Liebe Börsenfreunde,
am kommenden Montag geht der Tradingmonat Juni los. Ich stecke
voll von Ideen, sodass ich die eine oder andere heute bereits
im Ausblick vorstelle. Der Heibel-Ticker PLUS wird also nicht
auf Sparflamme laufen, ich erwarte vielmehr, dass die Ideen
kräftig in die Analysen des Heibel-Ticker PLUS überschwappen
werden.
Im heutigen Kapitel 02 habe ich den Unsinn intellektueller
Argumente unter Beschuss genommen. Die Börsen steigen, auch
wenn es keine Argumente dafür gibt, die von Intellektuellen
akzeptiert würde. Was ist nun die Realität, frage ich mich
häufig in Diskussionen mit anderen Marktbeobachtern.
Im Ausblick stelle ich Ihnen die drei Smartphone-Hersteller
Palm, Apple und Research In Motion vor und gebe eine
Einschätzung darüber, wie sich der Markt künftig entwickeln
wird. Warum kriegen Nokia, Ericsson, Motorola, LG und Samsung
keine Schnitte?
Nach einer Pause gibt es heute wieder einmal einen Depotcheck.
Darin sind ein paar gute und ein paar schlechte Werte
enthalten, doch schauen Sie selbst.
Ich wünsche eine anregende Lektüre,
take share, Ihr
Börsenschreibel
Stephan Heibel
Chefredakteur und
Herausgeber des
Heibel-Ticker
P.S.: Lassen Sie mich Ihre Meinung, Kritik oder
Verbesserungsvorschläge wissen (selbst Lob ist willkommen ;-)
und schreiben Sie mir an leserbrief/at/heibel-ticker/./de.
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02. SO TICKT DIE BÖRSE: INTELLEKTUELLER UNSINN
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Heute ist der letzte Handelstag des Monats Mai. Ein
Hedgefondsmanager, einer, der in der Regel mit volatilen Aktien
wie Technologieaktien oder Bankaktien bessere Erträge erzielen
möchte als der breite Markt, sitzt heute früh vor seinem
Handelssystem und blickt über die Zahlen: Mexiko liegt in
diesem Jahr mit 16% vorn, Kanada mit 27% und Brasilien sogar
mit 62%. China ist mit 59% im Plus und der NASDAQ, seine
Lieblings-Spielwiese, konnte nur 11% zulegen.
Es dämmert ihm, dass seine Kunden ihm vorwerfen werden, die
globale Aktienmarktrally verpasst zu haben. Vielleicht ziehen
sie ihre Gelder ab. Hmmm, da gibt es nur eins: Wenn man
zurückliegt und bis zum Jahresende gegenüber den breiten
Indizes aufholen möchte, dann muss man mehr Risiko eingehen.
Man muss ein paar Einzelaktien auswählen und hoffen, dass diese
noch besser laufen als der breite Markt. Microsoft, Intel und
Cisco sind da die altbekannten Kandidaten. Aber auch Apple,
Research In Motion und Palm sind in diesen Tagen heiß begehrt.
Auch Oracle und in Deutschland SAP gehören zu den Aktien, die
somit gekauft werden.
Oder der Bankensektor, denn dort gibt es noch immer am meisten
Aufholpotenzial. Bank of America ist plötzlich aus dem Gröbsten
raus, nachdem es 27 Mrd. USD Eigenkapital mit links generieren
konnte. J.P. Morgan ist in den USA der Branchenprimus. In
Deutschland haben wir entsprechend die Deutsche Bank, die sogar
ihren kapitalistischen Vorstandsvorsitzenden behalten darf.
Damit wir uns richtig verstehen: Es geht diesen Geldmanagern
nicht darum „gute“ Aktien zu kaufen, sondern sie kaufen das,
was in kürzester Zeit die größte Performance verspricht. Sie
kaufen die „Momentumaktien“. Sie kaufen diese Aktien nicht bis
zu einem bestimmten Kurslimit, sondern bis sie einen
entsprechenden Anteil ihres Assets under Management, ihres
verwalteten Kapitals in den entsprechenden Aktien platziert
haben.
Und deswegen steigen die Aktienbörsen.
Diese Woche war jedoch durchwachsen. Wenn Sie am Dienstag
beispielsweise die Meldungen durchgesehen haben, dann wollten
Sie sicherlich Ihren Rechner gleich wieder ausschalten.
