Zinsangst belastet Wall Street
US-Börsen rutschen tief ins Minus
Die Angst vor weiter steigenden US-Zinsen nach unerwartet schwachen US-Konjunkturdaten hat die Wall Street am Mittwoch schwer belastet. Händlern zufolge trübten zudem weitere Gewinnwarnungen von Unternehmen die Stimmung. Die führenden Börsenindizes gaben um deutlich mehr als ein Prozent nach.
HB NEW YORK. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte pendelte im Geschäftsverlauf zwischen 10 438 und 10 316 Zählern. Er verließ den Handel 1,19 % niedriger bei 10 317 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500-Index sackte um 1,49 % auf 1196 Zähler ab. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel um 1,7 % auf 2103 Stellen.
Mit Enttäuschung nahmen die Anleger den Bericht des Institute for Supply Management (ISM) auf. Vor allem der kräftige Anstieg des Index der bezahlten Preise nährte die Furcht der Anleger vor einer Beschleunigung der Inflation und damit weiter steigenden US-Zinsen. Die Angst vor einer Kreditverteuerung schürte zudem nach mehreren Präsidenten regionaler Federal-Reserve-Banken an den Vortagen der Präsident der Fed von Kansas City, Thomas Hoenig. Auch er signalisierte weitere Zinsanhebungen zur Eindämmung von Inflationsrisiken. Hoenig sagte, trotz der jüngsten Wirbelstürme werde die US-Wirtschaft über das Jahr 2006 hinaus solide Wachstumsraten erzielen. Aber bereits vor den Stürmen hätten die hohen Energiekosten beträchtliche Spuren in der Wirtschaft hinterlassen. Höhere Zinsen gelten als schädlich für die Börsen, weil sie die Kosten für die Kreditaufnahme für Verbraucher und Unternehmen steigern und damit Wachstum und Gewinne drosseln können.
Die Börse leide unter einer Kombination mehrerer Faktoren, darunter der Ölpreis, dem die Anleger weiter große Beachtung schenkten, sagte Bill Punk von Punk Ziegel & Co. Unter den Zinsängsten litten vor allem konjunktursensible Werte, wie die Papiere des Luft- und Raumfahrtkonzerns Boeing, die mehr als 1,3 % auf 67,05 Dollar verloren. Die erneut um mehr als einen Dollar je Barrel (knapp 159 Liter) gesunkenen Ölpreise bekamen die führenden Ölkonzerne zu spüren. Weil sie dadurch sinkende Gewinne erwarteten, verkauften die Investoren Papiere. Dazu zählten die Aktien des weltgrößten Energiekonzerns Exxon Mobil, deren Kurs um mehr als 2,6 % auf 58,95 Dollar fiel.
Warnungen von Technologiefirmen, wie des weltweit zweitgrößten Handy-Herstellers Motorola, der Gewinn werde durch außerordentliche Kosten von 90 Mill. Dollar vor Steuern belastet, verschreckten Händlern zufolge die Investoren. Motorola-Aktien verloren gut 1,4 % auf 22,00 Dollar. „Vermutlich ist die Nervosität am Markt größer als seit langem in anderen Berichtsperioden“, sagte Hugh Johnson von Johnson Illington Advisors.
Zudem warnten der Netzwerk-Dienstleister ADC und der Software-Hersteller Mercury Interactive, sie würden die Erwartungen der Wall Street verfehlen und belasteten damit den gesamten Technologiesektor. Die Börse strafte beide mit kräftigen Kursabschlägen von 13,5 % auf 19,61 Dollar, beziehungsweise fast 14,5 % auf 31,61 Dollar ab. In den Sog gerieten aber auch Schwergewichte wie der weltgrößte Softwarekonzern Microsoft, dessen Papiere mehr als 1,2 % auf 24,67 Dollar nachgaben und der Computerkonzern Apple, dessen Aktien mit 52,78 Dollar um 1,8 % niedriger angeschrieben wurden.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,91 Mrd. Aktien den Besitzer. 604 Werte legten zu, 2713 gaben nach und 126 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von rund 1,96 Mrd. Aktien 599 im Plus, 2414 im Minus und 133 unverändert. An den US-Kreditmärkten gewannen die zehnjährigen Staatsanleihen im späten Handel 5/32 auf 99-6/32 Punkte. Sie rentierten mit 4,352 %. Die 30-jährigen Bonds legten im Kurs 16/32 auf glatt 112 Zähler zu. Dabei ergab sich eine Rendite von 4,570 %.
HANDELSBLATT, Mittwoch, 05. Oktober 2005, 22:40 Uhr