Deutschland versinkt im Regen, und plötzlich ist das Thema Klima und Umweltschutz wieder auf der Tagesordnung. Pech für den Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber, der keinen Umweltexperten in sein Wahlkampfteam holte.
Berlin - Der Sprecher der CDU-Parteizentrale in Berlin hat diese Frage schon häufiger gehört. Warum Edmund Stoiber keine Frau oder keinen Mann für den Umweltschutz in sein Wahlkampfteam geholte habe? "Das Kompetenzteam ist kein Schattenkabinett", sagt Matthias Barmer. Draußen regnet es in Strömen, das östliche Land steht unter Wasser, und die Medien spekulieren über die Klimakatastrophe. Und Barmer muss erklären, warum der Kandidat der Union für Umweltpolitik kein medienwirksames Zeichen gesetzt hat. Manchmal kann das Wetter sehr grausam sein.
Bei der Zusammenstellung des achtköpfiges Teams habe sich die Union auf "wichtige Bereiche wie etwa Innere Sicherheit, Wirtschaft und Arbeit konzentriert". Dass die Umweltschutz in einer künftigen Regierung unter Stoiber aufs Nebengleis abgeschoben wird, wie es die Regierungskoalition unterstellt, davon will Barmer nichts wissen: "Keine Sorge, die Umweltpolitik wird bei uns nicht zu kurz kommen." Man habe schließlich auch so wichtige Themen wie Entwicklungshilfe, Bauen, Verkehr, Kultur oder gar Verteidigung nicht einzeln durch Persönlichkeiten im Kompetenzteam besetzt.
Zufrieden kann die Union mit ihrer Entscheidung in diesen Tagen aber dennoch nicht sein. In den Büros und Werkhallen der Republik wird über den verhagelten Sommer, über Schneefälle in den Alpen und Dauerregen am Mittelmeer gesprochen. Die Leerstelle in Stoibers Team nutzen umso heftiger die Grünen, um sich als Umweltpartei verstärkt bei der Bevölkerung in Erinnerung zurückzurufen.
Da nützt es wenig, dass Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) erst am vergangenen Wochenende versicherte, dass Stoiber nach seiner Wahl für einen "Umwelt-Pakt Deutschland" mit der Wirtschaft eintreten will. Auch der Verweis von Unionspolitikern, dass im 64-seitigen Regierungsprogramm den Themen Umweltschutz, Energiepolitik, Landwirtschaft und dem Verbraucherschutz zehn Seiten eingeräumt wurden, kann die personelle Schwäche nicht kaschieren. Das Regenwetter leistet unfreiwillige Wahlkampfhilfe, und der Umweltschutzminister Jürgen Trittin redet auf den TV-Kanälen statt über Bonusmeilen endlich wieder über Umweltschutz.
Unter Rot-Grün verlor die Union an Umweltkompetenz
Die selbstbewussten Auftritte des Grünen in diesen Tagen können einen Mann wie Klaus Lippold, CDU/CSU-Fraktionsvize und Umweltexperte, nicht kalt lassen. Er versucht, die Entscheidung seiner eigenen Partei, den Umweltschutz keinen zentralen Wert einzuräumen, mit dem Hinweis auf den politischen Gegner zu erklären. "Noch vor zweieinhalb Jahren haben selbst die Grünen darüber diskutiert, dass der Umweltschutz nicht mehr so ein emotionsgeladenes Thema ist", sagt er.
Dabei hatte einst in den Achtzigern unter ihrem damaligen Generalsekretär Heiner Geißler die CDU die Bedeutung des Umweltschutzes erkannt. Mit Walter Wallmann bestellte Helmut Kohl schließlich 1986 den ersten Bundesumweltminister der Bundesrepublik, wenig später folgten im Amt Klaus Töpfer und Angela Merkel. Die Union beackerte ein Feld, das sie, wie die SPD auch, bis zum Aufkommen der Grünen sträflich vernachlässigt hatte. Töpfer und Merkel wurden in ihrer Amtszeit zu Größen - oft von Umweltverbänden angegriffen, wegen ihres Sachverstandes aber allgemein respektiert.
