Warum sind Spekulanten nützlich?

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EinsamerSam.:

Warum sind Spekulanten nützlich?

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03.07.06 13:40
Warum sind Spekulanten nützlich?

Spekulant - das Wort hat in Deutschland einen schlechten Klang: Abscheu und Mißtrauen schlagen dem Spekulanten entgegen. Das Volk beschimpft Spekulanten als skrupellose Profitgeier und Abzocker, Hasardeure und Spielernaturen, kurz als nutzlose Blutsauger der Wirtschaft, die ohne Leistung Gewinne einstreichen und damit anderen schaden.

Wer sind Spekulanten wirklich? Sie handeln mit allem: mit Wertpapieren, Devisen, Grundstücken oder Rohstoffen. Und sie versuchen, durch Kauf und Verkauf zum richtigen Zeitpunkt Geld zu verdienen. Bei fallenden Kursen kauft der Spekulant eine Aktie oder Devise in der Annahme, daß ihr Kurs in Zukunft steigen wird - und er sie dann mit Profit veräußern kann.

Dem Spekulanten geht es nur ums Geld

Dabei geht der Spekulant keine blinde Wette ein, vielmehr kalkuliert er sein Risiko genau. Er beschafft sich die besten Informationen, die zu haben sind, und beobachtet die Märkte gewissenhaft, um die künftige Preisentwicklung möglichst präzise vorhersehen zu können. Für seine Mühe fordert der Spekulant einen Preis, den Gewinn. Denn sein Risiko ist groß: Schätzt er die Preisentwicklung falsch ein, verliert er viel Geld.

Anders als dem Investor geht es dem Spekulanten ausschließlich ums Geld - er will keine Autos bauen, keine Container von A nach B verfrachten, weder Gold noch Wolkenkratzer besitzen. Gerade deshalb wurde er zum Feind des Volksempfindens: Wer keine Werte schaffe, solle auch nichts verdienen, heißt es.

Auf Kosten der Verbraucher?

Dabei verkennen die Kritiker, was Spekulanten leisten - am Ölmarkt zum Beispiel. Der Preis für den wichtigsten Rohstoff des Industriezeitalters steigt und steigt. Mittlerweile kostet ein Faß Rohöl mehr als 70 Dollar, und nichts deutet darauf hin, daß das Öl in naher Zukunft billiger wird. Sind es die bösen Spekulanten, die sich an den Ölbörsen tummeln und auf Kosten der Verbraucher bereichern? Tatsächlich agieren auf den Ölmärkten in London und New York neben jenen Händlern, die wirklich Öl kaufen oder verkaufen wollen, auch zahlreiche Spekulanten. Sie haben nur ein Ziel: aus dem Auf und Ab der Preise schnellen Profit zu schlagen. Setzen sie darauf, daß der Ölpreis weiter klettert, dann kaufen sie Öl in der Erwartung, es in Zukunft zu einem noch höheren Preis verkaufen zu können. Das kann den Preis in die Höhe treiben.

Sinnlos ist das nicht. Denn die Spekulanten signalisieren, daß der Rohstoff auf lange Sicht teuer bleiben wird. Die Nachfrage nach Öl ist hoch, das Angebot knapp. Die Weltwirtschaft arbeitet mit voller Kraft. Aufstrebende Länder wie China oder Indien haben einen schier unstillbaren Durst nach dem schwarzen Gold. Doch der Ölhahn ist schon weit aufgedreht. Wollen die Multis noch mehr Öl liefern, müssen sie riesige Summen investieren, um neue Ölfelder zu erschließen und alte besser auszubeuten. Das lohnt sich nur, wenn der Ölpreis hoch bleibt.

Spekulanten legen den Finger in die Wunde

Dafür sorgen die Spekulanten. Sie machen mit allem Nachdruck auf ökonomische Mißstände aufmerksam, legen den Finger in die Wunde. Daß das niemandem behagt, ist zu verstehen. Hilfreich ist es aber doch: So können sich Unternehmer und Verbraucher frühzeitig auf ein neues Energieszenario einstellen, eine Welt mit hohen Ölpreisen. Insofern leisten die Spekulanten, vielleicht ungewollt, den Volkswirtschaften einen guten Dienst. Wer Öl fördert, erhält das Signal, neue Quellen zu erschließen. Für die Verbraucher ist es auf einmal attraktiv, Energie zu sparen und alternative Energiequellen zu entwickeln. Der nötige Strukturwandel wird befördert.

Der Anstieg der Vermögenspreise, der regelmäßig mit einer Spekulation einhergeht, lenkt Kapital dorthin, wo sich neue Möglichkeiten ergeben. Die Eisenbahn-Hausse Anfang der 1840er Jahre beschleunigte den Ausbau des Eisenbahnnetzes in England und Deutschland. Der starke Anstieg der Aktienkurse der Bahngesellschaften half, das notwendige Kapital zu mobilisieren. Auch wenn viele Gesellschaften nie Geld verdient haben und bald pleite gingen - die Schienen waren verlegt und dienten über Jahrzehnte der Infrastruktur und dem Wirtschaftswachstum. Davon profitieren wir heute noch.

Verheerende Folgen für die Wirtschaft?

