Als viel zu optimistisch stuft der deutsche Universitätsprofessor Helmut Wagner die vorherrschende Einschätzung über die wirtschaftlichen Folgen der Osterweiterung ein. Insbesondere aus finanzwirtschaftlicher Sicht sei das Projekt mit großen Risken verbunden, wie Wagner beim Alpbacher Bankenseminar erläutert. Eine zu rasche Osterweiterung könne "einen großen Knall" herbeiführen, der die ganze EU in die Rezession reißen könnte.
Im Detail begründet Wagner sein Horrorszenario mit dem vorgesehenen Eintritt der Kandidaten in den Europäischen Wechselkursmechanismus unmittelbar nach der EU-Aufnahme. Die darin vorgesehene Bandbreite für Kursschwankungen von 15 Prozent sei zu eng, spekulative Attacken, wie man sie von anderen Emerging Markets (aufstrebende Märkte) kenne, seien wahrscheinlich.
Mit Turbulenzen rechnet Wagner auch aus einem anderen Grund. Hohe Kapitalzufuhren in die Region würden die Preise stark antreiben und zu einer Immobilien- und Kreditblase führen. Gepaart mit uneinbringlichen Bankenforderungen und mangelnden Kontrollmechanismen am Finanzmarkt könnte dies bei aufkeimendem Mißtrauen über die weitere Entwicklung zu Kapitalabflüssen führen, die einen Kollaps bewirken.
Die von Wagner erwarteten Schwierigkeiten resultierten vor allem aus dem Bestreben der Kandidatenländer, so bald wie möglich Mitglied des Euroraums zu werden. Dazu ist die Erfüllung der Maastrichtkriterien notwendig, die Stabilitätsmerkmale hinsichtlich Schulden, Budgetdefizit, Zinsen und Inflation beinhalten. Damit steuere man in das Dilemma, einerseits eine rigide Fiskalpolitik fahren, andererseits aber den Aufholprozeß vorantreiben zu wollen.
"Investitionen in die Infrastruktur sind gerade in der Vorwärtsentwicklung Voraussetzung für das Wachstum. Sie werden aber unter der Konsolidierung leiden", sagt der Professor an der Universität Hagen (Nordrhein-Westfalen), der sich seine Sporen unter anderem an den Parade-Unis in Massachusetts (MIT), Princeton und Harvard verdiente. Der Crashkurs wird seiner Ansicht nach nicht auf die Region beschränkt bleiben. Vielmehr rechneten die Finanzmärkte, daß die Kern-EU den neuen Mitgliedern unter die Arme greifen wird müssen - durch umfangreiche Transferzahlen und durch die Duldung höherer Inflationsraten und Budgetdefizite. "Das ist, wie wenn ein schräger Vogel in die Familie einheiratet. Um die Existenz der Tochter nicht zu gefährden, wird dem Schwiegersohn immer wieder aus der Patsche geholfen." Wenn die Märkte dies antizipierten, komme es unweigerlich in der ganzen Eurozone zu Turbulenzen. Die Währungsunion müßte eine Risikoprämie für die Kapitalaufnahme bezahlen, womit das Wachstum gebremst würde. Das könne bis zu einer tiefen Rezession führen, erklärt Wagner. Sein Rat: Während die EU-Erweiterung mit keinen großen Problemen verbunden sei, solle der Eintritt in den Wechselkursmechanismus und in den Euroraum verschoben werden.
Nur wenn die Länder wirklich reif dafür seien, solle auch der Euro-Beitritt erfolgen - "am besten in kleinen Schritten wie bei der Salamitaktik". Die Risken seien umso größer, je rascher und umfassender der Prozeß ablaufe. Wagner erntete mit seinem provokanten Vortrag in Alpbach teils heftigen Widerspruch, teils Anerkennung.
So meinte auch Peter Havlik vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), daß er keinen Beitritt der Kandidatenländer zur Währungsunion vor 2011 befürworte. Es mache keinen Sinn, beim Personenverkehr und teilweise beim Kapitalverkehr (im Bereich des Grunderwerbs) siebenjährige Übergangsfristen zu setzen, die monetäre Integration dagegen voranzutreiben.
"Die Beitrittskandidaten brauchen die Inflation, allein um beim Preisniveau aufzuholen."
Zudem teilt Havlik die Meinung, daß die Kombination - realwirtschaftliche Konvergenz und Erfüllung der Maastrichtkriterien - nicht passe: "Die Länder brauchen die Inflation, allein um beim Preisniveau aufzuholen." Kritik an der skeptischen Sichtweise kam von Peter Grasman, Volkswirt in der EU-Kommission. Der Finanzmarkt sei nur ein Bereich einer viel breiter angelegten Integration, die durch die Übernahme des Rechtsbestands der EU gesichert werde. Das bezweifelt Wagner freilich. Er sieht wegen des enormen politischen Drucks auf eine raschere Erweiterung eine Verwässerung bei der Übernahme des EU-Rechts. Zudem seien viele Anpassungen - insbesondere der Aufbau von Institutionen - eine Frage von Jahrzehnten.
Havlik betonte indes, daß die Konjunktur in den Ostländern derzeit nicht von der Konjunkturabschwächung in Westeuropa beeinträchtigt werde, eine Ausnahme stelle Polen dar, was aber hausgemachte Gründe habe. Für Mitteleuropa rechnet er mit einem Wachstum heuer und 2002 um die 3,5 Prozent. Die hohe Arbeitslosigkeit werde wegen der anhaltenden Rationalisierungen aber nicht sinken - im Gegenteil: Er rechnet mit einem Anstieg der Rate von derzeit 14 Prozent auf 14,6 Prozent im kommenden Jahr.
