Dax-Ausblick: Märkte im Zinsschatten

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EinsamerSam.:

Dax-Ausblick: Märkte im Zinsschatten

 
06.08.06 15:11
Weitere Unternehmenszahlen

Dax-Ausblick: Märkte im Zinsschatten

Die kommende Börsenwoche steht wieder einmal unter dem Schatten einer Zinsentscheidung der US-Notenbank. Daneben werden zahlreiche Unternehmen die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen.

HB FRANKFURT. Wenige Tage vor dem Ende der Berichtssaison zum zweiten Quartal dürften die meisten Anleger innehalten: Mitten in der schier nicht enden wollenden Flut der Zwischenberichte der Unternehmen wird die Fed alle Blicke auf sich ziehen. Am Dienstag entscheidet die wichtigste Notenbank der Welt über die zukünftige Geldpolitik in den USA und damit über den Trend an den globalen Finanzmärkten - auch den hierzulande. „Die Frage aller Fragen auf dem Parkett wird sein, ob die Zinsen in den USA weiter steigen oder ob wir nach 17 Stufen auf der Zinstreppe nach oben nun endlich auf dem Dach angekommen sind“, sagt ein Frankfurter Händler.

Genau in dieser Situation setzte der US-Arbeitsmarktbericht Akzente. Da nur 113 000 neue Stellen im Juli in den USA geschaffen worden waren, sehe man der Sitzung der US- Notenbank am kommenden Dienstag gelassen entgegen, sagen Börsenbeobachter. Denn erwartet wurden 150 000 Stellen. Wegen der enttäuschenden Arbeitsmarktentwicklung rechnen einige Analysten daher nicht mit einer Zinserhöhung. Dem Aktienmarkt sei damit ein schwerwiegender Belastungsfaktor genommen worden, hoffen sie.

Für die meisten Aktienstrategen teilt sich die kommende Woche in zwei Abschnitte auf. Bis Dienstagabend dominiert der Blick auf die Konjunktur, ab Mittwoch dann stehen wieder die Unternehmen und ihre Bilanzen im Mittelpunkt des Interesses.

Noch einmal lassen sich sieben Konzerne aus dem Dax in die Bücher schauen: Im Terminkalender stehen dicht gedrängt am Mittwoch und Donnerstag die Commerzbank, Adidas, HypoRealEstate, RWE, die Deutsche Telekom und Tui. Einen detaillierten Blick auf das Zahlenwerk gewährt am Freitag noch Thyssen-Krupp - Eckpunkte der Bilanz des Essener Konzerns sind den Investoren allerdings bereits bekannt. Zahlreiche Bilanzen von Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe kommen im Laufe der Woche dazu.

Besonderes Augenmerk verdient nach Ansicht der Analysten das Zahlenwerk der Deutschen Telekom. Europas mit Abstand größter Telekommunikationskonzern hat viele Probleme. Festnetz- wie Mobilfunkgeschäft laufen nicht rund, der frühere Monopolist verliert immer mehr Kunden. Die ehemalige Volksaktie hat sich binnen sechs Jahren auf etwa ein Zehntel ihres Wertes verbilligt. Zu allem Überfluss schließen viele Experten eine Gewinnwarnung nicht aus.

Im Großen und Ganzen können die Anleger jedoch nach Ansicht von Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) aber mit der bisherigen Berichtssaison zufrieden sein. „Zwei Drittel der Dax-Unternehmen haben ihre Ergebnisse zum zweiten Quartal bereits vorgelegt. Dabei lagen etwa 50 Prozent der Gewinne über den Erwartungen, während weniger als 20 Prozent enttäuschen.“ Positiv niedergeschlagen am Aktienmarkt haben sich die teils starken Zahlen nach Meinung anderer Experten aber eher nicht. „Die bisherige Berichtssaison hat dem Markt keine echten Impulse liefern können“, sagt Christian Schmidt von der Helaba. Bernd Meyer von der Deutschen Bank macht dafür vor allem die Angst in den Vorstandsetagen vor allzu vollmundigen Prognosen verantwortlich: „In den Ausblicken der Unternehmen fand sich bislang keine klare Richtung.“

Fondsmanager hatten vor Beginn der Berichtssaison erklärt, „mindestens ein Drittel“ aller Unternehmensberichte abzuwarten. Vorher würde man keine Anlageentscheidungen fällen wollen. Diese Zeit ist nun vorbei; von den Fonds könnte daher nun - so die Hoffnung von Aktienstrategen - frisches Geld an den Aktienmarkt fließen.