Nicht immer ist das Resultat so greifbar und eindeutig wie bei den Eisenbahnen. Kann die massive Spekulationslust nicht auch verheerende Folgen für die Wirtschaft haben? Ins Visier der Kritiker sind heutzutage insbesondere die Hedge-Fonds geraten. Sie gelten als der Inbegriff des gefährlichen Spekulanten und Schrecken vieler Notenbanker.

Hedge-Fonds können rund eine Billion Dollar lockermachen, um zu wetten - auf den Verfall einer Währung, die Fusion zweier Firmen, den Finanzkollaps eines ganzen Landes und seiner Staatsanleihen. Ihre Mittel sind schier unbegrenzt, ihre Methoden undurchsichtig. Das schürt die Angst, sie könnten eines Tages Weltwirtschaft und Börsen aus den Angeln heben.

Auch Notenbanken sind nicht gegen Angriffe gefeit

Beinahe war es einmal schon soweit. 1998 hat sich der Hedge-Fonds Long-Term Capital Management (LTCM) verspekuliert und die Welt ganz dicht an eine Kernschmelze des internationalen Bankensystems gebracht. Wenn die amerikanische Zentralbank nicht eingegriffen hätte, wären Kreditrisiken entstanden, auf die niemand vorbereitet war.

Auch die Notenbanken selbst sind nicht gegen Angriffe gefeit. 1992 wurde die Bank von England prominentes Opfer des gebürtigen Ungarn George Soros. Seine Hedge-Fonds setzten zehn Milliarden Dollar gegen das britische Pfund, das er für überbewertet hielt. Das Pfund wurde abgewertet und aus dem Europäischen Wechselkursverbund katapultiert. Soros verdiente eine Milliarde Dollar und gelangte zu weltweitem Ruhm.

Sündenbock für unerwünschte Entwicklungen

Seither werden Hedge-Fonds immer wieder als Sündenbock für unerwünschte Entwicklungen an den Börsen gegeißelt. Natürlich wollen Spekulanten vor allem eines: Geld verdienen. Sie wählen ihr Angriffsziel aber nicht nach dem Zufallsprinzip aus. Sie gewinnen nur, wenn das Spekulationsobjekt geschickt gewählt ist, wenn die Währung, auf deren Verfall sie setzen, tatsächlich hoffnungslos überbewertet ist und ihr Kurs jeder ökonomischen Grundlage entbehrt. Nur eine solche Währung wird früher oder später fallen.

Die Spekulanten waren lediglich die ersten, die erkannt haben, daß ein Kurswechsel fällig ist. Zugegebenermaßen haben sie ihn dann auch ausgelöst. So war es bei der Abwertung des britischen Pfundes im Jahr 1992, dem Verfall des mexikanischen Peso zwei Jahre später und der Talfahrt vieler südostasiatischer Wechselkurse 1997. Die Spekulanten sorgten lediglich dafür, wie Soros einmal formulierte, „daß das Unvermeidliche eintritt“.

George Soros

Auf mehr als sieben Milliarden Dollar wird sein Privatvermögen geschätzt. Gut eine Milliarde Dollar verdiente er 1992, als er gegen das britische Pfund wettete - und gewann. Soros zwang Großbritannien aus dem Europäischen Währungssystem und war fortan „der Mann, der die Bank von England knackte“. Seither hat er immer wieder für Unruhe an den Börsen gesorgt. 1997 trieb er die asiatischen Tigerstaaten in die Krise; der damalige malaysische Premier Mahathir beschimpfte ihn als „Räuber und Banditen“. Privat stiftet der gebürtige Ungar mit seinem Geld allerdings auch viel Gutes.

André Kostolany

Generationen von Anlegern gilt der weltgewandte Herr, der nie um ein Bonmot verlegen war, als der Börsenspekulant schlechthin. Kostolany handelte mit allem, was es gab, seien es Aktien, Rohstoffe oder Optionen. Legendär sind seine Spekulationen mit notleidenden Anleihen, mit denen er nach dem Krieg angeblich ein Vermögen machte. Als Vorbild taugt er nicht: Kostolany kokettierte damit, mehrmals bankrott und hochverschuldet gewesen zu sein. Insgesamt habe er bei seinen Spekulationen zu 49 Prozent verloren, aber zu 51 Prozent gewonnen - und von der Differenz ganz gut gelebt.

Warren Buffett

Mit elf Jahren kaufte sich Warren drei Aktien. Seither hat er durch geschickte Aktienkäufe und -verkäufe ein Vermögen von 40 Milliarden Dollar geschaffen. Sein Prinzip: Kaufe in schlechten Zeiten zu niedrigen Preisen und verkaufe fast nie. So erkannte Buffett Ende 1974, nach fünf Jahren mit schlimmen Kursverlusten: „Jetzt ist die Zeit, zu investieren und reich zu werden.“ Buffett wird nicht müde zu erklären, daß sein Erfolg kein Zufall sei, sondern Resultat penibler Unternehmensanalyse. Die legte ihm in den achtziger Jahren nahe, Coca-Cola, American Express und Gillette zu kaufen. Es sollte sich lohnen.


Quelle: faz.net

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