen. Während das Gezerre um die ABN Amro anhält, könnte der italienische Deal jedoch bereits an diesem Sonntag (20.5.) perfekt gemacht werden, wie es am Freitag in Finanzkreisen hieß.
"Risiko einer großen Übernahme ist hoch"
Doch es gibt auch in Sachen Größe schon erste Mahner: "Wer nur groß geworden ist, aber nicht genügend Wert schafft, hat keine langfristige Daseinsberechtigung", sagt ein führender Banker. Der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler Michael H. Grote ist überzeugt: "Eine innerdeutsche Konsolidierung würde mehr Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen bieten, da international die Synergiepotenziale eher klein sind, das Risiko einer großen Übernahme jedoch hoch."
Gleichwohl mahnt nicht zuletzt Dresdner-Bank-Chef Herbert Walter die europäischen Banken zum Aufholen: "Wenn die europäischen Banken die Konsolidierung nicht selbst in die Hand nehmen, besteht die Gefahr, dass sie konsolidiert werden." Die Branche ist in Bewegung - in weiten Teilen Europas, nur nicht in Deutschland.
Capitalia-Übernahme bereits fast perfekt
Wie italienische Medien am Freitag berichteten, ist die geplante Übernahme der Capitalia (Rom) durch die HVB-Mutter Unicredit (Mailand) bereits so gut wie perfekt. Schon anm Sonntag sollen die Verwaltungsräte die Pläne absegnen. Unicredit hatte erst im Sommer 2005 die Münchner Hypovereinsbank (HVB) übernommen. Unterdessen geht das Ringen um eine Übernahme der niederländischen ABN Amro weiter.
Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi begrüßte die neue Bankenfusion. "Die Bankenfusionen und die Stärkung der italienischen Institutionen sind positiv für das Land." In Finanzkreisen hieß es, die neue Megabank könne bereits "nach den Sommerferien" operativ sein. "Der Plan ist fertig", schrieb die Mailänder Zeitung "Corriere della Sera".
Unicredit-Chef Alessandro Profumo und Capitalia-Chef Cesare Geronzi trafen am Freitag in Rom mit dem Präsidenten der italienischen Zentralbank, Mario Draghi, zusammen. Zugleich wurde die Notierung der Aktienwerte beider Geldhäuser für den ganzen Tag ausgesetzt.
Offiziell wurden keine Einzelheiten bekannt, Spekulationen über die Übernahme hatten sich aber bereits seit Tagen gehalten. Für diesen Sonntag wurden die Verwaltungsräte beider Häuser zusammengerufen und anschließend eine Pressekonferenz angesetzt.
Personalfragen angeblich auch so gut wie gelöst
"Die neue Bank wird in Kürze aus der Taufe gehoben", schrieb der "Corriere della Sera" weiter. Nach der britischen HSBC entstehe damit die zweitgrößte Bank Europas und der neue Marktführer in Italien. Unicredit ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 79 Mrd. Euro etwa vier mal so groß wie Capitalia. Das neue Institut solle Unicredit heißen und sei das sechstgrößte Bankhaus weltweit. Unicredit sei besonders auch im europäischen Auslandsgeschäft präsent, Capitalaia habe seine Stärke vor allem innerhalb Italiens.
Auch die wichtigsten Personalfragen sind laut italienischer Zeitungsberichte bereits so gut wie gelöst: Chef der neuen Mega-Bank werde Profumo. Dieter Rampl von der HVB bleibe weiterhin Präsident. Dagegen müsse sich der in Italien umstrittene Capitalia-Vorstandschef Geronzi vermutlich mit einem Stellvertreter-Posten zufrieden geben, hieß es.
Die Fusion solle durch einen Aktienaustausch realisiert werden, derzeit werde Capitalia an der Börse mit rund 20 Mrd. Euro bewertet. Experten beziffern die Synergieeffekte durch die Übernahme auf 700 Mill. bis 1,2 Mrd. Euro.
Trotz erheblicher Widerstände geben auch Barclays und ABN Amro ihre Fusionspläne nicht auf. So wies der ABN-Amro-Vorstand jüngst ein neues Übernahmeangebot der mit Barclays konkurrierenden Dreiergruppe um die Royal Bank of Scotland zurück. Das Konsortium - außer den Schotten auch die spanische Bank Santander und die belgisch- niederländische Finanzgruppe Fortis - hatte angeboten, die ABN-Amro- Tochterbank LaSalle in den USA für 24,5 Mrd. Dollar (18 Mrd Euro) zu kaufen. Dieses Angebot ist aber gekoppelt an eine Übernahme von ABN Amro für 38,40 Euro je Aktie, also derzeit rund 71 Mrd. Euro.