Es gab einen populären Bericht darüber, wie die Private Equity
Bewertungen purzeln und die Schlussfolgerung war, dass es
derzeit keinen Grund gibt, Anteile an Unternehmen zu halten.
Die Zahl der Zwangsversteigerungen in den USA steigt nach wie
vor, inzwischen nicht mehr aufgrund der fallenden
Immobilienpreise, sondern aufgrund der verlorenen
Arbeitsplätze. Ja, inzwischen gibt es eine ganze Reihe von
Arbeitslosen, die aufgrund ihres Arbeitsplatzverlustes ihre
Hypothek nicht mehr zahlen können. Oh Schreck!
Überall außerhalb von den USA lesen Sie Artikel über eine
bevorstehende Hyperinflation in den USA. Ich habe Ihnen letzte
Woche dargelegt, warum das Unsinn ist.
General Motors steht nun schon seit einigen Monaten täglich
kurz vor der Insolvenz. Oh Gott, was wird wohl passieren, wenn
es endlich so weit ist? Kleiner Tipp Ihres Autors: Nichts,
höchstens eine Erleichterungsrallye.
Und Nordkorea zündet eine Atombombe – wieder einmal mit
technischen Problemen, aber stark genug, um sich weitere
finanzielle Hilfen von der westlichen Welt zu erpressen.
Nun, ich schrieb ein Update am Dienstag und sprach von diesen
Kursen als Einstiegsgelegenheit. Allerdings hätte ich erwartet,
dass diese Nachrichtenlage für 2-3 weitere Prozent Minus hätte
sorgen können, doch noch während der Versand lief, drehten die
Börsen ins Plus und es folgte eine der heftigsten Tagesrallyes
der vergangenen Wochen.
Wie konnte es dazu kommen? Jeder, der die Märkte beobachtet,
wird Ihnen eine Erklärung schuldig bleiben. Es gibt keinen
Grund dafür, den ein Intellektueller akzeptieren würde. Diese
Rallye hätte nicht passieren können oder dürfen. Alles deutete
auf einen heftigen Ausverkauf hin.
Ach so, in Michigan werden regelmäßig ein paar Tausend Bürger
nach ihrer Stimmung befragt. Das Ergebnis wurde ebenfalls am
Dienstag bekannt gegeben und es zeigte, dass die Leute in
Michigan recht guter Dinge sind. Trotz des bevorstehenden US-
Dollarverfalls, der in die Bedeutungslosigkeit fallen MUSS! Und
trotz der Kaufzurückhaltung der Chinesen, die nicht mehr
täglich Billionen an US-Staatsanleihen kaufen, sondern nur ein
bisschen weniger, trotz der unendlich vielen
Zwangsversteigerungen etc. pp. haben die Tausend Leute aus
Michigan gute Laune. Na, wenn das kein Grund ist, um die
Weltmärkte in eine der größten Tagesrallyes zu versetzen!
Nein, begreifen kann man das nicht, wenn man die Märkte nur
beobachtet.
Wer jedoch mit den Märkten mitzittert, vielleicht weil er sein
eigenes Geld eingesetzt hat, der hat in den vergangenen Wochen
mehrfach erlebt, dass die Märkte genau dann drehen, wenn die
Kurse bereits um 3%-5% korrigiert haben und wenn alle Medien
nur noch negative Schlagzeilen bringen. Dann dauert es meist
nicht mehr lange, und eine noch so unwichtige positive Meldung
erobert die Titelseiten und plötzlich stehen die Indizes wieder
3% höher.
Ihr Autor muss immer wieder diskutieren, warum dieses Rallye,
die nun schon über 30% gebracht hat, eigentlich falsch ist. Und
jeder Intellektuelle zeigt mir Beweise auf, warum ich mit
meinem Optimismus die Realität verkenne. Die Realität sei, dass
die Arbeitslosigkeit ansteigt, dass der Welthandel eingebrochen
ist, dass kein Mensch ein neues Auto braucht, es sei denn es
wird durch die Abwrackprämie subventioniert. Und in diesem
Realitätswahn übersehen die Intellektuellen, dass die Börse
bereits 30% angestiegen ist, obwohl das Thema Rezession noch
nicht vom Tisch ist.
Wer aber im Tagesgeschehen mit der Börse mitfiebert, der fühlt
wie sich die Stimmung langsam auf einen Tiefpunkt zu bewegt und
wie es dann schlimmer nicht mehr geht. Und der spürt auch, wie
dann ein Fünkchen einer positiven Meldung ausreicht, um eine
Rallye loszutreten.
