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Das Comeback der Dividenden


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Nassie:

Das Comeback der Dividenden

 
06.04.03 11:44
Trostpflaster für Aktionäre Dividenden? Jahrelang hat sich kaum jemand dafür interessiert. Doch mit Dividendenrenditen auf Rekordniveau ist das ganz anders. Wo es am meisten zu verdienen gibt, worauf Anleger achten sollten.
Die Dividenden-Saison beginnt mit einem Knaller. Wenn am nächsten Mittwoch DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp auf dem Berliner Messegelände zur Hauptversammlung (HV) vor seine Aktionäre tritt, soll’s richtig Kohle geben. Die Zustimmung der Anteilseigner vorausgesetzt, wird der Autobauer für das vergangene Jahr 1,50 Euro Dividende je Aktie ausschütten. Insgesamt bekämen die Aktionäre damit rund 1,52 Milliarden Euro in ihre Depots gebucht. So viel zahlt kein anderer deutscher Konzern. Der Geldsegen aus Schwaben ist erst der Anfang. Bis Ende April machen alleine die sieben im DAX notierten Riesen Daimler, Schering, Henkel, VW, Bayer, Allianz und E.ON zusammen 4,45 Milliarden Euro locker. Insgesamt 10,1 Milliarden Euro wollen die 30 DAX-Unternehmen bis Mitte Juni an ihre Eigentümer überweisen.

Angesichts dieser Aussichten sind Investoren längst wieder auf Dividendenjagd. Dabei ist nicht nur die Höhe der Ausschüttungen interessant. Auch relativ ist die Anlage in Dividenden-Papieren in diesem Jahr lukrativ wie schon lange nicht mehr. „Die DAX-Werte bringen es nach den Kursabstürzen inzwischen auf eine Dividendenrendite von durchschnittlich 3,4 Prozent", sagt Karl-Heinrich Mengel, Leiter Vermögensverwaltung bei der BHF-Bank in Frankfurt. Das ist der höchste Wert seit 20 Jahren (siehe Grafik). Bei einigen Titeln gibt es sogar deutlich mehr.

Den Vogel im DAX schießt in diesem Jahr die TUI ab. Weil der Reisekonzern ungeachtet des Nachfrage-Einbruchs eisern an seiner Vorjahresdividende von 0,77 Euro festhält, kommt eine Rendite von 8,6 Prozent zusammen. Auch Lufthansa-Boss Jürgen Weber (7,1 Prozent Dividendenrendite) und Bayer-Chef Manfred Wenning (6,9 Prozent) halten für ihre Aktionäre nach den Kursabstürzen der vergangenen Monate noch Trostpflaster bereit.

Auch andere europäische Konzerne verteilen Stimmungsaufheller. So bietet jedes dritte der 600 größten europäischen Unternehmen eine Dividendenrendite von rund vier Prozent, einige wie ABN Amro oder der spanische Versorger Endesa locken mit über sechs Prozent (siehe Tabelle). Und selbst der Euro Stoxx 50 rentiert auf Basis der 2002er- Dividende mit 3,5 Prozent auf dem höchsten Stand seit 1983.

Kein Wunder, dass die Ausschüttung zum Auswahlkriterium wird: „Bei Anlage-Entscheidungen spielt die Dividendenrendite inzwischen eine deutlich größere Rolle als noch vor ein paar Jahren", hat etwa Volker Borghoff beobachtet, Aktienstratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. Auch unter privaten Investoren erlebt die Dividende ihre Renaissance: „Viele Privatanleger kaufen Aktien nur noch, wenn sie eine Dividendenrendite von fünf bis sechs Prozent bieten", sagt Frank Schallenberger, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).

Noch vor ein paar Jahren war das völlig anders. „Damals galten Dividendenzahlungen bei Technologie-Unternehmen doch als Schwächezeichen, für das sie von den Märkten abgestraft worden wären", sagt Olgerd Eichler, Fondsmanager bei Union Investment in Frankfurt. Statt auf Ausschüttungen drängten Investoren damals auf Investitionen in neue Produkte - und Firmenzukäufe. „Wachstum war damals eben alles", so Eichler. Doch nach den Erfahrungen mit den dividendenlosen Wachstumstiteln vom Neuen Markt, Übernahmekatastrophen a la Dresdner/Allianz, Millionenverlusten (HVB, Deutsche Telekom) und milliardenschwerer Vernichtung von Aktionärskapital (Allianz, Münchener Rück) gelten Ausschüttungen wieder als Gütesiegel. Und das völlig zu Recht.

