DJ: DEVISEN-AUSBLICK/"Euro-Bullen, seid gewarnt"
Symbolische Marken haben sich in der Geschichte häufig als Wendepunkte von
Entwicklungen entpuppt. So erreichte Napoleon zwar Moskau, musste sich kurz
darauf allerdings wieder aus der russischen Kapitale zurückziehen und nach einer
Reihe anschließender Niederlagen schließlich den Weg in die Verbannung auf Elba
antreten. Der Feldherr hatte seine Kräfte schlicht überspannt. Und was für den
Korsen galt, könnte auch dem Euro drohen. Selbst wenn die gemeinsame europäische
Währung in der kommenden Woche die Festung bei der Marke von 1,60 USD nehmen
sollte, bereits auf mittlere Sicht steht eine Korrektur der drastischen
Überbewertung des Euro gegenüber dem Dollar an. "Euro-Bullen, seid gewarnt",
schreiben etwa die Devisenanalysten des Bankhauses Metzler den Anlegern ins Stammbuch.
Zwar habe der Euro am Donnerstag dieser Woche mit 1,5984 USD
abermals ein Allzeithoch erklommen. Dass diese Marke allerdings vor dem
enttäuschenden Index der Federal Reserve Bank of Philadelphia erreicht worden
sei und trotz eines gleichzeitig ausgewiesenen Siebenjahrestiefs für das
Verarbeitende Gewerbe in den USA kein neuer Angriff auf die Marke von 1,60 USD
erfolgt sei, spreche für ein Auslaufen der Aufwärtsdynamik der gemeinsamen
europäischen Währung gegenüber dem Greenback. Gestützt wird diese These auch von
der Erholung des Dollar nach der Veröffentlichung der weniger schlecht als
befürchtet ausgefallenen Citigroup-Zahlen zum Wochenausklang.
Und tatsächlich hat es den Anschein, dass die Frequenz der
Hiobsbotschaften aus dem US-Bankensektor ihren Höhepunkt überschritten hat.
Gleichzeitig drängt sich der Eindruck auf, dass die Aufräumarbeiten nach der
Kreditkrise begonnen haben: Für einige der noch vor wenigen Wochen als "toxisch"
angesehenen Papiere werden offenbar wieder Preise gestellt, die ersten
Portfolios wechseln ihre Besitzer. Die "Müllmänner" aus den Reihen der Hedge-
und Private-Equity-Fondsanbieter sind unübersehbar auf Schnäppchenjagd.
Darüber ist ein Abgleiten der US-Wirtschaft in die
Rezession mittlerweile von nahezu allen Marktteilnehmern als unvermeidlich
akzeptiert und in den Wechselkurs von Euro und Dollar weitgehend eingepreist.
Noch dazu stehen in der kommenden Woche keine ausgesprochen wichtigen
Konjunkturdaten aus der größten Volkswirtschaft der Welt zur Veröffentlichung
an, die für Abgabedruck auf den Greenback sorgen könnten. Enttäuschungspotenzial
besteht mit der Veröffentlichung des ifo-Geschäfsklimaindex hingegen für den
Euro. Denn zuletzt haben auch die bislang von den Devisenmärkten kaum zur
Kenntnis genommenen deutschen Konjunkturdaten für Wechselkursimpulse gesorgt.
Aus fundamentaler Sicht freilich bestehen wichtige Gründe für die
Schwäche des Dollar fort: So scheint es nach den jüngsten Teuerungsdaten aus dem
gemeinsamen europäischen Währungsgebiet ausgemachte Sache, dass die Europäische
Zentralbank auf absehbare Zeit das Niveau ihrer Leitzinsen nicht verändern wird.
Dem gegenüber haben die aktuellen Zahlen zur Verbraucherpreisentwicklung in den
USA nach Ansicht vieler Volkswirte den geldpolitischen Lockerungsspielraum der
Federal Reserve wieder ewas ausgeweitet. Damit würde sich der Zinsunterschied
zwischen den beiden Wirtschaftsräumen noch einmal vergrößern, wodurch der Dollar
unter neuerlichen Druck kommen könnte.
Darüber hinaus lastet das Rekordhoch des Ölpreises auf dem
Greenback. Denn je höher die Einnahmen der Exporteure aus dem Geschäft mit dem
"Schwarzen Gold" sind, desto stärker ist der Druck, sie in eine andere Währung
zu tauschen. Schließlich sieht niemand gerne lange zu, wie seine Vermögenswerte
von den Wechselkursverlusten einer schwindsüchtigen Verrechnungswährung
aufgefressen werden.
Sollten die Marktteilnehmer den Euro in der kommenden Woche wieder
Erwarten dennoch abermals in Richtung der Festung bei der Marke von 1,60 USD
treiben, trifft die europäische Gemeinschaftswährung zunächst bei ihrem
Allzeithoch bei 1,5984 USD auf Widerstand. Fällt die psychologisch wichtige
Hürde, könnte die europäische Gemeinschaftswährung vom Momentum getragen sogar
bis in den Bereich von 1,65 USD und damit noch weiter in aus handelsgewichteter
Perspektive unerforschtes Territorium vorstoßen. Sollte sich die Erholung des
Dollar zum Wochausklang in den kommenden Tagen fortsetzen, ist der Euro zunächst
bei 1,5760 USD und im Anschluss bei 1,5739 USD unterstützt.