Deswegen sollten Sie aufpassen, wem Sie zuhören: Menschen, die
über ihre Anlageentscheidungen sprechen, oder Menschen, die
theoretisch wissen, wie sie entscheiden würden, wenn sie
müssten.
Nun, im Wochenvergleich liegen die Aktienindizes leicht hinten.
Zu den Inflationswarnungen gesellt sich ein ansteigender
Ölpreis hinzu. Doch schauen Sie selbst:
INDIZES 28.5.09
Dow Jones 8.403 -0,8%
DAX 4.932 -0,5%
Nikkei 9.522 1,9%
Euro/US-Dollar 1,413 3,6%
Euro/Yen 134,9 3,1%
10-Jahre-US-Anleihe 3,59% 0,4%
Umlaufrendite Dt 3,26% 0,1%
Feinunze Gold USD $977,55 5,2%
Fass Crude Oil USD $66,78 10,2%
Baltic Dry Shipping I 3.298 24,7%
Die OPEC erwartet einen Ölpreis um 75 USD/Fass bis zum
Jahresende. Nun, Sie können davon ausgehen, dass diese Marke
spätestens im Herbst erreicht wird, wenn das so angekündigt
wird.
Ich weiß nicht mehr, mit wem ich vor Kurzem noch über einen
Ölpreis von 20 USD/Fass diskutieren musste. Aber egal, dieser
Hellseher wird vermutlich nun auch schon bald wieder einen
Ölpreis von 100 USD/Fass prognostizieren.
Der Baltic Dry Index ist weiter nach oben geschossen. Der
Welthandel, derzeit bestehend aus Chinas und Indiens Importen,
erholt sich nicht nur langsam, sondern ziemlich schnell. So
schnell, dass die Reeder kaum rechtzeitig ihre vor Anker
liegenden Containerschiffe flottmachen können. Aber diese
Meldung finden Sie leider nicht in den Massenmedien.
Übrigens, haben Sie die Meldung gelesen, dass in Kalifornien
der durchschnittliche Immobilienpreis nun bereits in zwei
Monaten in Folge angestiegen ist? In Kalifornien, einer der am
härtesten von der Immobilienkrise getroffenen Staaten!
Was glauben Sie wie gut eine Insolvenz von General Motors für
Toyota, für Ford und für Daimler ist? Es ist nicht so, dass
plötzlich eine Million weniger Autos gekauft werden, sie werden
nur von anderen Marken gekauft.
Haben Sie eigentlich einen ausführlichen Bericht darüber
gelesen, dass in Folge des US-Banken-Belastungstests 70 Mrd.
USD durch Aktienplatzierungen generiert wurden? Zusätzliche
Aktien, die in den Markt gegeben wurden! Und diese Aktien im
Wert von 70 Mrd. USD haben es nicht geschafft, die Bankaktien
nennenswert in die Knie zu zwingen. Der Markt hat 70 Mrd. USD
mal eben schnell aufgeschnappt – Gelder, die dankbar waren für
die Aktienplatzierungen, damit durch den Kauf dieser großen
Mengen an Aktien die Bankaktien nicht zu schnell nach oben
gedrückt werden.
Also: Während Ihnen Ihre Bekannten beweisen, warum man derzeit
nicht in die Aktienbörse investieren darf, können Sie beruhigt
und beherzt zugreifen und darauf warten, Ihre Aktien zu einem
späteren Zeitpunkt wesentlich höher an Ihre Bekannten zu
verkaufen. Na, verkaufen Sie besser nicht an Ihre Bekannten,
laden Sie diese lieber mit Ihrem Gewinn zum Essen ein.
Schauen wir uns einmal die Stimmung an: Sowohl die Analysten,
als auch die Privatanleger werden wieder vorsichtiger. Kein
Wunder bei der Nachrichtenlage.
SENTIMENTDATEN
ANALYSTEN:
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen):
Kaufen / Verkaufen
08.-15. Mai (216): 62% / 38%
15.-20. Mai ( 82): 70% / 30%
22.-29. Mai (163): 65% / 35%
ANALYSTEN KAUF
United Internet, freenet, Rhön-Klinikum
ANALYSTEN VERKAUF
Pfeiffer Vacuum, Danone, UBS
PRIVATANLEGER:
Aktuell 55,8% Bullen (-14%, 77 Stimmen)
Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 4.929
PRIVATANLEGER KAUF
SolarWorld, Pennystocks
PRIVATANLEGER VERKAUF
General Motors, Volkswagen