Schließlich trägt die Dividende weit stärker zum Gesamtertrag einer Aktie bei, als viele ahnen: „Seit 1988 machen die Dividenden im DAX 45 Prozent am Gesamtertrag aus, die übrigen 55 Prozent entfallen auf die Kursentwicklung", sagt etwa Frank Schallenberger von der LBBW. Bei längeren Zeiträumen ist der Anteil noch höher: „Seit 1900 kommt rund die Hälfte des Wertzuwachses aus Dividenden", so Jorik van den Bos, Fondsmanager bei Frankfurt Trust (siehe Interview). Und: Je dividendenstärker der Titel, desto besser. Nach einer aktuellen Untersuchung von Goldman Sachs schlug ein Korb aus den jeweils 20 dividendenstärksten Werten aus dem FTSE-World-Europe- Index zwischen 1981 und 2002 den Index um durchschnittlich 3,4 Prozent pro Jahr (siehe Grafik). Für Fachleute ist das keine Überraschung: „Unternehmen, die ein hohes Maß an Dividenden-Kontinuität bieten, weisen auch zuverlässig Gewinne aus", sagt Karl-Heinrich Mengel von der BHF-Bank. Das kommt dem Kurs zu Gute. Außerdem diszipliniert eine hohe Ausschüttung das Management: „Wenn ein Unternehmen viel Geld an die Aktionäre ausschüttet, wird das Risiko kleiner, das Geld in unrentable Projekte zu stecken", so van den Bos.

Zudem bieten dividendenstarke Werte „einen Risikopuffer nach unten", sagt Fondsmanager Olgerd Eichler von Union Investment: „Wenn eine Aktie von 40 auf zehn Euro gefallen ist und eine Dividende von einem Euro bietet, ist das Risiko eines weiteren Kursverfalls schon wegen der Dividendenrendite von zehn Prozent begrenzt."

Dazu kommt der Renditevorteil gegenüber Anleihen. So bringt die DaimlerChrysler-Aktie derzeit 5,3 Prozent. Damit rentieren die Stuttgarter derzeit über der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Und steuerlich attraktiver sind Dividenden obendrein. Denn seit 2002 gilt bei Ausschüttungen das so genannte Halbeinkünfte-Verfahren. Seither muss nur noch die Hälfte der Dividendeneinkünfte oberhalb des Freibetrags versteuert werden. Für Zinsen, die Anlegern etwa aus einer Unternehmensanleihe zufließen, ist dagegen die volle Steuer fällig.

Experten warnen allerdings davor, sich von einer aktuell glänzenden Dividendenrendite bei der Aktienauswahl blenden zu lassen. „Bei den Ausschüttungen kommt es auf Kontinuität an", sagt Aktienstratege Frank Klumpp von der LBBW. Schließlich nütze die schönste Dividende nichts, wenn sie im Folgejahr gekürzt werde oder ausfalle - und der Kurs dann stark einbricht, so Klumpp. Die Gefahr einer Dividendenkürzung droht etwa bei der TUI. Der Touristik-Konzern glänzt zwar mit einer überdurchschnittlichen Dividendenrendite. Allerdings könnten die Gewinne angesichts des Irak-Kriegs im laufenden Jahr böse einknicken. Die Dividenden-Kontinuität steht daher auf wackeligen Beinen.

Außerdem sollten Anleger darauf achten, wie die Dividende finanziert wird. Wurde der ausgeschüttete Gewinn durch den Verkauf des Tafelsilbers erzielt? Wird der gesamte Gewinn eines Jahres ausgeschüttet? Wird gar eine Dividende gezahlt, obwohl das Unternehmen einen Verlust ausweisen musste? Die Landesbank Baden-Württemberg hat die Dividendenrenditen im DAX und im Euro Stoxx 50 auf nachhaltige Qualität untersucht. Neben der Dividendenhöhe und -entwicklung haben sich Analysten etwa das Gewinnwachstum und die Ratings angeschaut (siehe Tabelle). Nach diesem Ansatz liegt E.ON mit einer Rendite von 4,6 Prozent im DAX ganz vorne. Aber der Konzern hat eben ein sehr stabiles Geschäft. Der Finanzdienstleister ING, Nummer 1 im Euro-Stoxx-Ranking, glänzt dagegen mit der höchsten Dividendenrendite und kontinuierlich steigenden Ausschüttungen, so LBBW-Aktienstratege Frank Klumpp. Seit 1992 haben die Niederländer ihren Aktionären neun Mal einen Aufschlag gegönnt.

Wer es ein bisschen riskanter mag, sollte sich zudem bei den Small Caps umschauen. Hier winken Renditen von nahezu zehn Prozent. Obwohl hier diverse Unternehmen Dividendenerhöhungen ankündigten, verharren die Kurse oft auf dem niedrigen Niveau. „Für die großen Fonds sind diese Aktien oft zu klein und illiquide", erklärt Analyst Matthias Schrade von GSC Research. Für Privatanleger eine Chance.