DJG/jej/ros
(END) Dow Jones Newswires
April 18, 2008 08:10 ET (12:10 GMT)
Dow Jones & Company, Inc.2008
Symbolische Marken haben sich in der Geschichte häufig als Wendepunkte von
Entwicklungen entpuppt. So erreichte Napoleon zwar Moskau, musste sich kurz
darauf allerdings wieder aus der russischen Kapitale zurückziehen und nach einer
Reihe anschließender Niederlagen schließlich den Weg in die Verbannung auf Elba
antreten. Der Feldherr hatte seine Kräfte schlicht überspannt. Und was für den
Korsen galt, könnte auch dem Euro drohen. Selbst wenn die gemeinsame europäische
Währung in der kommenden Woche die Festung bei der Marke von 1,60 USD nehmen
sollte, bereits auf mittlere Sicht steht eine Korrektur der drastischen
Überbewertung des Euro gegenüber dem Dollar an. "Euro-Bullen, seid gewarnt",
schreiben etwa die Devisenanalysten des Bankhauses Metzler den Anlegern ins Stammbuch.
Zwar habe der Euro am Donnerstag dieser Woche mit 1,5984 USD
abermals ein Allzeithoch erklommen. Dass diese Marke allerdings vor dem
enttäuschenden Index der Federal Reserve Bank of Philadelphia erreicht worden
sei und trotz eines gleichzeitig ausgewiesenen Siebenjahrestiefs für das
Verarbeitende Gewerbe in den USA kein neuer Angriff auf die Marke von 1,60 USD
erfolgt sei, spreche für ein Auslaufen der Aufwärtsdynamik der gemeinsamen
europäischen Währung gegenüber dem Greenback. Gestützt wird diese These auch von
der Erholung des Dollar nach der Veröffentlichung der weniger schlecht als
befürchtet ausgefallenen Citigroup-Zahlen zum Wochenausklang.
Und tatsächlich hat es den Anschein, dass die Frequenz der
Hiobsbotschaften aus dem US-Bankensektor ihren Höhepunkt überschritten hat.
Gleichzeitig drängt sich der Eindruck auf, dass die Aufräumarbeiten nach der
Kreditkrise begonnen haben: Für einige der noch vor wenigen Wochen als "toxisch"
angesehenen Papiere werden offenbar wieder Preise gestellt, die ersten
Portfolios wechseln ihre Besitzer. Die "Müllmänner" aus den Reihen der Hedge-
und Private-Equity-Fondsanbieter sind unübersehbar auf Schnäppchenjagd.
Darüber ist ein Abgleiten der US-Wirtschaft in die
Rezession mittlerweile von nahezu allen Marktteilnehmern als unvermeidlich
akzeptiert und in den Wechselkurs von Euro und Dollar weitgehend eingepreist.
Noch dazu stehen in der kommenden Woche keine ausgesprochen wichtigen
Konjunkturdaten aus der größten Volkswirtschaft der Welt zur Veröffentlichung
an, die für Abgabedruck auf den Greenback sorgen könnten. Enttäuschungspotenzial
besteht mit der Veröffentlichung des ifo-Geschäfsklimaindex hingegen für den
Euro. Denn zuletzt haben auch die bislang von den Devisenmärkten kaum zur
Kenntnis genommenen deutschen Konjunkturdaten für Wechselkursimpulse gesorgt.
Aus fundamentaler Sicht freilich bestehen wichtige Gründe für die
Schwäche des Dollar fort: So scheint es nach den jüngsten Teuerungsdaten aus dem
gemeinsamen europäischen Währungsgebiet ausgemachte Sache, dass die Europäische
Zentralbank auf absehbare Zeit das Niveau ihrer Leitzinsen nicht verändern wird.
Dem gegenüber haben die aktuellen Zahlen zur Verbraucherpreisentwicklung in den
USA nach Ansicht vieler Volkswirte den geldpolitischen Lockerungsspielraum der
Federal Reserve wieder ewas ausgeweitet. Damit würde sich der Zinsunterschied
zwischen den beiden Wirtschaftsräumen noch einmal vergrößern, wodurch der Dollar
unter neuerlichen Druck kommen könnte.
Darüber hinaus lastet das Rekordhoch des Ölpreises auf dem
Greenback. Denn je höher die Einnahmen der Exporteure aus dem Geschäft mit dem
"Schwarzen Gold" sind, desto stärker ist der Druck, sie in eine andere Währung
zu tauschen. Schließlich sieht niemand gerne lange zu, wie seine Vermögenswerte
von den Wechselkursverlusten einer schwindsüchtigen Verrechnungswährung
aufgefressen werden.
Sollten die Marktteilnehmer den Euro in der kommenden Woche wieder
Erwarten dennoch abermals in Richtung der Festung bei der Marke von 1,60 USD
treiben, trifft die europäische Gemeinschaftswährung zunächst bei ihrem
Allzeithoch bei 1,5984 USD auf Widerstand. Fällt die psychologisch wichtige
Hürde, könnte die europäische Gemeinschaftswährung vom Momentum getragen sogar
bis in den Bereich von 1,65 USD und damit noch weiter in aus handelsgewichteter
Perspektive unerforschtes Territorium vorstoßen. Sollte sich die Erholung des
Dollar zum Wochausklang in den kommenden Tagen fortsetzen, ist der Euro zunächst
bei 1,5760 USD und im Anschluss bei 1,5739 USD unterstützt.
DJG/jej/ros
(END) Dow Jones Newswires
April 18, 2008 08:10 ET (12:10 GMT)
Dow Jones & Company, Inc.2008
Wilhelm Busch: "Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt."
Gruß Pichel
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