Nach vier Monaten der Kursaussetzung wird die Aktie der Bank
Bali überraschend seit gestern wieder gehandelt. Doch die
Verwirrung bleibt. Nicht nur der Schmiergeld-Skandal bleibt
weiter ungeklärt. Unklar ist auch der Verkauf eines 40%-Anteils
an die Deutsche Börse Clearing (die im Auftrag von Kunden
handelt). Da dies nach der Übernahme der Bank Bali durch die
Indonesische Agentur zur Restrukturierung des Bankenwesens
(IBRA) geschah, hätte es seinerzeit eigentlich eine
Ausschreibung geben müssen. Nicht zuletzt deswegen wird
hier auch über Insiderhandel spekuliert.
Auch die Konflikte zwischen den indonesischen Mitarbeitern der
Bank Bali und den Managern der Standard Chartered Bank
schwelen weiter. In der Nacht vom 17. auf den 18.11 hatte die
Indonesische Agentur zur Restrukturierung des Bankenwesens
(IBRA), Eigentümer der Bank Bali, das Management der
indonesischen Privatbank wieder übernommen. Den
SCB-Managern wird ein arroganter Führungsstil vorgeworfen.
Direktor Beckett habe einzelne Angestellte bevorzugt, etwa die
einhundert Angestellten des höheren Managements gegenüber
den 6.200 einfachen Angestellten, die er als leicht ersetzbar
bezeichnet habe. Das SCB-Management habe sich zu
Äußerungen verstiegen, wie etwa dass Bank Bali leicht von 50
Managern geleitet werden könnte. Für die 70 Manager der SCB
sei nahezu das Gleiche an Gehältern bezahlt worden wie für die
restlichen 6.300 Angestellten. Außerdem habe SCB Kunden
der Bank Bali an die Mutter verschoben. Statt der ursprünglich
geplanten acht ausländischen Manager seien 65 Angestellte
nach Indonesien gebracht worden. Zudem sei die von SCB für
die Rekapitalisierung genannte Summe von 4.3 Billiarden
Rupien nach Ansicht der Angestellten überzogen.
Die mit einer Nachuntersuchung beauftragte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen kam jedoch
auf nahezu die gleiche Summe: 4,09 Billiarden. Die
Gewerkschaft unterstellt ihr allerdings Inkompetenz: Schuld an
der ihrer Ansicht nach (gleichfalls) überzogenen Summe sei,
dass Andersen die gleichen Methoden benutzt habe. Die
Gewerkschaft nannte eine Summe von 3,6 Brd. Rupien.
Die Haltung indonesicher Offizieller erscheint höchst
zwiespältig: Der stellvertretende Zentralbankpräsident Anwar
Nasution bezeichnete als negativ, dass die Ereignisse um Bank
Bali bereits jetzt zu einem massiven Kapitalabzug
ausländischer Investoren führten. Andererseits bezeichnete er
Bank Bali als einen "nationalen Vermögenswert". Eine
Formulierung, die in politisierten Wirtschaftsbürokratien gerne
gebraucht wird, wenn ökonomische Argumente für die Erhaltung
eines Unternehmens fehlen.
Auch das Parlament schlug sich das Parlament auf die Seite
der Wähler, also der Angestellten. Nur unter dem Druck des
Parlaments übernahm die Indonesischen Agentur zur
Restrukturierung des Bankenwesens (IBRA) die Kontrolle über
Bank Bali. Generalstaatsanwalt Marzuki Darusman hat
mittlerweile versprochen, den Fall Bank Bali abzuschließen. Er
werde den Vertrag studieren. Doch der Generalstaatsanwalt
drohte SCB unverhohlen: Läge ein Korruptionsfall vor, werde
man eine Untersuchung einleiten. Aus diesem Grund sei das
Untersuchungsteam im Bank Bali-Fall auch neu organisiert
worden. Nach Meinung von Beobachtern könne das auch
heißen, dass das Team der Wahrheit zunahe gekommen sein
könnte. Präsident Wahid andererseits will vertragsbrüchige
Schuldner jetzt mit aller Härte des Gesetzes verfolgen. Und
Wirtschaftsminister Kwik sprach sich für die Unabhängigkeit der
IBRA aus - nach Ansicht der Financial Times ein starker
Kontrast zu Habibie, der eher geneigt war, den Bank
Bali-Skandal zu vertuschen.
