"Moderne Variante von Karlheinz Schreiber, nur gefährlicher"
Von Markus DeggerichUnter den vielen Schauplätzen und Namen der CDU- Spendenaffäre taucht ein Name immer wieder auf: PR-Berater und CDU-Mitglied Moritz Hunzinger. Er kannte alle wesentlichen Akteure in dem Schwarzgeldskandal.
Berlin - Der Unternehmer war empört und verwahrte sich "gegen seltsame Verknüpfungen". Weil dem Wirtschaftsmann Karl Ehlerding die Spekulationen über seine großzügige Spende an die CDU und den möglichen Zusammenhang mit dem Verkauf von Eisenbahnerwohnungen an ihn zu weit gingen, suchte er professionellen Beistand bei einem alten Bekannten. Die Hunzinger Information AG formulierte und verbreitete für den Hamburger die Pressemitteilungen, in denen sich Ehlerding gegen den Verdacht wehrte, er habe mit seiner Gabe an die Regierungspartei die Vergabe an sein Bieterkonsortium beeinflussen wollen.
Keine schlechte Entscheidung, denn Hunziger war bei dem Thema gut im Stoff. Die seltsame Privatisierung der Eisenbahnerwohnungen und die höchste Einzelspende an die CDU in ihrer Geschichte waren einer der vielen Schauplätze in der CDU-Spendenaffäre. "Der Name Moritz Hunziger tauchte bei unseren Recherchen in den verschiedensten Zusammenhängen immer wieder auf", sagt Hans-Christian Ströbele, der Obmann der Grünen in dem Ausschuss war.
Es kommt dabei zu einer seltsamen Verknüpfung von Personen aus der Affäre, die die Republik erschütterte, und allen gemeinsam ist nur eines: Sie kannten Hunzinger. Bereits bei dem ominösen Spenderessen am 21. September 1994 im Bonner Hotel Königshof saß Hunzinger mit am Tisch. Ihm gegenüber: Wolfgang Schäuble. Der damalige CDU-Fraktionschef lernte dort den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber kennen, dessen spätere 100.000-Mark-Spende Schäuble schließlich alle Ämter kostete. Mit am Tisch saßen auch die CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister, die Hunzinger bereits von einem anderen Essen kannte: am Privattisch von Friedrich Merz, dem heutigen CDU-Fraktionschef.
Hunzinger immer mit am Tisch
Im Königshof versammelt hatten sich auch Jürgen Maßmann, für den Bereich Wehrtechnik zuständiges Vorstandsmitglied der Firma Thyssen Henschel, und Kristina Gräfin Pilati, damals noch mit ihrem Gatten, dem Banker Hendrik Borggreve verheiratet. Die Gräfin lernte dann später, ebenfalls bei einem Hunzinger-Event, ihren späteren Lebengefährten, Ex- Verteidigungsminister Rudolf Scharping, kennen. Zwischendurch vertrat sie aber auch noch kurzzeitig Brigitte Baumeister als Anwältin vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss, als es um den genauen Ablauf der Übergabe jener 100.000 Mark von Schreiber an Schäuble ging.
Die beiden kannten sich dank Hunzinger schon gut. Denn Baumeister hatte sich schon Jahre vorher gemeinsam mit dem PR-Berater beim Börsengang der Deutschen Telekom eingemischt. Wie der Lobbyist warb auch Baumeister beim damaligen Kanzleramtschef Friedrich Bohl dafür, die Investmentbank Kleinwort Benson mit in das Emissionskonsortium zu nehmen. Wer Teil des Konsortiums war, konnte Millionen an den Emissionen verdienen. Der damalige Chef von Kleinwort Benson hieß: Hendrik Borggreve.
Der inzwischen verurteilte Maßmann hatte 1990 gemeinsam mit Schreiber den Verkauf von 36 Spürpanzern "Fuchs" nach Saudi-Arabien gemanagt. Von dem damals mit 446 Millionen Mark völlig überteuerten Verkaufspreis sind rund 220 Millionen als "Provisionen" versickert. Berühmt wurde allerdings die eine Million Mark, die Schreiber CDU- Schatzmeister Walther Leisler Kiep in einem Koffer in der Schweiz übergab. Hunzinger selbst stand auf der Lohnliste von Thyssen.
In dem Geflecht der vielen Personen und Einzelgeschichten rund um die CDU- Spendenaffäre scheint nur eines sicher: "Hunzinger war überall dabei", sagt Ströbele. Der Netzwerker kannte die Beteiligten bei dem Deal um die Eisenbahnerwohnungen 1998. Matthias Wissmann (CDU) war damals Verkehrsminister und ein Hunzinger-Buddy, der sich damit brüstet, mit dem smarten Unions-Politiker ein Buch herausgebracht zu haben. 1998 sollten im Rahmen der Bahn-Privatisierung auch die über 100.000 Eisenbahner-Wohnungen verkauft werden. Als Bieter konkurrierten die Deutsche Annigton, hinter der eine japanische Bank stand, und ein deutsches Konsortium, die WCM AG, an dem das Hamburger Ehepaar Ehlerding mehrheitlich beteiligt war, jene Ehlerdings, für die Hunzinger die Öffentlichkeitsarbeit machte. Annigton bot eine Milliarde Mark mehr, und auch der Haushaltsausschuss des Bundestages sprach sich für einen Zuschlag an die Japaner aus.