Zugleich steht der ABN-Vorstand unter heftigem Druck von Anteilseignern, die mit dem Angebot von Barclays nicht zufrieden sind. Barclays will die ABN-Amro-Aktionäre mit eigenen Aktien bezahlen, nach derzeitigem Kurs liefe das auf einen Kaufpreis von etwa 66 Mrd. Euro für ABN Amro hinaus. Voraussetzung dafür ist aber der heftig umkämpfte Verkauf von LaSalle.
Quelle: Handelsblatt.com
News druckenName Aktuell Diff.% Börse
ABN AMRO HOLDING 35,30 +0,28% Amsterdam
BARCLAYS ORD 25P 732,00 +1,53% London Dom Quotes
CAPITALIA . 7,97 +0,64% Mailand
ROYAL BANK SCOT ORD 25P 660,00 +2,25% London Dom Quotes
UNICREDITO IT 7,51 +0,28% Mailand
Fusionsfieber im Bankensektor
Das Fusionsfieber im europäischen Bankensektor geht ungebremst weiter. Die HVB-Mutter Unicredit und der italienische Konkurrent Capitalia wollen sich zur derzeit zweitgrößten Bank Europas zusammenschließen. Medienberichten zufolge ist der Deal bereits so gut wie perfekt. Die Frage ist nun: Wo bleibt Deutschland?
HB FRANKFURT. Dass gerade Italien wieder Schauplatz ist, wundert Branchenkenner nicht. Der dortige Bankenmarkt gilt als der am stärksten zersplitterte neben dem deutschen. Doch das Fusionsfieber in der Branche müsste endlich auch Deutschland anstecken, mahnen Experten - sonst werde der hiesige Markt früher oder später vom Ausland aus zerpflückt.
"Der Rest Europas ist viel weiter, es besteht die Gefahr, dass die Konsolidierung der deutschen Banken - insbesondere der Sparkassen - vom Ausland aus vorgenommen wird", sagt Jan Pieter Krahnen, Professor für Kreditwirtschaft und Finanzierung an der Universität Frankfurt. "Sobald sich eine Gesetzeslücke auftut, wird das auch passieren." Derzeit gilt das starre deutsche Drei-Säulen-System mit privaten Banken, öffentlich-rechtlichen Instituten und Genossenschaftsbanken als Hemmschwelle für ausländische Investoren.
Derweil bilden sich in Deutschlands Nachbarstaaten jene "nationalen Champions" in der Finanzbranche, die auch hier zu Lande immer wieder gefordert werden. "Insbesondere die Nummern zwei in den jeweiligen nationalen Märkten scheinen sich doch sehr unter Druck zu fühlen und sind bemüht, rasch größer zu werden, um nicht selbst übernommen zu werden", sagt der Finanzwissenschaftler Dirk Schiereck. So bemüht sich die Unicredit nicht nur im Inland um Partner: Spekuliert wird seit Wochen auch über ihr Zusammengehen mit der Société Générale, dem französischen Branchenzweiten. Und mancher in der Branche mutmaßt schon, dass in ein paar Wochen mal wieder kräftig über ein Zusammengehen der Credit Suisse, Nummer zwei der Schweiz, mit dem deutschen Branchenprimus Deutsche Bank geredet werden wird.
Fast zwangsläufig strecken die Institute ihre Fühler über die nationalen Grenzen aus, nachdem der Markt in fast allen Ländern weitgehend bereinigt ist. Die Partnersuche sei dabei auch ruppiger geworden, wie Investmentbanker bemerken. Beim Wettstreit um die ABN Amro etwa bekunden Interessenten wie das Konsortium um die Royal Bank of Scotland ganz ungeniert, dass sie die Traditionsbank im Fall einer Übernahme zerschlagen werden. Nach neuesten Meldungen hat das Konsortium doch noch Chancen, bei der ABN Amro zum Zuge zu kommen. Vor vier Wochen meldeten die Titelseiten bereits den Erfolg der britische Barclays Bank in dem seit Wochen geführten Wettstreit.
Gemeinsam brächten ABN Amro und Barclays Bank es auf einen Börsenwert von 135 Mrd. Euro - und wären damit noch deutlich größer als Unicredit und Capitalia, die gemeinsam eine Marktkapitalisierung von 100 Mrd. Euro erreichen. Während das Gezerre um die ABN Amro anhält, könnte der italienische Deal jedoch bereits an diesem Sonntag (20.5.) perfekt gemacht werden, wie es am Freitag in Finanzkreisen hieß.
"Risiko einer großen Übernahme ist hoch"
Doch es gibt auch in Sachen Größe schon erste Mahner: "Wer nur groß geworden ist, aber nicht genügend Wert schafft, hat keine langfristige Daseinsberechtigung", sagt ein führender Banker. Der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler Michael H. Grote ist überzeugt: "Eine innerdeutsche Konsolidierung würde mehr Möglichkeiten zu Kosteneinsparungen bieten, da international die Synergiepotenziale eher klein sind, das Risiko einer großen Übernahme jedoch hoch."
