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Scheiss ist, wenn man bei fallenden Kursen immer noch Witze machen kann...
09. Oktober 2008 Die Finanzkrise erreicht nun auch zusehends die Unternehmen. Bisher waren die Verluste weitgehend auf die Aktienmärkte beschränkt und berührten die Unternehmen direkt nur erstaunlich wenig. Bei guter Bonität konnten sie immer noch am Kapitalmarkt Geld aufnehmen und Investitionen finanzieren. Das hat sich in der Zwischenzeit schlagartig geändert.
Auslöser der jüngsten Kreditklemme - „Credit Crunch“ im Finanzjargon - war der Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Mitte September. Seitdem war klar, dass die Regierungen nicht zwangsläufig jede Bank retten werden.
Vor dem Zusammenbruch von Lehman hätten die Anleger noch darauf gehofft, dass eine Reihe von Neuemissionen käme. Doch diese Hoffnung habe sich zerschlagen. „Mit dem Ausfall von Lehman hat sich das Bild völlig verändert“, heißt es in einer Studie der Bank Unicredit, zu der auch die Hypo-Vereinsbank gehört.
In der Folge erlitten nicht nur Aktienanleger Verluste, sondern auch die Käufer von Anleihen oder Geldmarktfonds. „Das Vertrauen in das Finanzsystem sank auf den Nullpunkt“, resümiert die schweizerische Privatbank Sarasin in einer Studie.
Auch Anleger in Europa betroffen
Europäische Anleger sollten sich nicht mit dem Argument in Sicherheit wiegen, dass diese Schwierigkeit allein die Vereinigten Staaten beträfe. Denn zahlreiche deutsche Unternehmen sind auf den dortigen Märkten sehr aktiv und würden von dauerhaften Engpässen auf den amerikanischen Kreditmärkten auf jeden Fall indirekt, häufig jedoch auch unmittelbar getroffen.
Zum ThemaBesonders problematisch ist zurzeit die Finanzierung auf den amerikanischen Kreditmärkten. Nicht nur die Banken, auch die Unternehmen haben dort laut Sarasin immer größere Schwierigkeiten, Papiere zu ihrer kurzfristigen Finanzierung zu begeben. Der Markt für diese Commercial Paper funktioniert derzeit kaum noch.
Die Klemme am Markt für Commercial Paper trifft die amerikanische Wirtschaft an einer empfindlichen Stelle.
Viele Unternehmen dort sind darauf angewiesen, Commercial Paper zu begeben, sogar um laufende Ausgaben wie die Löhne und Gehälter ausbezahlen zu können. „Ist eine Refinanzierung nicht mehr möglich, dann werden einige Firmen bald in finanzielle Bedrängnis geraten“, warnt Sarasin-Analyst Philipp Bärtschi.
Rettungsfonds für Commercial Paper
Im Rahmen der verschiedenen staatlichen Vorhaben, um das Finanzsystem zu stützen, gründet die amerikanische Notenbank Fed nun einen Spezialfonds, der direkt in Commercial Paper verschiedener Emittenten investieren kann. „Mit dieser Maßnahme wird das Refinanzierungsrisiko für Emittenten eliminiert“, meint Bärtschi. Das Insolvenzrisiko eines einzelnen Unternehmens werde kurzfristig deutlich reduziert, so dass Geldmarktfonds bald als Anleger an den Markt für Commercial Paper zurückkehren dürften, hofft die Bank Sarasin.
Diese Schritte lösen jedoch noch nicht die Kreditklemme für langfristige Finanzierungen. Auch hier werden die Bedingungen für die Unternehmen zusehends schlechter. Dies bedeute dass diese ihre Kapitalstrukturen anpassen und Vor allem auch ihre Pläne für Investitionen straffen müssten.
Die Folgen dieser Kreditklemme habe schon der deutsche Software-Konzern SAP schmerzhaft zu spüren bekommen. Dieser meldete einen „sehr abrupten und unerwarteten Abschwung“ seines Geschäfts.
Weitere Belastungen für den Aktienmarkt
Das lässt für die Aktienmärkte weitere Belastungen befürchten. Wie stark die Kreditklemme schon die Industrie trifft, zeigt sich auch an den Auftragseingängen in den Vereinigten Staaten, die im September stark gefallen sind. „In der Vergangenheit zeigte sich, dass tiefere Auftragseingänge mit Abwärtsrevisionen bei den Gewinnschätzungen einhergehen“, meint Bärtschi.
Die Kreditklemme werde von der Finanzbranche auf alle Branchen und alle Regionen überschwappen, so dass ein größerer wirtschaftlicher Abschwung nicht zu vermeiden sei. „Die Gewinne werden in den nächsten Quartalen stark fallen“, lautet Bärtschis Fazit.
Genau diese Erwartung liegt jedoch dem Kurssturz der vergangenen Tage an den großen Börsen der Welt zugrunde. Insofern ist offen, inwiefern der vorhergesagte Gewinneinbruch am Aktienmarkt nicht schon in den aktuellen Kursen berücksichtigt ist.
Bewertung von Aktien immer noch hoch
Allerdings ist die Konsensschätzung für das Wachstum der Unternehmensgewinne immer noch sehr hoch. Dies bedeutet, dass die Anleger noch längst nicht ihre Gewinnerwartungen in vollem Umfang der neuen Lage angepasst haben. Mit einem Wachstum von 17 Prozent für das laufende Jahr sei die Konsensschätzung „immer noch überaus optimistisch“, moniert auch Sarasin. Dies lässt weitere Kursverluste an den Aktienmärkten befürchten.
Somit ist der Anleger wieder am Ausgangspunkt seiner Überlegungen angelangt: Die Bewertung der Unternehmen erscheint angesichts einer drohenden Rezession - sowohl in den Vereinigten Staaten wie auch in Europa - immer noch sehr hoch. Somit müssen Aktienanleger mit weiteren Enttäuschungen rechnen.
Damit hängen die Perspektiven für den Aktienmarkt weitgehend davon ab, ob die Rettungsaktionen von Regierungen und Notenbanken tatsächlich die Geld- und Kreditmärkte stabilisieren können.
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