deinen Satz
"Wenn der Konsum auf Pump nicht mehr funktioniert. Wann wird das der Fall sein? Wenn die Kreditzinsen steigen..."
(sinngemäß) kennen und bereits zig mal durchdiskutiert haben.
Deshalb müssen die Märkte und vor allem der Zinsmarkt auf Teufel komm heraus weiter manipuliert werden, z. B. die Zinsen ständig weiter nach unten.
In USA geschieht dies zur Zeit am kurzen Ende (Fed senkte bereits mehrmals die Leitzinsen) sowie am langen Ende durch die massiven Repo-Aktionen der Fed, die eine Art "stealth QE" (= ein offiziell nicht "zugegebenes" QE) darstellen.
Trumps Politik ist stark wirtschaftsfreundlich, und die Fed ist mMn nur pro forma "unabhängig" von der Politik. In Wahrheit ist und bleibt die Fed
ein halbstaatliches Instrument in der Hand von Wall Street und Washington, das überwiegend der Marktmanipulation zugunsten Wall Streets dient.
Auch scheint Fed-Chef Powell auf Trumps Drohungen, ihn zu entlassen (feuern), wenn er die Leitzinsen nicht senkt, reagiert zu haben. Das war wohl von Trump nur halbernst geäußert, aber die Wirkung blieb es trotzdem nicht schuldig. Einen entlarvenderen Beweis, wie stark die Fed auch unter der Fuchtel der Politik steht, wird man schwerlich finden.
Dein bärisches Szenario ist, wenn ich es richtig verstanden habe, das Aufkommen einer leichter Inflation, die dann größer wird, so dass die Fed mit Zinserhöhungen reagieren muss - gefolgt von einer mittelschweren Rezession wie nach 2000.
Mir ist dieses Szenario, das wird dich vielleicht wundern, zu bullisch. Denn es setzt intakte, nicht-manipulierte freie Märkte voraus, die es aber seit 2008 nicht mehr gibt. Und es gibt sie deshalb nicht mehr, weil sie ohne die Stützmanipulationen schnell zusammenbrechen würden. Die ganze Rally seit 2009 ist ein riesiges rosa Kaninchen, das Wall Street aus dem Fed-Hut gezaubert hat. Die EZB und die BoJ (Vasallen-Zentralbanken) leisteten wie gewohnt Schützenhilfe.
Weiterhin nennst du zwei Faktoren, die sich tendenziell widersprechen.
1. Risse im Finanzsystem, gepaart mit Vorsicht bei der Kreditvergabe. Das ist ein Szenario, das weniger dem von 2000 (intakte, wenig manipulierte Märkte) als dem von 2008 (kollabierende Märkte, die seitdem nur noch durch Marktmanipulation steigen) entspricht. Ich erwarte diese Risse ebenfalls (siehe unten).
2. Eine steigende Lohn-Preis-Spirale (LPS). Die wäre mMn auf Sicht von 6 bis 12 Monaten sogar ein bullisches Signal - wegen des dann notwendigerweise starken Arbeitsmarktes. Anzumerken ist außerdem, dass LPS ein Phänomen aus der "guten alten Zeit" zu sein scheint, in der es noch organisches Wachstum gab. Es ist daher eher ein Phänomen der Jahr-2000-Ära. Volkswirten ist zudem ein großes Rätsel, warum eine LPS bislang weder in USA noch in Nullzinseuropa in Gang gekommen ist. Manche schreiben dies der zunehmenden Roboterisierung der Produktion zu, die Arbeitskraft entwertet. Oder der aus Billiglohn-China in den Westen exportierten Deflation.
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Mein Alternativ-Szenario ist mittelfristig "krank-bullisch" = unberechtigt weiter steigende Märkte. Dem folgt dann schlagartig ein extremer Einbruch, der auf einem "credit freeze" basiert. Die Märkte könnten sich dann innerhalb von zwei Wochen mehr als halbieren. Der Credit Freeze dürfte aus der Überschuldung auf allen Ebenen resultieren. Auch US-Firmen sind stark verschuldet und oft unter BBB-Rating eingestuft.
Dies wäre ein "plötzliche Risse im Finanzsystem"-Szenario, das dem aus 2008 ähnelt, als schlagartig keine Bank mehr einer anderen traute.
Beim nächsten Crash könnte es aber noch gefährlicher werden, weil man den Notenbanken mit ihren Billionen-schwer aufgeblasenen Bilanzen ebenfalls nicht mehr traut. Dann könnte neuerliche Marktmanipulationen der Notenbanken verpuffen, weil der Markt sich so stark auskotzt, dass sie nicht mehr dagegenhalten können. Parallel dazu dürfte es extreme Umwälzungen auf den Devisenmärkten geben. Die Schweiz könnte schwere Probleme bekommen.
Ein Timing für dieses - letztlich ultrabärische - Szenario halte ich leider für unmöglich.
Es kann schon im Januar 2020 passieren - oder eben auch erst in drei oder vier Jahren.
Dass der Crash kommt ist 100 % sicher. Wann er kommt, ist 100 % unsicher.
Bis auf weiteres werden wir daher einen "Schrödinger-Katzen"-Bullenmarkt sehen, bei dem niemand weiß, ob der Bulle im geschlossenen Fed-Zauberkasten eigentlich noch lebt oder schon tot ist ;-)