Derzeit wird Bank Bali von acht Beamten der IBRA geleitet, die
das Institut wieder arbeitsfähig machen sollen. Die
Ressentiments gegen das SCB-Management hatten dazu
geführt, dass ein Teil des Personals die Bank gar nicht mehr
betreten konnte. Zwischen den anderen und dem einheimischen
Personal gab es keinerlei Zusammenarbeit. Deswegen ruhte die
Arbeit in der Bank mehr oder weniger. Und IBRA steckt in einer
Zwangslage. Das Geschäftsvolumen der Bank sinkt, die
Eigenkapitalrendite fiel von bereits -1,06% im Deze im August
auf -16.34%. Die Eigenkapitaldeckung (Kapitaladäquanz) sank
von -11.84% (Dezember 1998) auf -66.15% im August. Der
Anteil der faulen Kredite beträgt 61.5%. Diese Zahlen sind mehr
als existenzbedrohend.
Der Umgang der indonesischen Behörden mit SCB in puncto
Bank Bali gilt als kritisch für die Zukunft des Landes. Falls
IBRA den Vertrag kündigt, würde dies das Vertrauen
ausländischer Investoren in den Reformwillen und Zusagen der
indonesischen Regierung zerstören. Die Bedingungen des
Vertrags mit SCB machen eine Kündigung für Indonesien sehr
teuer. Im Falle eins Vertragsbruchs wären die wirtschaftlichen
Schäden aber - angesichts des jetzt bereits immensen
Vertrauensverlustes - nicht absehbar. Der Vertrag mit SCB,
betonen beide Seiten, sei immer noch intakt. Standard
Chartered halte auch weiterhin an seiner Absicht fest, 20% von
Bank Bali zu übernehmen. Das IBRA-Management arbeitet nun
nach eigenen Angaben an einer Aussöhnung - seiner Meinung
nach bestehe nur ein Kommunikationsproblem. Die
Kapitalerhöhung im Dezember solle jedenfalls planmäßig anlaufen.
Händler: Zukunft der Aktie fraglich/Kursverluste wahrscheinlich
Banken-Experten und Händler in Djakarta sehen die Zukunft der
Aktie nicht sehr positiv. Der Kurs sei jetzt noch überraschend stabil
geblieben. Japanische Broker sehen die Gründe dafür bei Käufern,
die auf weitere Regierungseingriffe zur Rettung der Bank
spekulierten. Ursprüngliche Erwartung war gewesen, dass der Kurs
sofort zusammenbrechen würde. Händler in Djakarta vermuten,
dass man den Kurs werde langsam rutschen lassen.
Auch die Bedingungen der Kapitalerhöhung nannten Bänker mehr
als unattraktiv. Bei einem Bezugsrecht von 1:99 betrage der Preis
60,86 Rupien, d.h. 0,0083 Cent. Der Nominalwert der neuen Aktien
beläuft sich jedoch auf ein Hundertstel der Altaktien. Auf diese
Weise kostet eine neue Aktie beim aktuellen Kurs das Zehnfache
im Vergleich zu einer Altaktie.
Jedoch: Obwohl es sich anscheinend von selbst verbietet, an der
Kapitalerhöhung teilzunehmen, hat die Sache einen Haken.
Scheitert die Kapitalerhöhung, wird die Bank wahrscheinlich
liquidiert.
Rückblick: Der Schmiergeld-Skandal
Im Juni vergangenen Jahres kam die indonesische Privatbank
durch eine Schmiergeldzahlung von rd. 70 Mio. $ in den Genuss
von Stützungskrediten der indonesischen Zentralbank, obgleich
diese den Antrag von Bank Bali hätte ablehnen müssen. Sieben
Minister und Notenbank-Präsident Sabirin sollen in den Skandal
verwickelt sein. Zu den Beschuldigten gehören auch
Finanzminister Subianto und der Minister für Staatsunternehmen, Abeng.
Beobachter fürchten immer noch, dass der Skandal keine
Konsequenzen haben wird. Doch gibt es auch gegenteilige
Anzeichen, so etwa die Verhaftung von Verdächtigen, wie dem
früheren Präsidenten der Bank Bali, Ramli. Anlass zur Hoffnung
gibt auch die Tatsache, dass die Polizei auch
Ex-Finanzminister Subianto, den früheren Minister für
Staatsunternehmen Abeng und den Zentralbankpräsidenten
Sabirin vorladen durfte. Insbesondere der IWF und die Weltbank
drängen auf Aufklärung. Doch auch in der indonesischen
Öffentlichkeit ist der Vorfall noch immer nicht verarbeitet. Golkar
und Habibie hatten Korruptionsvorwürfe stes massiv abgestritten
und offenkundig versucht, den Skandal zu vertuschen.