US TV-Anleger-Gurus

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US TV-Anleger-Gurus

 
22.06.08 14:16
TV-GURUS - Schimpfen, schreien, schießen

22.06.2008 11:41:37

Im amerikanischen Fernsehen geht es beim Thema Geld hart zur Sache. Bei Börsenthemen drehen die TV-Gurus mitunter ziemlich durch.

von Tim Schäfer, New York

Er ist der Star des Tages. Lawrence Kudlow sitzt in der 42. Etage des New Yorker Le Parker Meridien Hotel am gedeckten Tisch. Er wartet auf seinen Auftritt. Die Investmentboutique Taglich Brothers hat ihre Kunden eingeladen, sie sollen den TV-Guru aus nächster Nähe erleben können.

Kudlow moderiert täglich auf dem weltweit führenden Börsen kanal CNBC die Sendung „Kudlow & Company“. Der Saal ist proppenvoll. Der berühmte Gast zieht über den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und seine ehemalige Konkurrentin Hillary Clinton vom Leder. „Ich kann keinen Unterschied zwischen beiden erkennen. Sie geben der Wall Street die Schuld für alles.“ Beide wollten die Staatsausgaben in die Höhe treiben, was hohe Steuerabgaben zur Folge hätte, poltert der 60-jährige Urkonservative. Und: „Sie führen einen Krieg gegen die Investoren.“ Sie würden Wachstum und Wohlstand verhindern. Den republikanischen Bewerber John McCain lobt Kudlow dagegen: „Er glaubt fest an den freien Handel.“ Das ist alles Balsam auf die Seelen der leidgeprüften Börsianer. Für seine gut einstündige Rede kassiert der TV-Guru 15.000 Dollar.

Kudlow hält viele Reden. Im August 2001 sprach er sogar zu Enron-Mitarbeitern – für 50.000 Dollar. Nachdem der Energiegigant pleiteging, geriet Kudlow in die Kritik. Seiner TV-Karriere schadete dies nicht. Im Gegenteil: Zwar publiziert der Kanal keine Einschaltquoten, doch dürfte Kudlow, der börsentäglich in der Primetime um 19 Uhr auf dem Bildschirm ist, die höchsten Quoten haben. Kudlows Werdegang verlief turbulent: Der Ökonom heuerte in den 70ern bei der New Yorker Landeszentralbank an. In den 80ern beriet er Ronald Reagan. In den 90ern arbeitete er für verschiedene Wall-Street-Häuser. Die Investmentbank Bear Stearns krönte ihn erst zum Chef ökonomen und drängte ihn dann wegen seiner Drogensucht zum Rücktritt. Kudlow verpasste wegen seiner Kokain- und Alkoholeskapaden wichtige Kundentermine. Er unterzog sich einer Entziehungskur. 2005 gestaltete er mit Jim Cramer die Börsensendung „Kudlow & Cramer“. Später erhielten beide eigene Shows.

Jim Cramer ist ein Börsenclown, ein Schreihals, eine Ikone. Täglich um 18 Uhr beginnt er die einstündige Talkshow „Mad Money“ mit den immer gleichen Sätzen: „Hallo, ich bin Cramer. Willkommen zu Mad Money. Willkommen zu ‚Cramerika’. Andere Menschen wollen Freunde gewinnen. Ich möchte dir nur helfen, Geld zu verdienen. Mein Job ist nicht nur, dich zu unterhalten, sondern ich möchte dich schulen. So ruf mich an unter der Nummer 1800-743-CNBC.“ 15 oder 20 Zuschauer kommen jeweils zu Wort. Sie fragen, was sie mit ihren Aktien tun sollen. Zukaufen? Halten? Verkaufen? Drei, vier Sätze schmettert der Meister ihnen entgegen. In jedem Sektor hat der ehemalige Hedgefondsmanager eine Lieblingsaktie. Ab und zu erscheint im Lauftext am unteren Rand des Bildschirms der Hinweis, dass Cramer selbst im Besitz des Papiers ist – über seinen „Investmenttrust für Spendenzwecke“.