Das ist lange her. Umweltthemen sind im öffentlichen Bewußtsein offenbar out. "Andere Themen sind emotional in diesem Wahlkampf stärker besetzt", konstatiert nüchtern Unions-Fraktionsvize Klaus Lippold. Vor sechs Wochen rangierte in einer Umfrage von Infratest dimap der Umweltschutz in einer Skala auf Platz neun - gleichauf mit der Terrorismusbekämpfung. Nur zwei Prozent der Befragten waren demnach der Ansicht, der Umweltschutz sei das "wichtigste politische Problem in Deutschland, das vordringlich gelöst werden muss". Für 77 Prozent der Befragten war es hingegen die Arbeitslosigkeit, für 14 Prozent Bildung und die wirtschaftliche Situation.
Brickwedde als Umweltminister?
Gleichwohl steht die Union vor dem Problem, wen sie im Falle eines Wahlsieges in das Amt schickt. In der FDP, die sich in ihrem Wahlprogramm auf gerade einmal dreieinhalb Seiten dem Thema widmet, dürfte es kaum Ambitionen geben, sich mit Umweltschutz herumzuschlagen. Auch wenn in Guido Westerwelles Team Birgit Homburger für Umweltpolitik zuständig ist, das Interesse dürfte bei den Liberalen eher in Richtung Außen-, Europa-, Justiz- und Innenpolitik gehen.
So bleibt die Ökologie am Ende, sollte das Wahlergebnis eine Koalition aus Schwarzen und Gelben zulassen, an der Union hängen. Der 59-jährige Fraktionsvize Lippold weist Mutmaßungen zurück, er selbst könne für das Amt in Frage kommen: "Ich halte mich von jeden Spekulationen fern", sagt er.
Am hartnäckigsten hält sich in Berlin ein anderes Gerücht: Fritz Brickwedde könnte in ein Umweltschutzministerium unter Stoiber einziehen. Der 54-jährige ist Generalsekretär der Bundesumweltstiftung in Osnabrück. Brickwedde vereint gleich zwei Vorteile: Zum einen genießt er bei den Umweltverbänden einen guten Ruf. Zum anderen verfügt der Politikwissenschaftler über Stallgeruch: Brickwedde besitzt das CDU-Parteibuch.
Berlin - Der Sprecher der CDU-Parteizentrale in Berlin hat diese Frage schon häufiger gehört. Warum Edmund Stoiber keine Frau oder keinen Mann für den Umweltschutz in sein Wahlkampfteam geholte habe? "Das Kompetenzteam ist kein Schattenkabinett", sagt Matthias Barmer. Draußen regnet es in Strömen, das östliche Land steht unter Wasser, und die Medien spekulieren über die Klimakatastrophe. Und Barmer muss erklären, warum der Kandidat der Union für Umweltpolitik kein medienwirksames Zeichen gesetzt hat. Manchmal kann das Wetter sehr grausam sein.
Bei der Zusammenstellung des achtköpfiges Teams habe sich die Union auf "wichtige Bereiche wie etwa Innere Sicherheit, Wirtschaft und Arbeit konzentriert". Dass die Umweltschutz in einer künftigen Regierung unter Stoiber aufs Nebengleis abgeschoben wird, wie es die Regierungskoalition unterstellt, davon will Barmer nichts wissen: "Keine Sorge, die Umweltpolitik wird bei uns nicht zu kurz kommen." Man habe schließlich auch so wichtige Themen wie Entwicklungshilfe, Bauen, Verkehr, Kultur oder gar Verteidigung nicht einzeln durch Persönlichkeiten im Kompetenzteam besetzt.
Zufrieden kann die Union mit ihrer Entscheidung in diesen Tagen aber dennoch nicht sein. In den Büros und Werkhallen der Republik wird über den verhagelten Sommer, über Schneefälle in den Alpen und Dauerregen am Mittelmeer gesprochen. Die Leerstelle in Stoibers Team nutzen umso heftiger die Grünen, um sich als Umweltpartei verstärkt bei der Bevölkerung in Erinnerung zurückzurufen.
