www.comdirect.deNews - 05.09.08 08:13
Konjunkturängste: Kursrutsch an Weltbörsen
Nachdem Dax und Dow Jones wegen Sorgen über die Entwicklung am US-Arbeitsmarkt und eine Abkühlung der Weltwirtschaft am Vorabend bereits mit einem satten Minus von jeweils fast drei Prozent den Handel beendet hatten, hat sich der Kursrutsch an den Weltbörsen auch in Asien fortgesetzt. Und auch am Freitag ist Besserung nicht in Sicht: Technische Analysten sehen im Dax bereits die 6000-Punkte-Marke in Gefahr.
HB FRANKFURT. In Tokio schloss der asiatische Leitindex Nikkei 2,7 Prozent schwächer bei 12 212 (-345) Punkten, nachdem er zeitweise sogar bis auf der 12 163 Punkte gefallen war und Händler sogar einen Absturz unter die 12 000-Punkte-Marke nicht ausgeschlossen hatten. Besonders exportorientierte Aktien gerieten unter Druck. Der Hang-Seng-Index in Hongkong gab sogar um mehr als drei Prozent auf 19 753 Zähler nach. Marktteilnehmer begründeten die Abschläge vor allem mit der Schwäche an den US-Börsen.
Der Dow-Jones-Index hatte nach Handelsschluss in Europa belastet von Sorgen über die Lage am Arbeitsmarkt seine Verluste auf drei (zuvor 2,2) Prozent ausgeweitet, der Technologie-Index Nasdaq-Composite fiel um 3,2 (zuvor zwei Prozent). In der abgelaufenen Woche sind die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend gestiegen. Zudem meldete der Arbeitsmarkt-Dienstleister ADP einen abermaligen Beschäftigungsrückgang im Privatsektor. "Nun machen sich Anleger ihre Gedanken über die monatlichen Arbeitsmarktdaten am Freitag", sagte Händler Dave Rovelli von Canaccord Adams. Ein überraschend stark gestiegener ISM-Einkaufsmanagerindex konnte die Stimmung nicht heben.
Und die Talfahrt dürfte mit Markteröffnung in Deutschland weitergehen: Andauernde Konjunkturängste werden nach Einschätzung von Händlern am Freitag den Dax weiter in die Tiefe drücken. Banken und Broker sagten für die Eröffnung einen Rückgang von rund einem Prozent voraus, nachdem der Leitindex schon am Vortag fast drei Prozent auf 6 279 Punkte verloren hatte. Die Börsianer ließen sich weiter von der schwachen Kursentwicklung an den US-Börsen und den asiatischen Märkten beeindrucken und vor dem wichtigen US-Arbeitsmarktbericht für August am Nachmittag dürften sich die meisten deutlich zurückhalten, sagten Händler. Die Statistik wird um 14.30 Uhr MESZ veröffentlicht. Analysten rechnen im Schnitt mit einem Stellenabbau außerhalb der Landwirtschaft von 75 000. Die Arbeitslosenquote dürfte unverändert bei 5,7 Prozent verharren. Daneben seien die Börsianer derzeit vor allem für die europäische Wirtschaft extrem negativ eingestellt. "Da die EZB gestern keine Zinssenkungssignale gegeben hat, wird sich daran so schnell nichts ändern", sagte ein Analyst.
"Da viele Anleger nun von einer Rezession ausgehen, werden jetzt fallende Unternehmensgewinne an der Börse eingepreist", sagte ein anderer Händler. Auffällig sei dabei das Comeback des US-Dollar. Der Euro fiel entsprechend stark zurück und notierte zeitweise unter 1,43 Dollar, so niedrig wie seit Oktober 2007 nicht mehr. Am Morgen notierte er um 1,43 Dollar, nachdem er den New Yorker Handel mit 1,4240 Dollar beendet hatte.
Finspreads taxierte den Dax am Morgen bei 6 200 Zählern um 1,25 Prozent unter dem Vortagesschluss. Am vergangenen Freitag hatte der deutsche Leitindex noch bei 6 422 Zählern geschlossen. Im Verlauf könnten allerdings Shorteindeckungen vor dem Wochenende zu einer technischen Reaktion nach oben führen, so die Hoffnung der Optimisten. Unterstützt sei der Dax bei 6 220 und 6 160 Punkten, auf Widerstand treffe er bei 6 370 und 6 450 Punkten, sagten Händler mit Blick auf die technische Situation.
Insgesamt hat sich die technische Situation an den Aktienmärkten mit dem Rückschlag vom Donnerstag eingetrübt. Staud Research spricht mit Blick auf den Dax von "einer mittleren Katastrophe", auch weil der Abschwung "impulsive Strukturen" aufweise. Als negativ gesehen wird von Analysten der deutlich steigende Umsatz bei fallenden Kursen. Sollte der Dax unter 6 160 fallen, würden neue Jahrestiefs unter 6 000 Punkten wahrscheinlicher, heißt es. Indizes wie der Hangseng oder der russische RTS seien bereits auf Jahrestiefs gefallen. Die Analysten von Equinet meinen, der S&P-500 habe ein "rising wedge" aufgelöst. Der Bruch der 1 270er Unterstützung lege einen Fall auf den Unterstützungsbereich zwischen 1 197 und 1 187 nahe, so Equinet. Nur ein Rückerobern der 1 270er Marke löse das negative Szenario auf.
