Dax verfällt nach Ifo-Schock in Angststarre
Stimmungsindikator bricht unerwartet stark ein - Tiefster Stand seit September 2003 - Konsumwerte unter Druck
von Daniel Eckert
Berlin - "Absolut schockierend" - das war zum Wochenausklang die Reaktion vieler Marktteilnehmer auf den Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni. Denn mit 94,6 fiel der Stimmungsindikator der deutschen Wirtschaft deutlich schlechter aus als von den Analysten prognostiziert. "Mit einem dermaßen enttäuschenden Wert hat wahrlich niemand gerechnet", sagt Stefan Mitropoulos, Stratege bei der Bankgesellschaft Berlin. Tatsächlich war die Stimmung bei den 7000 befragten Firmen so schlecht wie seit neun Monaten nicht mehr. Die Unternehmen beurteilten nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch die Zukunftsaussichten pessimistisch. Die Reaktion des Dax ließ nicht lange auf sich warten: Binnen Minuten nach Veröffentlichung der Ifo-Zahlen fiel das Börsenbarometer, das am Morgen noch eine freundliche Tendenz an den Tag gelegt hatte, um 25 Punkte, um für den Rest des Tages in einer Art Angststarre zu verharren.
Erfahrungsgemäß bewegen sich der Dax und der Ifo-Index weitgehend parallel, so dass einige Börsianer das überraschende Absacken des Ifo als Warnzeichen für die künftige Entwicklung am Aktienmarkt werten. "Noch ein weiter Rückgang des Stimmungsindikators - und wir hätten ein klares Abschwungsignal", äußert sich Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei Invesco Asset Management in Frankfurt. Besonders bedauerlich sei, dass die boomende Weltwirtschaft offensichtlich nicht ausgereicht habe, die hiesige Binnenkonjunktur rechtzeitig in Fahrt zu bringen. "Wenn die globale Dynamik demnächst nachlässt, hat Deutschland die Gelegenheit verpasst, auf den Wachstumspfad zurückzufinden." Andere Ökonomen erklären, offensichtlich habe man die dämpfenden Auswirkungen der kräftig gestiegenen Ölpreise unterschätzt, die BIP-Prognosen müssten nun womöglich nach unten angepasst werden. Für Krämer droht der Bundesrepublik eine ähnliche Malaise wie dem Japan der neunziger Jahre. "Eine jahrelange Stagnation - mangels ausreichender politischer Reformen könnte uns auch hier zu Lande blühen." Angesichts der Bestürzung, welche der Ifo-Rückgang bei vielen Volkswirten auslöste, verwundert es schon fast, dass der Dax nicht stärker unter die Räder kam. Eine Erklärung liefert Klaus Schrüfer, Stratege bei der SEB in Frankfurt: "Die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Zinsanhebung durch die EZB könnte nach den Ifo-Zahlen zurückgegangen sein.". Und Tom Levinson, Analyst bei ING, sekundiert: "Diese Stimmungsdaten zeigen, wie fragil die wirtschaftliche Erholung ist, und wie weit entfernt damit auch eine straffere Geldpolitik in Euroland." Andere Experten machen darauf aufmerksam, dass die Ifo-Zahlen für die Volkswirtschaft insgesamt zwar ein verheerendes Omen sind, die Dax-Unternehmen aber noch am wenigsten tangieren. "Großunternehmen entkommen der deutschen Misere noch am ehesten", sagt John Hatherly, Stratege bei der britischen Fondsgesellschaft M&G in London. So hätten sie ihre Produktion oft ins Ausland verlagert und würden darüber hinaus auch einen Großteil ihres Umsatzes jenseits deutscher Grenzen erzielen.
Doch nicht alle Dax-Werte sind gleichermaßen gegen eine schwache Binnenkonjunktur gefeit. "Der starke Stimmungseinbruch dürfte vor allem mit dem scharfen Rückgang der Einzelhandelsumsätze zusammenhängen", schreibt Jürgen Michels, Analyst bei der Citigroup in London, in einem Kommentar. Ein Blick auf die Kurstafel bestätigte Michels Einschätzung: Ganz oben auf der Verliererliste fanden sich gestern Titel, deren Entwicklung von der Inlandsnachfrage abhängig ist. So gaben TUI- und Metro-Aktien bis zum Nachmittag knapp zwei Prozent nach.
