der 1. Thread des elitären Entenhausener Börsen.Klub zum Thema Börse.
Börsenausblick: Kaum Hoffnung für Aktien
Anleger müssen sich weiter auf sinkende Aktienkurse einstellen. Experten befürchten, dass die Stimmung an den Börsen schlecht bleibt - zumal die Finanzklemme osteuropäischer Länder auch hiesige Banken belasten könnte.
Gerade in Europa stehen die Zeichen weiterhin auf Sturm. Angesichts der zuletzt heftigen Verluste befürchten Marktbeobachter, dass die Stimmung weiterhin schlecht bleibt.
Gerade die Unsicherheit über die Lage in den Ländern Mittel- und Osteuropas kann sich jederzeit belastend für den Euro auswirken. Profitieren dürften davon, wie so oft in den vergangenen Monaten, der Greenback sowie Staatsanleihen aus den USA und Deutschland. Seit Wochen flüchten Anleger immer dann in sichere Wertpapiere und in den Dollar, wenn der Risikoappetit weltweit schwindet. Die Rolle eines sicheren Hafens hat der Yen dagegen mittlerweile jedoch verloren.
"Wir sind noch nicht reif für eine Erholung", sagte Ansgar Krekeler, Aktienhändler der WGZ Bank. Der Dax könne kurzfristig auch noch bis auf 3600 Punkte abrutschen. Er sehe weder durch die Charttechnik noch durch Nachrichten positive Signale.
In dieser Woche verloren die Börsen weltweit. Enttäuschte Konjunkturdaten und vor allem die Teilverstaatlichung der US-Großbank Citigroup sorgten am Freitag noch einmal für erhebliche Kursverluste. Der Dax fiel um 4,3% auf 3844 Punkte und notierte damit so tief wie zuletzt im Herbst 2004. Vor allem der Rutsch unter die Marke von 4000 Zählern gleich zu Wochenbeginn hatte die Anleger verschreckt. Der Stoxx 50 gab 1,8 % auf 1976 Punkte nach.
Werner Bader, Aktienstratege der LBBW, hält allein das Unterschreiten der 4000 Punkte im Dax für ein Verkaufssignal. Das sei ein "gravierender Belastungsfaktor".
Vor allem aber kamen schlechte Nachrichten aus den USA: Der Einstieg des Staates bei der Citigroup erhöhe die Unsicherheit noch, sagte Marc Gabriel, Aktienanalyst beim Bankhaus Lampe. "Es scheint ein Fass ohne Boden. Momentan kauft niemand Aktien." Risiken sieht auch Gerhard Schwarz, Aktienstratege von Unicredit : "Sollte der S&P 500 das Niveau von 740 Punkten nachhaltig unterschreiten, würde das auch Europas Börsen weiter nach unten reißen."
Ähnlich düster wie Europa sah es in der zurückliegenden Woche in den USA aus. Der S&P 500 sank um 4,5 % auf 735 Punkte.
Die Verstaatlichungen bei den Banken drücke auf die Kauflaune, sagte Howard Simons, Aktienanalyst bei Bianco Research. "In so einem Klima will keiner Stammaktien bei einer Bank erwerben. Die Alternative wäre, die Banken mit ausreichend Kapital auszustatten."
Keine Entspannung dürften da neue Konjunkturmeldungen bringen. In den USA werden in der kommenden Woche wichtigste Indikatoren veröffentlicht. Die Befragungen von Einkaufsmanagern aus der Industrie dürften zeigen, dass sich der Abschwung nochmals verschärft hat. Die leichte Erholung des entsprechenden Index vom Januar dürfte sich dagegen als Ausreißer erweisen.
Am Freitag stehen zudem die neuen Arbeitsmarktdaten vom Februar an, die voraussichtlich einen verschärften Jobabbau ergeben werden. Nach neuesten Zahlen ist die US-Wirtschaft im Schlussquartal 2008 um 6,2 Prozent - aufs Jahr hochgerechnet - geschrumpft.