Der Dax trat in den zurückliegenden fünf Handelstagen praktisch auf der Stelle - bei hohen Ausschlägen pendelte das Börsenbarometer zwischen 5 600 und 5 700 Punkten. Gerhard Schwarz von der HypoVereinsbank (HVB) erklärt sich das so: „Die Anleger werden hin und her gerissen zwischen Weltpolitik, der Geldpolitik in den USA und Europa, sowie den Unternehmenszahlen.“ Unsicherheitsfaktoren wie der Konflikt im Libanon, der hohe Ölpreis, aber auch der fernab der Schlagzeilen weiter schwelende Konflikt um das Atomprogramm des Iran sorgen für Nervosität in den Handelsräumen.

Für den Deutsche-Bank-Experten Meyer entscheidet sich in dieser unübersichtlichen Gemengelage - immer mit Blick auf die weitere Entwicklung der Leitzinsen in Europa und den USA - in den kommenden Tagen auch der Trend für die Weltwirtschaft: „Die große Frage ist schon heute: Was passiert in den nächsten Wochen und Monaten. Nimmt der konjunkturelle Aufschwung nur eine kurze Pause oder ist sein Ende, das irgendwann kommen muss, schon in Sichtweite.“

Die Börsenexperten des Stuttgarter Bankhauses Ellwanger & Geiger verweisen auf einen näher liegenden Bremsfaktor: traditionell laufen die Börsen in den Monaten August und September eher schwach. „Auch in diesem Jahr ist durchaus von einer Wiederholung auszugehen“, prognostizieren die Beobachter. LBBW-Experte Schallenberger will die Hoffnung aber noch nicht aufgeben: „Sollte der Dax in diesem Sommer tatsächlich noch durchstarten, bietet sich mit der kommenden Woche fast schon die letzte Gelegenheit.“ Im Übrigen seien die Dax-Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 durchaus günstig bewertet.

Letztlich ist man auch bei Ellwanger & Geiger eher positiv gestimmt. „Die europäischen Aktienmärkte befinden sich in ihrer Gesamtkonstellation in einer guten Verfassung“, schreiben die Analysten in ihrer aktuellen „Marktmeinung aus Stuttgart“, „allerdings ist immer wieder große Nervosität bei den institutionellen Anlegern zu spüren, die sich über den weiteren Verlauf sehr unsicher sind“. Charttechnisch zeige der Dax ein freundliches Bild. Der Index liege oberhalb seiner 200-Tageslinie von 5 600 Punkten. „Die nächste Widerstandslinie ist erst bei 5 770 Punkten, die Unterstützungslinie bei 5 500 Punkten“, erklären die Stuttgarter. Auch andere Charttechniker zeigten sich optimistisch: Sie verweisen auf der Ausbruch des Dax nach oben aus einer „W-Formation“. Diese sei typisch für eine gesunde Bodenbildung.

Der für den Daytradebroker Click-Options tätige technische Analyst Matthieu Driol beurteilt die Entwicklung allerdings zurückhaltender. "Dass der Dax an der Widerstandslinie bei 5 710 Punkten gescheitert ist, zwingt uns zu einer kurzfristig reservierten Meinung. Unsere Meinung ist derzeit neutral", so Driol. Die Ellwanger & Geiger-Experten rechnen im Übrigen – wie andere Marktbeobachter – mit einer Veränderung in der Zusammensetzung des Dax: „Der große Favorit Merck wird für Schering nicht im Index aufgenommen, dafür aber die Postbank, auf Grund der Marktkapitalisierung.“

Belastende Nachrichten aus USA

Den Markt belasten könnten Nachrichten aus den USA, denen Beobachter Potenzial für einen Domino- Effekt geben. Der US-Computerhersteller Apple hat offenbar Probleme mit dem Verbuchung von Aktienoptionen. Wegen der Rückdatierung von Optionen müssen einige Geschäftsberichte neu geschrieben werden. Händler befürchten nun, dass bis zurück nach 1992 neue Berichte angefertigt werden müssten.

“Das könnte das Zeug zu einem Enron-Effekt haben“, erklärte ein Händler mit Verweis auf den untergegangenen Stromhändler. Genaue Gewinnschätzungen seien wegen dieser Options-Verbuchung nicht mehr möglich. „Alle Investoren würden daher einen Risikoaufschlag auf die Aktiengewinne vornehmen - sprich: nur noch deutlich tiefere Kurse bezahlen“, so der Händler. Diese Angst könne den ganzen US-Markt anstecken.


Quelle: HANDELSBLATT, Sonntag, 6. August 2006, 09:59 Uhr

Euer

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