Quelle: boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_295426
An den Zapfsäulen kostet der Liter Diesel häufig so viel wie ein Liter Benzin, manchmal sogar mehr. Das ärgert nicht nur Diesel-Besitzer, sondern gefährdet auch ganze Geschäftsmodelle wie etwa das des Rußpartikelherstellers Twintec.
Der Chart des im Entry Standard notierten Unternehmens aus Königswinter bei Bonn kennt seit langem nur noch eine Richtung - südwärts. Vorbei ist das Image des Börsensenkrechtstarters. Mittlerweile notiert die im März 2007 an der Börse gestartete Aktie sogar unter ihrem Ausgabepreis von elf Euro. Seit Jahresbeginn gab die Twintec-Aktie von über 24 Euro auf zuletzt 10,19 Euro nach, das bedeutete ein Kursminus von mehr als 60 Prozent.
Seit Ende Mai markiert die Aktie immer neue Allzeittiefstände. Allein während der vergangenen zehn Tage büßte sie rund 35 Prozent an Wert ein. Angesichts dieses drastischen Kurseinbruchs zeichnet sich nun auch noch eine "Versteilung" der Twintec-Kurve ab.
Ende des Dieselbooms in Sicht
Dabei spiegeln sich in dem verheerenden Chartbild auch fundamentale Gründe für die anhaltende Verkaufsstimmung wider. So bedroht der seit Jahresbeginn anhaltend hohe Dieselpreis die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen – und damit letztlich auch nach den von Twintec produzierten Rußpartikelfiltern.
Branchenkenner machen bereits ein Ende des Dieselbooms in Deutschland aus. So sagt Professor Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen mit Blick auf die gestiegenen Diesel-Preise an den Tankstellen: "Der Diesel wird zum Opfer seines eigenen Erfolgs." Tatsächlich war auf dem Höhepunkt des Dieselbooms im Sommer vergangenen Jahres fast jedes zweite in Deutschland zugelassene Fahrzeug ein Diesel. In ganz Westeuropa waren es zwischenzeitlich sogar bis zu 53 Prozent.
Diesel-Fahrzeuge lohnen sich immer seltener
Doch nun müssen sich die deutschen Autobauer, die sich selbst als weltweit führend in der Dieseltechnologie bezeichnen, auf sinkende Absatzzahlen einstellen, der Trend hat sich gedreht: Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) waren im Mai noch 44,5 Prozent der Neuzulassungen Diesel.
Denn angesichts der stark gestiegenen Diesel-Preise, der deutlich höheren Anschaffungskosten und der höheren Kfz-Steuer lohnen sich Diesel-Fahrzeuge nur noch für einen sehr schmalen Kundenkreis: Nämlich nur dann, wenn der Durchschnittsverbrauch des speziellen Diesel-Fahrzeugs deutlich geringer ist als bei einem vergleichbaren Benziner sowie die persönliche Fahrleistung pro Jahr sehr hoch ist und damit die im Vergleich zum Benziner erhöhten Fixkosten überkompensiert werden. Erst ab einer Fahrleistung von über 20.000 km jährlich fahren laut ADAC 89 Prozent der untersuchten Modelle der gleichen Klasse günstiger mit einem Diesel.
Auch die Nachrüstung hat ein Ende
Das CAR-Institut der FH Gelsenkirchen sagt daher voraus, dass der Dieselanteil in Europa bis zum Jahr 2015 auf rund 35 Prozent sinken wird. "Die Erfolgskurve setzt sich nicht fort, der Markt wird sich spätestens in zwei Jahren drehen", betont CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer.
Alles in allem sind das überhaupt keine guten Nachrichten für ein auf Rußpartikelfilter für Dieselfahrzeuge spezialisiertes Unternehmen wie Twintec. Zumal auch das Geschäft mit der Nachrüstung ein endliches ist: Dieselfahrer erhalten vom Staat eine Steuergutschrift von 330 Euro, wenn sie ihr gebrauchtes Fahrzeug mit einem Rußpartikelfilter ausrüsten lassen. Das hatte Twintec eine kleine Sonderkonjunktur beschert, deren Ende sich nun abzeichnet: Die staatliche Förderung für die Umrüstung läuft Ende 2009 aus.