1000 Punkte im Visier (EurAmS)
§19.02.2006 15:45:00
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Der Index ist aus seiner Lethargie erwacht und steht mittlerweile auf Dreijahreshoch. Vieles spricht dafür, daß die Rally noch weitergeht
von Tobias Meister, Euro am Sonntag
Es war eine kleine dürre Meldnung, die vor wenigen Tagen als Finanzanzeige in der Presse geschaltet wurde. Ihr Inhalt: Die Fondsgesellschaft Fidelity habe ihren Anteil an dem Internetdienstleister United Internet auf über zehn Prozent aufgestockt. Und doch spiegelt die Nachricht einen neuen Trend wieder: Ausländische Investoren entdecken den TexcDAX wieder. So war die amerikanische Investmentgesellschaft Brandes schon Ende Janaur mit über fünf Prozent bei Jenoptik eingestiegen, Fidelity wiederum hatte sich kurz zuvor bei der Solarfirma Q-Cells kräftig eingedeckt. Kein Frage: Der TecDax ist wieder en vogue. Seit Jahresbeginn hat er bereits um knapp 20 Prozent zugelegt. Hauptgrund für den Kurssprung war zwar der Run auf die Solaraktien. Doch inzwischen geraten immer mehr andere Werte in den Fokus der Investoren.
Der Aufschwung dürfte weitergehen. "Davon bin ich felsenfest überzeugt", sagt Guido Cameron, der bei HSBC Trinkaus einen Smallcap-Fonds managt. Cameron kann sich einen Durchmarsch auf 1000 Punkte durchaus vorstellen. Gegenüber dem aktuellen Niveau wäre das ein Plus von 40 Prozent. "Gerade aus London kommen sehr positive Signale. Britische Investoren interessieren sich vor allem auch mal wieder für Titel aus der zweiten Reihe”, erklärt Analyst Thomas Effler von der HypoVereinsbank. Auch die Unternehmen selbst registrieren die aufkommende Kauflust der Ausländer. "Ich habe das Gefühl, daß der Trend wieder zu wachstumsstarken Titeln geht. Viele Investoren aus den USA und Großbritannien touren derzeit durchs Land und suchen nach Anlagezielen" erklärt Arne Thull, beim Breitband-Spezialisten QSC zuständig für den Dialog mit den Investoren. Stimmt genau. Selbst John S. Shegerian, Chef des US-Börsenkandidaten Electronic Recyclers of America, erkundigte sich kürzlich bei einem Besuch in der EURO-Redaktion ganz genau nach "diesem Technologie-Index, der von 9000 auf 700 Punkte gefallen ist". Auch Hannes Niederhauser, Vorstands-Chef des Minicomputer-Herstellers Kontron, hat die Rückkehr größerer ausländischer Adressen bemerkt. "Wir sind zwar nie in Vergessenheit geraten, kaufen wollte die Aktie aber auch niemand. Alle wollten nur Value-Titel, keine Technologie", erklärt Niederhauser. Das hat sich nun geändert. Seiner Meinung nach gibt es zwei Faktoren, die für das gesteigerte Interesse vor allem angelsächsischer Anleger verantwortlich sind. "Erstens läuft es bei uns operativ wieder sehr gut, zweitens wittern Investoren nach dem Aufschwung des Index wieder gute Renditechancen."
Die alten Wunden scheinen zu verheilen. "Man muß sich einfach fragen, warum der TecDAX bisher relativ schlecht gelaufen ist”, sagt HSBC-Fondsmanager Cameron. Seiner Meinung nach sind die Gründe psychologischer Natur. "Viele Investoren haben zu Neuer Markt-Zeiten eine Menge Geld verloren. Das schreckt natürlich erst einmal ab”, so der Experte der britischen Großbank. Doch die Negativstimmung scheint zu drehen. In den vergangen Tagen hat der Index ein neues Dreijahreshoch gemacht. Kaum ein institutioneller Investor, der sich in diesem Umfeld engagiert, kann es sich erlauben, daß die Party ohne ihn stattfindet.
Doch was passiert, wenn die Solarwerte, die den TecDAX zuletzt so stark angetrieben haben, demnächst korrigieren sollten? "Ich glaube nicht, daß die Stimmung dann komplett kippt. Den meisten ist schon klar, daß sie Stockpicking betreiben müssen”, glaubt Cameron. Zudem sei der TecDAX gegenüber dem MDAX "gnadenlos unterbewertet.” Der Midcap-Index, in dem sich vor allem Value-Titel tummeln, war in den vergangenen Monaten sehr gefragt. Der TecDAX dagegen blieb deutlich zurück. Zwar liegt das geschätze Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für das laufenden Jahr beim TecDax mit gut 28 deutlich über dem 2006er KGV des MDAX, das bei knapp 18 liegt. Da Technologie-Unternehmen sich aber durch höheres Gewinnwachstum auszeichnen, sollten sie im Normalfall auch höher bewertet sein als Papiere aus dem MDAX. Während die Unternehmen im MDAX 2005 ihre Gewinne im Schnitt um knapp 25 Prozent steigerten, kletteren die Erträge bei den TecDAX-Titeln um über 65 Prozent. "Die Schere zwischen MDAX und TecDAX sollte sich langfristig deshalb schließen”, ist der HSBC-Experte überzeugt. Allen Unkenrufen zum Trotz glaubt er nicht daran, daß sich die Bewertungen durch massive Gewinnmitnahmen im Midcap-Segment angleichen werden: "Im internationalen Vergleich ist der MDAX wegen seiner hohen Gewinndynamik immer noch sehr günstig bewertet”, so Cameron. Anleger sollten also zugreifen. Vor allem Titel aus der zweiten Reihe, die noch nicht so viel Sonne abbekommen haben wie Solarworld und Co., haben noch viel Potenzial. Neben Kontron und QSC, bei denen das Geschäft derzeit brummt, erscheint GPC Biotech besonders aussichtsreich. Die Aktie ist noch günstiger zu haben als Anfang 2004, obwohl es seither mehrere Erfolgsmeldungen gab.
Auch Investments auf den Index, beispielsweise mit Indexzertifikaten, machen Sinn. Denn die Aufnahmefähigkeit von frischem Geld ist auf dem aktuell niedrigen Niveau relativ gering. Wäre beispielsweise eine Fondsgesellschaft bereit, 150 Millionen Euro in TecDAX-Papiere zu stecken, würde die Reaktion im Index nicht ausbleiben. Dann sollten auch Werte wie Aixtron mit gerissen werden, bei denen es operativ noch nicht so gut läuft. Hinzu kommt, daß die Medien und die Banken den Technologie-Index in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt haben. Je stärker der TecDAX aber wieder in den Mittelpunkt des Interesses rückt, desto mehr Produkte wie Optionsscheine oder Zertifikate werden die Banken emittieren, was weitere Mittelzuflüsse zur Folge haben dürfte. Die Auswahl an Indexzertifikaten ist groß. Aktuell sind 20 Stück am Markt. Anleger, die auf den Gesamtmarkt setzen wollen, können beispielsweise in das Indexzertifikat (ISIN:
DE0007036840) der Commerzbank investieren. Spekulativere Naturen greifen zu Einzeltiteln (siehe Investors Info). Denn wenn schon die Ausländer Interesse zeigen, sollten deutsche Privatanleger dem nicht nachstehen.
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red
Gruss Ice
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Börsengewinne sind Schmerzengeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld...(A.K.)