29.10.2010
Roland Koch wird Chef von Bilfinger
Berger
Roland Koch wird Vorstandschef bei
Bilfinger Berger. (Foto: dpa)
Mannheim (dpa) - Hessens
ehemaliger Ministerpräsident
Roland Koch (CDU) wird neuer Chef
des zweitgrößten deutschen
Baukonzerns Bilfinger Berger. Der
52-Jährige wird zum 1. März 2011
Vorstandsmitglied und übernimmt
zum 1. Juli 2011 den
Vorstandsvorsitz, entschied der
Aufsichtsrat am Freitag.
Koch hatte im Mai überraschend seinen
Rückzug aus der Politik angekündigt.
Ende August schied er nach elf Jahren an
der hessischen Regierungsspitze aus
dem Amt, um in die Wirtschaft zu
wechseln.
Koch folgt dem Beispiel anderer
prominenter Politiker, die vor ihm in die
Wirtschaft gewechselt waren, wie Ex-
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
Der hatte unmittelbar nach seiner
Wahlniederlage 2005 den
Aufsichtsratsvorsitz bei der von Gazprom
dominierten Ostsee- Pipeline
übernommen und musste dafür heftige
Kritik einstecken.
Bei der börsennotierten Bilfinger Berger
tritt Koch die Nachfolge von Herbert
Bodner (62) an, der nach zwölf Jahren als
Vorsitzender in den Ruhestand geht.
"Bilfinger Berger ist eine erste Adresse
der deutschen Wirtschaft und zugleich
eines der spannendsten Unternehmen,
das ich kenne. Ich freue mich sehr auf
meine zukünftige Aufgabe", sagte Koch
laut Mitteilung. Die Börse reagierte am
Freitag indes mit Enttäuschung. Mit
deutlichen Kursverlusten bildete die
Aktie zeitweise das Schlusslicht im
MDAX, dem Index für Nebenwerte.
Die "Bild"-Zeitung hatte bereits während
Kochs Amtszeit im August über den
Wechsel berichtet, die hessische
Staatskanzlei hatte das damals aber
dementiert. Dennoch kursierten seit
Wochen Gerüchte. Kritisiert wurde der
mögliche Wechsel von den Grünen und
der Antikorruptions-Organisation
Transparency International.
"Die immer wieder bewiesene
Führungskraft von Roland Koch ist die
beste Voraussetzung, die sehr
erfolgreiche Entwicklung von Bilfinger
Berger fortzusetzen und das
Unternehmen in eine gute Zukunft zu
führen", sagte Aufsichtsratsvorsitzender
Bernhard Walter, früher Chef der
Dresdner Bank.
In seiner Zeit als Ministerpräsident hat
Koch Erfahrung mit Großprojekten
gesammelt: Er setzte unter anderem die
neue Landebahn am Frankfurter
Flughafen durch. Dabei baut auch
Bilfinger Berger mit. Die hessischen
Grünen wittern deshalb ein
"Geschmäckle".
Die Vorsitzende von Transparency
International, Edda Müller, sagte der
"Berliner Zeitung", es dürfe nicht der
Eindruck entstehen, dass dies "eine
Belohnung" für früheres Wohlverhalten
sein könne. Spitzenpolitiker sollten
mindestens drei Jahre lang nicht in
Positionen der Wirtschaft arbeiten, die
vorher in ihrem Verantwortungsbereich
gelegen hätten. "Bilfinger Berger kauft
sich nicht die Wirtschaftskompetenz von
Herrn Koch ein, sondern die politischen
Kontakte und die
Durchsetzungsfähigkeit", sagte der
Wirtschaftsprofessor Max Otte der dpa.
Bilfinger Berger will 2010 seine
bisherigen Bestmarken bei Ergebnis und
Gewinn aus dem Jahr 2008 übertreffen.
Bodner hat schon viele Weichen gestellt
und den Konzern verstärkt auf
Dienstleistungen ausgerichtet, die
weniger risikoreich als der Bau sind. Ein
Kapitel ist allerdings noch offen: Der
Konzern steht wegen möglichen Pfuschs
beim Bau der Kölner U-Bahn in der Kritik,
durch den das Stadtarchiv einstürzte.
Damals starben zwei Menschen.
Quelle: dpa-info.com GmbH