Dann kam es am 8. Juni 1998 zu einem Treffen zwischen Wissmann und Finanzminister Theo Waigel (CSU) im Kanzleramt. Seitdem sprachen sich Wissmann und Kohl dafür aus, den Zuschlag eher dem schlechteren Gebot des deutschen Konsortiums zu geben. Mitte Juni erhielten diese den Zuschlag. Damit war das Verfahren jedoch nicht beendet, es gab noch keinen Kaufvertrag. Zwei Monate später wendet sich der Kohl-Vertraute Hans Terlinden an das Ehepaar Ehlerding und bittet um Unterstützung für den Wahlkampf. Im September, wenige Tage vor der Bundestagswahl überreicht das Ehepaar Ehlerding dann nach einem Sponsorenessen mit Helmut Kohl vier Schecks über insgesamt fünf Millionen Mark an die CDU: die größte Einzelspende in der Geschichte der Union von einer Privatperson, die nie zuvor an die Konservativen gespendet hatte.
Das Geld landet auf Kohls Anderkonto
Das Geld landet nicht bei der Schatzmeisterei, sondern wurde auf das Anderkonto mit der Nummer 24 980-12 eingezahlt, die Herkunft verschleiert. Auf das Konto, auf dem seinerzeit Helmut Kohl das Geld von seinen anonymen Spendern parkte, jene 2,1 Millionen Mark, deren Herkunft er bis heute gesetzeswidrig verschweigt.
Wissmann hatte sich entgegen den Empfehlungen aus seinem eigenen Ministerium für eine Zuschlag an das deutsche Konsortium eingesetzt. Die Ausschussmehrheit kommt in ihrem Abschlussbericht zu der Erkenntnis, "dass die Leitungsebene des Bundesverkehrsministeriums (BVM) weiteren politischen Druck gegen das Höchstgebot gezielt gesteuert hat". Gleichzeitig bestreitet der damals zuständige Ressortminister, gewusst zu haben, wer sich hinter dem Konsortium verbarg, für das er warb. Er will erst ein Jahr später, inzwischen Schatzmeister der CDU, von der Ehlerding-Spende erfahren haben, als sie nachträglich noch offiziell verbucht wurde. "Dass er nicht wusste, wer da mitbietet, haben wir ihm im Ausschuss schon nicht geglaubt", sagt Ströbele über die Verbindung zwischen den Hunzinger-Freunden Ehlerding und Wissmann. Die dazu angelegten Aktenvorgänge im BVM sind verschwunden. Der Ausschuss kommt zu der Erkenntnis, dass die "Akten bereinigt worden sind, um Hinweise dafür, dass Wissmann die Tatsache der Mehrheitsbeteiligung der Familie Ehlerding an der WCM AG zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung bekannt war, zu vernichten". Wissmann verteidigt Hunzinger
Noch im Dezember 2000 verteidigte Wissmann öffentlich das System Hunzinger. Der hatte einen seiner "Parlamentarischen Abende" veranstaltet. Hunzinger brachte unter dem Motto "Rente der Zukunft - Zukunft der Rente" unter anderen Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD), CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, seinen Duz-Freund Friedrich Merz und den damaligen FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle mit seinem Auftraggeber, dem Versicherungskonzern Colonia, auf ein Podium und förderte das Ziel der Colonia, wie das "SZ- Magazin" schrieb, "möglichst bald an die Milliarden der staatlich geförderten privaten Altersversorgung zu gelangen". Wissmann adelte das und sagte, es sei eine gute Sache, wenn seriöse Politikberatungsfirmen relevante Fakten und Argumente zwischen Wirtschaft und Politik transportierten.
Für Ströbele ist der Politikberatungsfirma Hunzinger "die moderne Variante von Karlheinz Schreiber, nur viel gefährlicher". Der PR-Berater ist CDU-Mitglied, spendet auch kräftig für seine Partei und hält Helmut Kohl für "die Persönlichkeit des Jahrhunderts". Für den Mitbegründer der Norfolk-Stiftung, über die Kohls Schwarzgeld-Verwalter ihre Millionen wieder in den legalen Kreislauf schleusten, den Liechtensteiner Finanzjongleur Herbert Batliner, übernahm Hunzinger ebenfalls in Deutschland die Öffentlichkeitsarbeit.
Und auch in anderem Zusammenhang sieht Ströbele Hunzinger in der Nähe des CDU-Schwarzgeldsystems. Helmut Kohl hat behauptet, die 2,1 Millionen Mark von den unbekannten Spendern, die auf dem gleichen Konto geparkt wurden wie die Ehlerding-Spende, vor allem für die Arbeit der CDU-Sozialausschüsse eingesetzt zu haben. "Der gute Mensch von Oggersheim wollte damit angeblich vor allem in Ostdeutschland seine Partei stärken", sagt Ströbele. Der Schatzmeister dieser CDU- Sozialausschüsse heißt bis heute: Hunzinger.
Tja da zeigt sich wieder die Blödheit der rot-grünen Politiker, die stolpern über privat genutzte Bonusmeilen oder geschenkte Anzüge. Die CDU zeigt wie man's macht, denn wenns um Millionen und Korruption geht, schert sich kein Schwein mehr um die Vorgänge.
Grüße Max