Zu den Favoriten von GSC Research gehört Interseroh. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen den Umsatz durch Zukäufe auf rund 600 Millionen Euro verdreifacht und ist damit einer der größten deutschen Versorger. Zudem glänzt der Wert mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von neun. Interessant ist auch Hyrican. Das ostdeutsche Unternehmen baut Notebooks und Computer für Großversender wie Neckermann oder den Bauer Versand. 2002 stieg der Gewinn um 70 Prozent auf 8,9 Millionen Euro, während der Umsatz nur um fünf Prozent anzog. Spendabel zeigt sich Hyrican bei der Dividende, die von 0,45 auf 0,65 Cent je Aktie erhöht wurde. Das entspricht einer Rendite von rund 7,3 Prozent. „Mit einem 2003er-KGV von fünf ist der Konzern trotz weiterhin positiver Wachstumsaussichten zudem extrem günstig bewertet", so Analyst Schrade.

Eine Dividendenrendite von über sieben Prozent weist auch der Automobil-Zulieferer Elring Klinger auf. Der führende Hersteller von Zylinderkopfdichtungen, der etwa VW beliefert, hat seinen Marktanteil in den vergangenen Jahren ausgebaut. Außerdem ist H&R Wasag interessant. Der Chemiekonzern zahlt nach erfolgreicher Umstrukturierung wieder eine Dividende von 0,45 Cent, das entspricht einer Rendite von rund acht Prozent. Und wer bei der Dividende auch noch ein bisschen Spaß haben will, sollte sich um Papiere der Brauerei Härle aus Königseggwald in Baden-Württemberg bemühen. Der angeschlagene Familienbetrieb hat unlängst Aktien ausgegeben. Die Dividende gibt’s in Naturalien. 50 Liter Bier sollen die Aktionäre künftig bekommen. Und eine Eigentümerversammlung dürfte wohl auch lustiger sein als eine Hauptversammlung bei DaimlerChrysler.

DIVIDENDEN Wann sie gezahlt werden, wo das Risiko liegt

Was ist eine Dividende?

Die Dividende ist eine variabler Ausschüttungsbetrag, den ein Investor auf seine Aktie erhält. Neben dem möglichen Kursgewinn ist die Dividende die zweite Ertragskomponente einer Aktie (laufender Ertrag). In der Regel wird die Dividende jährlich ausgeschüttet. Ihre Höhe richtet sich nach dem Erfolg des Geschäftsjahres sowie der Finanzkraft eines Unternehmens.

Wer schlägt die Dividende vor?

Der Vorstand macht dem Aufsichtsrat einen Gewinnverwendungs-Vorschlag. Stimmen die Aufseher zu, geht der Vorschlag an die Hauptversammlung (HV), also die Versammlung der Aktionäre beziehungsweise Eigentümer. Die endgültige Entscheidung über die Dividendenhöhe trifft die HV.

Bis wann sollten Anleger eine Aktie kaufen, um die Dividende zu kassieren? Anleger, die die Dividende kassieren wollen, müssen darauf achten, dass die Aktie spätestens am Tag der HV in ihrem Depot ist.

Wann findet die HV statt?

Das hängt vom Geschäftsjahr des Unternehmens ab, meist jedoch in der Hochsaison von April bis Juni.

Wann wird die Dividende gezahlt?

In der Regel am Tag nach der HV. Sobald die Dividende dem Depot gutgeschrieben ist, kann man die Aktie wieder verkaufen. Allerdings gibt in der Regel auch der Aktien-kurs mit der Dividenden-Ausschüttung nach. Je nach Ertragskraft wird dieser Rückgang jedoch meist schnell wieder aufgeholt.

Was sagt die Dividendenrendite aus?

Die Dividendenrendite macht die Höhe der Dividendenzahlungen verschiedener Unternehmen vergleichbar. Dazu wird die zuletzt gezahlte oder für das Folgejahr erwartete Dividende je Aktie durch den aktuellen Kurs geteilt und anschließend mit 100 multipliziert. Allerdings sollten Anleger ihre Aktien-auswahl niemals nur von der Höhe der Dividendenrendite abhängig machen (siehe nächste Frage).

Wo liegt das Risiko?

Ähnlich wie die Kurse können auch Dividenden schwanken. So können die Dividenden nach einer hohen Ausschüttung im Folgejahr gekürzt werden oder ganz ausfallen (Dividenden-Risiko). Häufig reagiert der Markt auf solche Nachrichten mit extrem hohen Kursabschlägen. Außerdem kann ein finanziell angeschlagenes Unternehmen versuchen, Anleger über eine hohe Dividende anzulocken und sie über den tatsächlichen Zustand zu täuschen. Investoren sollten also auf der Hut sein. Eine hohe Dividende bietet zwar eine gewisse Kursabsicherung. Ist eine Firma jedoch schlecht geführt und die Gewinnaussicht mager, schmilzt die Dividende dahin und der Aktienkurs gleich mit.
 
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