In der heutigen HB-Ausgabe ist ein guter Artikel: Wie der Schwanz mit dem Hund wedelt
www.handelsblatt.com/politik/international/...elt/7950296.html
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Alles bekannt. Ende Januar lagen 68,5 Mrd Euro Einlagen bei Banken in Zypern. Ich gehe davon aus, dass seither 15% abgeflossen sind (meine Schätzung) und komme so auf ungefähr 60. Und selbst wenn es letzte Woche nur noch 55 gewesen wären, ändert das meine Überlegungen nicht.
Dass die EZB am Ende die Kastanien aus dem Feuer holen wird, davon gehe ich ebenfalls aus. Siehe meine vorherigen Postings.
Das mit dem Gas sehe ich als weniger wichtig an. Meiner Kenntnis nach sind die Gasvorkommen vor Zypern noch nicht endgültig untersucht und schon gar nicht entwickelt. Bevor der erste Kubikmeter zypriotischen Erdgases exportiert werden kann, vergehen viele Jahre. Zuerst braucht es ausgedehnte geologische Untersuchungen. Dann müssen Bohrinseln gefertigt und nach Zypern geschleppt werden. Diese müssen dort verankert und in Betrieb genommen werden. Dann braucht es Gasleitungen zur Insel und zum Festland oder eine Gasverflüssigungsanlage mit Gashafen in Zypern. Mein Tipp: Sowas kann man in einem Land, dessen Wirtschafts- und Finanzsystem gerade zusammenbricht frühestens in 10 Jahren aufbauen. Außerdem erinnere ich mich, dass die Türkei den Großteil der Gasreserven vor Zypern für sich beansprucht und nicht tatenlos mit ansehen wird, wie der lokale Rivale Russland das dort ausbeutet. Das gibt wieder nur internationalen Klinch und politische oder gar militärische Blockade. Außerdem gehe ich davon aus, dass der Preis für Erdgas in den kommenden Jahren fallen wird. Fracking sei dank. Und in Russland und anderswo gibt es genug (Fracking-)Gaslagerstätten.
Interessanter für Russland wäre wohl ein Militärstützpunkt auf Zypern, da der bisherige Stützpunkt in Syrien (Russlands einziger Marinestützpunkt am Mittelmeer) vermutlich nicht zu halten sein wird, sobald dort die Islamisten die Macht ergreifen (was sie bisher in jedem Land der Arabellion getan haben). Aber dafür 10 Mrd. Euro ausgeben? Da würde ich an Putins Stelle lieber Albanien 1 Mrd. Euro schenken und dort dann einen Marinestützpunkt aufbauen.
Außerdem beschäftigt mich die Überlegung von Van Delft nach der Russland geostratgisch eigentlich kein Interesse daran haben kann, westliche Finanzsysteme zu unterstützen. Putin sieht doch jeden Tag, wie sehr die internationale Macht der USA auch auf den Big 5 beruht. Wäre ich Putin, würde ich versuchen, russische Big 5 aufzubauen, um im internationalen Geschacher mitzuspielen. Um das hinzubekommen, wäre es gut, wenn die russischen Milliarden auch bei den russischen Big 5 liegen. Im Moment liegen die aber zum Teil in Zypern und ich als Putin würde meinen Landsleuten dann sagen: "Pech gehabt. Hättet ihr euer Geld mal lieber bei russischen Banken gebunkert. Dann hätte ich euch helfen können." Aber das sind alles nur meine privaten Überlegungen :-)
Wie von mir befürchtet, werden Kapitalverkehrskontrollen in Zypern vorbereitet. Die erste Meldung diesbezüglich:
"Die zyprischen Banken werden voraussichtlich bis kommenden Dienstag geschlossen bleiben. Zudem soll es für unbestimmte Zeit Einschränkungen für Überweisungen ins Ausland geben, wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Kreise der Regierung und der Zentralbank Zyperns berichtet.
Die Banken sind bereits seit fünf Tagen geschlossen. Am kommenden Montag ist Feiertag auf Zypern. Bis dahin hoffen die Behörden, eine Lösung zum Thema des Finanzproblems Zyperns gefunden zu haben. Auch nach der Öffnung werde es jedoch eine Sperre für Überweisungen ins Ausland geben. Ein entsprechendes Gesetz wurde am Mittwoch ausgearbeitet, hieß es aus Kreisen der Zentralbank."
