Den Polen Kredite zu gewähren scheint nicht unbedingt lukrativ zu sein.
Irgendwie ist da immer ein Pferdefuß mit im Spiel.
„CREDIT HOLIDAYS“
Commerzbank erwartet Belastung in dreistelliger Millionenhöhe wegen neuem Gesetz in Polen
Die M-Bank rechnet mit Aufwendungen von bis zu 290 Millionen Euro. Die Commerzbank hält an ihrem Gewinnziel dennoch weiter fest – allerdings nur unter Vorbehalt.
Andreas Kröner
15.07.2022
Frankfurt Die Commerzbank muss bei ihrer polnischen Tochter M-Bank erneut hohe Belastungen verdauen. Wegen eines neuen Gesetzes zur Aussetzung von Ratenzahlungen bei Immobilienkrediten erwartet die M-Bank im dritten Quartal negative Erträge von 210 bis 290 Millionen Euro, wie das Institut am Freitag mitteilte. In entsprechender Höhe werde dann auch das operative Ergebnis der Commerzbank belastet.
Der polnische Präsident Andrzej Duda hatte am Donnerstag ein Gesetz unterschrieben, das private Kreditnehmer angesichts der hohen Inflation und gestiegener Kreditzinsen entlasten soll. Es erlaubt ihnen, ihre monatlichen Ratenzahlungen für laufende Hypothekenkredite bis Ende 2023 bis zu achtmal auszusetzen. Die M-Bank rechnet damit, dass 60 bis 80 Prozent der berechtigten Darlehensnehmer von den sogenannten „Credit Holidays“ Gebrauch machen werden.
„Die veränderte Gesetzgebung in Polen verursacht leider erhebliche Einmalbelastungen“, sagte Commerzbank-Vizechefin Bettina Orlopp. „Angesichts der weiterhin guten Entwicklung unseres operativen Geschäfts rechnen wir dennoch für das Gesamtjahr nach wie vor mit einem Konzernergebnis von mehr als einer Milliarde Euro.“
Die Prognose stehe jedoch – wie bisher – unter dem Vorbehalt, dass es zu keiner deutlichen Verschlechterung der konjunkturellen Entwicklung kommt, „zum Beispiel wegen weiterer Engpässe in der Gasversorgung“. Orlopp spielt damit vor allem auf die Gefahr an, dass Russland die Gaslieferungen nach Deutschland nach dem geplanten Ende der Wartung der Ostseepipeline Nord Stream 1 am 21. Juli nicht wieder aufnimm
Sollte es dazu kommen, könnte die Commerzbank – wie viele andere Geldhäuser – ihre pauschale Risikovorsorge aufstocken und ihre Jahresziele kassieren. Am 3. August legt das Institut seine Halbjahreszahlen vor und äußert sich zu den Erwartungen für den weiteren Jahresverlauf.
Commerzbank prüft rechtliche Schritte
Ende vergangenen Jahres musste die M-Bank wegen des Streits um den Umgang mit Franken-Krediten bereits weitere 436 Millionen Euro zurückstellen.
Aufgrund niedriger Zinsen in der Schweiz hatten viele Polen einst Franken-Kredite aufgenommen, um ihr Haus zu finanzieren. Dann verlor die Landeswährung Zloty gegenüber dem Franken stark an Wert, wodurch die Belastungen für die Häuslebauer stiegen. Viele Kreditnehmer gingen daraufhin wegen möglicherweise unrechtmäßiger Klauseln gegen polnische Geldhäuser vor. Die M-Bank musste ihre Risikovorsorge deshalb mehrfach aufstocken.
Beim aktuellen Gesetz geht es nun um Kredite in Zloty. Es ist Teil eines Maßnahmenpakets, mit dem die Regierung in Warschau auf die hohe Inflation und die gestiegenen Kreditzinsen reagiert. Die polnische Notenbank hatte den Leitzins kürzlich auf 6,5 Prozent angehoben und damit viele Kreditnehmer in Bedrängnis gebracht.
Die Commerzbank findet es wie andere in Polen tätige Geldhäuser jedoch falsch, dass sie nun allen Kreditnehmern Stundungen gewähren soll – unabhängig von deren Vermögenssituation. Das Frankfurter Institut will „gegen diese ungewöhnliche Regelung“ deshalb rechtliche Schritte prüfen.
Eine Belastung kommt selten allein
Neben den Stundungen muss die Commerzbank in Polen auch Geld in einen Unterstützungsfonds für in Not geratene Schuldner einzahlen. Orlopp taxierte die Kosten dafür Anfang Juni auf 30 bis 40 Millionen Euro. Bereits im zweiten Quartal muss die Bank zudem eine zusätzliche Pflichtabgabe von 83 Millionen Euro für die Ergänzung der polnischen Einlagensicherung verbuchen.
Das neue Stundungsgesetz trifft auch andere internationale Banken, die mit Töchtern in dem osteuropäischen Land tätig sind. Die Portugiesische Handelsbank (BCP) rechnet in Polen deshalb mit Belastungen von bis zu 376 Millionen Euro, die niederländische ING mit 363 Millionen Euro, die spanische Santander mit 293 Millionen Euro und die französische BNP mit 146 Millionen Euro.
Die Commerzbank hält an ihrer Tochter M-Bank 69,3 Prozent. Der ehemalige Vorstandschef Martin Zielke hatte 2019 eine Veräußerung des Anteils angekündigt, den Verkauf dann aber im Mai 2020 abgeblasen.
Der Aktienkurs der M-Bank war wegen des Streits über Franken-Kredite und des Ausbruchs von Corona damals so stark gefallen, dass die Commerzbank keinen attraktiven Preis erzielen konnte. Zudem wollte der letzte verbliebene Interessent, die zweitgrößte polnische Bank Pekao, Finanzkreisen zufolge die Risiken im Zusammenhang mit Franken-Krediten im Rahmen einer Transaktion nicht übernehmen.
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