Gleichwohl mahnt nicht zuletzt Dresdner-Bank-Chef Herbert Walter die europäischen Banken zum Aufholen: "Wenn die europäischen Banken die Konsolidierung nicht selbst in die Hand nehmen, besteht die Gefahr, dass sie konsolidiert werden." Die Branche ist in Bewegung - in weiten Teilen Europas, nur nicht in Deutschland.
Capitalia-Übernahme bereits fast perfekt
Wie italienische Medien am Freitag berichteten, ist die geplante Übernahme der Capitalia (Rom) durch die HVB-Mutter Unicredit (Mailand) bereits so gut wie perfekt. Schon anm Sonntag sollen die Verwaltungsräte die Pläne absegnen. Unicredit hatte erst im Sommer 2005 die Münchner Hypovereinsbank (HVB) übernommen. Unterdessen geht das Ringen um eine Übernahme der niederländischen ABN Amro weiter.
Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi begrüßte die neue Bankenfusion. "Die Bankenfusionen und die Stärkung der italienischen Institutionen sind positiv für das Land." In Finanzkreisen hieß es, die neue Megabank könne bereits "nach den Sommerferien" operativ sein. "Der Plan ist fertig", schrieb die Mailänder Zeitung "Corriere della Sera".
Unicredit-Chef Alessandro Profumo und Capitalia-Chef Cesare Geronzi trafen am Freitag in Rom mit dem Präsidenten der italienischen Zentralbank, Mario Draghi, zusammen. Zugleich wurde die Notierung der Aktienwerte beider Geldhäuser für den ganzen Tag ausgesetzt.
Offiziell wurden keine Einzelheiten bekannt, Spekulationen über die Übernahme hatten sich aber bereits seit Tagen gehalten. Für diesen Sonntag wurden die Verwaltungsräte beider Häuser zusammengerufen und anschließend eine Pressekonferenz angesetzt.
Personalfragen angeblich auch so gut wie gelöst
"Die neue Bank wird in Kürze aus der Taufe gehoben", schrieb der "Corriere della Sera" weiter. Nach der britischen HSBC entstehe damit die zweitgrößte Bank Europas und der neue Marktführer in Italien. Unicredit ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 79 Mrd. Euro etwa vier mal so groß wie Capitalia. Das neue Institut solle Unicredit heißen und sei das sechstgrößte Bankhaus weltweit. Unicredit sei besonders auch im europäischen Auslandsgeschäft präsent, Capitalaia habe seine Stärke vor allem innerhalb Italiens.
Auch die wichtigsten Personalfragen sind laut italienischer Zeitungsberichte bereits so gut wie gelöst: Chef der neuen Mega-Bank werde Profumo. Dieter Rampl von der HVB bleibe weiterhin Präsident. Dagegen müsse sich der in Italien umstrittene Capitalia-Vorstandschef Geronzi vermutlich mit einem Stellvertreter-Posten zufrieden geben, hieß es.
Die Fusion solle durch einen Aktienaustausch realisiert werden, derzeit werde Capitalia an der Börse mit rund 20 Mrd. Euro bewertet. Experten beziffern die Synergieeffekte durch die Übernahme auf 700 Mill. bis 1,2 Mrd. Euro.
Trotz erheblicher Widerstände geben auch Barclays und ABN Amro ihre Fusionspläne nicht auf. So wies der ABN-Amro-Vorstand jüngst ein neues Übernahmeangebot der mit Barclays konkurrierenden Dreiergruppe um die Royal Bank of Scotland zurück. Das Konsortium - außer den Schotten auch die spanische Bank Santander und die belgisch- niederländische Finanzgruppe Fortis - hatte angeboten, die ABN-Amro- Tochterbank LaSalle in den USA für 24,5 Mrd. Dollar (18 Mrd Euro) zu kaufen. Dieses Angebot ist aber gekoppelt an eine Übernahme von ABN Amro für 38,40 Euro je Aktie, also derzeit rund 71 Mrd. Euro.
Zugleich steht der ABN-Vorstand unter heftigem Druck von Anteilseignern, die mit dem Angebot von Barclays nicht zufrieden sind. Barclays will die ABN-Amro-Aktionäre mit eigenen Aktien bezahlen, nach derzeitigem Kurs liefe das auf einen Kaufpreis von etwa 66 Mrd. Euro für ABN Amro hinaus. Voraussetzung dafür ist aber der heftig umkämpfte Verkauf von LaSalle.
Quelle: Handelsblatt.com
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ABN AMRO HOLDING 35,30 +0,28% Amsterdam
BARCLAYS ORD 25P 732,00 +1,53% London Dom Quotes
CAPITALIA . 7,97 +0,64% Mailand
ROYAL BANK SCOT ORD 25P 660,00 +2,25% London Dom Quotes
UNICREDITO IT 7,51 +0,28% Mailand