Damit wird soeben die Abschaffung einer der 4 Grundfreiheiten des EU-Binnenmarkts betrieben. Ich als Journalist würde mich ja sofort auf diese Nachricht stürzen und analysieren, was das wohl für Zypern und die EU bedeutet, aber das ist von der versammelten deutschen Politologen-Irgendwas-mit-Medien-Journaille mal wieder zu viel verlangt!
sieht das so aus: Die Einlagen bei zypriotischen Banken sind vermutlich als Kredite weitergereicht oder in waghalsigen Finanzkonstrukten angelegt worden. Beides kann nicht im Handumdrehen rückgängig gemacht werden, ohne hohe Verluste zu realisieren.
Beispiel:
Eine Bank bekomme Einlagen in Höhe von 100 und reiche 50 davon als Kredit weiter. Die Bankbilanz sieht dann so aus:
Aktiva:
50 Forderungen gegen den Kreditnehmer
50 Forderungen gegen die Zentralbank (Barkasse)
Passiva:
100 Verbindlichkeiten gegenüber dem Einleger (Sparer)
0 Eigenkapital
Bucht jetzt der Sparer seine 100 weg und kann der ausgereichte Kredit nicht sofort beigebracht werden, sieht es so aus:
Aktiva:
50 Forderungen gegen den Kreditnehmer
- 50 Eigenkapital
Passiva:
0
Wenn es so wäre, dass die zypriotischen Banken die massenhafte Auszahlung der Spareinlagen bilanziell verkraften würden, dann müsste man sie heute nicht mehr geschlossen halten (die Speineinlagensteuer wird ja nicht kommen) und auch nicht Kapitalverkehrskontrollen einführen.
in Zypern liegen russ. Gelder im Volumen von 4% des russischen BIP - also wird es massive Interessen geben, daß das nicht den Jordan runtergeht..
bist du ein grober Klotz und brauchst einen groben Keil? Bitte: "Mann, Contrade, wenn ich das schon sehe! Unkommentiert irgendwelche Links auf wirre Statistiken posten, ohne daraus eigene Gedanken zu entwickeln und den anderen in verständlicher Form darzulegen. Fällt dir das zu schwer oder was?"
Bringt uns diese Form der Diskussion weiter?
Nein.
Deswegen bleibe ich bei meiner Form der Diskussion und puzzle mit den mir vorhandenen und verständlichen Informationen ein Bild der Lage zusammen und greife dabei auch auf eigene Annahmen und Überlegungen zurück, die ich nicht 1:1 aus einer Statistik hole. Wen das stört, der braucht meine Postings nicht zu lesen. Einfach drüberscrollen. :-)
Zurück zum Thema - Die EZB ziert sich offiziell noch:
"Ein Hilfsprogramm sei «im besten Interesse Zyperns und aller Mitgliedstaaten der Eurozone», sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen der Wochenzeitung «Die Zeit». Die EZB könne aber «Notfallliquidität nur solventen Banken gewähren» - und die Zahlungsfähigkeit der zypriotischen Banken müsse «als nicht gegeben angesehen werden», wenn nicht bald ein Hilfsprogramm für Zypern beschlossen werde, «das eine rasche Rekapitalisierung des Bankensektors gewährleistet»."
Mal sehen, wie lange die EZB bei ihrer Meinung bleibt. Eigentlich hatte Draghi letztes Jahr ja sinngemäß gesagt, dass die EZB jedes Euro-Land raushaut, wenn es sich vorher einem Hilfsprogramm unterwirft. Genau das ist bisher bei Zypern aber nicht der Fall, womit die EZB bis auf Weiteres eigentlich nicht helfen darf, wenn sie sich an Draghis Aussage gebunden fühlt ...
ist der Kauf zyprischer Banken durch russische (Privat-)Investoren, hier gab es ja heute schon die (dann wieder dementierte) Meldung, daß die Popular Bank von russ. Investoren gekauft worden sei (was eine Ralley in Dax und EURUSD auslöste);
so oder so: der Gesichtsverlust für die EU ist enorm und nicht mehr zu vermeiden, Konflikte sind vorprogrammiert zwischen Rußland und EU, auch wenn Rußland das nicht angestrebt haben dürfte..
Die Wahrscheinlichkeit jedenfalls ist hoch, daß mit dem kleinen Zypern das Auseinanderbrechen der Eurozone beginnt mit Bildung einer Kern-EU (Deutschland + Holland + skandinavische Länder)
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