Enron in Europa
Da werden Erinnerungen an Enron wach: Die niederländische Supermarktkette Ahold [ WKN:
851287 ] hat mitgeteilt, dass die Ergebniszahlen der letzten beiden Jahre künstlich aufgebläht wurden. Der Gewinn in 2001 und 2002 ist deutlich niedriger ausgefallen als bislang prognostiziert.
Der Betrug wurde nach Angaben des Konzerns hauptsächlich bei der amerikanischen Tochter U.S. Foodservice begangen. Insgesamt soll durch falsch gebuchte Erträge der operative Gewinn um mehr als 500 Millionen Dollar geschönt worden sein, der Löwenanteil davon entfällt auf das Geschäftsjahr 2002.
Außerdem prüft das Unternehmen die Bilanzierung der argentinischen Supermarkt-Tochter Disco. Offenbar wurde auch bei Disco gepfuscht, Ahold kann hierzu aber nach eigener Aussage keine konkreten Angaben machen, da die Untersuchungen noch andauern. Jetzt muss der Konzern alle Geschäftszahlen neu berechnen, die Veröffentlichung des Jahresabschlusses am 5. März ist zunächst verschoben.
Die Chefs müssen gehen
Der Aufsichtsrat hat wegen der Vorfälle CEO Cees van der Hoeven und CFO Michael Meurs gefeuert. Die beiden Manager werden dem Unternehmen für eine Übergangsfrist zur Verfügung stehen, um die Geschäfte ihren Nachfolgern ordnungsgemäß zu übergeben.
Van der Hoeven leitet Ahold seit fast zehn Jahren und ist damit der am längsten amtierende Chef eines niederländischen Blue Chip-Konzerns. Unter seiner Ägide akquirierte Ahold mehr als 50 Unternehmen und der Umsatz verfünffachte sich. Der starke Expansionsdrang rief in den letzten Jahren verstärkt Kritik hervor. Wie bei vielen anderen Konzernen gab es auch bei Ahold Probleme mit der Integration der Übernahmen und zudem belasteten Verbindlichkeiten.
Die Ahold-Aktie fiel bei den Anlegern in Ungnade und rutschte von über 30 Euro im letzten Jahr auf unter zehn Euro Anfang 2003 ab. Heute dürfte das Papier komplett einbrechen. Der Aufsichtsrat hat zwar gleichzeitig mitgeteilt, dass ein Bankenkonsortium Kreditlinien verlängert hat. Doch das Beispiel Enron hat gelehrt, dass bei Pfusch an Bilanzen die ganzen Dimensionen der Betrügerei erst nach längerer Zeit ans Tageslicht kommen. Darauf möchte wohl niemand warten.