Auf die Börsen rollt Welle von Petrodollar zu
Ölscheichs suchen weltweit nach Anlagemöglichkeiten- Auch deutsche Aktien wieder im Visier
Von Jürgen H. Wintermann
Düsseldorf - Die Scheichs sind wieder gut bei Kasse. Der Preis für ein Barrel Rohöl liegt mit derzeit über 30 Dollar gut drei Mal so hoch wie Anfang 1999. Das treibt die Einnahmen insbesondere der elf Opec-Staaten weiter in die Höhe: Von 145 Mrd. US-Dollar in 1999 auf voraussichtlich rund 250 Mrd. US-Dollar in diesem Jahr. Ein großer Teil dieser zusätzlichen Petrodollar steht bereit, demnächst als Kapitalanlage in die westlichen Industriestaaten zurückzufließen.
Kasse macht sinnlich. Vor allem die bevölkerungsarmen Opec-Länder wie Saudi-Arabien, Kuwait oder die Emirate stehen einmal mehr vor der Frage: Was anfangen mit dem Milliarden-Segen, der sich vermutlich auch noch längere Zeit über sie ergießen wird? Große Infrastrukturprojekte wie Häfen und Flughäfen, Städte- und Straßenbau wurden bereits aus den Petrodollar früherer Ölpreisexplosionen finanziert. Jetzt stehen nationale Industriekomplexe im Vordergrund: Anlagen zur Förderung und Verarbeitung von Öl bis hin zu Raffinerien und Chemiekombinaten am Golf und am Roten Meer.
Dafür, so schätzen Banker und Industriekreise fast einmütig, wird rund ein Drittel der Ölmehreinnahmen eingesetzt. Denn so viel Geld, wie das schwarze Gold derzeit zusätzlich in die Kasse spült, können die Scheichs zur Modernisierung und Erweiterung ihrer Industrieparks gar nicht investieren. Wie zu Zeiten früherer Ölpreisexplosionen sehen sie sich mit Blick auf ihre überbordende Liquidität schon wieder vor einem akuten Anlagenotstand. In den siebziger und achtziger Jahren kauften die Scheichs Hotels am Londoner Hyde Park, Wolkenkratzer in New York oder auch ganze Aktienpakete. Spektakulär war damals der Einstieg der Golf-Anrainer in die deutsche Wirtschaft mit nennenswerten Aktienengagements bei Hoechst, Daimler, Metallgesellschaft oder auch Krupp. An die Übernahme ganzer Konzerne wagten sie sich bislang indes nicht heran. Auf die industrielle Führung ausländischer Unternehmen legen sie keinen gesteigerten Wert, dagegen zunehmend auf Kontrollsitze in den Aufsichtsräten.
Diese Strategie trifft für die aktuelle Lage genauso zu. Ralf Baczewski von der WGZ-Bank stellt fest: "Die Opec-Länder investieren schon wieder verstärkt in Immobilien, Anleihen und auch Aktien." Dabei streuen sie die Risiken regional und auch währungsmäßig. "Bevorzugte Anlagewährung ist der Dollar, und die meisten Öldollar werden deshalb auch wieder in Nordamerika angelegt", so der Analyst. An zweiter Stelle folgen Großbritannien und - spekulativ wegen des schwachen Euro - auch die Europäische Währungsunion.
Kenner der Szene erwarten schon in Kürze wieder gezielte Aktienkäufe. Weil der Dollar teuer, der Euro billig ist und der Dax in Frankfurt seit Monaten schwächelt, beobachten die Scheichs auch den deutschen Kapitalmarkt sehr sorgfältig, meint ein Frankfurter Börsenhändler. Natürlich gehe kein Weg an soliden US-Aktien vorbei, schon wegen der größeren politischen Sicherheit und des langfristig stabilen Wachstums in den USA. Dennoch spüren Börsianer derzeit eine auffallende Zurückhaltung der Araber beim Thema Dollar. "Es fehlen bislang größere Kauforders", heißt es in New Yorker Bankenkreisen, die dafür auch gleich die Erklärung mitliefern: "Seit die Unruhen in Israel eskalieren, ist für islamische Kapitalanleger alles Amerikanische offiziell suspekt, zumindest vorübergehend."
Das ist die Chance für Europas Börsen. Erste nennenswerte Orders, so glaubt man in Frankfurt, könnten noch in diesem Jahr aus Kuwait und den Emiraten kommen. Dabei zielt die Strategie der Araber, Londoner Quellen zu Folge, auf langfristige Anlageerfolge. Mit gezielten Aktienkäufen wollen sich die Scheichs für die Zukunft, wenn die Förderung des schwarzen Goldes dem Ende zugeht und die Bevölkerung in den Ölländern deutlich größer ist als heute, dauerhaft sprudelnde Einnahmequellen aus Dividenden und Kursgewinnen sichern. Deshalb stehen etablierte Aktien der Technologieszene mit globaler Präsenz, breitem Markt und erstklassigem Ranking im Vordergrund. Favoriten dürften etwa Siemens, SAP oder Daimler-Chrysler, aber auch Bayer oder BASF sein.
