Interview mit 3U Telecom-Vorstand
In der TecDAX-Rangliste per 31.7.2003 lag 3U auf Rang 27 beim Börsenumsatz der letzten 12 Monate und auf Rang 41 beim Börsenwert des Streubesitzes. Um für eine Index-Aufnahme in Frage zu kommen, muss eine Firma bei beiden Kriterien innerhalb der Top-35 liegen. Durch die teilweise recht hohen Intraday-Kursschwankungen von 10 Prozent oder mehr ist das Umsatzvolumen in der Aktie recht hoch. Bei der nächsten Sitzung des TecDAX-Arbeitskreises in einem halben Jahr könnte die Firma deshalb bei diesem Kriterium im Bereich zwischen Rang 20 und 25 liegen. Kniffelig ist der Börsenwert, das zweite Aufnahme-Kriterium. Denn um in die Top-35 zu gelangen, müsste dieser noch deutlich anziehen. Die Auswirkung der OneTel-Akquisition auf den Aktienkurs zeigte aber, welche Kursanstiege nach erfolgreichen Deals möglich sind. Wir befragten deshalb Udo Graul, den Gründer und Vorstandsvorsitzenden der 3U Telecom AG, nicht nur kritisch zu den jüngsten Quartalszahlen, sondern auch über die Zukunft sei ner Firma - insbesondere Akquisitionen, Wachstum und TecDAX.
Frage: Herr Graul, im 2. Quartal 2003 lag der Umsatz bei 11,93 Mio. Euro nach 17,25 Mio. Euro. Wodurch gab es diesen Rückgang?
UDO GRAUL: Umsatzrückgang beruht zum einen auf der von uns vorgenommenen Bereinigung des Kundenportfolios. Wir haben beispielsweise im Bereich Großhandelskunden (Calling-Card-Anbieter usw.) eine Reduzierung vorgenommen. Bei diesen Kunden gibt es erfahrungsgemäß ein hohes Forderungsausfallrisiko. Unser bisheriges Abrechnungssystem erforderte einen erheblichen manuellen Bearbeitungsaufwand um dieses Geschäft zu überwachen. Wegen des hohen Bearbeitungsaufwands, verbunden mit dem Forderungsausfallrisiko, hatten wir uns dazu entschieden, dieses Geschäft konsequent zu reduzieren und Verträge mit solchen Kunden nicht zu verlängern, bis wir über ein vollautomatisches Überwachungssystem verfügen, das das Risiko durch optimale Überwachung minimiert. Darüber hinaus haben wir uns von Kunden getrennt, die schlechte Zahler sind und erst nach mehrfachem Mahnen zahlen. Zum anderen gab es auch einen Umsatzrückgang im Endkundenbereich. Dieser war bedingt durch die Zurückhaltung der Kunden und teilwei se auch durch Wechsel von Kunden zu anderen Telefongesellschaften.
Frage: Sie konnten das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (EBITDA) im 2. Quartal 2003 dennoch steigern auf 2,43 Mio. Euro nach 2,29 Mio. Euro in der Vorjahresperiode. Den Gewinn nach Steuern konnten Sie bei 0,10 Euro je Aktie stabil halten. Welche Schritte gab es, um diese Margenverbesserungen zu erzielen und ist ein weiterer Anstieg der Marge möglich?