Welt.de
Stimmungsindikator bricht unerwartet stark ein - Tiefster Stand seit September 2003 - Konsumwerte unter Druck
von Daniel Eckert
Berlin - "Absolut schockierend" - das war zum Wochenausklang die Reaktion vieler Marktteilnehmer auf den Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni. Denn mit 94,6 fiel der Stimmungsindikator der deutschen Wirtschaft deutlich schlechter aus als von den Analysten prognostiziert. "Mit einem dermaßen enttäuschenden Wert hat wahrlich niemand gerechnet", sagt Stefan Mitropoulos, Stratege bei der Bankgesellschaft Berlin. Tatsächlich war die Stimmung bei den 7000 befragten Firmen so schlecht wie seit neun Monaten nicht mehr. Die Unternehmen beurteilten nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch die Zukunftsaussichten pessimistisch. Die Reaktion des Dax ließ nicht lange auf sich warten: Binnen Minuten nach Veröffentlichung der Ifo-Zahlen fiel das Börsenbarometer, das am Morgen noch eine freundliche Tendenz an den Tag gelegt hatte, um 25 Punkte, um für den Rest des Tages in einer Art Angststarre zu verharren.
Erfahrungsgemäß bewegen sich der Dax und der Ifo-Index weitgehend parallel, so dass einige Börsianer das überraschende Absacken des Ifo als Warnzeichen für die künftige Entwicklung am Aktienmarkt werten. "Noch ein weiter Rückgang des Stimmungsindikators - und wir hätten ein klares Abschwungsignal", äußert sich Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei Invesco Asset Management in Frankfurt. Besonders bedauerlich sei, dass die boomende Weltwirtschaft offensichtlich nicht ausgereicht habe, die hiesige Binnenkonjunktur rechtzeitig in Fahrt zu bringen. "Wenn die globale Dynamik demnächst nachlässt, hat Deutschland die Gelegenheit verpasst, auf den Wachstumspfad zurückzufinden." Andere Ökonomen erklären, offensichtlich habe man die dämpfenden Auswirkungen der kräftig gestiegenen Ölpreise unterschätzt, die BIP-Prognosen müssten nun womöglich nach unten angepasst werden. Für Krämer droht der Bundesrepublik eine ähnliche Malaise wie dem Japan der neunziger Jahre. "Eine jahrelange Stagnation - mangels ausreichender politischer Reformen könnte uns auch hier zu Lande blühen." Angesichts der Bestürzung, welche der Ifo-Rückgang bei vielen Volkswirten auslöste, verwundert es schon fast, dass der Dax nicht stärker unter die Räder kam. Eine Erklärung liefert Klaus Schrüfer, Stratege bei der SEB in Frankfurt: "Die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Zinsanhebung durch die EZB könnte nach den Ifo-Zahlen zurückgegangen sein.". Und Tom Levinson, Analyst bei ING, sekundiert: "Diese Stimmungsdaten zeigen, wie fragil die wirtschaftliche Erholung ist, und wie weit entfernt damit auch eine straffere Geldpolitik in Euroland." Andere Experten machen darauf aufmerksam, dass die Ifo-Zahlen für die Volkswirtschaft insgesamt zwar ein verheerendes Omen sind, die Dax-Unternehmen aber noch am wenigsten tangieren. "Großunternehmen entkommen der deutschen Misere noch am ehesten", sagt John Hatherly, Stratege bei der britischen Fondsgesellschaft M&G in London. So hätten sie ihre Produktion oft ins Ausland verlagert und würden darüber hinaus auch einen Großteil ihres Umsatzes jenseits deutscher Grenzen erzielen.
Doch nicht alle Dax-Werte sind gleichermaßen gegen eine schwache Binnenkonjunktur gefeit. "Der starke Stimmungseinbruch dürfte vor allem mit dem scharfen Rückgang der Einzelhandelsumsätze zusammenhängen", schreibt Jürgen Michels, Analyst bei der Citigroup in London, in einem Kommentar. Ein Blick auf die Kurstafel bestätigte Michels Einschätzung: Ganz oben auf der Verliererliste fanden sich gestern Titel, deren Entwicklung von der Inlandsnachfrage abhängig ist. So gaben TUI- und Metro-Aktien bis zum Nachmittag knapp zwei Prozent nach.
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