Die düsteren Aussichten für die US-Konjunktur in der vergangenen Woche lassen wiederum Sorgen um die Kurse auf dem Anleihemarkt zunehmend schwinden. Die Experten der Commerzbank rechnen in dieser Woche mit steigenden Notierungen und damit nachlassenden Renditen.
"Angesichts der schlechten Wirtschaftsmeldungen sehe ich in den nächsten sechs bis neun Monaten keine bessere Investitionsmöglichkeit als in US-Staatspapiere", sagte Tom di Galoma, Chef des Anleihehandels bei Jefferies & Co.
Rick Klingman, Managing Director bei BNP Paribas , ergänzte: "Anleger haben sich Sorgen über das steigende Angebot gemacht. Aber diese Sorgen schwinden, solange die Aktienmärkte keinen Boden finden."
In der kommenden Woche dürfte zudem die erwartete Zinssenkung der Europäischen Notenbank um 50 Basispunkte auf 1,5 Prozent die Renditen drücken und die Kurse nach oben treiben.
Die Sorgen um die Wirtschaft der Eurozone werden auch durch die Unsicherheit in den östlichen EU-Ländern verstärkt. Die Währungen sowie die Sorgen über die Zahlungsfähigkeit einiger Staaten in der Region dürften auch in der dieser Woche im Fokus vieler Anleger stehen.
Auf den Devisenmärkten blicken die Anleger derzeit vor allem auf den Dollar, wenn sie einen sicheren Hafen für ihre Investitionen suchen. Der Greenback hatte über Monate davon profitiert, dass immer wenn die Aktienmärkte einbrachen, die US-Währung stark gefragt war.
Bei den Rohstoffen könnte sich die Korrektur fortsetzen. So ging der Goldhausse vergangene Woche die Puste aus, nachdem die Notierungen die Marke von 1000 $ nicht nachhaltig überwinden konnten. Zum einen ließ die Investmentnachfrage deutlich nach; den börsennotierten Goldfonds flossen praktisch kaum noch Mittel zu. Zum anderen wird der Markt von Altmetall-Verkäufen überflutet. Außerdem ist die Schmucknachfrage angesichts der hohen Preise vor allem in Indien sehr gedämpft.
Goldpreis fällt
Am Freitag fiel Kassagold zeitweise auf 935,70 $ je Feinunze. Entsprechend fehlt es dem Edelmetall aktuell an Unterstützung. "Dies dürfte dafür sorgen, dass sich der Preisrückgang fortsetzt, zumindest solange die Entwicklung bei Aktien und anderen risikoreicheren Vermögenswerten weniger schrecklich ausfällt als in der jüngeren Vergangenheit", schrieb UBS-Stratege John Reade. Hinzu kommt, dass der festere Dollar die Notierungen drückt. Eugen Weinberg, Rohstoff-Experte der Commerzbank, hält es für möglich, dass der Goldpreis in den kommenden Tagen unter 900 $ fällt.
Der Ölpreis wurde zuletzt vor allem dadurch gestützt, dass die US-Lagerbestände stark gefallen waren und die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) ihre Lieferungen deutlich kürzt. Außerdem wird spekuliert, dass das Ölkartell am 15. März eine weitere Förderkürzung beschließen könnte. "Ein Test der Marke von 50 $ je Barrel (159 Liter) ist in diesem Umfeld nicht ausgeschlossen", sagte Frank Schallenberger, Leiter des Rohstoff-Research der LBBW.
Bei den Basismetallen wie Kupfer oder Nickel könnte der jüngste Aufwärtstrend noch eine Weile anhalten, erwartet er, weil darauf spekuliert werde, dass das chinesische Konjunkturpaket sich bald als Preistreiber erweisen könnte. Andere Strategen sind dagegen weniger optimistisch und erwarten angesichts der schwachen Nachfrage eher wieder fallende Preise.
Von André Kühnlenz, Ellisabeth Atzler, Doris Grass (Frankfurt) und Lia Petridis (New York)
Quelle: Financial Times Deutschland