Sein Markenzeichen sind die hochgekrempelten Ärmel. Ständig macht der 53-Jährige zudem verrückte Dinge, verkleidet sich als Arzt, wirft seine eigenen Bücher durchs Studio, wirbelt mit einer Peitsche oder zerschneidet Puppen. Er drückt dauernd auf Tasten, die verschiedene Geräusche von sich geben – einen fahrenden Zug etwa oder eine applaudierende Menschenmenge.

Notenbankchef Ben Bernanke beschimpfte Cramer im August 2007 mit knallrotem Kopf: „Der weiß nicht, wie schlecht der Markt dasteht. Er hat keine Ahnung! Er hat keine Ahnung! ... Die sind verrückt!“ Währenddessen hämmerte er mit der Hand auf den Tisch. Noch heute spielt CNBC diesen Ausraster immer wieder. Cramer war wütend, weil die Zentralbank die Leitzinsen seinerzeit nicht senkte.

Zu seinen Lieblingen gehören Google und Research in Motion. Eine Moderatorin fragte ihn vergangene Woche, wie er RIM auf diesem hohen Kursniveau noch empfehlen könne, schließlich habe das Unternehmen einen Börsenwert von 100 Milliarden Dollar und im Handymarkt erst einen Marktanteil von einem Prozent, während Nokia mit lediglich 75 Milliarden Dollar Kapitalisierung rund 40 Prozent des Markts beherrscht. „Nokia hat kein Momentum“, entgegnete der Meister. „Wir wissen doch, wie die Märkte laufen: Sie laufen getrieben von Trends. Was ist schon wirklich billig?“

Die Ruhe in Person ist dagegen Dave Ramsey. Auf dem neuen Fox-Businesskanal hat er eine Show zum Thema Sparen. Amerikaner lieben oder hassen ihn. Der 48-Jährige mit dem weißen Vollbart ist eine Radiolegende und Bestsellerautor. Er rät, auf Konsum zu verzichten. „Cash is King“, ist seine Devise. Oberstes Ziel: schuldenfrei zu sein.

Amerikaner haben eine negative Sparquote. Sie konsumieren auf Pump. Millionen Haushalte sind überschuldet. Sie nutzen massenweise Kreditkarten. Die Banken kassieren dafür saftige Zinsen von bis zu 30 Prozent. „Ein bescheuertes Produkt“, so bezeichnet Ramsey die Plastikkarten. „Wenn du mit Bargeld bezahlst, dann tut das weh. Du fühlst das. Wenn du aber das Plastikgeld benutzt, dann merkst du das gar nicht.“ Ramsey ist Multimillionär. „Ich habe keine Kreditkarte“, sagt er stolz. Seine Anhänger verbrennen, zersägen, zerschießen ihre Kreditkarten vor laufender Kamera.

Die Zuschauer schildern ihre Situation live am Telefon. Manchmal weinen sie. Der berühmteste Schuldenberater des Landes gibt ihnen dann Ratschläge. Wer es schafft, darf in den Hörer schreien: „Wir sind schuldenfrei!“ In jungen Jahren hatte Ramsey ein Immobilienimperium aufgebaut und alles verloren, als die Bank die Kreditlinie kündigte.

Suze Orman wuchs in armen Verhältnissen auf. Die 57-Jährige schrieb sechs Bestseller zum Thema Geld. Die zehnfache Dollarmillionärin gestaltet auf CNBC „The Suze Orman Show“, in der sie im Kern der Frage nachgeht: „Kann ich es mir leisten?“Ihre Anrufer stehen immer vor einer Investitionsentscheidung: Sie wollen das Haus renovieren, den Keller ausbauen oder ein teures Auto kaufen. Die Teilnehmer erläutern, wie hoch ihre Ersparnisse sind, was sie verdienen und wie viel Schulden sie haben. Orman gibt ihnen schließlich grünes Licht – oder lehnt ab.

Mit den Schicksalsfragen anderer hat sie es ganz nach oben geschafft: Das „Time Magazine“ hat Orman zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt gekürt.

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