Unter den deutschen Einzeltiteln könnten am Freitag Lufthans in den Mittelpunkt rücken. Neben Deutschlands größter Fluglinie hoffen offenbar noch zwei weitere Fluggesellschaften auf den Zuschlag beim Verkauf von Brussels Airlines. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" haben sich auch British Airways und die chinesische Hainan Airlines beworben. Brussels Airlines und Lufthansa hatten in der vergangenen Woche bekannt gegeben, dass sie sich in "konstruktiven Verhandlungen" über einen Einstieg befinden. Demnach würde Lufthansa zunächst für 65 Millionen Euro 45 Prozent der Anteile an der Brussels-Muttergesellschaft SN Airholding übernehmen, nach zwei Jahren könnte sie das Unternehmen komplett kaufen.
Gute Nachrichten dagegen für Adidas: Der russische Fußballverband will mit dem deutschen Sportartikelhersteller am kommenden Montag in Moskau ein langfristiges Kooperationsabkommen abschließen. Laut der Agentur Interfax geht es um einen Zeitraum bis 2016 und ein Vertragsvolumen von rund 100 Millionen Euro. "Wir möchten das derzeit nicht kommentieren", hieß es von Adidas. Laut Medienberichten beendet der russische Fußballverband damit seine bisherige Kooperation mit dem Sportartikelhersteller Nike. Ein Händler sagte: "Das ist sicherlich positiv, auch weil sich Adidas gegen Nike durchsetzt. Die Aktie sollte besser laufen als der Markt."
Die Finanztitel, insbesondere die Rückversicherer wie Münchener und Hannover Rück, dürften ebenfalls zum Ende der Woche nochmals die Aufmerksamkeit der Börsianer auf sich ziehen. Trotz weltweiter Finanzkrise und schlechterer Marktbedingungen gehen die Rückversicherer nach Einschätzung der Ratingagentur Moody's gut gerüstet in die kommenden Monate. Der Ausblick für die Branche sei für die nächsten 12 bis 18 Monate stabil, schreiben die Moody's-Experten in einer Studie, die zum Branchentreffen "Rendez-Vous de Septembre" veröffentlicht wurde. In Monte Carlo sprechen in diesen Tagen Erstversicherer wie Allianz und Generali mit Rückversicherern wie Swiss Re, Münchener Rück und Hannover Rück über die Erneuerung der Verträge, die zum Jahreswechsel ansteht.
Auch Analystenkommentare könnten ihre Spuren auf den Kurstafeln hinterlassen. So senkte Morgan Stanley das Kursziel für Allianz von 143 auf 142 Euro und beließ den Titel auf "Equalweight". UBS erhöhte das Kursziel für Infineon Technologies von 6,7 auf 7,3 Euro und beließ die "Buy"-Einstufung unverändert.
Am deutschen Rentenmarkt rechnen Experten am Freitag vor dem Hintergrund der freundlichen Verfassung am US-Rentenmarkt mit einer gut behaupteten Tendenz. "Heute dreht sich alles um die US-Arbeitsmarktdaten", schreiben die Experten der HSH Nordbank im Morgenkommentar. Der Beschäftigungsabbau dürfte sich gegenüber den Vormonaten noch beschleunigen, was sich auch in einem Anstieg der Arbeitslosenquote niederschlagen sollte. Die Erwartungen seien pessimistisch. Den richtungweisenden Euro-Bund-Future sehen die Experten im Tagesverlauf zwischen 114,17 und 115,49 Punkten. Die US-Anleihen hatten wegen der anhaltenden Aktienmarktschwäche am Vortag Kursgewinne verzeichnet.
Die Ölpreise zeigten sich kaum verändert. Im frühen Handel kostete ein Barrel (159 Liter) der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Oktober 107,77 Dollar und damit elf Cent weniger als zum Handelsschluss am Vortag. Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent lag bei 106,36 Dollar - das waren sechs Cent mehr als am Donnerstag.
Quelle: Handelsblatt.com
News druckenName Aktuell Diff.% Börse
adidas AG Inhaber-Aktien o.N. 39,23 -2,27% XETRA
ADP 58,97 -3,17% Paris
Allianz SE vink.Namens-Aktien o.N. 111,06 -3,45% XETRA
DEUTSCHE LUFTHANSA AG VINK.NAMENS-AKTIEN O.N. 15,06 -3,24% XETRA
GENERALI ASS 22,74 -1,69% Mailand
Hannover Rückversicherung AG NAMENS-AKTIEN O.N. 28,25 -3,88% XETRA
INFINEON TECHNOLOGIES AG NAMENS-AKTIEN O.N. 5,88 -5,54% XETRA
Morgan Stanley 40,34 -4,34% NYSE
MUENCHENER RUECKVERS.-GES. AG VINK.NAMENS-AKTIEN O.N. 104,59 -2,42% XETRA
NASDAQ OMX Group, Inc. (The) 31,66 -5,10% NASDAQ
NIKE, Inc 59,74 -3,15% NYSE
SWISS RE N 67,45 -2,03% SWX Europe
UBS N 23,24 -5,37% SWX Europe
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