Ölscheichs suchen weltweit nach Anlagemöglichkeiten- Auch deutsche Aktien wieder im Visier
Von Jürgen H. Wintermann
Düsseldorf - Die Scheichs sind wieder gut bei Kasse. Der Preis für ein Barrel Rohöl liegt mit derzeit über 30 Dollar gut drei Mal so hoch wie Anfang 1999. Das treibt die Einnahmen insbesondere der elf Opec-Staaten weiter in die Höhe: Von 145 Mrd. US-Dollar in 1999 auf voraussichtlich rund 250 Mrd. US-Dollar in diesem Jahr. Ein großer Teil dieser zusätzlichen Petrodollar steht bereit, demnächst als Kapitalanlage in die westlichen Industriestaaten zurückzufließen.
Kasse macht sinnlich. Vor allem die bevölkerungsarmen Opec-Länder wie Saudi-Arabien, Kuwait oder die Emirate stehen einmal mehr vor der Frage: Was anfangen mit dem Milliarden-Segen, der sich vermutlich auch noch längere Zeit über sie ergießen wird? Große Infrastrukturprojekte wie Häfen und Flughäfen, Städte- und Straßenbau wurden bereits aus den Petrodollar früherer Ölpreisexplosionen finanziert. Jetzt stehen nationale Industriekomplexe im Vordergrund: Anlagen zur Förderung und Verarbeitung von Öl bis hin zu Raffinerien und Chemiekombinaten am Golf und am Roten Meer.
Dafür, so schätzen Banker und Industriekreise fast einmütig, wird rund ein Drittel der Ölmehreinnahmen eingesetzt. Denn so viel Geld, wie das schwarze Gold derzeit zusätzlich in die Kasse spült, können die Scheichs zur Modernisierung und Erweiterung ihrer Industrieparks gar nicht investieren. Wie zu Zeiten früherer Ölpreisexplosionen sehen sie sich mit Blick auf ihre überbordende Liquidität schon wieder vor einem akuten Anlagenotstand. In den siebziger und achtziger Jahren kauften die Scheichs Hotels am Londoner Hyde Park, Wolkenkratzer in New York oder auch ganze Aktienpakete. Spektakulär war damals der Einstieg der Golf-Anrainer in die deutsche Wirtschaft mit nennenswerten Aktienengagements bei Hoechst, Daimler, Metallgesellschaft oder auch Krupp. An die Übernahme ganzer Konzerne wagten sie sich bislang indes nicht heran. Auf die industrielle Führung ausländischer Unternehmen legen sie keinen gesteigerten Wert, dagegen zunehmend auf Kontrollsitze in den Aufsichtsräten.
Diese Strategie trifft für die aktuelle Lage genauso zu. Ralf Baczewski von der WGZ-Bank stellt fest: "Die Opec-Länder investieren schon wieder verstärkt in Immobilien, Anleihen und auch Aktien." Dabei streuen sie die Risiken regional und auch währungsmäßig. "Bevorzugte Anlagewährung ist der Dollar, und die meisten Öldollar werden deshalb auch wieder in Nordamerika angelegt", so der Analyst. An zweiter Stelle folgen Großbritannien und - spekulativ wegen des schwachen Euro - auch die Europäische Währungsunion.
Kenner der Szene erwarten schon in Kürze wieder gezielte Aktienkäufe. Weil der Dollar teuer, der Euro billig ist und der Dax in Frankfurt seit Monaten schwächelt, beobachten die Scheichs auch den deutschen Kapitalmarkt sehr sorgfältig, meint ein Frankfurter Börsenhändler. Natürlich gehe kein Weg an soliden US-Aktien vorbei, schon wegen der größeren politischen Sicherheit und des langfristig stabilen Wachstums in den USA. Dennoch spüren Börsianer derzeit eine auffallende Zurückhaltung der Araber beim Thema Dollar. "Es fehlen bislang größere Kauforders", heißt es in New Yorker Bankenkreisen, die dafür auch gleich die Erklärung mitliefern: "Seit die Unruhen in Israel eskalieren, ist für islamische Kapitalanleger alles Amerikanische offiziell suspekt, zumindest vorübergehend."
Das ist die Chance für Europas Börsen. Erste nennenswerte Orders, so glaubt man in Frankfurt, könnten noch in diesem Jahr aus Kuwait und den Emiraten kommen. Dabei zielt die Strategie der Araber, Londoner Quellen zu Folge, auf langfristige Anlageerfolge. Mit gezielten Aktienkäufen wollen sich die Scheichs für die Zukunft, wenn die Förderung des schwarzen Goldes dem Ende zugeht und die Bevölkerung in den Ölländern deutlich größer ist als heute, dauerhaft sprudelnde Einnahmequellen aus Dividenden und Kursgewinnen sichern. Deshalb stehen etablierte Aktien der Technologieszene mit globaler Präsenz, breitem Markt und erstklassigem Ranking im Vordergrund. Favoriten dürften etwa Siemens, SAP oder Daimler-Chrysler, aber auch Bayer oder BASF sein.