Da nützt es wenig, dass Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) erst am vergangenen Wochenende versicherte, dass Stoiber nach seiner Wahl für einen "Umwelt-Pakt Deutschland" mit der Wirtschaft eintreten will. Auch der Verweis von Unionspolitikern, dass im 64-seitigen Regierungsprogramm den Themen Umweltschutz, Energiepolitik, Landwirtschaft und dem Verbraucherschutz zehn Seiten eingeräumt wurden, kann die personelle Schwäche nicht kaschieren. Das Regenwetter leistet unfreiwillige Wahlkampfhilfe, und der Umweltschutzminister Jürgen Trittin redet auf den TV-Kanälen statt über Bonusmeilen endlich wieder über Umweltschutz.
Unter Rot-Grün verlor die Union an Umweltkompetenz
Die selbstbewussten Auftritte des Grünen in diesen Tagen können einen Mann wie Klaus Lippold, CDU/CSU-Fraktionsvize und Umweltexperte, nicht kalt lassen. Er versucht, die Entscheidung seiner eigenen Partei, den Umweltschutz keinen zentralen Wert einzuräumen, mit dem Hinweis auf den politischen Gegner zu erklären. "Noch vor zweieinhalb Jahren haben selbst die Grünen darüber diskutiert, dass der Umweltschutz nicht mehr so ein emotionsgeladenes Thema ist", sagt er.
Dabei hatte einst in den Achtzigern unter ihrem damaligen Generalsekretär Heiner Geißler die CDU die Bedeutung des Umweltschutzes erkannt. Mit Walter Wallmann bestellte Helmut Kohl schließlich 1986 den ersten Bundesumweltminister der Bundesrepublik, wenig später folgten im Amt Klaus Töpfer und Angela Merkel. Die Union beackerte ein Feld, das sie, wie die SPD auch, bis zum Aufkommen der Grünen sträflich vernachlässigt hatte. Töpfer und Merkel wurden in ihrer Amtszeit zu Größen - oft von Umweltverbänden angegriffen, wegen ihres Sachverstandes aber allgemein respektiert.
Das ist lange her. Umweltthemen sind im öffentlichen Bewußtsein offenbar out. "Andere Themen sind emotional in diesem Wahlkampf stärker besetzt", konstatiert nüchtern Unions-Fraktionsvize Klaus Lippold. Vor sechs Wochen rangierte in einer Umfrage von Infratest dimap der Umweltschutz in einer Skala auf Platz neun - gleichauf mit der Terrorismusbekämpfung. Nur zwei Prozent der Befragten waren demnach der Ansicht, der Umweltschutz sei das "wichtigste politische Problem in Deutschland, das vordringlich gelöst werden muss". Für 77 Prozent der Befragten war es hingegen die Arbeitslosigkeit, für 14 Prozent Bildung und die wirtschaftliche Situation.
Brickwedde als Umweltminister?
Gleichwohl steht die Union vor dem Problem, wen sie im Falle eines Wahlsieges in das Amt schickt. In der FDP, die sich in ihrem Wahlprogramm auf gerade einmal dreieinhalb Seiten dem Thema widmet, dürfte es kaum Ambitionen geben, sich mit Umweltschutz herumzuschlagen. Auch wenn in Guido Westerwelles Team Birgit Homburger für Umweltpolitik zuständig ist, das Interesse dürfte bei den Liberalen eher in Richtung Außen-, Europa-, Justiz- und Innenpolitik gehen.
So bleibt die Ökologie am Ende, sollte das Wahlergebnis eine Koalition aus Schwarzen und Gelben zulassen, an der Union hängen. Der 59-jährige Fraktionsvize Lippold weist Mutmaßungen zurück, er selbst könne für das Amt in Frage kommen: "Ich halte mich von jeden Spekulationen fern", sagt er.
Am hartnäckigsten hält sich in Berlin ein anderes Gerücht: Fritz Brickwedde könnte in ein Umweltschutzministerium unter Stoiber einziehen. Der 54-jährige ist Generalsekretär der Bundesumweltstiftung in Osnabrück. Brickwedde vereint gleich zwei Vorteile: Zum einen genießt er bei den Umweltverbänden einen guten Ruf. Zum anderen verfügt der Politikwissenschaftler über Stallgeruch: Brickwedde besitzt das CDU-Parteibuch.