Im Detail begründet Wagner sein Horrorszenario mit dem vorgesehenen Eintritt der Kandidaten in den Europäischen Wechselkursmechanismus unmittelbar nach der EU-Aufnahme. Die darin vorgesehene Bandbreite für Kursschwankungen von 15 Prozent sei zu eng, spekulative Attacken, wie man sie von anderen Emerging Markets (aufstrebende Märkte) kenne, seien wahrscheinlich.
Mit Turbulenzen rechnet Wagner auch aus einem anderen Grund. Hohe Kapitalzufuhren in die Region würden die Preise stark antreiben und zu einer Immobilien- und Kreditblase führen. Gepaart mit uneinbringlichen Bankenforderungen und mangelnden Kontrollmechanismen am Finanzmarkt könnte dies bei aufkeimendem Mißtrauen über die weitere Entwicklung zu Kapitalabflüssen führen, die einen Kollaps bewirken.
Die von Wagner erwarteten Schwierigkeiten resultierten vor allem aus dem Bestreben der Kandidatenländer, so bald wie möglich Mitglied des Euroraums zu werden. Dazu ist die Erfüllung der Maastrichtkriterien notwendig, die Stabilitätsmerkmale hinsichtlich Schulden, Budgetdefizit, Zinsen und Inflation beinhalten. Damit steuere man in das Dilemma, einerseits eine rigide Fiskalpolitik fahren, andererseits aber den Aufholprozeß vorantreiben zu wollen.
"Investitionen in die Infrastruktur sind gerade in der Vorwärtsentwicklung Voraussetzung für das Wachstum. Sie werden aber unter der Konsolidierung leiden", sagt der Professor an der Universität Hagen (Nordrhein-Westfalen), der sich seine Sporen unter anderem an den Parade-Unis in Massachusetts (MIT), Princeton und Harvard verdiente. Der Crashkurs wird seiner Ansicht nach nicht auf die Region beschränkt bleiben. Vielmehr rechneten die Finanzmärkte, daß die Kern-EU den neuen Mitgliedern unter die Arme greifen wird müssen - durch umfangreiche Transferzahlen und durch die Duldung höherer Inflationsraten und Budgetdefizite. "Das ist, wie wenn ein schräger Vogel in die Familie einheiratet. Um die Existenz der Tochter nicht zu gefährden, wird dem Schwiegersohn immer wieder aus der Patsche geholfen." Wenn die Märkte dies antizipierten, komme es unweigerlich in der ganzen Eurozone zu Turbulenzen. Die Währungsunion müßte eine Risikoprämie für die Kapitalaufnahme bezahlen, womit das Wachstum gebremst würde. Das könne bis zu einer tiefen Rezession führen, erklärt Wagner. Sein Rat: Während die EU-Erweiterung mit keinen großen Problemen verbunden sei, solle der Eintritt in den Wechselkursmechanismus und in den Euroraum verschoben werden.
Nur wenn die Länder wirklich reif dafür seien, solle auch der Euro-Beitritt erfolgen - "am besten in kleinen Schritten wie bei der Salamitaktik". Die Risken seien umso größer, je rascher und umfassender der Prozeß ablaufe. Wagner erntete mit seinem provokanten Vortrag in Alpbach teils heftigen Widerspruch, teils Anerkennung.
So meinte auch Peter Havlik vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), daß er keinen Beitritt der Kandidatenländer zur Währungsunion vor 2011 befürworte. Es mache keinen Sinn, beim Personenverkehr und teilweise beim Kapitalverkehr (im Bereich des Grunderwerbs) siebenjährige Übergangsfristen zu setzen, die monetäre Integration dagegen voranzutreiben.
"Die Beitrittskandidaten brauchen die Inflation, allein um beim Preisniveau aufzuholen."
Zudem teilt Havlik die Meinung, daß die Kombination - realwirtschaftliche Konvergenz und Erfüllung der Maastrichtkriterien - nicht passe: "Die Länder brauchen die Inflation, allein um beim Preisniveau aufzuholen." Kritik an der skeptischen Sichtweise kam von Peter Grasman, Volkswirt in der EU-Kommission. Der Finanzmarkt sei nur ein Bereich einer viel breiter angelegten Integration, die durch die Übernahme des Rechtsbestands der EU gesichert werde. Das bezweifelt Wagner freilich. Er sieht wegen des enormen politischen Drucks auf eine raschere Erweiterung eine Verwässerung bei der Übernahme des EU-Rechts. Zudem seien viele Anpassungen - insbesondere der Aufbau von Institutionen - eine Frage von Jahrzehnten.
Havlik betonte indes, daß die Konjunktur in den Ostländern derzeit nicht von der Konjunkturabschwächung in Westeuropa beeinträchtigt werde, eine Ausnahme stelle Polen dar, was aber hausgemachte Gründe habe. Für Mitteleuropa rechnet er mit einem Wachstum heuer und 2002 um die 3,5 Prozent. Die hohe Arbeitslosigkeit werde wegen der anhaltenden Rationalisierungen aber nicht sinken - im Gegenteil: Er rechnet mit einem Anstieg der Rate von derzeit 14 Prozent auf 14,6 Prozent im kommenden Jahr.