UDO GRAUL: Prinzip der Kostenführerschaft ist ein wichtiges Element unseres Geschäftsmodells. Schon von daher sind wir ständig darauf aus, unsere Effizienz weiter zu steigern und unsere Fixkosten so niedrig wie möglich zu halten. Die Optimierung und weitere Automatisierung von Geschäftsprozessen ist bei 3U eine Standardaufgabe. Synergieeffekte werden sorgfältig analysiert und konsequent umgesetzt. Konkret haben wir im 1. Halbjahr 2003 insbesondere bei den Infrastrukturkosten weitere Einsparungen erzielen können. Natürlich stößt die Reduzierung der Fixkosten und ein damit verbundener Anstieg der Marge irgendwann an eine Grenze. Wir haben uns im 2. Quartal 2003 nochmals auf die Steigerung der Profitabilität von 3U konzentriert und haben damit eine optimale Basis geschaffen, um im Rahmen unserer Wachstumsstrategie Umsatz und Ertrag weiter steigern zu können. Mit der Akquisition von OneTel erwarten wir für das nächste Jahr einen Umsatz von über 100 Mio. Euro und einen Gewinn nach Steuern von mehr als 10 Mio. Euro. Durch den Skaleneffekt - bei einer Erhöhung des Umsatzes steigen die Fixkosten kaum oder nur geringfügig - kann die Profitabilität nochmals gesteigert werden, da sich die zusätzliche Rohmarge nahezu vollständig auf das Ergebnis auswirkt.
Frage: Wie sieht Ihre Wachstumsstrategie denn genau aus?
UDO GRAUL: Neben dem Wachstum über Akquisitionen von Mitbewerbern im In- und Ausland, planen wir jetzt auch wieder organisches Wachstum. 3U versucht über spezielle Angebote und Tarifmodelle und die damit verbundenen Kostenvorteile für die Kunden die Nutzung zu erhöhen und Neukunden zu werben. Dazu wurde eigens eine spezielle Software erstellt, die in der zweiten Jahreshälfte zum Einsatz kommen soll. Diese Software ermöglicht auch vollkommen neue Angebote im Wiederverkäuferbereich und erlaubt durch die vollautomatische Überwachung auch wieder das Geschäft mit Großhandelskunden. Über eine so genannte IN-Plattform sollen darüber hinaus den Kunden zusätzliche Features angeboten werden, so dass auch dadurch mit einer höheren Nutzung des 3U-Netzes zu rechnen ist. Durch die Übernahme von OneTel haben wir darüber hinaus die Möglichkeit geschaffen, über verschiedene Preisangebote unterschiedliche Kundensegmente zu bedienen, wodurch sich die Anzahl der potentiellen Nutzer deutlich erhöht hat.
Frage: Wie sehen Sie die Chancen auf eine TecDAX-Aufnahme Ihrer Firma bei der nächsten Arbeitskreis-Sitzung in einem halben Jahr?
UDO GRAUL: Chancen für eine Aufnahme von 3U in den TecDAX in einem halben Jahr sind sehr gut. Die Deutsche Börse hat am 19.8.2003 die Aufnahme von 3U in den NEMAX-50 beschlossen. Die Kriterien für die Aufnahme in den TecDAX erfüllen wir derzeit noch nicht vollständig. Wir sind aber zuversichtlich, dass der Kurs der 3U-Aktie bis zum nächsten Bewertungsstichtag die Anforderung an die Marktkapitalisierung des Streubesitzes erfüllt. Das andere Aufnahmekriterium, nämlich die Liquidität in der Aktie, erfüllen wir mit Platz 27 schon heute.
Frage: Nun kommen wir zur wohl spannendsten Frage: Wann wird es die nächste Akquisition geben?
UDO GRAUL: Insgesamt bietet der Markt im Moment recht gute Akquisitionschancen. Wir sind mit verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland im Gespräch bzw. in Verhandlungen. Einen genauen Zeitpunkt, wann die nächste Akquisition zum Abschluss kommt, kann ich natürlich nicht nennen. Wir prüfen jede strategische Option sehr genau. Wenn es passt, entscheiden wir uns sehr schnell. Neben kleineren Zukäufen schließen wir auch die Übernahme eines größeren Mitbewerbers nicht aus. Per Ende Juni verfügt 3U über liquide Mittel und liquiditätsnahen Anlagen in Wertpapieren in Höhe von 57 Mio. Euro (6,25 Euro/Aktie). Auch eine Fremdfinanzierung dürfte bei der guten 3U-Bilanz (Eigenkapitalquote 90%) kein Problem sein.
Quelle: Der Spekulant