http://www.handelsblatt.comHANDELSBLATT, Dienstag, 21. November 2006, 06:50 Uhr
Nach Kurseinbruch
Vivacon ringt um Anlegervertrauen Von Ralf Drescher
Nach schwachen Zahlen für das erste Quartal und dem abgesagten Börsengang des Tochterunternehmens VGP stürzte die Vivacon-Aktie ab. Doch jetzt geht es für das Unternehmen, das mit Wohnimmobilien handelt bergauf: Derzeit raten neun von zwölf Analysten zum Aktienkauf.
HB FRANKFURT. Einmal MDax und zurück – auf diese Formel lässt sich das laufende Börsenjahr für die Kölner Vivacon AG bringen. Ende Februar wurde die Aktie des Immobilienunternehmens in den zweitwichtigsten deutschen Aktienindex aufgenommen. Die Anleger belohnten dies; bis Mitte Mai stieg der Vivacon-Kurs bis auf 47,65 Euro. Doch dann folgte der Einbruch: Schwache Zahlen für das erste Quartal und der abgesagte Börsengang des Tochterunternehmens VGP kosteten viel Anlegervertrauen. Die Vivacon-Aktie stürzte bis unter 15 Euro ab. Mitte September folgte die Rückstufung in den SDax. Erst in den vergangenen Wochen fanden die Papiere wieder Halt bei Kursen um 20 Euro.
Vivacon hat sich auf den Handel mit Wohnimmobilien spezialisiert. Das Unternehmen kauft Bestände meist denkmalgeschützter Wohnungen, saniert sie und verkauft sie anschließend an Privatleute oder im Block an institutionelle Investoren weiter. Die Grundstücke bleiben allerdings im Unternehmen und werden im Erbbaurecht für 99 Jahre an die Wohnungskäufer verpachtet. Dadurch fließen Vivacon regelmäßig Erbbauzinsen zu.
Im dritten Quartal gelang dem Unternehmen der bisher größte Wohnungsverkauf, als es rund 5 000 Wohnungen in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen veräußerte. Das hat sich in den Neunmonatszahlen, die Vivacon vergangene Woche veröffentlichte, stark niedergeschlagen. Mit 17,2 Mill. Euro lag das Nettoergebnis neunmal so hoch wie im Vorjahreszeitraum. „Das waren schon überraschend starke Zahlen“, sagt Andre Remke, Analyst der Hypo-Vereinsbank. Er geht davon aus, dass Vivacon jetzt auch das Gewinnziel für das Gesamtjahr in Höhe von 38 Mill. Euro erreichen wird und hat sein Kursziel von 22 auf 25 Euro angehoben.
„Vivacon muss sich in jedem Jahr aufs Neue beweisen“
Für das kommende Jahr verspricht Vivacon-Chef Marc Leffin eine erneute Ergebnissteigerung sowie weitere große Transaktionen: „Der Markt kommt so langsam in Bewegung. Es gibt in Deutschland 38 Millionen Wohnungen und immer mehr Portfolios kommen auf den Markt.“ Das Unternehmen kaufe fast täglich neue Wohnungen, noch im vierten Quartal sei ein weiterer bedeutender Verkauf geplant.
Analysten teilen Vivacons Optimismus für den deutschen Markt: „Man hat inzwischen akzeptiert, dass Wohnungen von der öffentlichen in die private Hand übergehen“, sagt Kai Malte Klose von Sal. Oppenheim, der die Aktie mit einem Kursziel von 25 Euro zum Kauf empfiehlt. „ Es wird einen zunehmenden Übergang von Portfolios vom öffentlichen in den privaten Besitz geben.“ Auf der anderen Seite zeigten immer mehr institutionelle Investoren aus dem Ausland Interesse am deutschen Markt, schreiben die Analysten der Citigroup in einer aktuellen Studie. Auch sie raten daher zum Kauf der Vivacon-Aktie und sehen das Kursziel bei 28 Euro.
Nach Angaben des Datenanbieters Bloomberg empfehlen zurzeit neun von zwölf Analysten die Vivacon-Aktie zum Kauf. Das Vertrauen der Anleger muss sich das Unternehmen allerdings erst wieder verdienen. Hier wirkt der abgesagte Börsengang der Vivacon German Properties (VGP) nach. Mit der Tochter wollte das Unternehmen im Bereich Immobilien-Vermögensverwaltung Fuß fassen. Allerdings scheiterte das IPO in London. „Es geht jetzt darum, dass Vivacon zeigt, dass sie in diesen Wachstumsmarkt einsteigen können. Das Unternehmen muss wieder Vertrauen aufbauen“, sagt Oppenheim-Analyst Klose.
Erste Fortschritte hat Vivacon kürzlich bereits gemacht: Mit dem Investor Forum Partners gründete das Unternehmen ein Joint Venture, in das Wohnungsportfolios eingebracht werden, die nicht direkt weiterverkauft werden können. „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wenn Vivacon im Asset-Management voran kommt, könnte das helfen, mehr Stetigkeit in die Ergebnisse zu bringen“, sagt Klose.
Damit würde die Vivacon-Aktie einen ihrer großen Makel ablegen. Auf Grund des Projektcharakters des Immobiliengeschäfts schwanken die Ergebnisse des Unternehmens sehr stark. Vorstandschef Leffin gibt zu, dass sich das auch „nur langsam mit zunehmender Größe des Unternehmens ändern wird“.
„Vivacon muss sich in jedem Jahr aufs Neue beweisen“, sagt HVB-Analyst Remke. Wer Vivacon-Aktien kauft, muss mit starken Schwankungen und einem höheren Risiko leben. Für konservative Anleger hält Remke die Titel daher für wenig geeignet: „Man kauft sich keine Vivacon und hält sie zwei Jahre im Depot.“ Daran ändere auch die Spekulationen, dass Vivacon 2006 womöglich erstmals eine Dividende ausschütten werde, nichts.
Von Ralf Drescher Handelsblatt